Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

Das Tagesprogramm

Wir haben gewendet und sind jetzt die südgehende Hurtigrute – nachdem wir gestern von Kirkenes erst einmal nach Nordosten gefahren waren, dann bei Vardø abdrehten und irgendwann in der Nacht mit Mehamn den nördlichsten Hafen passiert haben, stimmt das sogar.

Der erste Hafen, den wohl die meisten mitbekommen, ist Havøysund. Schon aus der Ferne ist das gleichmäßige rote Blinken der Windräder zu sehen, die über dem Ort stehen. Wir haben gute 20 Minuten Verspätung, sodass es schon recht hell ist, als wir in dem kleinen Hafen anlegen. An Land sieht es ziemlich glatt aus, aber zum Aussteigen langt die Zeit ohnehin nicht.

Jetzt ist es auch einmal weitestgehend klar, sodass die Blaue Stunde ihre volle Wirkung zeigt. Und ein Stück weiter ist es ebenfalls blau: Die Havila Capella mit ihrem typischen blauen Rumpf zieht ihre Kreise und wartet darauf, dass wir endlich den Anleger frei machen. Die Zeit, die wir hier verplempern, geht von deren Liegezeit in Honningsvåg ab. So macht man sich Freunde…

Unser Konkurrent Marktbegleiter hat ebenfalls schöne Schiffe, und hoffentlich bald auch alle vier Schiffe am Start. Dann teilen sich Hurtigruten und Havila die elf Abfahrten ab Bergen auf der Kystrute (wie die Hurtigrute jetzt heißt, weil Hurtigruten AS die Namensrechte hat). In Tromsø konnte ich neulich einen Blick in eines davon werfen – wenn die Schiffe längere Zeit im Hafen liegen, kann man auch als “Port Guest” an Bord gehen und sich umschauen. Chic, allerdings gibt es kein Umlaufdeck. Wer am Bug stehen will, steht ganz oben über der Brücke vor dem Panoramasalon, und das Sonnendeck ist etwas zerklüftet. Nicht ganz optimal zum Nordlicht-Gucken.

Verglichen mit den letzten Tagen ist die anschließende Fahrt nach Hammerfest richtig ruhig. Und das Wetter? Wenn schon kontrastarm, dann richtig…

Aber manchmal klappt das mit dem berühmten wechselhaften norwegischen Wetter, und innerhalb von zehn Minuten wird aus einer trüben Suppe ein hübscher Himmel.

Melkøya

Mit 20 Minuten Verspätung passieren wir kurz vor elf die Flüssiggasanlage Melkøya. Roman vom Expeditionsteam macht wieder den Interessepunkt, und ich mache ein paar Fotos. Same procedure as every time… Mittlerweile ist die Anlage nach dem Brand von 2022 längst wieder in Betrieb (seit Mai ’22) und verflüssig das Gas aus dem 160 km entfernten Bohrfeld Schneewittchen für den Transport in alle Welt. Einiges dürfte jetzt auch in Deutschland landen.

Wir umrunden die “Milchinsel” und die Fuglenes-Halbinsel, an der wir auch anlegen. Noch bis “voraussichtlich 2023” wird der Hafen neu gestaltet, bis dahin legen wir fern vom Stadtzentrum an. Das Industriegebiet ist optisch wenig ansprechend, und aus der Ferne ist das Stadtzentrum mit der Kirche zu erkennen. Neben ihr ist die Rutsche, an der der Schnee entsorgt wird – aber viel Schnee liegt nicht.

Für 100 NOK fährt ein einzelner (rasch ausgebuchter) Shuttlebus ins Stadtzentrum, wobei wir heute wegen unserer Verspätung einen verkürzten Aufenthalt haben.

Ich verzichte auf die Fahrt in den Ort und überlasse den Platz gerne den Reisenden, die noch nicht in Hammerfest waren. Vielleicht kann ich nächstes Jahr wieder mein übliches Bild auf der Bank am Musikpavillon machen und den Eisbärenclub an seinem neuen Standort besuchen. Stattdessen geht es mit Arno zur Meridiansäule, die an Struves Vermessungsarbeit erinnert. Hammerfest hat zwar extrem wenig Schnee, aber der Weg ist gut vereist – wohl dem, der Spikes dabei hat.

Die Schanze

Da die Insel Industriegebiet ist, gibt es keinen direkten Weg zur Meridiansäule, und man muss ein paar Minuten einplanen, um die Werksgelände zu umrunden. Nach der Säule gibt es einen Wellenbrecher, von dem man einen netten Blick auf das Schiff hat, sowie die Spitze der Halbinsel mit einem kleinen Leuchtturm und einigen Gebäuden, die ursprünglich auf Melkøya standen und nun als kleines Freilichtmuseum wieder aufgebaut wurden.

Am “Gipfel” des Hügels liegt außerdem Skansen, die kleine Schanze mit einer Kanone, die einst zur Verteidigung der Stadt errichtet wurde (nach einem Überfall der Engländer 1809) und jetzt eher einer Eislaufbahn gleicht.

Und dann müssen wir auch schon zurück aufs Schiff, das seinen Aufenthalt natürlich nicht verlängert. Der nächste Hafen ist Øksfjord, und die Fahrt ist schon unruhiger: Wir haben wieder etwas Seegang. Um 14:30 bietet das Schiff Vorträge an, und um 16 Uhr bin ich dann exklusiv für unsere Nordlicht-und-Sterne-Gruppe dran. Ich erzähle wieder einmal Märchen und mache einen Streifzug durch die Entstehungsgeschichte der Sternbilder, soweit diese bekannt ist. Der Vortrag fällt mit Øksfjord zusammen, damit wir währenddessen möglichst ruhiges Wasser haben. Eine Dreiviertelstunde brauche ich, und dann wird es auf der Loppa auch schon wieder wackliger. Loppa macht Hoppa…

Im Anschluss hat das Expetionsteam wieder seine tägliche Versammlung, und Robert bietet eine kurze Sternführung am Nachthimmel an – die wegen Dunst aber ausfällt. Mist. Für Skjervøy ist die einzige größere Wolkenlücke für den Rest unserer Zeit nördlich des Polarkreises angesagt, gegen 20 Uhr soll es schon wieder zuziehen. Das wäre unsere beste Chance für Polarlicht; morgen bei Svolvær ist die Bewölkung eher 50/50. Übermorgen in Rørvik sind wir für die aktuelle, eher schwache Polarlichtaktivität schon wieder ziemlich weit im Süden, und uns erwarten ordentliche Wellen…

Zum Abendessen kommt dann die Info (danke an unsere Gruppe), dass es achtern schwaches Polarlicht gibt. Ich schaue mir das an: Ja, es schimmert hinter den Wolken… ich gönne mir noch den Nachtisch, Arno schickt eine Info-WhatsApp an unsere Gruppe, und dann gehe ich raus. Da ist ein schwacher Bogen, aber sehr flach am Horizont und in einem hoffnungslosen Kampf gegen die Wolken. Die halbe Stunde bis Skjervøy bleiben wir am Heck, dann gebe ich auf. Das Schiff macht auch noch eine Durchsage, aber da ist es schon fast völlig zugezogen.

Etwas Polarlicht vor Skjervøy

Immerhin, im Zeitraffer schaut es ganz hübsch aus. Aber eine richtige Show fehlt doch noch…

Die Trollfjord

Nun, so habe ich Zeit zum Bloggen und Bilder bearbeiten, bis wir gegen Mitternacht Tromsø erreichen. Gelegentliche Schneeschauer vor dem Fenster machen deutlich, dass es sich auch nicht lohnt, rauszugehen. Nur für die Begegnung der nordgehenden MS Trollfjord gehen wir doch kurz raus – ein lausig-kalter, starker Wind weht. Gut, dass wir hier eine recht geschützte Seestrecke haben.

Tromsø im Schneeregen

Tromsø erreichen wir pünklich, leider zeigt es sich wie in letzter Zeit allzu oft nicht von seiner besten Seite: Schneeregen bei leichten Plusgraden und Wind. Ich habe das Gefühl, dass wir durch die Regenwolken fahren statt darunter weg.

Und was macht man an so einem Samstagabend in Tromsø? Man geht in den Pub und genießt die gut Stunde Aufenthalt, die uns bleibt. In diesem Sinne: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes

Tagesprogramm

Das war’s – wir sind in Kirkenes, und gefühlt ist das nicht die Halbzeit der Reise, sondern fast schon das Ende. Ab heute Mittag geht es in Riesenschritten gen Süden. Das Gefühl liegt wohl vor allem daran, dass keine großen Häfen mehr kommen, und der letzte Tag ist die Anfahrt auf Bergen, also die Gegend tief im Süden. Was so natürlich auch nicht stimmt: Bergen liegt auch für Norwegen schon recht weit nördlich, wenn man sich die Bevölkerungsverteilung ansieht (und auf der Höhe der Shetland-Inseln), aber die Schiffe der Postlinie kommen nur für Werftaufenthalte noch weiter in den Süden.

Wie dem auch sei: Effektiv haben wir erst Tag 7, da kommt noch einiges auf uns zu – zu allererst wunderschöne Farbenspiele am Morgenhimmel des Varanger-Fjords. Vadsø, das wir als einzigen Hafen nur auf der nordgehenden Route anlaufen, verschlafe ich fast, aber als ich wenig später mit dem Frühstück fertig bin und raus schaue, lohnt sich der Griff zur Kamera.

Morgenstimmung vor Kirkenes

Kirkenes klingt immer so nach Sehnsuchtsort am Ende der Welt, und nach einer großen Stadt. Mit rund 3400 Einwohnern ist Kirkenes trotzdem gerade mal so groß wie mein Heimatdorf, hat aber immerhin eine Werft (auf der noch nie ein Schiff gebaut, aber schon viele repariert wurden), eine Eisenerzverschiffungsanlage (für die stillgelegte Eisenerzmine, zu der auch eine Bahnlinie führt), einen Flughafen und ein russisches Konsulat. Dafür hat mein Dorf die schöneren Weinberge…

Bis wir von Bord gehen können, dauert es. Wir legen mit 20 Minuten Verspätung an, und erst eine Viertelstunde später verlassen die ersten Gäste über die Gangway das Schiff. Derweil wurde schon die halbe Fracht und das Gepäck derjenigen Gäste an Land gebracht, die uns hier verlassen. Wer an Deck wartet, kann zuschauen, wie Norwegen sein Staatsgebiet vergrößert: Am Hafen werden große Steine ins Meer gekippt. Mal sehen, wie das aussieht, wenn ich voraussichtlich nächsten Oktober wieder hier bin.

Der Hafen ist einen guten Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Ich mache auch diesmal wieder keinen Ausflug, obwohl mich der zur russischen Grenze schon reizen würde. Er beinhaltet auch den Besuch der Andersgrotta (einem Luftschutzbunker aus dem zweiten Weltkrieg, den die Bergarbeiter in ihrer “Freizeit” nach der Arbeit gegraben hatten) und eine Stadtrundfahrt. Seit dem Ukrainekrieg heißt der Ausflug 7A allerdings Fahrt zu norwegischen Grenze (oder auf Norwegisch immerhin Den norsk-russiske grensen), mit 1290 NOK ist er noch einer der günstigeren Ausflüge hier im Ort.

Stattdessen gehe ich wieder zu Fuß in den Ort, einmal durch den Hafen. Es liegen wieder einige russische Fischtrawler im Hafen. Fast direkt neben der Richard With liegen zwei fast so große Trawler/Fischverarbeiter, die baugleichen Kapitan Demidenko und die Kapitan Nazin, denen man ihr Alter von fast 30 Jahren nicht ansieht.

Während im Hafen Russen und Norweger nebeneinander liegen, zeigen sich im Ort schon eher die Differenzen. Neben dem Russendenkmal (das an die Vertreibung der deutschen Truppen durch die Russen im 2. Weltkrieg erinnert) ist ein Busch mit Herzen in den ukrainischen Farben geschmückt, und vor dem russischen Konsulat parkt ein blau-gelber Kleinbus mit der klaren Aussage “Stop War!”.

Nebenbei bemerkt: Einer der eindrucksvollsten Orte auf der Hurtigrute war für mich das Wiederaufbaumuseum in Hammerfest, das die Zerstörungen im Weltkrieg in Nordnorwegen darstellt. “Nie wieder Krieg” ist leider ein frommer Wunsch…

Davon abgesehen gibt es in dem Örtchen nicht viel Neues, es ist immer noch meilenweit von überall entfernt. Nur die Schrott-Kunst vor der Kimek-Werft ist neu, oder ich habe sie vorher noch nicht bemerkt.

Was man nicht sehen will…

Nach einem Gang durch das AMFI mit dem Outdoor-Laden gehe ich zurück zum Schiff. Kleine Schrecksekunde: Die Gangway ist oben – aber sie wird nur an den Gezeitenhub angepasst. Das passiert bei längeren Liegezeiten immer wieder, ansonsten würde sie in der Luft schweben, oder sie müsste das komplette Schiff tragen… Trotzdem kein Anblick, den man unerwartet sehen will.

Zurück an Bord warte ich darauf, dass unsere Ausflügler zurück kommen. Normalerweise wartet das Schiff ja auf niemanden, aber bei den offiziellen Hurtigruten-Ausflügen wird eine Ausnahme gemacht. Diesmal legen wir fast eine halbe Stunde zu spät ab – hoffen wir, dass der ein oder andere Ausflug davon profitiert hat, und die Hundeschlittentour nicht zu kurz war.

Das bedeutet natürlich auch, dass wir wieder einmal verspätet in Vardø ankommen werden. Wieder nichts mit dem Steilneset Hexendenkmal…

Die Überfahrt ist recht ruhig und mit Ausflugsinformationen und den Sicherheitsinformationen gefüllt, die alle neuen Passagiere ansehen müssen (nur die Sicherheitsinfos, nicht die Ausflüge, versteht sich). Um 15 Uhr ist dann Robert mit seinem nächsten Vortrag dran: Populäre Irrtümer in der Astronomie. Mal was anderes, aber auch unterhaltsam und interessant.

Make the North Great Again!

Anschließend erreichen wir Vardø mit nur einer Viertelstunde Verspätung. Von den Graffiti, die den Ort während meiner ersten Tour geprägt hatten, ist nicht mehr viel zu sehen. Da steht kein “Cod is great” mehr an abbruchreifen Häusern, stattdessen leuchtet uns ein “Make the North Great Again” entgegen.

Abzüglich der Zeit, die man vor dem Ablegen wieder am Schiff sein muss, bleibt eine knappe halbe Stunde für Vardø. Das ist für Steilneset wie erwartet zu knapp, langt aber für einen Kurzbesuch in der Festung Vardøhus. Es gibt doch einige glatte Stellen auf dem Weg, und hohe Schneehaufen…

Ebbe

Aktuell ist übrigens wohl Ebbe: Die Gangway ist jetzt eher eine Brücke, die hinab ins Schiff führt, und von den Bullaugen auf Deck 2 ist von Land aus nichts zu sehen. Direkt nach dem Ablegen macht das Expeditionsteam wieder sein Gathering, und dann gibt es Abendessen. Die See ist nur kurz nach dem Ablegen unruhig, sodass die meisten wohl das reguläre Drei-Gänge-Menü genießen können. Es gibt Rentier, während aus dem Bistro mittschiffs die Pizza lockt…

Båtsfjord als nächsten erreichen wir planmäßig nach recht ruhiger Fahrt, und die Wolkenprognose bestätigt sich: Es gibt nichts zu sehen. Heute haben wir wohl wirklich frei und Zeit, die Bilder der letzten Tage zu sichten.

Wolken über Båtsfjord

Die Schiffsbegegnung mit der Nordnorge vor Berlevåg verpasse ich, weil es keine Durchsage kurz vorher gibt. Als ich zehn Minuten vorher draußen war, war es bedeckt bis regnerisch, und ich hatte das Treffen komplett vergessen. Immerhin: Es gibt nicht nur für die Begegnungen mit den Schiffen von Havila keine Durchsage, sondern auch keine für die Hurtigrutenschiffe. Dafür begrüßen sich die beiden Schiffe mit etwas mehr Gehupe, wobei früher vor Berlevåg deutlich mehr Halligalli war. Aber irgendwann war es den Anwohnern wohl zu viel.

Von Berlevåg selbst ist nicht viel zu sehen. Der kleine Anleger, an den immer nur ein Hurtigrutenschiff passt, ist am anderen Ufer des Hafens. Anschließend geht die Fahrt weiter, aber wir können wohl getrost Feierabend machen. Das leichte Schneetreiben an Deck macht keine Hoffnung auf Wolkenlücken, und das Polarlichtoval gibt auch nicht viel her. Aber mit etwas Glück haben wir morgen Abend bei Skjervøy klaren Himmel, und für Svolvær stehen die Chancen 50/50. Let’s hope for the best but expect the worst. Wir haben ja noch ein paar Tage.

Hurtigrute Tag 6 – Honningsvåg (ohne Nordkapp)

Der Tagesplan

Heute kommt der höchste Norden: Nach einer unruhigen Nacht mit ordentlichem, aber gleichmäßigem Seegang (es ist noch alles in den Regalen) erreichen wir Havøysund in der Morgendämmerung. Hier erwartet uns ausnahmsweise kein südgehendes Schiff (die Havila Polaris soll im Februar einsteigen, die Havila Pollux ist noch nicht fertig gestellt, und Hurtigruten fehlen gerade die Polarlys, die in Polen in der Werft liegt, und die Kong Harald, die immerhin durch die Trollfjord ersetzt wird), aber dafür gibt es fantastsiches Morgenlicht. Mittlerweile gibt es hier oben schon drei Stunden Sonnenschein, die Polarnacht ist vorbei. Das heißt natürlich nicht, dass die Sonne es auch über die Berge am Horizont schafft, aber wenn keine Wolken stören, gibt es eine schöne lange Blaue Stunde. Die Temperaturen liegen nur um den Gefrierpunkt, mit winddichter Kleidung kann man es gut aushalten. Havøysund gehört auch zu den wenigen Orten, an denen man hier an der Küste Windräder sieht.

Von Havøysund geht es in den windgeschützten Magerøyasund, der die Insel mit Honningsvåg und dem Nordkapp vom Festland trennt. Die Wellen sehen immer noch eindrucksvoll aus, aber wir liegen ruhig im Wasser, bei wechselhaftem Wetter. Bei der Einfahrt in den Sund gibt es blauen Himmel, und als Roman den Interessepunkt Magerøyasund macht und unter anderem über den Tunnel redet, die die Insel mittlerweile mit dem Rest Norwegens verbindet, lässt der starke Graupelschauer nur eine Blickrichtung zu – weg vom Wind. Unangenehm.

Als Honningsvåg in Sicht kommt, sieht das Wetter wieder gut aus, aber das muss hier nichts heißen. Ich hatte schon oft Schneesturm im Ort, während am Nordkap auf der anderen Seite der Insel bestes Wetter war – und umgekehrt. Diesmal ist es umgekehrt: Das Wetter ist zu schlecht, die Busse fahren nicht. Stattdessen gibt es ein Alternativprogramm mit Gesang im Kulturhaus von Honningsvåg für alle, die nicht auf eigene Faust durch Honningsvåg wollen.

Kurs Honningsvåg

Es ist im Winter gar nicht so selten, dass das Nordkap abgeschnitten ist: Auf den letzten Kilometern der Zufahrtsstraße herrscht Kolonnenpflicht, und alle fahren im Konvoi dem Schneepflug hinterher. Trotzdem passieren immer wieder Unfälle – vor nicht allzu langer Zeit war ein polnischer Bus mit abgefahrenen Reifen (oder Sommerreifen?) umgekippt war. Auch wenn unsere Ausflugsbusse in besserem Zustand sind: Wenn ein anderes Fahrzeug auf der Straße liegt, geht halt nichts mehr. Und im Schneegestöber zum Nordkapp zu fahren, um dann nichts zu sehen oder den Souvenirshop nicht verlassen zu können, bringt dann auch nichts.

Trotzdem ist die Enttäuschung natürlich groß. Und Nordlicht gab es auch schon, also keine Chance auf eine billigere Ersatzreise durch die Nordlichtgalerie…

Während der Liegezeit in Honningsvåg mache ich mit Arno, Robert und Sabina einen Rundgang durch den Ort. Die Straßen sind überraschend gut, der Schnee ist griffig, sodass Spikes nicht unbedingt nötig sind. Am Hafen entlang gibt es einige Kunstwerke (die Infotafel dazu finde ich vor lauter Schnee allerdings nicht) und das Kulturhaus mit der Trash Art – die gesammelten Gummistiefel aus dem Meer sind hier ebenfalls zu Kunstwerken verarbeitet worden. Außerdem gibt es hier noch eine kleine Mikrobrauerei.

Wir lassen die Kultur zurück und peilen den Aussichtspunkt über dem Ort an – diesmal soll es nicht zum Denkmal für den Regisseur am Friedhof gehen, sondern noch ein Stück weiter, um einen Blick über den Berg auf den nächsten Ort zu werfen.

Wir kommen überraschend weit, bevor uns die drohenden Wolkenberge zum umkehren veranlassen – und auf der Höhe der Schützhütte ist dann auch nicht mehr viel vom Ort zu sehen. So viel zum Thema Ausblick…

Auf den Berg und wieder zurück

Schnee räumen

Also zurück zum Schiff, noch einmal um den Hafen, um die Richard With von der anderen Seite zu fotografieren, und dann zurück – der Schneegraupel macht keinen Spaß. Immerhin sehen wir den örtlichen Schneeräumer im Einsatz.

Kurz vor dem Schiff wird es wieder schön, aber für mich war es das dann mit Honningsvåg für dieses Mal. Robert hatte noch was neues im Hafen entdeckt: Seesterne. In dem klaren Wasser sind sie gut zu sehen.

Nachdem ich erst einmal wieder auf dem Schiff bin, bleibe ich auch da. Zu tun und sehen gibt es ohnehin nicht viel. Bis 13 Uhr gibt es Mittagessen, was mir gerade noch für eine Kleinigkeit reicht; um 14:30 gäbe es dann Apfelkuchen und heiße Schokolade, womit eigentlich die Nordkap-Heimkehrer begrüßt werden sollten. So legen wir einfach so planmäßig ab, während draußen bereits die Abenddämmerung einbricht.

Abendliches Honningsvåg

Die Überfahrt nach Kjøllefjord ist etwas unruhig und weitestgehend ereignislos. Der angekündigte Vortrag des Expeditionsteams über norwegische Mythologie wird durch einen Vortrag über das Nordkap ersetzt. Schade, den Mythologie-Vortrag hätte ich mir angehört. So mache ich es mir bequem, bis wir uns Kjøllefjord nähern. Für die Felsformation der Finnkirche ist es zu dunkel, sie könnte allenfalls aus der Ferne mit den Scheinwerfern des Schiffs angestrahlt werden. Stattdessen lassen wir sie rechts liegen und steuern direkt das Örtchen am Ende des Fjords an.

Schieflage beim Anlegen in Kjøllefjord

Als wir den Kai erreichen und wenden, legen wir uns ganz schön in den Wind. Das Gathering mit dem Expedition Team wurde auf die Ankunft in Kjøllefjord um 16:45 vorverlegt, um die ruhige See im Fjord auszunutzen. Dadurch verpasse ich das eigentliche Anlegemanöver, das sich wohl schwierig gestaltet: Erst 20 Minuten später liegen wir endlich am Kai.

Die See bleibt unruhig, und irgendwann wird gebeten, nicht raus an Deck zu gehen – das Deck wird aber nicht gesperrt, die Norweger sind da ziemlich entspannt und vertrauen noch auf den gesunden Menschenverstand.

Bereit zum Abendessen

Das Abendessen gibt es heute wieder als Buffet, ein Service für alle, die mit Seekrankheit zu kämpfen haben. In den nächsten Stunden sind wir immer wieder auf unruhiger offener See und haben nur kurze Pausen, wenn wir anlegen – wir planen unser Abendessen für die Zeit rund um Mehamn, den nördlichsten Hafen, den die Hurtigrute anläuft. Effektiv sind wir zu früh im Restaurant, da wir Verspätung haben. Dafür ist das Restaurant ziemlich leer…

Erinnern Sie sich noch an die Aufforderung, im Schiff zu bleiben? Gegen 19 Uhr kommt die Meldung, dass wir Nordlicht haben… Fairerweise erreichen wir Mehamn um 19:25, sind also schon wieder in ruhigerem Fahrwasser, als die Meldung kommt. An Backbord gibt es tatsächlich einen schönen Bogen zu sehen, bevor ihn die Wolken verschlucken. In Mehamn ist dann schon wieder Schneegestöber.

Nach Mehamn schraube ich meine Kamera noch einmal an die Reling und hoffe auf das beste. Die schmale Mondsichel scheint durch die Wolken, und etwas Polarlicht ist auch zu sehen, aber die starke Bewegung des Schiffs, die Gischt, die mir auch hinter den Rettungsbooten vor die Linse spritzt, und das Wetter machen aus der Beobachtung kein Vergnügen. Bald schieben sich die Wolken vor das Polarlicht, und ich breche ab.

Polarlicht nach Mehamn

Auf dem Zeitraffer sieht man dann auch, warum ich immer sage, in Fahrtrichtung oder nach hinten zu fotografieren, wenn möglich – was für ein Gewackel. Aber ich kann meine Kamera leider nicht am Bug der Richard With befestigen, und hinten war nichts zu sehen.

Um 20 Uhr breche ich ab und gehe wieder ins Schiff, Bilder bearbeiten und nachschauen, ob noch irgendwer unterwegs ist. Ein paar bekannte Gesichter sind auf Deck 7, aber die Hoffnung auf weiteres Polarlicht erfüllt sich nicht: Es bleibt bis auf ein paar größere Wolkenlücken bedeckt, und die Polarlichtaktivität endet ebenfalls – es gibt nichts mehr zu sehen, was bei dem Seegang auch gar nicht so schlecht ist.

Das Berlevåg-Maneuver

Berlevåg ist der letzte Hafen, den ich noch mitmachen will. Ich bin ohnehin verwundert, dass der Kapitän ihn bei dem Wetter anläuft. Also ich kurz vor dem Hafen runter auf Deck 5 will, zieht er aber die Handbremse an, macht eine scharfe 120°-Kehre (und ich einen Abstecher zur Seite), die einige Regale abräumt, und wir brechen ab – die Fahrt geht weiter Richtung Båtsfjord. Auf MArinetraffic war das Manöver auch schön zu sehen… Also Feierabend, kein Besuch in Berlevåg. Irgendwann in der Nacht lässt der Seegang auch etwas nach, bis wir schließlich die Kurve Richtung Vardø, Vadsø und Kirkenes nehmen. So lässt sich gut schlafen.

Hurtigrute Tag 5: Tromsø

Der Tagesplan

Der erste Hafen des Tages ist Harstad, das wir kurz vor acht wieder verlassen. Wer den Hafen verschläft, verpasst nicht viel: Es ist dunkel, es schneit, und die Baustelle am Hafen wächst munter weiter.

Südgehend beginnt hier der Vestrålen-Busausflug, und wenn es etwas heller ist, kann man am Ufer in der Ferne die alte Trondenes-Kirche erspähen, genau wie die Wasserfontaine, die vor dem Hafenbecken installiert ist. Jetzt ist davon nichts zu sehen, und das Wetter verleitet auch nicht dazu, länger draußen zu bleiben. Also: Ab zum Frühstücksbuffet, bevor zu viel los ist.

Das Frühstücksbuffet bietet ein englisch angehauchtes Frühstück mit Spiegelei, Würstchen und Bohnen, aber auch viel Fisch, Wurst und Käse inklusive des Brunøst. Da findet man eigentlich immer etwas. Interessant finde ich, dass auf den Monitoren des Schiffs (die das gedruckte Tagesprogramm ersetzt haben und dafür sorgen, dass ich nichts mehr mitkriege) auch das Schiffsbistro beworben wird – und da mit Hausmannskost in Form von Burgern geworben wird. Interessante Definition, aber eine nette Alternative zum eher gehobenen abendlichen A-la-carte-Menu im Restaurant.

Die See ist ruhig, das Wetter ist schlecht – da passt es ganz gut, dass um zehn Uhr unser zweiter Vortrag ansteht: Ich erzähle etwas über den aktuellen Sternenhimmel und die griechischen Sagen, die sich dort verbergen. Was ich vergessen habe zu erwähnen: Es gibt wunderbare Apps für das Handy, mit denen man auf dem Smartphone den aktuellen Sternenhimmel sieht, wenn man es nach oben hält. Celestron SkyPortal ist so eine kostenlose Möglichkeit, um sich einfach am Himmel zurechtzufinden.

Danach gibt es nichts zu sehen: Wir nähern uns Finnsnes, und der Blick aus dem Fenster zeigt nur weißen Nebel. Auch Finnsnes selbst zeigt sich betont kontrastarm, und die benachbarte Insel Senja ist nur zu erahnen. Ich statte Ottar fra Hålogaland einen Besuch ab – seine Statue steht am Hafenbecken und ist vom Heck des Schiffs bereits zu sehen; bei einer halben Stunde Aufenthalt langt das, um sich kurz die Füße zu vertreten. Ich muss ja nicht immer nur das Haus mit der Schokoladenwerbung direkt am Anleger fotografieren. Dafür fallen mir erstmals die Flaggen von Hurtigruten und Havila an dem Gebäude auf. Am Hafen gibt es neben dem Gabelstaplerballet auch die Versuche zu sehen, einen LKW zu entladen. Das klappt nur mäßig, als die Ladung vom Stapler zurück in den LKW kippt, klingt das nach Bruch…

Dann geht die Tour weiter nach Tromsø. Kurz vor dem “Tor zur Arktis” liegt noch ein Interessenspunkt: Der Rystraumen bei der Insel Ryøya. Hier verengt sich das Fahrwasser, und durch die Gezeiten gibt es starke Strömungen. Viel merkt man davon nicht, auch wenn die Maschinen des Schiffs mehr arbeiten müssen: Ein paar Änderungen an der Wasseroberfläche sind alles, was man sieht. Unter uns liegt mindestens ein Schiffswarack, und auf der Insel gab es bis 2014 versuchsweise Moschusochsen. Seit der letzte gestorben ist, steht die Insel zum Verkauf, wie Roman vom Expeditionsteam auf Deck 7 erklärt.

Das Wetter bessert sich – bislang haben wir echt Glück: Der Sturm ist uns etwas voraus, sodass wir zwar durchaus Wellengang haben, aber man konnte praktisch in jedem Hafen von Bord gehen, ohne im Regen zu stehen. Über Tromsø gibt es Wolkenlücken und somit noch eine gute Stunde Helligkeit, um ein paar schöne Fotos zu schießen. Robert macht schon Hoffnung, weil für heute Abend nur rund 60% Bewölkung angesagt sind. Und ziemlich bald kommt die Bewölkung dann auch in Form von dichtem Schneefall herunter…

Über Tromsø will ich gar nicht viel schreiben – ich war zuletzt über Silvester hier und arbeite meine Einkaufsliste ab, das Touri-Programm beschränkt sich daher auf einen kleinen Stadtrundgang. Tromsø ist nicht umsonst als Paris des Nordens bekannt, ich bin hier öfter einkaufen als in der Innenstadt von Karlsruhe…

Wir haben bis 18:15 insgesamt vier Stunden Aufenthalt, aber um 18 Uhr gibt es bereits Essen: Nordkap-Buffet. Also, Tromsø-Buffet, das wurde vorverlegt, aber es gibt trotzdem eine reichhaltige Auswahl vor allem an Meeresfrüchten. Wenn die Wetteraussichten besser sind, lasse ich das Essen auf dem Schiff gerne ausfallen und gönne mir eine Pizza in Tromsø (es könnte ja schon zur Essenszeit Polarlicht geben), aber diesmal sieht es schlecht aus – also doch Buffet. Danach steht erst einmal nichts an – Sauwetter. Kurz nach 21 Uhr sollten wir der Havila Castor begegnen. Eine Durchsage dazu macht das Schiff nicht, und als ich um 21:10 an Deck will, sehe ich nur eine Wand aus dichtem Schneefall. Na toll.

Sieben Minuten später fährt sie an uns vorbei, und aus der Türe heraus mache ich doch einen Schnappschuss von ihr. Da kann ich guten Gewissens zur Auktion um 21:30 gehen: Um die Hurtigruten-Foundation zu unterstützen, gibt es eine Auktion, deren Gewinne in Umwelt- und Bildungsorientierte Projekte fließen. Sie läuft so lala. Die Bilanz:

  • Eine gebrauchte Seekarte der Region um Tromsø (signiert) wechselt für 800 NOK den Besitzer.
  • Die Postflagge, die hinten am Schiff weht, bringt 2400 NOK.
  • Für 2200 NOK gibt es eine Backstage-Führung für vier Personen: Mit Blick auf die Brücke, in den Maschinenraum und in die Kombüse.
  • Dann warten noch ein Kurs in Getränkemixen mit dem Barkeeper sowie ein Essen für zwei Personen mit den Offizieren auf Gebote – das Mindestgebot liegt bei 1000 NOK und wird in beiden Fällen nicht erreicht. Auf einem Kreuzfahrtschiff wäre das wohl erfolgreicher gewesen… Gelohnt hätte es sich aber, zwei Personen lassen für ein Essen im Kysten-Restaurant an Bord auch gerne 1000 NOK liegen.
Skjervøy

Der letzte Hafen des Tages ist Skjervøy, wo wir pünktlich zum Ende der Auktion anlegen. Skjervøy geht immer, wie es unter Nordlichtjägern heißt, aber diesmal sieht es wieder bedeckt aus über der Stadt, als ich einen Blick von der Backbordseite auf den Ort werfe.

Bis ich auf die andere Seite des Schiffs gehe, wo es klar ist und ein Nordlichtbogen über dem Schiff steht. Schnell eine SMS an Robert, der sich das auch ansieht und dem Expeditionsteam Bescheid sagt. Bis die zum Überprüfen an Deck sind, ist es aber schon wieder zugezogen. Hoffentlich haben wir die Nordlichtgarantie jetz nicht verspielt… beim Ablegen habe ich meine Kamera aufgebaut und festgestellt, dass das wohl meine letzte Fahrt mit der Richard With ist: An der Reling am Bug kann ich meine Kamera nicht festschrauben. Ich kann so nicht arbeiten. Also klemme ich sie an die Backbord-Seite und lasse sie arbeiten. Ein Stück nach Skjervøy reißt der Himmel dann wieder auf, Robert informiert alle Gruppenmitglieder, die in der Whatsapp-Gruppe sind, und durch die Wolkenlücken bietet sich ein nicht besonders helles, aber schönes Polarlicht: An der Steuerbordseite ist es besonders gut zu sehen und tanzt auch einige Minuten. Sehr schön. Durch den Dunst wirkt es zwar etwas blass, aber das ist schon gar nicht schlecht. Zum Glück habe ich noch meine zweite Kamera mit Stativ dabei, die Steuerbord abdecken konnte und eine bessere Ausbeute hatte.

Etwa zwei Minuten Polarlicht hinter Skjervøy, Blick Backbord

Etwa eine halbe bis Dreiviertelstunde gab es eine Chance; und als auch das Schiff eine Durchsage macht, ist das Schauspiel so gut wie vorbei. Um Viertel nach elf hole ich meine klatschnasse Kamera wieder an Bord, Robert demonstriert noch einmal seinen Kamera-Gimbal, und das war es für diese Nacht dann auch: Wir haben ordentlich Seegang, aber auch als die Wolken nach Mitternacht noch einmal aufreißen, gibt es kein schönes Licht mehr – allenfalls ein schwaches Hintergrundschimmern. Also: Feierabend.

Ach ja, besonders fies: Später sehen wir einige Handy-Bilder, die während der Auktion entstanden waren und ebenfalls sehr schönes Polarlicht zeigten – aber die Auktion war wohl wichtiger, da hat auf der Brücke keiner Meldung gemacht. Grmpf.

Hurtigrute Tag 4: Polarkreis & Bodø

Jetzt sind wir im Norden, und langsam könnte das berühmte wechselhafte norwegische Wetter mal kommen – die Wolkendecke ist dicht und undurchlässig. Dafür kommen wir jetzt in den Bereich, in dem es Polarnacht gibt: Wir überqueren den Polarkreis, und Bodø, dass wie heute nachmittag erreichen, ist die südlichste Stadt, in der die Sonne im Winter zumindest einen Tag lang nicht aufgeht (wenn man Dinge wie die atmosphärische Refraktion mal beiseite lässt). Bei klarem Himmel gibt es trotzdem mehrere Stunden lang blaue Stunde und schöne Dämmerung; bei Wolken bleibt es grau in grau. Etwas kontrastarm, das ganze, wenn man an den Beginn der Tour in Ålesund zurück denkt. Mittlerweile ist die Polarnacht zwar auf dem ganzen Festland zu Ende, aber besonders lang kommt die Sonne immer noch über den Horizont – erst recht nicht, wenn da noch Berge im Weg sind.

Polarkreis-Monument auf Vikingen

Aber wie dem auch sei: In der Finsternis überqueren wir am frühen Morgen den Polarkreis, um 7:53:29 ertönt das Schiffstyphon, und ich habe bis heute nicht herausgefunden, welcher Teil des Schiffs dann den Polarkreis überquert. Wahrscheinlich der GPS-Empfänger… Jedenfalls passieren wir die Insel Vikingen, die dem Polarkreis am nächsten ist, und der Schiffsscheinwerfer strahlt die Kugel an – die Kameras klicken. Wie angekündigt hatten wir eine Viertelstunde Vorwarnung, um uns entweder einen Fotospot auf Deck 5 zu suchen oder das Expeditionsteam auf Deck 7 zu treffen. Man kann nicht alles haben: Bei Kjeungskjær Fyr gestern gab es auf Deck 7 wohl eine Muschelverköstigung, die an den Fotografen vorbei ging. Aber hier ist noch niemand verhungert, und auch nach der Polarkreispassage füllt sich das Restaurant zum Frühstück – gut, dass ich vorher wach war und in Ruhe frühstücken konnte. Stattdessen steht Reiseleitersprechstunde an, für Tipps und Tricks rund um die Reise.

Während es draußen langsam hell wird, versuche ich, aus meinen Bildern etwas mehr herauszuholen. Mit modernster Technik wird aus dem aktuell fast mystischen Nidaros-Dom ein perfekter Wintertag, und Kjeungskjærfyr mit Polarlicht vor den Wolken hat doch auch was.

Trotzdem gehe ich doch sehr davon aus, dass wir noch richtiges Polarlicht sehen werden und ich nicht mit Luminar bescheißen muss…

Als wir gegen 10 Uhr Ørnes für einen kurzen Stop erreichen, ist es bereits richtig hell (für gewisse Werte von hell), und auch bei bedecktem Himmel ist das Örtchen inmitten der schneebedeckten Berge einer der schönsten Häfen.

Njørd

Und dann kann man gleich an Deck bleiben: Die Berge sind die perfekte Kulisse für die Polarkreistaufe. Wer das erste Mal den Polarkreis überquert (oder nicht genug kriegt), wird mit einer Kelle Eis getauft und mit einem Aquavit wieder aufgewärmt. Den Aquavit gibt es kostenlos, aber nur für die frisch Getauften.

Vorher muss aber noch Njørd gerufen werden: Nach anfänglichem Gemurmel klappt das mit dem Anrufen, und er kommt von Deck 6 – ob aus dem Meer oder dem Whirlpool, darf spekuliert werden. Nachdem er das Wasser aus seiner Tröte geschüttelt hat, eröffnet er die Zeremonie, der Gewinner des Polarkreiswettbewerbs wird ausgerufen und zuerst getauft.

Nun, ich habe das schon hinter mir und kann die Show genießen, bevor ich wieder nach unten auf Deck 4 gehe. Dort hat kurz darauf der Postmeister seinen Einsatz und stempelt Briefe und mehr mit dem Polarkreisstempel, bis das Mittagessen ruft – das ich mal wieder ausfallen lasse. Es muss ja nicht jedes Mal die Themenreise 11 Tage, 11 Kilo durchgeführt werden:-)

Kurz nach 13 Uhr erreichen wir Bodø, und das Wetter hält zum Glück: Die dicken Wolken regnen noch nicht ab, nur der übliche Wind begrüßt uns beim Gang in die Stadt. Vor der Einfahrt gibt es noch die Chance für einen Blick auf den Flughafen, der irgendwann verlegt werden soll – Bodø wächst und streitet sich gerade mit Tromsø um den Titel der größten Stadt Nordnorwegens. Bodø führt, wenn man sich auf das Stadtzentrum konzentriert, weil Tromsø als “Paris des Nordens” mehr Geschäfte im Stadtzentrum hat, während in Bodø bei fast jedem Besuch ein neues Hotel in der Stadtmitte steht.

Da Bodø im Krieg fast völlig zerstört wurde, ist es heute eine sehr moderne Stadt, in der die Architekten immer wieder zeigen, dass mit modernen Baumethoden keine schönen Gebäude möglich sind – man braucht ein paar Besuche, um die schönen Ecken oder den Charme der Stadt zu finden. Immerhin: Die Gamle Salten liegt immer noch vor Anker; Schiffe dieser Generation fuhren einst als Postschiffe auf der Hurtigrute.

Ich schließe mich Arno beim Gang in die Stadt an, und klinke mich dann für einen Abstecher ins Einkaufszentrum aus. Vorher ging es noch in den Dom, der von Innen wesentlich hübscher ist als von Außen, und zur Gamle Salten. Dann gehe ich noch einmal zurück in den “Solparken” zwischen Dom und Rathaus, um Kirche und Rathaus mal von einer anderen Perspektive aufzunehmen. In der Verlängeurng der Straße liegt dann auch das große Aurora-Wandgemälde. Street Art ist gerade in den Seitenstraßen Bodøs weit verbreitet.

Nordlicht

Danach geht es zurück zum Schiff, ich habe alles in Reichweite gesehen. Irgendwann mache ich vielleicht doch mal den Ausflug zum Saltstraumen mit, dem größten Gezeitenstrom der Welt. Vorher muss ich aber schauen, wie die Gezeiten gerade sind.

Diesmal wurde übrigens gar nicht auf das Luftfahrtmuseum in Bodø hingewiesen, zu dem ein Shuttlebus fährt – das ist zwar kein Hurtigrutenausflug, aber durchaus sehenswert: Zwei große Hallen mit zivilen und militärischen Flugzeugen.

Die Festung auf der anderen Seite des Hafens würde mich auch einmal interessieren, aber bis dahin ist es gut eine Stunde einfacher Weg – das langt nicht.Dafür fällt mir erstmals auf, dass der Funkturm oberhalb von Bodø in verschiedenen ständig wechselnden Farben beleuchtet wird.

Nach dem Ablegen präsentiert sich die Stadt noch einmal als Lichtermeer in der Dunkelheit – aus der Ferne ist Bodø hübsch. Von dem Leuchtturm Landegode Fyr ist leider nichts zu sehen – als wir den erreichen, ist es bereits finster. Nur am Wellengang merkt man, dass wir nun den Westfjord überqueren. Rund zwei Studnen ist eine gleichmäßige Bewegung im Schiff. Um die drei Meter hohe Wellen sind angesagt, die das Schiff beid er aktuellen Dünungsrichtung aber gut schluckt.

Die Überfahrt ist ereignislos – es gibt vom Expeditionsteam interessante Vorträge über Polarlicht (nichts neues, zum Glück) und arktische Lichtstimmungen, währenddessen bastel ich noch ein wenig an meinem eigenen Vortrag morgen früh. Als wir uns den Lofoten nähern, wird die See ruhiger, und das Gathering mit dem Expedition Team ist ganz gut besucht – es gibt Bilder von der Polarkreiszeremonie zu sehen.

Stamsund

Dann gibt es Abendessen für alle, die nicht in Stamsund aussteigen, um am Wikingerfest teilzunehmen – die kriegen dort zu essen und steigen in Svolvær wieder ein.

Von den mächtigen Bergen hinter Stamsund ist nichts zu sehen, dafür regnet es. Das macht ja Hoffnung für Svolvær…

Ich habe noch einmal Kontakt mit der südgehenden Hurtigrute, die wir kurz vor Svolvær treffen. Wir verabreden uns zum Winken und geben bei leichtem Schneetreiben Lichtzeichen, während die Schiffe einander ebenfalls mit Lichthupe und Festbeleuchtung begrüßen.

Vor der Hafeneinfahrt von Svolvær grüßt die Statue für die Fischersfrauen, von der wieder einmal wenig zu sehen ist: Sie steht auf dem Leuchtfeuer an der Hafeneinfahrt, das die Statue überstrahlt. Trotz aller Beleuchtung in Norwegen: Die Statue liegt im Dunkeln.

In Svolvær wird aus dem Schnee wieder Regen, aber für einen kurzen Gang durch die Stadt langt es. Einen Blick auf die Rørbua-Häuser der Scandic-Hotels werfen, und feststellen, dass unsere Stammkneipe, der Anker, erst am 3. Februar wieder aufmacht. Da wird wohl noch einmal Kraft geschöpft, bevor die Fischsaison los geht, und ab Februar Stockfisch gemacht wird. Schade. Dafür entdecke ich auf dem Rückweg erstmals bewusst die kleine Statue für den Jack Berntsen, den “Troubadur des Nordens” am Hafenbecken, kurz vor dem Bacalao-Restaurant.

Einen Programmpunkt gibt es noch, nachdem wir Svolvær um 22:15 verlassen: In knapp einer Stunde erreichen wir den Raftsund, auf Deck 7 erwarten uns Fiskekake und Trollknert (der schon den ganzen Tag im Vorverkauf ist – die neuen Tassen sind immerhin hübscher als die Porzellantasse, die ich noch von 2014 habe) und eventuell eine Fahrt zur Mündung des Trollfjords.

Kurz vor 23 Uhr kommt dann allerdings die Durchsage, dass der Trollfjord wegen des Wetters ausfällt – kein Wunder, es schneegraupelt und ist einfach nur unangenehm. Dementsprechend wenige holen sich einen Fiskekake als spätes Abendessen, und ich mache auch zeitnah Feierabend. Bei dem Wetter ist nichts vom Raftsund zu sehen, außer eventuell Positionslampen für die Fahrrinne.

Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Das Tagesprogramm

Die Wetterprognose für heute ist zum glück schlechter als die Realität: Für Trondheim ist starker Dauerregen und überfrierende Nässe angesagt, stattdessen ist es zwar trüb und stellenweise glatt, aber bis auf einen paar Tropfen Nieselregen trocken. Eher deutscher als norwegischer Winter…

Die Fahrt durch den langen Trondheimfjord ist erwartungsgemäß unspektakulär, und als wir Munkholmen gegen halb 10 passieren, liegt die Trollfjord gerade noch an unserem Platz am Kai. Ich hätte mir beinahe endlich mal wieder einen Interessenspunkt angehört, um zu sehen, was das Expedition Team über Munkholmen erzählt, lande aber dann doch wieder auf Deck 5, wo man einen besseren Blick hat. Auf Deck 7 drängt sich alles an der kurzen Reling, auf Deck 5 ist Platz.

Mittlerweile hat sich auch rumgesprochen, dass ich die Tour schon ein paar Mal gemacht habe und ein paar gute Fotospots kenne, ich bin nicht allein:-) Wenig später fährt die Trolfjord dicht an uns vorbei und zwischen der Richard With und Munkholmen hindurch. Schöne Fotogelegenheit, auch wenn das schöne Wetter aus Ålesund leider hinter uns liegt – und ich kein Bild der Trollfjord mehr brauche, da sie mittlerweile nur noch aushilfsweise im Liniendienst ist. Wer weiß, ob ich noch einmal eine Gelegenheit habe, auf ihr zu fahren? In Zukunft soll sie für Hurtigruten Expeditions fahren und wie schon die Ex-Finnmarken (jetzt Otto Sverdrup) und die Ex-Midnatsol (jetzt Maude) vor allem touristisch geprägtere Reisen ab Deutschland oder England machen, mit längeren Stops in den größeren norwegischen Häfen.

Für uns bleibt nur ein viel zu kurzer Halt in der alten Königsstadt Trondheim, schließlich muss der lange Tag in Ålesund wieder reingeholt werden… drei Stunden abzüglich einer Viertelstunde für das Anlegen (mit Rückwärts einparken auf der richtigen Höhe für den Flüssiggas-Turm, und die Gangway ausfahren) und 10-15 Minuten vor Ablegen wieder an Bord sein reichen nur für einen zügigen Gang durch das alte Industrieviertel Nedre Elvehavn mit dem Solsiden-Einkaufszentrum und danach durch Bakklandet, wo sich dann die Diskussion ergibt, welches Café den besten Kaffee hat: Arno und Robert haben die Stadtrunde in umgekehrter Richtung gemacht, hier treffen wir uns. Hat das CAfe auf der rechten oder der linken Straßenseite den besten Kaffee der Route, ach was sag ich, der Welt? Ich klinke mich da aus und stimme einfach mal für Senja Roasters, weiter im Norden:-) Für einen gemütlichen Kaffee bleibt ohnehin keine Zeit.

Stattdessen nur ein kurzer Blick zum Fahrradlift und dann ab zu dem Panorama-Ausguck auf Dom, Fluss und alte Brücke, bevor es weiter zum Nidaros-Dom geht. Ein paar Fotos, ein Blick auf die Uhr: Keine Zeit mehr für einen Blick in den Trondheim Torg oder die Vare Frue Kirke.

Also hurtig weiter am Burger King vorbei zu Norwegens größtem Holzhaus, dem Stadthaus der Königsfamilie in Trondheim, und dann stracks zurück zum Schiff.

Die Zeit reicht nur noch für einen kurzen Stop im REMA 1000, und dann bin ich wieder auf der Richard With. 10-15 Minuten hätte ich noch gehabt, aber das Wetter wird auch zusehends unangenehmer: Es tröpfelt immer wieder.

Die Fahrt durch den Trondheim-Fjord geht größtenteils für Verwaltung drauf: Die letzten Vortragstermine abklären, Vortrag vorbereiten, und ein bisschen Flagge zeigen, bevor um 15:20 der nächste Interessenspunkt auf dem Programm steht: Kjeungskjærfyr, der berühmte achteckige, rote Leuchtturm. Im Dezember fiel er aus, weil er saniert wurde und noch in Planen verhült war, jetzt präsentiert er sich dunkelrot vor kontrastarm-grauem Himmel. Aber immerhin ist er wieder zu sehen. Es tröpfelt, sodass sich alle für den Interessieen-Punkt auf Deck 7 unter dem Vordach vom Sonnendach sammeln. Ich bin vorne auf Deck 5 am Bug und werde mit Robert und Arno eingesperrt: Im Lauf des Vormittags war schon der hintere Teil des Umlaufdecks mit Flatterband abgesperrt worden, und auf einmal wird auch vorne abgesperrt. Dass vorne schon Leute standen: Egal… Also bleibe ich einfach da, bis wir das Leuchtfeuer passieren.

Nicht meine stimmungsvollsten Bilder des Leuchtturms, aber immerhin.

Danach heißt es Einsatz: Unser erster Vortrag. Den halten wir zu zweit: Ich erkläre die Physik des Nordlichts, und Robert erzählt über Fotografie und Beobachtung. Den Wetterbericht sparen wir uns bei der Prognose allerdings: Wolken, Wolken, Wolken…

Gathering mit dem Expedition Team im Nachbar-Konferenzraum

Wir bleiben unter einer Stunde, danach noch ein paar Kameras einstellen und dann ist auch schon 17 Uhr: Das Expeditionsteam macht wieder Tagesrückblick. Nett: Sie nutzen beide Vortragsräume, per Videoübertragung von einem Raum in den anderen. Eine Videokonferenz, ganz wie im Homeoffice:-)

So ist es im zweiten Raum schön leer, und ich höre mir das auch einmal an. Was ich lerne: Ich habe nie verstanden, was dieses Haschewu eigentlich bedeutet, das man so oft hört. Es wird Vær so gud geschrieben und bedeutet War scho’ gut. Ich sag’s ja: Norwegisch ist fast wie Schwedisch, und Schwedisch fast wie Schwäbisch. (Na gut: Offiziell wird die Redewendung eher mit “Gern geschehen” übersetzt.) Bei zwei Sprachen und rund 40 Dialekten ist man da recht flexibel bei der Aussprache.

Mittlerweile regnet es sich draußen ein, und nach dem Abendessen (wir haben wieder die Sitzung um 18 Uhr) geht es auf die Folda: Es kommt gut Bewegung ins Schiff, und die meisten suchen sich schwankend einen ruhigen Platz. Raus gehen macht da eh keinen Spaß, Sauwetter. Aber der Sturm, der im Norden tobt und die MS Nordlys Richtung Alta treibt, verschont uns so weit. Es schaukelt, aber recht gleichmäßig. Für mich ist das die Gelegenheit, die Bilder des Tages zu sichten und am Blog zu arbeiten – im Multe auf Deck 7 ist es ruhig, und ich bin fast alleine. Eine Stunde vor Rørvik ist die See dann ruhiger.

Kurs Rørvik

In leichtem Regen erreichen wir Rørvik, wo die Vesterålen noch den Kai belegt, während wir unter der markanten Brücke hindurch fahren. Rørvik ist einer der Häfen, die ich kaum kenne – wir halten hier nur kurz, und als wir früher noch einen längeren Aufenthalt von einer Stunde hatten, war ich auch nur selten mehr als ein paar Schritte im Ort. Damals gab es nämlich in Trondheim und Rørvik noch Schiffsbegegnungen im Hafen mit der Möglichkeit, das andere Schiff zu besichtigen. Die Chance hatte ich Anfangs genutzt, um einmal alle Schiffe kennenzulernen, und später, um ggf. alte Bekannte zu besuchen, die dort gerade fuhren. Die Schiffsbesuche waren immer schön: Jedesmal gingen alle in dem Bewusstsein auf das eigene Schiff zurück, dass das eigene Schiff viel schöner ist. Dazu muss man sagen, dass früher auch jedes Schiff seinen eigenen Stil hatte; heute unterscheidet sich die Inneneinrichtung nur noch in Details.

Nach der Brücke vor Rørvik sehen wir dann die Vesterålen ablegen, wenden und an dicht an unserer steuerbord-rechten Seite vorbeifahren. Um die Uhrzeit beschränkt sich der Gruß auf die Lichthupe. Die Vesterålen dürfte das einzige Schiff sein, das noch die ursprüngliche Inneneinrichtung hat – 80er-Jahre-Chic mit Linoleum, aber auch sie hat ihre Freunde.

Rørvik mit dem Küstenmuseum
Rørvik mit dem Küstenmuseum

Dann können wir anlegen. Das auffällige Gebäude kurz vor dem Anleger ist übrigens das Küstenmuseum. Dafür ist natürlich keine Zeit, selbst wenn es kurz vor 22 Uhr noch offen hätte – dafür kann man dem Gabelstapler beim Be- und Entladen zusehen. Zwei Paletten mit leeren Särgen verlassen das Schiff, andere Fracht kommt an Bord, ebenso ein größerer Van – die Hurtigrute wird weiterhin auch als Autofähre genutzt. Die Schiffe der Havila-Reederei, die vier der elf Abfahrten ab Bergen bedienen, nimmt nur noch Autos von Bergen nach Kirkenes oder zurück mit und nicht mehr auf der Teilstrecke, und überhaupt keine Elektroautos. Da ist Hurtigruten noch näher am alten Transportauftrag, und gerade im Norden ist der wichtig. Die lukrativen Strecken im Süden bedienen andere Reedereien; im Norden verdienen sich die Hurtigrutenschiffe die staatlichen Subventionen, indem sie jeden kleinen Hafen auf dem Plan anfahren.

Nach Rørvik tut sich nicht mehr viel – das Wetter bleibt regnerisch-bedeckt, und an Bord ist nur noch der Polarkreis-Wettbewerb interessant: Irgendwann zwischen 7:30 und 8:30 passieren wir morgen früh den Polarkreis und die Insel Vikingen. Wer die richtige Zeit tippt, kann etwas gewinnen. Für mich heißt das, dass morgen früh der Wecker klingelt…

Hurtigrute Tag 2: Ålesund

Das Tagesprogramm

Hui – wir passieren das Westkap in den frühen Morgenstunden, und es ist doch etwas Bewegung im Schiff. Das ist vielleicht der größte Vorteil des aktuellen Winterfahrplans mit der frühen Abfahrt aus Bergen: Die meisten liegen noch im Bett, als wir das Westkap passieren und die Richard With auf den Wellen reitet. Irgendwas um die drei bis vier Meter Wellengang war es wohl, wobei ich nicht weiß, wie hoch sie wirkklich da waren, wo wir entlang langfuhren. Mein Wecker stand auf 7 Uhr, und da war das meiste schon vorbei – wach war ich aber vorher schon. Aber arg schlimm kann es nicht gewesen sein, alles ist noch sauber im Regal.

Von der Polarnacht sind wir noch ein gutes Stück entfernt, und um zwanzig vor acht sind wir nicht nur in ruhigeren Gewässern kurz vor Torvik, sondern sehen auch schon die Morgendämmerung blau schimmern.

Blaue Stunde kurz nach halb acht

In Torvik machen wir nur kurz Station, sodass ich ohne Bedenken erst zum Frühstück und dann zur Reiseleitersprechstunde gehen kann. Wir nehmen die lange Tafel auf Deck 4 in Beschlag und stehen für Fragen zur Verfügung.

Draußen ist es aber auch schön: Die tiefstehende Sonne beleuchtet einige Wolken und gibt der schneearmen Winterlandschaft Farbe. Bei leichten Plusgraden kommt noch keine Winterstimmung auf.

Morgenwolken

Ålesund erreichen wir fast pünktlich, und da bleiben wir auch erst einmal. Von 9:45 bis 20 Uhr liegen wir hier. Die wenigen Wolken erinnern fast an UFOs…

Wer spontan genug war, kann mit der alten Bruvik in den Hjørundfjord fahren – kein billiger, aber ein schöner Ausflug; ansonsten gibt es ein paar kürzere Hikes, Stadtrundgänge und das Aquarium als Ausflüge. Das ist vor allem für die interessant, die schon von Deutschland aus Ausflüge vorgebucht haben, der Einschiffungsabend ist doch etwas hektisch, um sich da noch mit dem Ausflugsprogramm zu beschäftigen.

Ich mache meine übliche Runde erst auf den Aksla und dann auf den Storhaugen auf der anderen Seite des Jugendstilzentrums. Den Abstieg vom Aksla durch den Wald ersparen wir uns: Es liegt praktisch kein Schnee, aber schon auf den Treppen hoch auf den Aksla gab es ein paar schön vereiste Stellen. Der Aufstieg hat sich gelohnt, auch wenn der Ausblick fast der selbe war wie im November. Sogar die Normand Maximus, das große Vielzweckschiff, liegt noch links im Hafen.

Der Storhaugen ist deutlich leichter zu ersteigen, nur der direkte Weg zum Hafenbecken ist dann wieder etwas rutschig. Hier stehen auch noch viele alte Holzhäuser, die den Stadtbrand von 1904 überlebt haben, der damals über 800 Häuser vernichtete.

Panorama vom Storhaugen

Und dann? Einmal durch das Jugendstilzentrum für die üblichen Fotos. Ich habe keine Ahnung, warum Landschaftsfotografen meinen, dass die Mittagszeit nichts für Fotos ist – die Sonne kommt gerade so über die gepuderten Berge und taucht die Stadt in ein hübsches Licht. Der Zufluchtstunnel unter der Stadt ist heute mit einem Gitter verschlossen

Dann mache ich noch einen Abstecher in den Bunnpris-Supermarkt, der auch am Sonntag offen hat, und decke mich mit Getränken für die Kabine ein. Das Leitungswasser ist zwar Trinkwasser, aber etwas mit Geschmack darf es dann doch ab und zu sein. Wir haben mit unserer Gruppenreise Kaffee und Tee frei, aber ich nehme mein Koffein lieber in kühler Form zu mir.

Und das war es dann eigentlich auch schon. Das Mittagessen lasse ich ausfallen und mache mir einen ruhigen Nachmittag, den ich nutze, um meinen nächsten Vortrag noch einmal durchzugehen – morgen geht das Programm los.

Abendessen gibt es auch noch im Hafen, erst um 20 Uhr legen wir ab. Um 19:45 gibt es dann den Welcome-Drink, bei dem wir Reiseleiter und Lektoren uns kurz vorstellen und ein paar Tips geben; Arno hat mittlerweile eine WhatsApp-Gruppe organisiert, über die sich alle mit Infos versorgen lassen können, die wollen.

Corona ist beendet

Bis zum nächsten Programmpunkt ist noch etwas Zeit, um Spikes anzupreisen (nein, wir kriegen keine Provision) und einen Blick in den Shop zu werfen. Corona ist in Norwegen wohl offiziell endgültig vorbei: Masken und Desinfektionstücher gibt’s zum halben Preis.

Aber ganz vorbei ist es noch nicht, auch wenn es in Norwegen keinen mehr kümmert. Ein paar Fälle gibt es immer wieder. Zum Glück verläuft sich auf dem Schiff das meiste, und wenn es doch eng wird, bleibt immer noch die Option, eine Maske aufzusetzen. Schaden tut es nicht, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass ich im Flugzeug so ziemlich der einzige mit Maske war. Es herrscht fast wieder Normalität im hohen Norden.

Um 21:45 wird zu Norwegens Coastal Kitchen eingeladen, im Panoramasalon kann man Lamm-Häppchen probieren und Aquavit kaufen. Um 22:10 begegnen wir der Havila Capella. Die Schiffsbegegnungen mit der zweiten Reederei auf der Kystruten steht nicht im Tagesprogramm, aber die Schiffe begrüßen einander mit Lichthupe – kein Wunder, schließlich sind viele Crewmitglieder von Hurtigruten zu Havila gewechselt. Man kennt sich. Da 22 Uhr vorbei ist, wird aber nicht mehr gehupt, auch nicht, als wir endlich Molder erreichen. Die Gangway ist dann zehn Minuten nach der offiziellen Ankunft offen – das langt mir nicht, um noch einmal bei der alten Nordstjernen vorbeizuschauen. Das alte Hurtigrutenschiff überwintert gerade in Molde, aber wenn nur zehn Minten für einen Besuch bleiben, grüße ich sie doch lieber nur vom Deck der Richard With aus. Wer mal mit ihr fahren will: Mehr Infos gibt es auf Nostalgische-Postschiffreisen.de. So ein klassisches Schiff würde mich auch mal reizen, auch wenn ich den Luxus der aktuellen Hurtigrutenschiffe durchaus genieße.

Und damit endet unser erster ganzer Tag, und die richtige Seereise beginnt – es geht auf in den Norden, mit irgendwas um die drei Meter Wellen. Zeit für Feierabend.

Hurtigrute Tag 1: Bergen

Wie die Zeit vergeht – ich bin noch nicht einmal dazu gekommen, meinen Silvesterurlaub in Tromsø zu verbloggen, da steht schon die nächste Hurtigrute auf dem Programm – vom 21.1.-1.2.2023, diesmal auf der Richard With. Das ist für mich tatsächlich eine Premiere: Auf dem Schiff war ich noch nicht.

Deutsches Winterwunderland

Mein Flug ab Frankfurt geht heute zu einer sehr humanen Zeit: 11:50 ab Frankfurt mit KLM. Da bleibt sogar noch Zeit, um auf der Fahrt anzuhalten und die frisch verschneiten Bäume zu knipsen. Richtung Rheinland-Pfalz war wohl leichtes Schneechaos; von einem querstehenden LKW mal abgesehen (nein, von dem habe ich keine Bilder) merke ich davon aber wenig – nur die linke Spur sieht stellenweise etwas trügerisch aus. Aber kein Vergleich zu Norwegen neulich (dafür habe ich auch keine Spikes-Reifen).

70 Kilo???

KLM ab Frankfurt heißt Terminal 2: Also ab in P8 statt P2/3 und von den kurzen Wegen überrascht sein. Sollte das etwa ein entspannter Tag am Flughafen werden? Naja, für KLM ist das keine Herausforderung. Denksportaufgabe: Wenn KLM 15 Minuten braucht, um einen Koffer einzuchecken, wie viele Tage früher muss ich dann bei einer ausgebuchten Maschine am Schalter sein? Das Gepäckband streikt, aber zum Glück ist die Schlange noch kurz, und ich werde mein Köfferchen doch noch los. Auch wenn die Gepäckwaage eindeutig spinnt. Die Security geht ausnahmsweise ebenfalls mal schnell, und dann heißt es eineinhalb Stunden in Terminal 2 totschlagen.

Und dann nochmal eine knappe Stunde: Der Flieger hat Verspätung, was in der App angezeigt wird, aber nicht am Gate. Daher beginnt das Boarding pünktlich um 11:25, und um kurz nach 12 kommen die ersten dann auch wirklich durch das Tor. Bis dahin stehen die meisten brav in der Schlange…

In Amsterdam bleibt dann noch eine gute Stunde Zeit, um einmal quer durch den Flughafen zum nächsten Gate zu gehen, alles ganz entspannt. Dort treffe ich auch Robert, meinen Co-Lektor, und die meisten der Nordlicht-und-Sterne-Gruppe sind ebenfalls da – aber diesmal füllen wir nicht den ganzen Flieger, wir sind nur etwas über dem Teiler für zwei Lektoren und Reiseleiter. Arno und Sabina erwarten uns schon am Flughafen, nehmen die Gruppe in Empfang, dann geht es ab in die beiden Busse, noch einmal abzählen – alle sind da – und stracks zum Hurtigruten Jektevikts-Terminal, wo die Richard With schon wartet. Seit Havila ebenfalls die Kystruten fährt, trägt das Terminalgebäude ja einen neuen Namen.

Und während der Fahrt klingelt mein Telefon: Robert sucht uns, wir sind ohne ihn abgefahren. Dank Taxi ist er wenige Minuten nach uns und 65 Euro ärmer ebenfalls am Terminal. Tja, wir sind nicht die US Marines: Wir lassen Leute zurück. Die Hurtigrute hält sich an ihren Fahrplan und legt pünktlich ab. Besser, man übt das in Bergen als anderswo…

Tagesprogramm
Das Tagesprogramm

Aber wie immer bleibt auf dem Schiff nicht viel Zeit: Kurz die Kabine beziehen, dann beim Expeditionsteam vorsprechen, um Termine abzuklären, Abendessen, die Crew-Vorstellung besuchen, das Auslaufen um 20:30 mitmachen, kurz eine Runde durch’s Schiff drehen, den Koffer auspacken, und das war’s dann auch für heute. Der Tag in Bergen ist mit dem neuen Fahrplan immer etwas hektisch, aber es finden doch einige Passagiere die Zeit, um auf Deck 7 das Ablegen mitzuerleben. Da bietet sich auch die Gelegenheit für erste Gespräche. Könnte eine angenehme Fahrt werden:-) Etwas über 300 Passagiere sind an Bord, damit ist es nicht zu voll, auch wenn das Schiff ganz gut belegt ist. Auf Deck 7 wird auch Sekt verkauft, um auf das Ablegen anzustoßen – auf jeden Fall bleibt er kalt.

Bei der Abfahrt in Bergen war es trocken, auch wenn die Wolken tief über der Stadt hingen. Mit knapp über 0° war es gar nicht mal so kalt, aber ein lausiger Wind bereitet einen schon mal auf die nächsten Tage vor: Windy verspricht für die nächsten Tage einiges an Wind und Wellen. Hoffen wir, dass auch ein paar Wolken weggeblasen werden… zwei Stunden später, nachdem wir Bergen längst hinter uns gelassen habe, ist jedenfalls schon etwas gemütliche Bewegung im Schiff. Mal schauen,w as das Westkapp morgen früh zu bieten hat!

Hurtigrute Tag 12&13: Bergen

Die Nacht war ruhig, das Westkap hat sich von seiner zahmsten Seite gezeigt. Überhaupt hatte man auf dieser Tour kaum das Gefühl, auf einem Schiff zu sein, zumindest was den Seegang anging.

Kurz nach acht erreichen wir den vorletzten Hafen der Route: Florø. Normalerweise bekomme ich von Florø entweder gar nichts mit oder nur die großen Mauern aus Schiffscontainern am Anleger; diesmal bin ich ein paar Minuten vorher draußen und stelle fest, dass das Örtchen eigentlich doch ganz hübsch ist.

Florø

Um 10 Uhr muss die Kabine geräumt werden, damit bleibt noch Zeit für ein kurzes Frühstück und das restliche Packen – der Koffer wird wie üblich an den Fahrstühlen abgestellt und dann im Schiffsbauch verstaut.

Dann beziehen wir wieder Position an unserem üblichen Tisch, die letzten Check-In-Probleme aus dem Weg räumen. Um elf Uhr haben wir unsere Abschiedsveranstaltung, so habe ich praktisch keine Chance, den sonnigen Tag zu genießen – wir sind auch am letzten Tag noch gut ausgelastet. Zum Abschied stoßen wir noch einmal an, Margit erzählt über das Temperaturempfinden der Norweger, ich zeige meinen Tourfilm, und Andreas kommentiert ihn. Vielleicht sollte ich noch einmal darauf hinweisen, dass dieses Blog und die Bilder, die Thomas und ich für unsere Gäste bereitstellen, unser reines Privatvergnügen sind und wir dafür nicht von Hurtigruten bezahlt werde. Das ist alles trinkgeldfinanziert; wir könnten uns auch auf die Vorträge und das gemeinsame Polarlicht-Beobachten beschränken. Auch die Vorträge unserer beiden Reiseleiter sind Bonus-Programm. Da steckt viel Leidenschaft drin:-)

Anschließend gibt es noch ein letztes Mittagessen und für mich eine kurze Chance, doch mal an Deck zu kommen. Hübsch hier, so bei Sonnenschein.

Derweil bereitet die Crew das Schiff schon auf die nächsten Gäste vor. Heute Abend startet die Nordlys ja schon wieder gen Norden.

Bergen erreichen wir sogar etwas zu früh, und dann ab in die Busse und zum Flughafen. Dann noch einigen beim Ausdrucken der Gepäckaufkleber helfen (KLM ist da als etwas komplizierter), während andere direkt am KLM-Schalter ihr Gepäck abgeben, und dann endet unser Job auch schon.

Feierabend

Für uns Reiseleiter und Lektoren war kein Platz mehr im Flugzeug, daher können wir erst am Sonntag zurückfliegen. Also ab ins Flughafenhotel, und dann die Bybanen ausprobieren: Für 40 NOK kommen wir in die Stadt, rund 40 Minuten dauert die Fahrt – das zieht sich ganz schön und ging mit unserem Direkt-Bus für die Gruppe doch schneller.

Das Ziel ist der Weihnachtsmarkt, der ziemlich voll ist. Es gibt German Bratwurst, German Döner und natürlich die Möglichkeit, an einigen Ständen online zu bestellen statt in der Schlange anzustehen. Willkommen im 21. Jahrhundert.

Gourmet-Grill Burger King

Obwohl es nur um die 0° sind, kommt es einem kälter vor. Es fehlt wohl das wärmende Nordlicht, also suchen wir etwas zum Reinsitzen für das Abendessen.

Pepes Pizza ist voll, wie auch manch anderes Restaurant, also landen wir beim örtlichen Gourmet-Grill in der Nähe von Bryggen – dem Burger King. Hier verbrate ich einen nennenswerten Teil vom Trinkgeld für einen Burger mit kalten Tomaten (als großes Menu). Aber für eine Flasche Aquavit im Duty Free wird’s noch reichen… Ein letztes Skål mit Cola (Free Refill, immerhin), und dann geht es zurück. Morgen früh ist die Nacht vorbei.

Florida

So viel hat man von dem Abend in Bergen letztlich nicht; die Hurtigrute ist kein Erholungsurlaub. Jetzt, wo wor auch endlich entspannen und durchatmen könne, schlägt die Müdigkeit zu. Und die Rückfahrt zum Flughafen dauert auch wieder ihre Zeit, schließlich kommen wir unter anderem an Florida und dem Paradis vorbei. Nett: Jede Haltestelle wird mit einem eigenen Ton angekündigt.

Und dann: Ab ins Hotel mit den norwegen-typischen superweichen Betten, in denen man fast bis zum Bauchnabel versinkt.

Viel mehr gibt es eigentlich auch nicht zu erzählen, der Rückreise-Sonntag sollte keine Überraschungen mehr bringen. Der Sonntag beginnt mit einem hervorragenden Frühstücksbuffet im Clarion Hotel am Flughafen, dann den Koffer packen, die Info kriegen, dass unser Flieger mittlerweile 40 Minten Verspätung hat, bei herrlichem Wetter rüber zum Flughafen gehen, das Gepäck aufs Band legen, mit 22,8kg eine Fehlermeldung kriegen, ab zum Lufthansa-Schalter, wo sogar noch jemand ist, dort den Koffer mit auf einmal 23,4 kg ohne Probleme einchecken, und dann in aller Ruhe am Flughafen abhängen, Blog aktualisieren und auf den Flieger warten. Es gibt bessere Möglichkeiten, um den Sonntag zu verbringen, aber was soll’s. Ende der Reise, im Januar steht die nächste Tour an.

Falls wir uns nicht mehr lesen: Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!

Hurtigrute Tag 11: Von Trondheim südwärts

Der Tagesplan

Ich weiß ja, dass die Hurtigruten-Schiffe Arbeitsschiffe sind. Aber warum um 5 Uhr in der Früh der Dachdecker kam, weiß ich auch nicht. Zumindest klang es so, als ob gleichzeitig das Dach gedeckt würde und die Rohre durchgepustet… aber so bin ich immerhin früh genug wach, um den Nordlichtfilm von gestern fertig zu bearbeiten und als einer der ersten zum Frühstück zu gehen – 6:45 eröffnet das Buffet, viel ist noch nicht los.

Leif Erikson

Zwischen 6:30 und 9:30 liegen wir in Trondheim, sodass sich ein Besuch in der Stadt nicht lohnt. Die meisten Läden machen eh erst um 10 Uhr auf. Ich begnüge mich mit einem kurzen Besuch beim Rema 1000 ums Eck (der macht schon um 6 Uhr auf, nur am Samstag erst um 9), bringe das letzte Leergut weg und packe noch ein bisschen Verpflegung ein. Auf dem Rückweg bietet sich noch ein kurzer Besuch bei der Statue von Leif Erikson an, dem ersten Europäer, der Amerika erreichte. Viel mehr Sehenswürdigkeiten gibt es hier in direkter Umgebung auch nicht, und Munkholmen liegt noch weitestgehend in der Dunkelheit. Die Alternative wäre die Stadtrundfahrt, und ausnahmsweise hätte wohl auch der Ausflug in die dunklen, geheimen Gemächer des Nidaros-Doms stattgefunden. Der reizt mich schon immer, aber das mache ich mal, wenn ich auf der Rückfahrt mehr schlechtes Wetter habe und morgens wacher bin.

Die Trollfjord vor Munkholmen

Bei der Abfahrt um 9:30 wartet schon die große Trollfjord darauf, dass wir den Kai frei machen. Schiffsbegegnungen im Hafen gibt es mit dem aktuellen Fahrplan leider nicht mehr, früher hatte man die Chance, kurz einen Blick in das Innere des anderen Hurtigrutenschiffs zu werfen.

Wenig später haben wir unsere Ausschiffungs-Info-Veranstaltung: Wie kommen alle nach Hause, wo können wir helfen, was ist zu beachten, und bitte bitte nehmt alle, die zu unserer Gruppe gehören, auch einen unserer beiden Busse. Anschließend signiere ich noch ein paar meiner Bücher, und dann planen wir die morgigen Abschlussveranstaltung, bevor Mittagessen und Check-In für die Flüge ansteht.

Davon abgesehen haben wir heute Sehtag Seetag: Bei bestem Wetter geht es die schöne Küste entlang. Bei schlechtem Wetter oder gar Sturm zieht sich die Strecke von Trondheim bis Bergen, da wir tagsüber keine Häfen mehr haben; bei diesem Wetter kann man noch einmal die Seele baumeln lassen und Norwegen genießen. Irgendwann muss ich das mal wieder ohne Tour machen, wenn ich frei habe und mir an Deck den Wind um die Ohren blasen lassen kann… tja, arbeiten, wo andere Urlaub machen. Ich will mich nicht beschweren:-)

Während Margit und Andreas sich um den Check-In kümmern, nehme ich mir die Zeit, um doch einmal die Landschaft zu genießen, dabei zu versuchen, unsere Postflagge zu erwischen, und einen der unzähligen Leuchttürme im Bild festzuhalten.

Der Blick nach vorne lohnt sich auch: Es gibt mal wieder Fata Morganas zu sehen. Eigentlich verbinde ich die mit der Wüste, aber ich habe auch in Norwegen schon einige schwebende Inseln gesehen. Sieht schon seltsam aus…

Es haben in Trondheim wohl einige Gäste das Schiff verlassen, und nun sind nur noch Gäste im Select-Tarif an Bord: Das Schiff hat am Internet rumgebastelt, und um 14 Uhr wird das neue Passwort einfach für alle über die Bordsprechanlage bekannt gegeben. Norwegisch-pragmatisch für die letzten 24 Stunden:-)

Viertel nach vier dümpeln wir vor Kristiansund herum und witzeln, ob der Kapitän die Abfahrt verpasst hat, neulich die falsche Seekarte in die Stille Verlosung gebracht hat, oder wieder der Strom ausgefallen ist. Aber wir warten wohl nur darauf, dass ein entgegenkommendes Schiff die Fahrrinne frei macht.

Die Einfahrt nach Kristiansund ist immer sehenswert, da wir eine enge Passage unter einer Brücke durchfahren und dann den ganzen Ort mit dem Schiffstyphon aufwecken. Eine Stunde haben wir Aufenthalt, abzüglich der 10 Minuten, die wir vor Abfahrt an Bord sein müssen, und abzüglich der Zeit für das Anlegen bleibt ein kleines Zeitfenster, um kurz in den Ort zu gehen. Bei der Statue links vom Anleger war ich letztes Mal, diesmal gibt es einen kleinen Abstecher in den Yachthafen rechterhand. Dort soll ein Schiffsmuseum sein, immerhin finden wir ein Boot als Vordach und hübsche Häuser. Und dann: Schon wieder zurück zu Schiff, zum letzten Abendmahl. Unter anderem steht Rinderlende zur Auswahl, angeblich mit Bratkartoffeln. Die Bratkartoffel erinnert eher an gepresste Rösti…

Danach setze ich mich noch ein bisschen an meinen Rechner, den Abschied morgen vorbereiten, bis um 21:15 endlich Margits Höhepunkt der Reise kommt: Der Besuch in Molde, wo die MS Nordstjernen in Rufweite des Hurtigrutenanlegers liegt. Da darf ein kurzer Besuch nicht fehlen, also geht es zügigen Schrittes zum Anleger des Hurtigrutenschiffs, das nicht nur am längsten im Dienst war (56 Jahre), sondern auch die meisten Abschiedsfahrten gemacht hat. Wer heute mit ihr fahren will, wendet sich am besten direkt an Margit unter Nostalgische-Postschiffreisen.de. Und wer weiß, vielleicht kriegen wir auch noch eines Tages eine Nordlicht-und-Sterne-Expeditionsreise auf der Nordstjernen hin, mit freierem Fahrplan als auf der Hurtigrute!

Und das war es dann auch schon fast – kaum zu glauben, dass es jetzt Koffer packen heißt, weil die Kabine morgen um 10 Uhr geräumt werden muss und wir am Nachmittag bereits auf dem Weg zum Flughafen in Bergen sein werden.

Die Reise verging wie im Flug, mit traumhaftem Wetter und viel Polarlicht.