Einen Vorteil hat eine Reise durch die Polarnacht mit bedeckten Nächten: Es gibt nicht so viel für das Blog, daher bin ich ziemlich auf dem aktuellen Stand. Auch wenn ich jetzt natürlich viel lieber Polarlichtbilder bearbeiten würde…
Aber es hilft nichts, auch wenn mir am Morgen einige Gäste erzählen, dass es am frühen morgen um halb sechs doch etwas zu sehen gegeben hätte. Nunja…
Das erste, was ich heute sehe, ist ein klarer Himmel vor Havøysund und die Lichter der südgehenden Hurtigrute MS Nordkapp – mein erstes Schiff, da muss ich natürlich grüßen, auch wenn sie Verspätung hat und unseren Anlieger blockiert.
Die See ist ruhig, der Himmel klar, es könnte kaum besser sein. Sowas bitte heute Abend, ja? Erhört mich irgendein Wettergott?
Endlich ist es soweit, die Nordkapp macht den Anleger frei, wir grüßen einander und legen kurz in dem kleinen Örtchen an. Für mich ist es jetzt Zeit zum Frühstücken. An Bord der Polarlys gibt es um 9:30 Nordkap-Briefmarken und -stempel, gegen 10 (da wir leicht verspätet sind) den Interessepunkt zum Magerøya-Sund oben auf Deck 7. Der Sund trennt die Insel Magerøya mit dem Nordkap vom Festland und ist etwas unangenehm, da der Wind auffrischt. Die Gegend wirkt wie immer in der Polarnacht sehr arktisch – relativ hohe, schneebedeckte Berge, die aus dem schwarzblauen Wasser aufragen.
Irgendwo unter uns ist der Tunnel, der auf die Insel führt und das Nordkap an das Straßennetz anbindet. Tja, das Nordkap… mit Blick auf die Webseite von Statens Vegvesen hatten wir es schon geahnt: Wegen schlechtem Wetter ist die Straße gesperrt, die Dörfer an der Nordseite von Magerøya sind abgeschnitten. Der “Pflichtausflug” zum Nordkap fällt also aus. Lange Gesichter und Frustfressen im Restaurant… Aber fairerweise muss man sagen, dass der Ausflug zwar öfter ausfällt, aber trotzdem noch genug Unfälle passieren. Das Nordkap liegt auf einem flachen, hohen Plateau, das dem Wetter schutzlos ausgeliefert ist – und ein Reisebus hat eine große Windangriffsfläche. Es kommt durchaus immer wieder vor, dass ein Bus von der Straße abkommt und umkippt. Dann kommen auch alle Busse dahinter nicht mehr durch. So ärgerlich es ist, so berechtigt ist die Absage also auch. Und als wir in Honningsvåg einlaufen, hängen düstere schwarze Wolken über der Insel. Nord- und Südseite haben oft unterschiedliches Wetter, sodass wir wenigstens den Ort erkunden können, egal wie es auf der anderen Seite aussieht.
Ich mache die kleine Runde durch den Ort, erst um das Hafenbecken, dann über die Kirche hoch zum alten Friedhof, von dem aus man einen schönen Blick auf Honningsvåg hat. Blöd: Ich überhole zwei andere Wanderer und muss somit den Weg zum Friedhof spuren, weil ich jetzt ganz vorne bin. Oben auf dem Berg ist der Schnee fast kniehoch. Das artet in Arbeit aus, aber lohnt sich. Zumindest das Handy kommt mit den Lichtverhältnissen zurecht und fängt ein düsteres Panorama ein, meine “richtige” Kamera ist überfordert und macht eine Nachtaufnahme, nur mit den Lichtern der Stadt.
Da unten im Hafen liegt unser Schiffchen. Um 13 Uhr findet dort wieder eine Sicherheitsübung statt. Honningsvåg wird immer für diese Übung genutzt, da dann normalerweise kaum Passagiere an Bord sind. Mal sehen, ob ich bis dahin wieder an Bord bin und was davon mitkriege.
Danach geht es wieder in den Ort, zum Glück mit guten Spikes – der Berg ist doch steil. Auch Honningsvåg wurde im Krieg zerstört und neu aufgebaut, es gibt viele der “Standard-Häuser”, die nach dem Krieg als Serien-Fertighaus in der Finnmark weit verbreitet waren. Das Nordkap-Museum reizt mich nicht (da war ich einmal drin – Margit gefällt es, mein Ding ist es nicht), dafür mache ich einen Ladenbummel durch Holmen (den Shop neben dem Narvesen am Anleger), Vekst mit regionalen Sachen und stehe vor dem verschlossenen Christmas House – der zweistöckige Laden mit Weihnachtssachen bis zum Abwinken ist wohl dauerhaft geschlossen und die Besitzerin wieder in Spanien… Schade eigentlich.
Stattdessen also noch in den großen Touri-Shop am Abfahrtsort der Busse: Immerhin der hat eine Weihnachtsabteilung, wobei mich die drei Wikinger mehr faszinieren (in der Bildergalerie oben). Aber ich beherrsche mich und lasse sie stehen, auch wenn sie ganz gut zur aktuellen Nordlichtsituation passen würden. Nichts zu hören, nichts zu sehen, nichts zu melden:-(
Zurück auf dem Schiff gibt es um 14:30 wieder Waffeln zu kaufen, nur Platz ist rar: In Tromsø sind mindestens zwei größere Gruppen zugestiegen, samt Kindern – dementsprechend laut ist es (wir sind halt doch noch öffentliches Verkehrsmittel), und ich ziehe mich in meine Kabine zurück, bis um 15:45 bereits mein vorletzter Vortrag ansteht. Zum Glück ist die Barentssee ruhig, und anschließend stellt Margit noch ein norwegisches Nationalgericht vor: Kvikk Lunsj. Pünktlich zu Kjøllefjord sind wir dann auch fertig damit.
Irgendwie verpasse ich es trotzdem, ein Foto von dem verschneiten Örtchen zu machen. Daher gibt es diesmal nur ein Foto vom Hafenterminal. Von Bord gehen wir ohnehin nicht, es ist nur ein kurzer Stop, und die Finnkirche am Eingang des Fjords ist im Winter auch nicht mehr zu sehen, seit sie nicht mehr beleuchtet wird.
Der Rest vom Tag? 17:15 Treffen mit dem Expeditionsteam, 18 Uhr Essen, und ab 18:15 läuft der Film zur Tour auf Dauerschleife, den das Schiff gebastelt hat. Da es doch recht voll ist und ich noch etwas meinen nächsten Vortrag durchsehen muss, bin ich erstmal in der Kabine und verpasse den Film. Der gelegentliche Blick ins Freie zeigt auch größtenteils nur Wolken.
Gegen 21:30 gibt es im Panoramasalon ein Filmquiz, damit ist unten auf Deck 4 Ruhe, und ich mache es mir da bequem. Bei Berlevåg gibt es ein paar Wolkenlücken, aber kein Nordlicht.
In Berlevåg legen wir kurz an, um zwei Paletten abzuliefern und aufzunehmen, dann wird es etwas voller an Deck: Wir begegnen der Havila Pollux, die etwas mehr Wetterglück hatte. Dann geht es wieder raus auf offene See – bei Windstärke 6-7 ist es unangenehm da draußen, aber immerhin hält der Wellengang sich in Grenzen. Das Quiz zur Filmmusik dürfte auch langsam am Ende sein, und Hoffnung auf Nordlicht habe ich auch keines mehr. Zeit für Feierabend; morgen früh steht Kirkenes auf dem Plan.