Wie die Zeit vergeht – ich bin noch nicht einmal dazu gekommen, meinen Silvesterurlaub in Tromsø zu verbloggen, da steht schon die nächste Hurtigrute auf dem Programm – vom 21.1.-1.2.2023, diesmal auf der Richard With. Das ist für mich tatsächlich eine Premiere: Auf dem Schiff war ich noch nicht.
Mein Flug ab Frankfurt geht heute zu einer sehr humanen Zeit: 11:50 ab Frankfurt mit KLM. Da bleibt sogar noch Zeit, um auf der Fahrt anzuhalten und die frisch verschneiten Bäume zu knipsen. Richtung Rheinland-Pfalz war wohl leichtes Schneechaos; von einem querstehenden LKW mal abgesehen (nein, von dem habe ich keine Bilder) merke ich davon aber wenig – nur die linke Spur sieht stellenweise etwas trügerisch aus. Aber kein Vergleich zu Norwegen neulich (dafür habe ich auch keine Spikes-Reifen).
KLM ab Frankfurt heißt Terminal 2: Also ab in P8 statt P2/3 und von den kurzen Wegen überrascht sein. Sollte das etwa ein entspannter Tag am Flughafen werden? Naja, für KLM ist das keine Herausforderung. Denksportaufgabe: Wenn KLM 15 Minuten braucht, um einen Koffer einzuchecken, wie viele Tage früher muss ich dann bei einer ausgebuchten Maschine am Schalter sein? Das Gepäckband streikt, aber zum Glück ist die Schlange noch kurz, und ich werde mein Köfferchen doch noch los. Auch wenn die Gepäckwaage eindeutig spinnt. Die Security geht ausnahmsweise ebenfalls mal schnell, und dann heißt es eineinhalb Stunden in Terminal 2 totschlagen.
Und dann nochmal eine knappe Stunde: Der Flieger hat Verspätung, was in der App angezeigt wird, aber nicht am Gate. Daher beginnt das Boarding pünktlich um 11:25, und um kurz nach 12 kommen die ersten dann auch wirklich durch das Tor. Bis dahin stehen die meisten brav in der Schlange…
In Amsterdam bleibt dann noch eine gute Stunde Zeit, um einmal quer durch den Flughafen zum nächsten Gate zu gehen, alles ganz entspannt. Dort treffe ich auch Robert, meinen Co-Lektor, und die meisten der Nordlicht-und-Sterne-Gruppe sind ebenfalls da – aber diesmal füllen wir nicht den ganzen Flieger, wir sind nur etwas über dem Teiler für zwei Lektoren und Reiseleiter. Arno und Sabina erwarten uns schon am Flughafen, nehmen die Gruppe in Empfang, dann geht es ab in die beiden Busse, noch einmal abzählen – alle sind da – und stracks zum Hurtigruten Jektevikts-Terminal, wo die Richard With schon wartet. Seit Havila ebenfalls die Kystruten fährt, trägt das Terminalgebäude ja einen neuen Namen.
Und während der Fahrt klingelt mein Telefon: Robert sucht uns, wir sind ohne ihn abgefahren. Dank Taxi ist er wenige Minuten nach uns und 65 Euro ärmer ebenfalls am Terminal. Tja, wir sind nicht die US Marines: Wir lassen Leute zurück. Die Hurtigrute hält sich an ihren Fahrplan und legt pünktlich ab. Besser, man übt das in Bergen als anderswo…
Das Tagesprogramm
Aber wie immer bleibt auf dem Schiff nicht viel Zeit: Kurz die Kabine beziehen, dann beim Expeditionsteam vorsprechen, um Termine abzuklären, Abendessen, die Crew-Vorstellung besuchen, das Auslaufen um 20:30 mitmachen, kurz eine Runde durch’s Schiff drehen, den Koffer auspacken, und das war’s dann auch für heute. Der Tag in Bergen ist mit dem neuen Fahrplan immer etwas hektisch, aber es finden doch einige Passagiere die Zeit, um auf Deck 7 das Ablegen mitzuerleben. Da bietet sich auch die Gelegenheit für erste Gespräche. Könnte eine angenehme Fahrt werden:-) Etwas über 300 Passagiere sind an Bord, damit ist es nicht zu voll, auch wenn das Schiff ganz gut belegt ist. Auf Deck 7 wird auch Sekt verkauft, um auf das Ablegen anzustoßen – auf jeden Fall bleibt er kalt.
Bergen……von Deck 7Meet the CrewAskøy-Brücke
Bei der Abfahrt in Bergen war es trocken, auch wenn die Wolken tief über der Stadt hingen. Mit knapp über 0° war es gar nicht mal so kalt, aber ein lausiger Wind bereitet einen schon mal auf die nächsten Tage vor: Windy verspricht für die nächsten Tage einiges an Wind und Wellen. Hoffen wir, dass auch ein paar Wolken weggeblasen werden… zwei Stunden später, nachdem wir Bergen längst hinter uns gelassen habe, ist jedenfalls schon etwas gemütliche Bewegung im Schiff. Mal schauen,w as das Westkapp morgen früh zu bieten hat!
Hui – wir passieren das Westkap in den frühen Morgenstunden, und es ist doch etwas Bewegung im Schiff. Das ist vielleicht der größte Vorteil des aktuellen Winterfahrplans mit der frühen Abfahrt aus Bergen: Die meisten liegen noch im Bett, als wir das Westkap passieren und die Richard With auf den Wellen reitet. Irgendwas um die drei bis vier Meter Wellengang war es wohl, wobei ich nicht weiß, wie hoch sie wirkklich da waren, wo wir entlang langfuhren. Mein Wecker stand auf 7 Uhr, und da war das meiste schon vorbei – wach war ich aber vorher schon. Aber arg schlimm kann es nicht gewesen sein, alles ist noch sauber im Regal.
Von der Polarnacht sind wir noch ein gutes Stück entfernt, und um zwanzig vor acht sind wir nicht nur in ruhigeren Gewässern kurz vor Torvik, sondern sehen auch schon die Morgendämmerung blau schimmern.
Blaue Stunde kurz nach halb acht
In Torvik machen wir nur kurz Station, sodass ich ohne Bedenken erst zum Frühstück und dann zur Reiseleitersprechstunde gehen kann. Wir nehmen die lange Tafel auf Deck 4 in Beschlag und stehen für Fragen zur Verfügung.
Draußen ist es aber auch schön: Die tiefstehende Sonne beleuchtet einige Wolken und gibt der schneearmen Winterlandschaft Farbe. Bei leichten Plusgraden kommt noch keine Winterstimmung auf.
Morgenwolken
Ålesund erreichen wir fast pünktlich, und da bleiben wir auch erst einmal. Von 9:45 bis 20 Uhr liegen wir hier. Die wenigen Wolken erinnern fast an UFOs…
Wer spontan genug war, kann mit der alten Bruvik in den Hjørundfjord fahren – kein billiger, aber ein schöner Ausflug; ansonsten gibt es ein paar kürzere Hikes, Stadtrundgänge und das Aquarium als Ausflüge. Das ist vor allem für die interessant, die schon von Deutschland aus Ausflüge vorgebucht haben, der Einschiffungsabend ist doch etwas hektisch, um sich da noch mit dem Ausflugsprogramm zu beschäftigen.
Die Richard WithDie BruvikUfo über Ålesund?
Ich mache meine übliche Runde erst auf den Aksla und dann auf den Storhaugen auf der anderen Seite des Jugendstilzentrums. Den Abstieg vom Aksla durch den Wald ersparen wir uns: Es liegt praktisch kein Schnee, aber schon auf den Treppen hoch auf den Aksla gab es ein paar schön vereiste Stellen. Der Aufstieg hat sich gelohnt, auch wenn der Ausblick fast der selbe war wie im November. Sogar die Normand Maximus, das große Vielzweckschiff, liegt noch links im Hafen.
Der AkslaKanonaHalbzeitÅlesund-Panorama
Der Storhaugen ist deutlich leichter zu ersteigen, nur der direkte Weg zum Hafenbecken ist dann wieder etwas rutschig. Hier stehen auch noch viele alte Holzhäuser, die den Stadtbrand von 1904 überlebt haben, der damals über 800 Häuser vernichtete.
Panorama vom Storhaugen
Und dann? Einmal durch das Jugendstilzentrum für die üblichen Fotos. Ich habe keine Ahnung, warum Landschaftsfotografen meinen, dass die Mittagszeit nichts für Fotos ist – die Sonne kommt gerade so über die gepuderten Berge und taucht die Stadt in ein hübsches Licht. Der Zufluchtstunnel unter der Stadt ist heute mit einem Gitter verschlossen
Dann mache ich noch einen Abstecher in den Bunnpris-Supermarkt, der auch am Sonntag offen hat, und decke mich mit Getränken für die Kabine ein. Das Leitungswasser ist zwar Trinkwasser, aber etwas mit Geschmack darf es dann doch ab und zu sein. Wir haben mit unserer Gruppenreise Kaffee und Tee frei, aber ich nehme mein Koffein lieber in kühler Form zu mir.
Und das war es dann eigentlich auch schon. Das Mittagessen lasse ich ausfallen und mache mir einen ruhigen Nachmittag, den ich nutze, um meinen nächsten Vortrag noch einmal durchzugehen – morgen geht das Programm los.
Abendessen gibt es auch noch im Hafen, erst um 20 Uhr legen wir ab. Um 19:45 gibt es dann den Welcome-Drink, bei dem wir Reiseleiter und Lektoren uns kurz vorstellen und ein paar Tips geben; Arno hat mittlerweile eine WhatsApp-Gruppe organisiert, über die sich alle mit Infos versorgen lassen können, die wollen.
Corona ist beendet
Bis zum nächsten Programmpunkt ist noch etwas Zeit, um Spikes anzupreisen (nein, wir kriegen keine Provision) und einen Blick in den Shop zu werfen. Corona ist in Norwegen wohl offiziell endgültig vorbei: Masken und Desinfektionstücher gibt’s zum halben Preis.
Aber ganz vorbei ist es noch nicht, auch wenn es in Norwegen keinen mehr kümmert. Ein paar Fälle gibt es immer wieder. Zum Glück verläuft sich auf dem Schiff das meiste, und wenn es doch eng wird, bleibt immer noch die Option, eine Maske aufzusetzen. Schaden tut es nicht, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass ich im Flugzeug so ziemlich der einzige mit Maske war. Es herrscht fast wieder Normalität im hohen Norden.
Um 21:45 wird zu Norwegens Coastal Kitchen eingeladen, im Panoramasalon kann man Lamm-Häppchen probieren und Aquavit kaufen. Um 22:10 begegnen wir der Havila Capella. Die Schiffsbegegnungen mit der zweiten Reederei auf der Kystruten steht nicht im Tagesprogramm, aber die Schiffe begrüßen einander mit Lichthupe – kein Wunder, schließlich sind viele Crewmitglieder von Hurtigruten zu Havila gewechselt. Man kennt sich. Da 22 Uhr vorbei ist, wird aber nicht mehr gehupt, auch nicht, als wir endlich Molder erreichen. Die Gangway ist dann zehn Minuten nach der offiziellen Ankunft offen – das langt mir nicht, um noch einmal bei der alten Nordstjernen vorbeizuschauen. Das alte Hurtigrutenschiff überwintert gerade in Molde, aber wenn nur zehn Minten für einen Besuch bleiben, grüße ich sie doch lieber nur vom Deck der Richard With aus. Wer mal mit ihr fahren will: Mehr Infos gibt es auf Nostalgische-Postschiffreisen.de. So ein klassisches Schiff würde mich auch mal reizen, auch wenn ich den Luxus der aktuellen Hurtigrutenschiffe durchaus genieße.
Coastal KitchenHavila CapellaNordstjernen
Und damit endet unser erster ganzer Tag, und die richtige Seereise beginnt – es geht auf in den Norden, mit irgendwas um die drei Meter Wellen. Zeit für Feierabend.
Die Wetterprognose für heute ist zum glück schlechter als die Realität: Für Trondheim ist starker Dauerregen und überfrierende Nässe angesagt, stattdessen ist es zwar trüb und stellenweise glatt, aber bis auf einen paar Tropfen Nieselregen trocken. Eher deutscher als norwegischer Winter…
Die Fahrt durch den langen Trondheimfjord ist erwartungsgemäß unspektakulär, und als wir Munkholmen gegen halb 10 passieren, liegt die Trollfjord gerade noch an unserem Platz am Kai. Ich hätte mir beinahe endlich mal wieder einen Interessenspunkt angehört, um zu sehen, was das Expedition Team über Munkholmen erzählt, lande aber dann doch wieder auf Deck 5, wo man einen besseren Blick hat. Auf Deck 7 drängt sich alles an der kurzen Reling, auf Deck 5 ist Platz.
Munkholmen und Trollfjord
Mittlerweile hat sich auch rumgesprochen, dass ich die Tour schon ein paar Mal gemacht habe und ein paar gute Fotospots kenne, ich bin nicht allein:-) Wenig später fährt die Trolfjord dicht an uns vorbei und zwischen der Richard With und Munkholmen hindurch. Schöne Fotogelegenheit, auch wenn das schöne Wetter aus Ålesund leider hinter uns liegt – und ich kein Bild der Trollfjord mehr brauche, da sie mittlerweile nur noch aushilfsweise im Liniendienst ist. Wer weiß, ob ich noch einmal eine Gelegenheit habe, auf ihr zu fahren? In Zukunft soll sie für Hurtigruten Expeditions fahren und wie schon die Ex-Finnmarken (jetzt Otto Sverdrup) und die Ex-Midnatsol (jetzt Maude) vor allem touristisch geprägtere Reisen ab Deutschland oder England machen, mit längeren Stops in den größeren norwegischen Häfen.
Für uns bleibt nur ein viel zu kurzer Halt in der alten Königsstadt Trondheim, schließlich muss der lange Tag in Ålesund wieder reingeholt werden… drei Stunden abzüglich einer Viertelstunde für das Anlegen (mit Rückwärts einparken auf der richtigen Höhe für den Flüssiggas-Turm, und die Gangway ausfahren) und 10-15 Minuten vor Ablegen wieder an Bord sein reichen nur für einen zügigen Gang durch das alte Industrieviertel Nedre Elvehavn mit dem Solsiden-Einkaufszentrum und danach durch Bakklandet, wo sich dann die Diskussion ergibt, welches Café den besten Kaffee hat: Arno und Robert haben die Stadtrunde in umgekehrter Richtung gemacht, hier treffen wir uns. Hat das CAfe auf der rechten oder der linken Straßenseite den besten Kaffee der Route, ach was sag ich, der Welt? Ich klinke mich da aus und stimme einfach mal für Senja Roasters, weiter im Norden:-) Für einen gemütlichen Kaffee bleibt ohnehin keine Zeit.
Brücke nach Nedre ElvehavnBakklandetBakklandet
Stattdessen nur ein kurzer Blick zum Fahrradlift und dann ab zu dem Panorama-Ausguck auf Dom, Fluss und alte Brücke, bevor es weiter zum Nidaros-Dom geht. Ein paar Fotos, ein Blick auf die Uhr: Keine Zeit mehr für einen Blick in den Trondheim Torg oder die Vare Frue Kirke.
Nidaros-Dom und Gamle Bybro
Also hurtig weiter am Burger King vorbei zu Norwegens größtem Holzhaus, dem Stadthaus der Königsfamilie in Trondheim, und dann stracks zurück zum Schiff.
Die Zeit reicht nur noch für einen kurzen Stop im REMA 1000, und dann bin ich wieder auf der Richard With. 10-15 Minuten hätte ich noch gehabt, aber das Wetter wird auch zusehends unangenehmer: Es tröpfelt immer wieder.
Die Fahrt durch den Trondheim-Fjord geht größtenteils für Verwaltung drauf: Die letzten Vortragstermine abklären, Vortrag vorbereiten, und ein bisschen Flagge zeigen, bevor um 15:20 der nächste Interessenspunkt auf dem Programm steht: Kjeungskjærfyr, der berühmte achteckige, rote Leuchtturm. Im Dezember fiel er aus, weil er saniert wurde und noch in Planen verhült war, jetzt präsentiert er sich dunkelrot vor kontrastarm-grauem Himmel. Aber immerhin ist er wieder zu sehen. Es tröpfelt, sodass sich alle für den Interessieen-Punkt auf Deck 7 unter dem Vordach vom Sonnendach sammeln. Ich bin vorne auf Deck 5 am Bug und werde mit Robert und Arno eingesperrt: Im Lauf des Vormittags war schon der hintere Teil des Umlaufdecks mit Flatterband abgesperrt worden, und auf einmal wird auch vorne abgesperrt. Dass vorne schon Leute standen: Egal… Also bleibe ich einfach da, bis wir das Leuchtfeuer passieren.
Kjeungskjær Fyr
Nicht meine stimmungsvollsten Bilder des Leuchtturms, aber immerhin.
Danach heißt es Einsatz: Unser erster Vortrag. Den halten wir zu zweit: Ich erkläre die Physik des Nordlichts, und Robert erzählt über Fotografie und Beobachtung. Den Wetterbericht sparen wir uns bei der Prognose allerdings: Wolken, Wolken, Wolken…
Gathering mit dem Expedition Team im Nachbar-Konferenzraum
Wir bleiben unter einer Stunde, danach noch ein paar Kameras einstellen und dann ist auch schon 17 Uhr: Das Expeditionsteam macht wieder Tagesrückblick. Nett: Sie nutzen beide Vortragsräume, per Videoübertragung von einem Raum in den anderen. Eine Videokonferenz, ganz wie im Homeoffice:-)
So ist es im zweiten Raum schön leer, und ich höre mir das auch einmal an. Was ich lerne: Ich habe nie verstanden, was dieses Haschewu eigentlich bedeutet, das man so oft hört. Es wird Vær so gud geschrieben und bedeutet War scho’ gut. Ich sag’s ja: Norwegisch ist fast wie Schwedisch, und Schwedisch fast wie Schwäbisch. (Na gut: Offiziell wird die Redewendung eher mit “Gern geschehen” übersetzt.) Bei zwei Sprachen und rund 40 Dialekten ist man da recht flexibel bei der Aussprache.
Mittlerweile regnet es sich draußen ein, und nach dem Abendessen (wir haben wieder die Sitzung um 18 Uhr) geht es auf die Folda: Es kommt gut Bewegung ins Schiff, und die meisten suchen sich schwankend einen ruhigen Platz. Raus gehen macht da eh keinen Spaß, Sauwetter. Aber der Sturm, der im Norden tobt und die MS Nordlys Richtung Alta treibt, verschont uns so weit. Es schaukelt, aber recht gleichmäßig. Für mich ist das die Gelegenheit, die Bilder des Tages zu sichten und am Blog zu arbeiten – im Multe auf Deck 7 ist es ruhig, und ich bin fast alleine. Eine Stunde vor Rørvik ist die See dann ruhiger.
Kurs Rørvik
In leichtem Regen erreichen wir Rørvik, wo die Vesterålen noch den Kai belegt, während wir unter der markanten Brücke hindurch fahren. Rørvik ist einer der Häfen, die ich kaum kenne – wir halten hier nur kurz, und als wir früher noch einen längeren Aufenthalt von einer Stunde hatten, war ich auch nur selten mehr als ein paar Schritte im Ort. Damals gab es nämlich in Trondheim und Rørvik noch Schiffsbegegnungen im Hafen mit der Möglichkeit, das andere Schiff zu besichtigen. Die Chance hatte ich Anfangs genutzt, um einmal alle Schiffe kennenzulernen, und später, um ggf. alte Bekannte zu besuchen, die dort gerade fuhren. Die Schiffsbesuche waren immer schön: Jedesmal gingen alle in dem Bewusstsein auf das eigene Schiff zurück, dass das eigene Schiff viel schöner ist. Dazu muss man sagen, dass früher auch jedes Schiff seinen eigenen Stil hatte; heute unterscheidet sich die Inneneinrichtung nur noch in Details.
MS Vesterålen
Nach der Brücke vor Rørvik sehen wir dann die Vesterålen ablegen, wenden und an dicht an unserer steuerbord-rechten Seite vorbeifahren. Um die Uhrzeit beschränkt sich der Gruß auf die Lichthupe. Die Vesterålen dürfte das einzige Schiff sein, das noch die ursprüngliche Inneneinrichtung hat – 80er-Jahre-Chic mit Linoleum, aber auch sie hat ihre Freunde.
Rørvik mit dem Küstenmuseum
Dann können wir anlegen. Das auffällige Gebäude kurz vor dem Anleger ist übrigens das Küstenmuseum. Dafür ist natürlich keine Zeit, selbst wenn es kurz vor 22 Uhr noch offen hätte – dafür kann man dem Gabelstapler beim Be- und Entladen zusehen. Zwei Paletten mit leeren Särgen verlassen das Schiff, andere Fracht kommt an Bord, ebenso ein größerer Van – die Hurtigrute wird weiterhin auch als Autofähre genutzt. Die Schiffe der Havila-Reederei, die vier der elf Abfahrten ab Bergen bedienen, nimmt nur noch Autos von Bergen nach Kirkenes oder zurück mit und nicht mehr auf der Teilstrecke, und überhaupt keine Elektroautos. Da ist Hurtigruten noch näher am alten Transportauftrag, und gerade im Norden ist der wichtig. Die lukrativen Strecken im Süden bedienen andere Reedereien; im Norden verdienen sich die Hurtigrutenschiffe die staatlichen Subventionen, indem sie jeden kleinen Hafen auf dem Plan anfahren.
Nach Rørvik tut sich nicht mehr viel – das Wetter bleibt regnerisch-bedeckt, und an Bord ist nur noch der Polarkreis-Wettbewerb interessant: Irgendwann zwischen 7:30 und 8:30 passieren wir morgen früh den Polarkreis und die Insel Vikingen. Wer die richtige Zeit tippt, kann etwas gewinnen. Für mich heißt das, dass morgen früh der Wecker klingelt…
Jetzt sind wir im Norden, und langsam könnte das berühmte wechselhafte norwegische Wetter mal kommen – die Wolkendecke ist dicht und undurchlässig. Dafür kommen wir jetzt in den Bereich, in dem es Polarnacht gibt: Wir überqueren den Polarkreis, und Bodø, dass wie heute nachmittag erreichen, ist die südlichste Stadt, in der die Sonne im Winter zumindest einen Tag lang nicht aufgeht (wenn man Dinge wie die atmosphärische Refraktion mal beiseite lässt). Bei klarem Himmel gibt es trotzdem mehrere Stunden lang blaue Stunde und schöne Dämmerung; bei Wolken bleibt es grau in grau. Etwas kontrastarm, das ganze, wenn man an den Beginn der Tour in Ålesund zurück denkt. Mittlerweile ist die Polarnacht zwar auf dem ganzen Festland zu Ende, aber besonders lang kommt die Sonne immer noch über den Horizont – erst recht nicht, wenn da noch Berge im Weg sind.
Polarkreis-Monument auf Vikingen
Aber wie dem auch sei: In der Finsternis überqueren wir am frühen Morgen den Polarkreis, um 7:53:29 ertönt das Schiffstyphon, und ich habe bis heute nicht herausgefunden, welcher Teil des Schiffs dann den Polarkreis überquert. Wahrscheinlich der GPS-Empfänger… Jedenfalls passieren wir die Insel Vikingen, die dem Polarkreis am nächsten ist, und der Schiffsscheinwerfer strahlt die Kugel an – die Kameras klicken. Wie angekündigt hatten wir eine Viertelstunde Vorwarnung, um uns entweder einen Fotospot auf Deck 5 zu suchen oder das Expeditionsteam auf Deck 7 zu treffen. Man kann nicht alles haben: Bei Kjeungskjær Fyr gestern gab es auf Deck 7 wohl eine Muschelverköstigung, die an den Fotografen vorbei ging. Aber hier ist noch niemand verhungert, und auch nach der Polarkreispassage füllt sich das Restaurant zum Frühstück – gut, dass ich vorher wach war und in Ruhe frühstücken konnte. Stattdessen steht Reiseleitersprechstunde an, für Tipps und Tricks rund um die Reise.
Während es draußen langsam hell wird, versuche ich, aus meinen Bildern etwas mehr herauszuholen. Mit modernster Technik wird aus dem aktuell fast mystischen Nidaros-Dom ein perfekter Wintertag, und Kjeungskjærfyr mit Polarlicht vor den Wolken hat doch auch was.
Original…… und Fälschung
Trotzdem gehe ich doch sehr davon aus, dass wir noch richtiges Polarlicht sehen werden und ich nicht mit Luminar bescheißen muss…
Als wir gegen 10 Uhr Ørnes für einen kurzen Stop erreichen, ist es bereits richtig hell (für gewisse Werte von hell), und auch bei bedecktem Himmel ist das Örtchen inmitten der schneebedeckten Berge einer der schönsten Häfen.
Rund um Ørnes
Njørd
Und dann kann man gleich an Deck bleiben: Die Berge sind die perfekte Kulisse für die Polarkreistaufe. Wer das erste Mal den Polarkreis überquert (oder nicht genug kriegt), wird mit einer Kelle Eis getauft und mit einem Aquavit wieder aufgewärmt. Den Aquavit gibt es kostenlos, aber nur für die frisch Getauften.
Vorher muss aber noch Njørd gerufen werden: Nach anfänglichem Gemurmel klappt das mit dem Anrufen, und er kommt von Deck 6 – ob aus dem Meer oder dem Whirlpool, darf spekuliert werden. Nachdem er das Wasser aus seiner Tröte geschüttelt hat, eröffnet er die Zeremonie, der Gewinner des Polarkreiswettbewerbs wird ausgerufen und zuerst getauft.
Nun, ich habe das schon hinter mir und kann die Show genießen, bevor ich wieder nach unten auf Deck 4 gehe. Dort hat kurz darauf der Postmeister seinen Einsatz und stempelt Briefe und mehr mit dem Polarkreisstempel, bis das Mittagessen ruft – das ich mal wieder ausfallen lasse. Es muss ja nicht jedes Mal die Themenreise 11 Tage, 11 Kilo durchgeführt werden:-)
Kurz nach 13 Uhr erreichen wir Bodø, und das Wetter hält zum Glück: Die dicken Wolken regnen noch nicht ab, nur der übliche Wind begrüßt uns beim Gang in die Stadt. Vor der Einfahrt gibt es noch die Chance für einen Blick auf den Flughafen, der irgendwann verlegt werden soll – Bodø wächst und streitet sich gerade mit Tromsø um den Titel der größten Stadt Nordnorwegens. Bodø führt, wenn man sich auf das Stadtzentrum konzentriert, weil Tromsø als “Paris des Nordens” mehr Geschäfte im Stadtzentrum hat, während in Bodø bei fast jedem Besuch ein neues Hotel in der Stadtmitte steht.
Kurs BodøFlughafenGamle SaltenSkyline
Da Bodø im Krieg fast völlig zerstört wurde, ist es heute eine sehr moderne Stadt, in der die Architekten immer wieder zeigen, dass mit modernen Baumethoden keine schönen Gebäude möglich sind – man braucht ein paar Besuche, um die schönen Ecken oder den Charme der Stadt zu finden. Immerhin: Die Gamle Salten liegt immer noch vor Anker; Schiffe dieser Generation fuhren einst als Postschiffe auf der Hurtigrute.
Richard WithGamle Salten
Ich schließe mich Arno beim Gang in die Stadt an, und klinke mich dann für einen Abstecher ins Einkaufszentrum aus. Vorher ging es noch in den Dom, der von Innen wesentlich hübscher ist als von Außen, und zur Gamle Salten. Dann gehe ich noch einmal zurück in den “Solparken” zwischen Dom und Rathaus, um Kirche und Rathaus mal von einer anderen Perspektive aufzunehmen. In der Verlängeurng der Straße liegt dann auch das große Aurora-Wandgemälde. Street Art ist gerade in den Seitenstraßen Bodøs weit verbreitet.
Dom von außenDom von innenDom von hintenDom und Rathaus
Nordlicht
Danach geht es zurück zum Schiff, ich habe alles in Reichweite gesehen. Irgendwann mache ich vielleicht doch mal den Ausflug zum Saltstraumen mit, dem größten Gezeitenstrom der Welt. Vorher muss ich aber schauen, wie die Gezeiten gerade sind.
Diesmal wurde übrigens gar nicht auf das Luftfahrtmuseum in Bodø hingewiesen, zu dem ein Shuttlebus fährt – das ist zwar kein Hurtigrutenausflug, aber durchaus sehenswert: Zwei große Hallen mit zivilen und militärischen Flugzeugen.
Die Festung auf der anderen Seite des Hafens würde mich auch einmal interessieren, aber bis dahin ist es gut eine Stunde einfacher Weg – das langt nicht.Dafür fällt mir erstmals auf, dass der Funkturm oberhalb von Bodø in verschiedenen ständig wechselnden Farben beleuchtet wird.
Abendliches BodøDie FestungBunte Lichter
Nach dem Ablegen präsentiert sich die Stadt noch einmal als Lichtermeer in der Dunkelheit – aus der Ferne ist Bodø hübsch. Von dem Leuchtturm Landegode Fyr ist leider nichts zu sehen – als wir den erreichen, ist es bereits finster. Nur am Wellengang merkt man, dass wir nun den Westfjord überqueren. Rund zwei Studnen ist eine gleichmäßige Bewegung im Schiff. Um die drei Meter hohe Wellen sind angesagt, die das Schiff beid er aktuellen Dünungsrichtung aber gut schluckt.
Die Überfahrt ist ereignislos – es gibt vom Expeditionsteam interessante Vorträge über Polarlicht (nichts neues, zum Glück) und arktische Lichtstimmungen, währenddessen bastel ich noch ein wenig an meinem eigenen Vortrag morgen früh. Als wir uns den Lofoten nähern, wird die See ruhiger, und das Gathering mit dem Expedition Team ist ganz gut besucht – es gibt Bilder von der Polarkreiszeremonie zu sehen.
Stamsund
Dann gibt es Abendessen für alle, die nicht in Stamsund aussteigen, um am Wikingerfest teilzunehmen – die kriegen dort zu essen und steigen in Svolvær wieder ein.
Von den mächtigen Bergen hinter Stamsund ist nichts zu sehen, dafür regnet es. Das macht ja Hoffnung für Svolvær…
Ich habe noch einmal Kontakt mit der südgehenden Hurtigrute, die wir kurz vor Svolvær treffen. Wir verabreden uns zum Winken und geben bei leichtem Schneetreiben Lichtzeichen, während die Schiffe einander ebenfalls mit Lichthupe und Festbeleuchtung begrüßen.
Die Nordlys
Vor der Hafeneinfahrt von Svolvær grüßt die Statue für die Fischersfrauen, von der wieder einmal wenig zu sehen ist: Sie steht auf dem Leuchtfeuer an der Hafeneinfahrt, das die Statue überstrahlt. Trotz aller Beleuchtung in Norwegen: Die Statue liegt im Dunkeln.
In Svolvær wird aus dem Schnee wieder Regen, aber für einen kurzen Gang durch die Stadt langt es. Einen Blick auf die Rørbua-Häuser der Scandic-Hotels werfen, und feststellen, dass unsere Stammkneipe, der Anker, erst am 3. Februar wieder aufmacht. Da wird wohl noch einmal Kraft geschöpft, bevor die Fischsaison los geht, und ab Februar Stockfisch gemacht wird. Schade. Dafür entdecke ich auf dem Rückweg erstmals bewusst die kleine Statue für den Jack Berntsen, den “Troubadur des Nordens” am Hafenbecken, kurz vor dem Bacalao-Restaurant.
Einen Programmpunkt gibt es noch, nachdem wir Svolvær um 22:15 verlassen: In knapp einer Stunde erreichen wir den Raftsund, auf Deck 7 erwarten uns Fiskekake und Trollknert (der schon den ganzen Tag im Vorverkauf ist – die neuen Tassen sind immerhin hübscher als die Porzellantasse, die ich noch von 2014 habe) und eventuell eine Fahrt zur Mündung des Trollfjords.
Raftsund ohne Trollfjord (und Landschaft)
Kurz vor 23 Uhr kommt dann allerdings die Durchsage, dass der Trollfjord wegen des Wetters ausfällt – kein Wunder, es schneegraupelt und ist einfach nur unangenehm. Dementsprechend wenige holen sich einen Fiskekake als spätes Abendessen, und ich mache auch zeitnah Feierabend. Bei dem Wetter ist nichts vom Raftsund zu sehen, außer eventuell Positionslampen für die Fahrrinne.
Der erste Hafen des Tages ist Harstad, das wir kurz vor acht wieder verlassen. Wer den Hafen verschläft, verpasst nicht viel: Es ist dunkel, es schneit, und die Baustelle am Hafen wächst munter weiter.
Südgehend beginnt hier der Vestrålen-Busausflug, und wenn es etwas heller ist, kann man am Ufer in der Ferne die alte Trondenes-Kirche erspähen, genau wie die Wasserfontaine, die vor dem Hafenbecken installiert ist. Jetzt ist davon nichts zu sehen, und das Wetter verleitet auch nicht dazu, länger draußen zu bleiben. Also: Ab zum Frühstücksbuffet, bevor zu viel los ist.
Das Frühstücksbuffet bietet ein englisch angehauchtes Frühstück mit Spiegelei, Würstchen und Bohnen, aber auch viel Fisch, Wurst und Käse inklusive des Brunøst. Da findet man eigentlich immer etwas. Interessant finde ich, dass auf den Monitoren des Schiffs (die das gedruckte Tagesprogramm ersetzt haben und dafür sorgen, dass ich nichts mehr mitkriege) auch das Schiffsbistro beworben wird – und da mit Hausmannskost in Form von Burgern geworben wird. Interessante Definition, aber eine nette Alternative zum eher gehobenen abendlichen A-la-carte-Menu im Restaurant.
Harstad Hafenund BaustelleHausmannskost
Die See ist ruhig, das Wetter ist schlecht – da passt es ganz gut, dass um zehn Uhr unser zweiter Vortrag ansteht: Ich erzähle etwas über den aktuellen Sternenhimmel und die griechischen Sagen, die sich dort verbergen. Was ich vergessen habe zu erwähnen: Es gibt wunderbare Apps für das Handy, mit denen man auf dem Smartphone den aktuellen Sternenhimmel sieht, wenn man es nach oben hält. Celestron SkyPortal ist so eine kostenlose Möglichkeit, um sich einfach am Himmel zurechtzufinden.
Danach gibt es nichts zu sehen: Wir nähern uns Finnsnes, und der Blick aus dem Fenster zeigt nur weißen Nebel. Auch Finnsnes selbst zeigt sich betont kontrastarm, und die benachbarte Insel Senja ist nur zu erahnen. Ich statte Ottar fra Hålogaland einen Besuch ab – seine Statue steht am Hafenbecken und ist vom Heck des Schiffs bereits zu sehen; bei einer halben Stunde Aufenthalt langt das, um sich kurz die Füße zu vertreten. Ich muss ja nicht immer nur das Haus mit der Schokoladenwerbung direkt am Anleger fotografieren. Dafür fallen mir erstmals die Flaggen von Hurtigruten und Havila an dem Gebäude auf. Am Hafen gibt es neben dem Gabelstaplerballet auch die Versuche zu sehen, einen LKW zu entladen. Das klappt nur mäßig, als die Ladung vom Stapler zurück in den LKW kippt, klingt das nach Bruch…
Impressionen aus Finnsnes
Dann geht die Tour weiter nach Tromsø. Kurz vor dem “Tor zur Arktis” liegt noch ein Interessenspunkt: Der Rystraumen bei der Insel Ryøya. Hier verengt sich das Fahrwasser, und durch die Gezeiten gibt es starke Strömungen. Viel merkt man davon nicht, auch wenn die Maschinen des Schiffs mehr arbeiten müssen: Ein paar Änderungen an der Wasseroberfläche sind alles, was man sieht. Unter uns liegt mindestens ein Schiffswarack, und auf der Insel gab es bis 2014 versuchsweise Moschusochsen. Seit der letzte gestorben ist, steht die Insel zum Verkauf, wie Roman vom Expeditionsteam auf Deck 7 erklärt.
Rystraumen
Das Wetter bessert sich – bislang haben wir echt Glück: Der Sturm ist uns etwas voraus, sodass wir zwar durchaus Wellengang haben, aber man konnte praktisch in jedem Hafen von Bord gehen, ohne im Regen zu stehen. Über Tromsø gibt es Wolkenlücken und somit noch eine gute Stunde Helligkeit, um ein paar schöne Fotos zu schießen. Robert macht schon Hoffnung, weil für heute Abend nur rund 60% Bewölkung angesagt sind. Und ziemlich bald kommt die Bewölkung dann auch in Form von dichtem Schneefall herunter…
Über Tromsø will ich gar nicht viel schreiben – ich war zuletzt über Silvester hier und arbeite meine Einkaufsliste ab, das Touri-Programm beschränkt sich daher auf einen kleinen Stadtrundgang. Tromsø ist nicht umsonst als Paris des Nordens bekannt, ich bin hier öfter einkaufen als in der Innenstadt von Karlsruhe…
Wir haben bis 18:15 insgesamt vier Stunden Aufenthalt, aber um 18 Uhr gibt es bereits Essen: Nordkap-Buffet. Also, Tromsø-Buffet, das wurde vorverlegt, aber es gibt trotzdem eine reichhaltige Auswahl vor allem an Meeresfrüchten. Wenn die Wetteraussichten besser sind, lasse ich das Essen auf dem Schiff gerne ausfallen und gönne mir eine Pizza in Tromsø (es könnte ja schon zur Essenszeit Polarlicht geben), aber diesmal sieht es schlecht aus – also doch Buffet. Danach steht erst einmal nichts an – Sauwetter. Kurz nach 21 Uhr sollten wir der Havila Castor begegnen. Eine Durchsage dazu macht das Schiff nicht, und als ich um 21:10 an Deck will, sehe ich nur eine Wand aus dichtem Schneefall. Na toll.
Warten auf die CastorHavila CastorAuktion
Sieben Minuten später fährt sie an uns vorbei, und aus der Türe heraus mache ich doch einen Schnappschuss von ihr. Da kann ich guten Gewissens zur Auktion um 21:30 gehen: Um die Hurtigruten-Foundation zu unterstützen, gibt es eine Auktion, deren Gewinne in Umwelt- und Bildungsorientierte Projekte fließen. Sie läuft so lala. Die Bilanz:
Eine gebrauchte Seekarte der Region um Tromsø (signiert) wechselt für 800 NOK den Besitzer.
Die Postflagge, die hinten am Schiff weht, bringt 2400 NOK.
Für 2200 NOK gibt es eine Backstage-Führung für vier Personen: Mit Blick auf die Brücke, in den Maschinenraum und in die Kombüse.
Dann warten noch ein Kurs in Getränkemixen mit dem Barkeeper sowie ein Essen für zwei Personen mit den Offizieren auf Gebote – das Mindestgebot liegt bei 1000 NOK und wird in beiden Fällen nicht erreicht. Auf einem Kreuzfahrtschiff wäre das wohl erfolgreicher gewesen… Gelohnt hätte es sich aber, zwei Personen lassen für ein Essen im Kysten-Restaurant an Bord auch gerne 1000 NOK liegen.
Skjervøy
Der letzte Hafen des Tages ist Skjervøy, wo wir pünktlich zum Ende der Auktion anlegen. Skjervøy geht immer, wie es unter Nordlichtjägern heißt, aber diesmal sieht es wieder bedeckt aus über der Stadt, als ich einen Blick von der Backbordseite auf den Ort werfe.
Bis ich auf die andere Seite des Schiffs gehe, wo es klar ist und ein Nordlichtbogen über dem Schiff steht. Schnell eine SMS an Robert, der sich das auch ansieht und dem Expeditionsteam Bescheid sagt. Bis die zum Überprüfen an Deck sind, ist es aber schon wieder zugezogen. Hoffentlich haben wir die Nordlichtgarantie jetz nicht verspielt… beim Ablegen habe ich meine Kamera aufgebaut und festgestellt, dass das wohl meine letzte Fahrt mit der Richard With ist: An der Reling am Bug kann ich meine Kamera nicht festschrauben. Ich kann so nicht arbeiten. Also klemme ich sie an die Backbord-Seite und lasse sie arbeiten. Ein Stück nach Skjervøy reißt der Himmel dann wieder auf, Robert informiert alle Gruppenmitglieder, die in der Whatsapp-Gruppe sind, und durch die Wolkenlücken bietet sich ein nicht besonders helles, aber schönes Polarlicht: An der Steuerbordseite ist es besonders gut zu sehen und tanzt auch einige Minuten. Sehr schön. Durch den Dunst wirkt es zwar etwas blass, aber das ist schon gar nicht schlecht. Zum Glück habe ich noch meine zweite Kamera mit Stativ dabei, die Steuerbord abdecken konnte und eine bessere Ausbeute hatte.
Etwa zwei Minuten Polarlicht hinter Skjervøy, Blick Backbord
Etwa eine halbe bis Dreiviertelstunde gab es eine Chance; und als auch das Schiff eine Durchsage macht, ist das Schauspiel so gut wie vorbei. Um Viertel nach elf hole ich meine klatschnasse Kamera wieder an Bord, Robert demonstriert noch einmal seinen Kamera-Gimbal, und das war es für diese Nacht dann auch: Wir haben ordentlich Seegang, aber auch als die Wolken nach Mitternacht noch einmal aufreißen, gibt es kein schönes Licht mehr – allenfalls ein schwaches Hintergrundschimmern. Also: Feierabend.
Polarlicht an Steuerbord
Ach ja, besonders fies: Später sehen wir einige Handy-Bilder, die während der Auktion entstanden waren und ebenfalls sehr schönes Polarlicht zeigten – aber die Auktion war wohl wichtiger, da hat auf der Brücke keiner Meldung gemacht. Grmpf.
Heute kommt der höchste Norden: Nach einer unruhigen Nacht mit ordentlichem, aber gleichmäßigem Seegang (es ist noch alles in den Regalen) erreichen wir Havøysund in der Morgendämmerung. Hier erwartet uns ausnahmsweise kein südgehendes Schiff (die Havila Polaris soll im Februar einsteigen, die Havila Pollux ist noch nicht fertig gestellt, und Hurtigruten fehlen gerade die Polarlys, die in Polen in der Werft liegt, und die Kong Harald, die immerhin durch die Trollfjord ersetzt wird), aber dafür gibt es fantastsiches Morgenlicht. Mittlerweile gibt es hier oben schon drei Stunden Sonnenschein, die Polarnacht ist vorbei. Das heißt natürlich nicht, dass die Sonne es auch über die Berge am Horizont schafft, aber wenn keine Wolken stören, gibt es eine schöne lange Blaue Stunde. Die Temperaturen liegen nur um den Gefrierpunkt, mit winddichter Kleidung kann man es gut aushalten. Havøysund gehört auch zu den wenigen Orten, an denen man hier an der Küste Windräder sieht.
Morgenlicht bei Havøysund
Von Havøysund geht es in den windgeschützten Magerøyasund, der die Insel mit Honningsvåg und dem Nordkapp vom Festland trennt. Die Wellen sehen immer noch eindrucksvoll aus, aber wir liegen ruhig im Wasser, bei wechselhaftem Wetter. Bei der Einfahrt in den Sund gibt es blauen Himmel, und als Roman den Interessepunkt Magerøyasund macht und unter anderem über den Tunnel redet, die die Insel mittlerweile mit dem Rest Norwegens verbindet, lässt der starke Graupelschauer nur eine Blickrichtung zu – weg vom Wind. Unangenehm.
Magerøyasund, Kurs Honningsvåg
Als Honningsvåg in Sicht kommt, sieht das Wetter wieder gut aus, aber das muss hier nichts heißen. Ich hatte schon oft Schneesturm im Ort, während am Nordkap auf der anderen Seite der Insel bestes Wetter war – und umgekehrt. Diesmal ist es umgekehrt: Das Wetter ist zu schlecht, die Busse fahren nicht. Stattdessen gibt es ein Alternativprogramm mit Gesang im Kulturhaus von Honningsvåg für alle, die nicht auf eigene Faust durch Honningsvåg wollen.
Kurs Honningsvåg
Es ist im Winter gar nicht so selten, dass das Nordkap abgeschnitten ist: Auf den letzten Kilometern der Zufahrtsstraße herrscht Kolonnenpflicht, und alle fahren im Konvoi dem Schneepflug hinterher. Trotzdem passieren immer wieder Unfälle – vor nicht allzu langer Zeit war ein polnischer Bus mit abgefahrenen Reifen (oder Sommerreifen?) umgekippt war. Auch wenn unsere Ausflugsbusse in besserem Zustand sind: Wenn ein anderes Fahrzeug auf der Straße liegt, geht halt nichts mehr. Und im Schneegestöber zum Nordkapp zu fahren, um dann nichts zu sehen oder den Souvenirshop nicht verlassen zu können, bringt dann auch nichts.
Trotzdem ist die Enttäuschung natürlich groß. Und Nordlicht gab es auch schon, also keine Chance auf eine billigere Ersatzreise durch die Nordlichtgalerie…
Während der Liegezeit in Honningsvåg mache ich mit Arno, Robert und Sabina einen Rundgang durch den Ort. Die Straßen sind überraschend gut, der Schnee ist griffig, sodass Spikes nicht unbedingt nötig sind. Am Hafen entlang gibt es einige Kunstwerke (die Infotafel dazu finde ich vor lauter Schnee allerdings nicht) und das Kulturhaus mit der Trash Art – die gesammelten Gummistiefel aus dem Meer sind hier ebenfalls zu Kunstwerken verarbeitet worden. Außerdem gibt es hier noch eine kleine Mikrobrauerei.
Kein Start zum NordkappRichard With in HonningsvågKulturzentrum mit Trash ArtTrash Art Nr. 2
Wir lassen die Kultur zurück und peilen den Aussichtspunkt über dem Ort an – diesmal soll es nicht zum Denkmal für den Regisseur am Friedhof gehen, sondern noch ein Stück weiter, um einen Blick über den Berg auf den nächsten Ort zu werfen.
Wir kommen überraschend weit, bevor uns die drohenden Wolkenberge zum umkehren veranlassen – und auf der Höhe der Schützhütte ist dann auch nicht mehr viel vom Ort zu sehen. So viel zum Thema Ausblick…
Auf den Berg und wieder zurück
Schnee räumen
Also zurück zum Schiff, noch einmal um den Hafen, um die Richard With von der anderen Seite zu fotografieren, und dann zurück – der Schneegraupel macht keinen Spaß. Immerhin sehen wir den örtlichen Schneeräumer im Einsatz.
Kurz vor dem Schiff wird es wieder schön, aber für mich war es das dann mit Honningsvåg für dieses Mal. Robert hatte noch was neues im Hafen entdeckt: Seesterne. In dem klaren Wasser sind sie gut zu sehen.
Nachdem ich erst einmal wieder auf dem Schiff bin, bleibe ich auch da. Zu tun und sehen gibt es ohnehin nicht viel. Bis 13 Uhr gibt es Mittagessen, was mir gerade noch für eine Kleinigkeit reicht; um 14:30 gäbe es dann Apfelkuchen und heiße Schokolade, womit eigentlich die Nordkap-Heimkehrer begrüßt werden sollten. So legen wir einfach so planmäßig ab, während draußen bereits die Abenddämmerung einbricht.
Abendliches Honningsvåg
Die Überfahrt nach Kjøllefjord ist etwas unruhig und weitestgehend ereignislos. Der angekündigte Vortrag des Expeditionsteams über norwegische Mythologie wird durch einen Vortrag über das Nordkap ersetzt. Schade, den Mythologie-Vortrag hätte ich mir angehört. So mache ich es mir bequem, bis wir uns Kjøllefjord nähern. Für die Felsformation der Finnkirche ist es zu dunkel, sie könnte allenfalls aus der Ferne mit den Scheinwerfern des Schiffs angestrahlt werden. Stattdessen lassen wir sie rechts liegen und steuern direkt das Örtchen am Ende des Fjords an.
Schieflage beim Anlegen in Kjøllefjord
Als wir den Kai erreichen und wenden, legen wir uns ganz schön in den Wind. Das Gathering mit dem Expedition Team wurde auf die Ankunft in Kjøllefjord um 16:45 vorverlegt, um die ruhige See im Fjord auszunutzen. Dadurch verpasse ich das eigentliche Anlegemanöver, das sich wohl schwierig gestaltet: Erst 20 Minuten später liegen wir endlich am Kai.
Die See bleibt unruhig, und irgendwann wird gebeten, nicht raus an Deck zu gehen – das Deck wird aber nicht gesperrt, die Norweger sind da ziemlich entspannt und vertrauen noch auf den gesunden Menschenverstand.
Bereit zum Abendessen
Das Abendessen gibt es heute wieder als Buffet, ein Service für alle, die mit Seekrankheit zu kämpfen haben. In den nächsten Stunden sind wir immer wieder auf unruhiger offener See und haben nur kurze Pausen, wenn wir anlegen – wir planen unser Abendessen für die Zeit rund um Mehamn, den nördlichsten Hafen, den die Hurtigrute anläuft. Effektiv sind wir zu früh im Restaurant, da wir Verspätung haben. Dafür ist das Restaurant ziemlich leer…
Erinnern Sie sich noch an die Aufforderung, im Schiff zu bleiben? Gegen 19 Uhr kommt die Meldung, dass wir Nordlicht haben… Fairerweise erreichen wir Mehamn um 19:25, sind also schon wieder in ruhigerem Fahrwasser, als die Meldung kommt. An Backbord gibt es tatsächlich einen schönen Bogen zu sehen, bevor ihn die Wolken verschlucken. In Mehamn ist dann schon wieder Schneegestöber.
MehamnPolarlicht vor Mehamn
Nach Mehamn schraube ich meine Kamera noch einmal an die Reling und hoffe auf das beste. Die schmale Mondsichel scheint durch die Wolken, und etwas Polarlicht ist auch zu sehen, aber die starke Bewegung des Schiffs, die Gischt, die mir auch hinter den Rettungsbooten vor die Linse spritzt, und das Wetter machen aus der Beobachtung kein Vergnügen. Bald schieben sich die Wolken vor das Polarlicht, und ich breche ab.
Polarlicht nach Mehamn
Auf dem Zeitraffer sieht man dann auch, warum ich immer sage, in Fahrtrichtung oder nach hinten zu fotografieren, wenn möglich – was für ein Gewackel. Aber ich kann meine Kamera leider nicht am Bug der Richard With befestigen, und hinten war nichts zu sehen.
Um 20 Uhr breche ich ab und gehe wieder ins Schiff, Bilder bearbeiten und nachschauen, ob noch irgendwer unterwegs ist. Ein paar bekannte Gesichter sind auf Deck 7, aber die Hoffnung auf weiteres Polarlicht erfüllt sich nicht: Es bleibt bis auf ein paar größere Wolkenlücken bedeckt, und die Polarlichtaktivität endet ebenfalls – es gibt nichts mehr zu sehen, was bei dem Seegang auch gar nicht so schlecht ist.
Das Berlevåg-Maneuver
Berlevåg ist der letzte Hafen, den ich noch mitmachen will. Ich bin ohnehin verwundert, dass der Kapitän ihn bei dem Wetter anläuft. Also ich kurz vor dem Hafen runter auf Deck 5 will, zieht er aber die Handbremse an, macht eine scharfe 120°-Kehre (und ich einen Abstecher zur Seite), die einige Regale abräumt, und wir brechen ab – die Fahrt geht weiter Richtung Båtsfjord. Auf MArinetraffic war das Manöver auch schön zu sehen… Also Feierabend, kein Besuch in Berlevåg. Irgendwann in der Nacht lässt der Seegang auch etwas nach, bis wir schließlich die Kurve Richtung Vardø, Vadsø und Kirkenes nehmen. So lässt sich gut schlafen.
Das war’s – wir sind in Kirkenes, und gefühlt ist das nicht die Halbzeit der Reise, sondern fast schon das Ende. Ab heute Mittag geht es in Riesenschritten gen Süden. Das Gefühl liegt wohl vor allem daran, dass keine großen Häfen mehr kommen, und der letzte Tag ist die Anfahrt auf Bergen, also die Gegend tief im Süden. Was so natürlich auch nicht stimmt: Bergen liegt auch für Norwegen schon recht weit nördlich, wenn man sich die Bevölkerungsverteilung ansieht (und auf der Höhe der Shetland-Inseln), aber die Schiffe der Postlinie kommen nur für Werftaufenthalte noch weiter in den Süden.
Wie dem auch sei: Effektiv haben wir erst Tag 7, da kommt noch einiges auf uns zu – zu allererst wunderschöne Farbenspiele am Morgenhimmel des Varanger-Fjords. Vadsø, das wir als einzigen Hafen nur auf der nordgehenden Route anlaufen, verschlafe ich fast, aber als ich wenig später mit dem Frühstück fertig bin und raus schaue, lohnt sich der Griff zur Kamera.
Morgenstimmung vor Kirkenes
Kirkenes klingt immer so nach Sehnsuchtsort am Ende der Welt, und nach einer großen Stadt. Mit rund 3400 Einwohnern ist Kirkenes trotzdem gerade mal so groß wie mein Heimatdorf, hat aber immerhin eine Werft (auf der noch nie ein Schiff gebaut, aber schon viele repariert wurden), eine Eisenerzverschiffungsanlage (für die stillgelegte Eisenerzmine, zu der auch eine Bahnlinie führt), einen Flughafen und ein russisches Konsulat. Dafür hat mein Dorf die schöneren Weinberge…
Der Hafen von Kirkenes
Bis wir von Bord gehen können, dauert es. Wir legen mit 20 Minuten Verspätung an, und erst eine Viertelstunde später verlassen die ersten Gäste über die Gangway das Schiff. Derweil wurde schon die halbe Fracht und das Gepäck derjenigen Gäste an Land gebracht, die uns hier verlassen. Wer an Deck wartet, kann zuschauen, wie Norwegen sein Staatsgebiet vergrößert: Am Hafen werden große Steine ins Meer gekippt. Mal sehen, wie das aussieht, wenn ich voraussichtlich nächsten Oktober wieder hier bin.
Der Hafen ist einen guten Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Ich mache auch diesmal wieder keinen Ausflug, obwohl mich der zur russischen Grenze schon reizen würde. Er beinhaltet auch den Besuch der Andersgrotta (einem Luftschutzbunker aus dem zweiten Weltkrieg, den die Bergarbeiter in ihrer “Freizeit” nach der Arbeit gegraben hatten) und eine Stadtrundfahrt. Seit dem Ukrainekrieg heißt der Ausflug 7A allerdings Fahrt zu norwegischen Grenze (oder auf Norwegisch immerhin Den norsk-russiske grensen), mit 1290 NOK ist er noch einer der günstigeren Ausflüge hier im Ort.
Stattdessen gehe ich wieder zu Fuß in den Ort, einmal durch den Hafen. Es liegen wieder einige russische Fischtrawler im Hafen. Fast direkt neben der Richard With liegen zwei fast so große Trawler/Fischverarbeiter, die baugleichen Kapitan Demidenko und die Kapitan Nazin, denen man ihr Alter von fast 30 Jahren nicht ansieht.
RussendenkmalRussisches Konsulat
Während im Hafen Russen und Norweger nebeneinander liegen, zeigen sich im Ort schon eher die Differenzen. Neben dem Russendenkmal (das an die Vertreibung der deutschen Truppen durch die Russen im 2. Weltkrieg erinnert) ist ein Busch mit Herzen in den ukrainischen Farben geschmückt, und vor dem russischen Konsulat parkt ein blau-gelber Kleinbus mit der klaren Aussage “Stop War!”.
Nebenbei bemerkt: Einer der eindrucksvollsten Orte auf der Hurtigrute war für mich das Wiederaufbaumuseum in Hammerfest, das die Zerstörungen im Weltkrieg in Nordnorwegen darstellt. “Nie wieder Krieg” ist leider ein frommer Wunsch…
Davon abgesehen gibt es in dem Örtchen nicht viel Neues, es ist immer noch meilenweit von überall entfernt. Nur die Schrott-Kunst vor der Kimek-Werft ist neu, oder ich habe sie vorher noch nicht bemerkt.
Rathausplatz und KircheDas RitzOrtskernAndersgrottaGanz weit wegSchrott-Kunst
Was man nicht sehen will…
Nach einem Gang durch das AMFI mit dem Outdoor-Laden gehe ich zurück zum Schiff. Kleine Schrecksekunde: Die Gangway ist oben – aber sie wird nur an den Gezeitenhub angepasst. Das passiert bei längeren Liegezeiten immer wieder, ansonsten würde sie in der Luft schweben, oder sie müsste das komplette Schiff tragen… Trotzdem kein Anblick, den man unerwartet sehen will.
Zurück an Bord warte ich darauf, dass unsere Ausflügler zurück kommen. Normalerweise wartet das Schiff ja auf niemanden, aber bei den offiziellen Hurtigruten-Ausflügen wird eine Ausnahme gemacht. Diesmal legen wir fast eine halbe Stunde zu spät ab – hoffen wir, dass der ein oder andere Ausflug davon profitiert hat, und die Hundeschlittentour nicht zu kurz war.
Das bedeutet natürlich auch, dass wir wieder einmal verspätet in Vardø ankommen werden. Wieder nichts mit dem Steilneset Hexendenkmal…
Die Überfahrt ist recht ruhig und mit Ausflugsinformationen und den Sicherheitsinformationen gefüllt, die alle neuen Passagiere ansehen müssen (nur die Sicherheitsinfos, nicht die Ausflüge, versteht sich). Um 15 Uhr ist dann Robert mit seinem nächsten Vortrag dran: Populäre Irrtümer in der Astronomie. Mal was anderes, aber auch unterhaltsam und interessant.
Make the North Great Again!
Anschließend erreichen wir Vardø mit nur einer Viertelstunde Verspätung. Von den Graffiti, die den Ort während meiner ersten Tour geprägt hatten, ist nicht mehr viel zu sehen. Da steht kein “Cod is great” mehr an abbruchreifen Häusern, stattdessen leuchtet uns ein “Make the North Great Again” entgegen.
Abzüglich der Zeit, die man vor dem Ablegen wieder am Schiff sein muss, bleibt eine knappe halbe Stunde für Vardø. Das ist für Steilneset wie erwartet zu knapp, langt aber für einen Kurzbesuch in der Festung Vardøhus. Es gibt doch einige glatte Stellen auf dem Weg, und hohe Schneehaufen…
Vardø
Ebbe
Aktuell ist übrigens wohl Ebbe: Die Gangway ist jetzt eher eine Brücke, die hinab ins Schiff führt, und von den Bullaugen auf Deck 2 ist von Land aus nichts zu sehen. Direkt nach dem Ablegen macht das Expeditionsteam wieder sein Gathering, und dann gibt es Abendessen. Die See ist nur kurz nach dem Ablegen unruhig, sodass die meisten wohl das reguläre Drei-Gänge-Menü genießen können. Es gibt Rentier, während aus dem Bistro mittschiffs die Pizza lockt…
Båtsfjord als nächsten erreichen wir planmäßig nach recht ruhiger Fahrt, und die Wolkenprognose bestätigt sich: Es gibt nichts zu sehen. Heute haben wir wohl wirklich frei und Zeit, die Bilder der letzten Tage zu sichten.
Wolken über Båtsfjord
Die Schiffsbegegnung mit der Nordnorge vor Berlevåg verpasse ich, weil es keine Durchsage kurz vorher gibt. Als ich zehn Minuten vorher draußen war, war es bedeckt bis regnerisch, und ich hatte das Treffen komplett vergessen. Immerhin: Es gibt nicht nur für die Begegnungen mit den Schiffen von Havila keine Durchsage, sondern auch keine für die Hurtigrutenschiffe. Dafür begrüßen sich die beiden Schiffe mit etwas mehr Gehupe, wobei früher vor Berlevåg deutlich mehr Halligalli war. Aber irgendwann war es den Anwohnern wohl zu viel.
Von Berlevåg selbst ist nicht viel zu sehen. Der kleine Anleger, an den immer nur ein Hurtigrutenschiff passt, ist am anderen Ufer des Hafens. Anschließend geht die Fahrt weiter, aber wir können wohl getrost Feierabend machen. Das leichte Schneetreiben an Deck macht keine Hoffnung auf Wolkenlücken, und das Polarlichtoval gibt auch nicht viel her. Aber mit etwas Glück haben wir morgen Abend bei Skjervøy klaren Himmel, und für Svolvær stehen die Chancen 50/50. Let’s hope for the best but expect the worst. Wir haben ja noch ein paar Tage.
Wir haben gewendet und sind jetzt die südgehende Hurtigrute – nachdem wir gestern von Kirkenes erst einmal nach Nordosten gefahren waren, dann bei Vardø abdrehten und irgendwann in der Nacht mit Mehamn den nördlichsten Hafen passiert haben, stimmt das sogar.
Der erste Hafen, den wohl die meisten mitbekommen, ist Havøysund. Schon aus der Ferne ist das gleichmäßige rote Blinken der Windräder zu sehen, die über dem Ort stehen. Wir haben gute 20 Minuten Verspätung, sodass es schon recht hell ist, als wir in dem kleinen Hafen anlegen. An Land sieht es ziemlich glatt aus, aber zum Aussteigen langt die Zeit ohnehin nicht.
Havøysund
Jetzt ist es auch einmal weitestgehend klar, sodass die Blaue Stunde ihre volle Wirkung zeigt. Und ein Stück weiter ist es ebenfalls blau: Die Havila Capella mit ihrem typischen blauen Rumpf zieht ihre Kreise und wartet darauf, dass wir endlich den Anleger frei machen. Die Zeit, die wir hier verplempern, geht von deren Liegezeit in Honningsvåg ab. So macht man sich Freunde…
Die Havila Capella
Unser Konkurrent Marktbegleiter hat ebenfalls schöne Schiffe, und hoffentlich bald auch alle vier Schiffe am Start. Dann teilen sich Hurtigruten und Havila die elf Abfahrten ab Bergen auf der Kystrute (wie die Hurtigrute jetzt heißt, weil Hurtigruten AS die Namensrechte hat). In Tromsø konnte ich neulich einen Blick in eines davon werfen – wenn die Schiffe längere Zeit im Hafen liegen, kann man auch als “Port Guest” an Bord gehen und sich umschauen. Chic, allerdings gibt es kein Umlaufdeck. Wer am Bug stehen will, steht ganz oben über der Brücke vor dem Panoramasalon, und das Sonnendeck ist etwas zerklüftet. Nicht ganz optimal zum Nordlicht-Gucken.
Verglichen mit den letzten Tagen ist die anschließende Fahrt nach Hammerfest richtig ruhig. Und das Wetter? Wenn schon kontrastarm, dann richtig…
10:2210:32Wechselhaftes Wetter
Aber manchmal klappt das mit dem berühmten wechselhaften norwegischen Wetter, und innerhalb von zehn Minuten wird aus einer trüben Suppe ein hübscher Himmel.
Melkøya
Mit 20 Minuten Verspätung passieren wir kurz vor elf die Flüssiggasanlage Melkøya. Roman vom Expeditionsteam macht wieder den Interessepunkt, und ich mache ein paar Fotos. Same procedure as every time… Mittlerweile ist die Anlage nach dem Brand von 2022 längst wieder in Betrieb (seit Mai ’22) und verflüssig das Gas aus dem 160 km entfernten Bohrfeld Schneewittchen für den Transport in alle Welt. Einiges dürfte jetzt auch in Deutschland landen.
Wir umrunden die “Milchinsel” und die Fuglenes-Halbinsel, an der wir auch anlegen. Noch bis “voraussichtlich 2023” wird der Hafen neu gestaltet, bis dahin legen wir fern vom Stadtzentrum an. Das Industriegebiet ist optisch wenig ansprechend, und aus der Ferne ist das Stadtzentrum mit der Kirche zu erkennen. Neben ihr ist die Rutsche, an der der Schnee entsorgt wird – aber viel Schnee liegt nicht.
Für 100 NOK fährt ein einzelner (rasch ausgebuchter) Shuttlebus ins Stadtzentrum, wobei wir heute wegen unserer Verspätung einen verkürzten Aufenthalt haben.
FuglenesDer AnlegerWenig Schnee neben der Kirche
Ich verzichte auf die Fahrt in den Ort und überlasse den Platz gerne den Reisenden, die noch nicht in Hammerfest waren. Vielleicht kann ich nächstes Jahr wieder mein übliches Bild auf der Bank am Musikpavillon machen und den Eisbärenclub an seinem neuen Standort besuchen. Stattdessen geht es mit Arno zur Meridiansäule, die an Struves Vermessungsarbeit erinnert. Hammerfest hat zwar extrem wenig Schnee, aber der Weg ist gut vereist – wohl dem, der Spikes dabei hat.
Auf der Fuglenes-Halbinsel
Die Schanze
Da die Insel Industriegebiet ist, gibt es keinen direkten Weg zur Meridiansäule, und man muss ein paar Minuten einplanen, um die Werksgelände zu umrunden. Nach der Säule gibt es einen Wellenbrecher, von dem man einen netten Blick auf das Schiff hat, sowie die Spitze der Halbinsel mit einem kleinen Leuchtturm und einigen Gebäuden, die ursprünglich auf Melkøya standen und nun als kleines Freilichtmuseum wieder aufgebaut wurden.
Am “Gipfel” des Hügels liegt außerdem Skansen, die kleine Schanze mit einer Kanone, die einst zur Verteidigung der Stadt errichtet wurde (nach einem Überfall der Engländer 1809) und jetzt eher einer Eislaufbahn gleicht.
Und dann müssen wir auch schon zurück aufs Schiff, das seinen Aufenthalt natürlich nicht verlängert. Der nächste Hafen ist Øksfjord, und die Fahrt ist schon unruhiger: Wir haben wieder etwas Seegang. Um 14:30 bietet das Schiff Vorträge an, und um 16 Uhr bin ich dann exklusiv für unsere Nordlicht-und-Sterne-Gruppe dran. Ich erzähle wieder einmal Märchen und mache einen Streifzug durch die Entstehungsgeschichte der Sternbilder, soweit diese bekannt ist. Der Vortrag fällt mit Øksfjord zusammen, damit wir währenddessen möglichst ruhiges Wasser haben. Eine Dreiviertelstunde brauche ich, und dann wird es auf der Loppa auch schon wieder wackliger. Loppa macht Hoppa…
Im Anschluss hat das Expetionsteam wieder seine tägliche Versammlung, und Robert bietet eine kurze Sternführung am Nachthimmel an – die wegen Dunst aber ausfällt. Mist. Für Skjervøy ist die einzige größere Wolkenlücke für den Rest unserer Zeit nördlich des Polarkreises angesagt, gegen 20 Uhr soll es schon wieder zuziehen. Das wäre unsere beste Chance für Polarlicht; morgen bei Svolvær ist die Bewölkung eher 50/50. Übermorgen in Rørvik sind wir für die aktuelle, eher schwache Polarlichtaktivität schon wieder ziemlich weit im Süden, und uns erwarten ordentliche Wellen…
Zum Abendessen kommt dann die Info (danke an unsere Gruppe), dass es achtern schwaches Polarlicht gibt. Ich schaue mir das an: Ja, es schimmert hinter den Wolken… ich gönne mir noch den Nachtisch, Arno schickt eine Info-WhatsApp an unsere Gruppe, und dann gehe ich raus. Da ist ein schwacher Bogen, aber sehr flach am Horizont und in einem hoffnungslosen Kampf gegen die Wolken. Die halbe Stunde bis Skjervøy bleiben wir am Heck, dann gebe ich auf. Das Schiff macht auch noch eine Durchsage, aber da ist es schon fast völlig zugezogen.
Etwas Polarlicht vor Skjervøy
Immerhin, im Zeitraffer schaut es ganz hübsch aus. Aber eine richtige Show fehlt doch noch…
Die Trollfjord
Nun, so habe ich Zeit zum Bloggen und Bilder bearbeiten, bis wir gegen Mitternacht Tromsø erreichen. Gelegentliche Schneeschauer vor dem Fenster machen deutlich, dass es sich auch nicht lohnt, rauszugehen. Nur für die Begegnung der nordgehenden MS Trollfjord gehen wir doch kurz raus – ein lausig-kalter, starker Wind weht. Gut, dass wir hier eine recht geschützte Seestrecke haben.
Tromsø im Schneeregen
Tromsø erreichen wir pünklich, leider zeigt es sich wie in letzter Zeit allzu oft nicht von seiner besten Seite: Schneeregen bei leichten Plusgraden und Wind. Ich habe das Gefühl, dass wir durch die Regenwolken fahren statt darunter weg.
Und was macht man an so einem Samstagabend in Tromsø? Man geht in den Pub und genießt die gut Stunde Aufenthalt, die uns bleibt. In diesem Sinne: Gute Nacht!
Zwei Dinge gibt es zum gestrigen Abend noch zu ergänzen. Erstens kostet der Rørbua Pub jetzt wieder 50 NOK Eintritt, wenn abends wie üblich eine Band spielt. Immerhin bin ich so mal einen 50-NOK-Schein losgeworden, in einem Land, das Kreditkarte optimiert ist. Sogar das Toilettenhäuschen am Hafen von Tromsø hat mittlerweile auf Kartenzahlung umgestellt.
Und irgendwann lerne ich es vielleicht, vor Harstad den Infokanal am Telefon auszuschalten, vor allem, wenn das Wetter eh schlecht ist (sodass kein Nordlicht-Alarm droht) und es am Tromsø-Abend spät wird. So kam kurz vor 8 die Durchsage, dass wir Harstad erreichen, und um 8:15 die Mahnung, dass der Vesterålen-Ausflug jetzt beginnt und die Teilnehmer sich doch bitte am Bus einfinden sollen. Na gut, dann kann ich auch aufstehen…
Harstad am Morgen
Der Himmel schwankt zwischen pechschwarz und klar, und ich mache noch die Hafenausfahrt mit. Wir passieren nämlich die Trondenes-Kirche, das erste Ziel der Vesterålen-Busrundreise. Vom Schiff aus sind ein paar schöne Bilder möglich, auch wenn die Berge im Hintergrund schon in den Wolken verschwinden. Auch die Fontaine im Hafenbecken, die vor ein paar Jahren installiert wurde, ist wieder aktiv.
Während ich mich dem Frühstück widme, fahren wir durch die Wolken, die die Inselwelt der Vesterålen verbergen. Schade – eigentlich ist das eine sehr schöne Passage. Kurz vor der der Risøyrinne ist gar nichts mehr zu sehen, und am Bug steht man dann mitten im Schneesturm. Zum Glück klart es kurz vorher auf, sodass die Fahrbahnmarkierungen zu erkennen sind. Auf Deck 7 beim Interessepunkt von Roman zur Risøyrinne lässt es sich deutlich besser aushalten.
Was mir neu war: Der Sand, der die Fahrrinne immer wieder auffüllt, wird regelmäßig ausgebaggert (klar soweit – schließlich ist die Rinne nur unwesentlich tiefer als die größten Hurtigrutenschitte) und dann verkauft – teils als Dünger und teils für Wasserfilter. Wieder was gelernt, auch für alte Hasen gibt es noch neue Informationen.
Und auf den letzten Metern vor Risøyhamn bietet sich uns doch noch ein schönes Farbenspiel, die Sonne kommt durch.
Der kurze Halt in Risøyhamn reicht Arno für einen kurzen Spurt zum Königsstein auf der anderen Straßenseite, ich verfolge das von Bord aus. Über Risøyhamn selbst mit seinen gut 200 Einwohnern gibt es nicht viel zu sagen, außer dass es schön liegt.
Als wir um 11 Uhr schon wieder ablegen, wird im Konferenzraum der englische Vortrag über die nordische Mythologie nachgeholt. Hat sich gelohnt: Es geht nicht nur um die alten Götter rund um Odin, sondern auch um die Legenden der Sami rund um Stallu sowie Seemonster (und was wahrscheinlich hinter den Sichtungen steckte) und Aberglaube. Gingen einige Seeschlangensichtungen eventuell auf tote Exemplare der Gattung Giant Oarfish / Regalecus glesne zurück, die im Sturm auf den Wellen trieben und deren Verwesungsgestank auch den bestialischen Geruch erklären würde, der mit Monstern in Verbing gebracht wird? Es wäre möglich. Mir völlig neu war die Geschichte um den Trollmannen, einen Sami-Schamanen, der vor 90 oder 100 Jahren ein Hurtigrutenschiff gestoppt haben soll. Der Legende nach war er aus dem Norden und hatte schlechte Manieren, sodass der Kapitän ihn nach einem Auftritt im Speisesaal vom Schiff werfen wollte. Daraufhin ließ sich das Schiff nicht mehr steuern, obwohl die Motoren einwandfrei funktionierten. Erst als er wieder an Bord war/bleiben durfte, konnte die Fahrt weiter gehen. Und dann scheiterte der Kapitän daran, ihm zur Entschuldigung eine Flasche Bier zu spendieren – erst bekam er die Flasche nicht auf, dann konnte er nicht einschenken. Karben hieß der Trollmannen wohl. Nur mit Google finde ich nichts dazu – ein Trollmannen ist ein Zauberer, und meine erste Suche lieferte vor allem den Trollmannen frå Oz, also den Zauberer von Oz. Und der war das wohl doch nicht…
Nach dem Vortrag kommt auch schon Sortland in Sicht. Der Ort wurde schon 1370 als Suortaland erwähnt und verdankt seinen Namen wohl dem Fluss Svarta. Trotzdem ist “Schwarzland” heute als blaue Stadt bekannt: Ende der 90er Jahre kam die Idee auf, Sortland zur “Blauen Stadt” zu machen und möglichst viele Häuser blau zu streichen. Die Fördermittel wurden dann vor allem von der Industrie aufgegriffen, um den Lagergebäuden einen neuen Anstrich zu verpassen.
Für uns ins Sortland vor allem deshalb interessant, weil hier die Busse der Vesterålen-Rundfahrt auf uns stoßen – und zwar schon auf der Sortlandbrua, die sie überqueren, wenn wir darunter hindurch fahren.
Zum Glück gehört die Richard With zu den Schiffen, die hier zum Winken aufrufen. Es ist immer ein großer Spaß, wenn viele vorne am Bug stehen und mit Norweger-Fahnen den Bussen zuwinken, die dann genau über uns hinweg fahren. It’s Fun!
Im Hafen sammeln wir die Ausflügler dann wieder ein, Arno und ich haben uns noch zwei Fahnen gekrallt, um auch beim Anlegen winken zu können.
Danach ist eine gute Stunde Ruhe und Zeit zum Essen, bis der nächste Hafen kommt. Die südgehende Route hat zwar keine großen Städte, aber langweilig wird es vorerst trotzdem nicht. Selbst wenn sonst nichts wäre: Auf dem Busausflug war das Wetter besser als auf dem Schiff, wir sehen Bilder von Elchen und dem Teil der Vesterålen, den man sonst nicht sieht.
In Stokmarknes ist das neue Hurtigrutenmuseum, hier ist der Gründungsort der Hurtigrute. Das Museum wird privat betrieben, Hurtigruten macht nur den Kartenvorverkauf, damit man schneller hinein kommt. Früher hat die Zeit entweder für die alte Finnmarken gelangt, oder für das Museum, und der Eintritt war deutlich günstiger. Jetzt steht das Schiff zum Glück vor weiterem Verfall geschützt in einem Schutzbau, dafür ist der Eintritt deutlich teurer geworden. Es gibt aber auch einen Hurtigruten-Ausflug mit Busfahrt, der einen längeren Museumsbesuch beinhaltet – vielleicht klappt das mal, dass ich da mitfahre.
Stokmarknes
Bei der Anfahrt liegt ein schöner Wolkenbogen über dem Museum, und im Hafen bemerke ich erstmals bewusst das große Hinweisschild an dem grauen Lagergebäude, das auf das Hurtigrutenmuseum hinweist.
Stokmarknes hat außer dem Museum nicht viel zu bieten (Sonntags erst recht nicht), und wir gehen kurz auf die nahe Straßenbrücke, um einen Blick auf Ort und Hafen zu werfen. Aus dieser Perspektive liegt die Richard With direkt neben dem Museumsgebäude. Die eine Stunde Aufenthalt langt gut für diesen Abstecher, aber nicht für wesentlich mehr.
Und dann: Eine halbe Stunde Pause! So lange dauert es nämlich bis zum Eingang des Raftsunds, der Vesterålen und Lofoten voneinander trennt. Mit dem Schnee ist das wie eine Fahrt mit dem Schiff durch die Alpen, wenn rechts und links die hohen, verschneiten Berggipfel der Inselgruppen an einem vorbei ziehen.
Fahrt bei Mondschein in den Raftsund
Bis zuletzt wird es spannend gemacht, ob wir in den Trollfjord fahren, aber abgesehen von den dicken Wolken Richtung Svolvær sind die Bedingungen optimal. Und gegen 16:30 dann die erlösende Meldung: Ja, wir machen den Abstecher zur Mündung des nur wenige Meter breiten, langen Fjords, der von hohen Bergen umsäumt ist. Im Winter können wir leider nicht hineinfahren, da das Schiff dann Lawinen auslösen könnte – die machen dem Schiff zwar nichts aus, aber den Passagieren an Deck… Daher fahren wir nur bis zur Mündung des Trollfjords, die mit Scheinwerfern beleuchtet wird. Diesmal sind die besten Plätze vorne am Bug, obwohl hinten auf Deck 7 der Trollknerz verkauft wird. Andere Schiffe fahren mit dem Heck voraus zur Mündung, da steckt kein System dahinter. Aber auch von der seitlichen Reling ist er gut genug zu sehen. Mein iPhone macht mal wieder bessere Bilder als meine “richtige” Kamera. Eigentlich eine Unverschämtheit.
An der Mündung des Trollfjords
Dann geht nach Svolvær. Heute Abend gibt es schon ab 17:30 Buffet, damit alle, die an Ausflügen teilnehmen, vorher etwas essen können. Das hat nur einen Nachteil: Ich überfresse mich am Nachtischbuffet. Süßkram können die Norweger wirklich.
Danach ist ein kurzer Gang in den Ort Pflicht. Das Gebäude direkt am Hafen hat auf einer Seite die Leuchtfeuer und Seefahrtsmarkierungen der Gegend aufgezeichnet. Danach komme ich immerhin zur Kirche mit den Skulpturen dahinter: Eine überlebensgroße schreitende Frau und das Auge des Nordens – letzteres schuf Jeppe Hein, während der Ursprung der Frau ungeklärt ist… Viel weiter gehe ich heute aber nicht.
Svolvær
Sehr frustrierend: Über uns leuchten trotz angesagten 99% Bewölkung der schöne Halbmond und zahlreiche Sterne, nur von Polarlicht ist keine Spur zu erahnen. Soviel zu Svolvær als Hauptstadt des Lichts – das Polarlichtoval gibt heute einfach nichts her. Daran ändert sich leider auch nichts, als wir später nach Stamsund weiterfahren und uns dann auf die Überfahrt über den Westfjord nach Bodø machen: Kein Grün in Sicht, jedenfalls nicht mit dem bloßen Auge. Am Heck stehen noch einige hoffnungsvolle Polarlichtjäger. Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt*.
Stamsund
Irgendwie ist diese Saison sehr zäh. Auch bei meinen beiden privaten Urlauben im Oktober und über Silvester gab es entweder schönes Polarlicht hinter dichten Wolken, oder klaren Himmel ohne Polarlicht, oder nur ein kameragrünes Band, das nur mit etwas Glück und nach langer Wartezeit die Show abgeliefert hat, die wir sehen wollen.
Wie dem auch sei, für heute mache ich Schluss. Die Überfahrt über den Westfjord dürfte nicht zu sehr wackeln, aber Polarlicht erwarte ich auch keines mehr.
Und wie es sich gehört, kommt dann kurz nach 23 Uhr noch eine WhatsApp: Polarlicht achtern. Tja… da ist tatsächlich was, die Kamera bestätigt es. Für das Auge: Sehr schwach. Wenn man weiß, dass es da ist… Um halb zwölf ist da kaum mehr als bei meinem letzten Rundgang um 22 Uhr, da kann ich endgültig Feierabend machen. Irgendwann zwischen 22 und 23 Uhr war noch etwas mehr zu sehen, aber das habe ich verpasst. Nun, zum Abschluss hier noch die magere Ausbeute:
Es gibt ja die Theorie, dass die südgehende Route die entspannendere ist, weil es weniger zu tun gibt und weniger große Häfen gibt. Ich kann guten Gewissens sagen: Das ist falsch, zumindest bei gutem Wetter. Wobei wir gerade auch mit der Helgelandküste an einem besonders schönen Stückchen Norwegen entlang fahren.
Der Tag ging wieder recht früh los: Um 8:20 begegneten wir der nordgehenden Nordlys, wo natürlich die Kollegen gegrüßt werden mussten, die gerade auf dem Schiff sind, und um 8:45 stand dann auch schon die südgehende Polarkreisüberquerung auf dem Programm. Um die Zeit ist die Kugel auf der Insel Vikingen auch deutlich besser zu sehen als noch vor wenigen Tagen.
Vikingen……am PolarkreisDie Nordlys
Polarkreiszeremonie
Direkt im Anschluss fand die Polarkreiszeremonie statt: Lebertran für alle. Noch einen Löffel für die Sammlung. Hurtigruten sollte sich noch etwas einfallen lassen, um auch Messer und Gabeln zu verteilen, dann habe ich irgendwann ein komplettes Service:-)
Dann bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, denn um 10 Uhr steht unser nächster und letzter Vortrag an: Robert zeigt seine Astrofotos und wie sie entstanden sind. Bei der Gelegenheit: Wer einmal selbst auf einer Volkssternwarte durch ein Teleskop schauen will, findet unter https://sternklar.de/gad/ eine Liste mit Sternwarten und Vereinen, oder auf Astrotreff.de eine Karte. Lohnt sich – seine Heimatsternwarte ist die Sternwarte Hannover, meine die Robert-Mayer-Sternwarte in Heilbronn am Neckar. Und mein Astrofotobuch ist links in der Seitenleiste verlinkt:-)
Anschließend: Signierstunde durch die Offiziere; ich biete natürlich auch an, mein Begleitbuch zur Reise zu signieren, was gut genutzt wird. Und dann sind wir auch schon in Sandnessjøen. Die halbe Stunde Liegezeit langt leider kaum, um von Bord zu gehen – eine halbe Stunde sollte man schon an Land haben. Aber es gibt ja auch noch das Mittagessen, um das man sich kümmern muss.
Sandnessjøen und die Sieben Schwestern
Und weiter geht es: Um 12:15 legen wir ab, knapp 20 Minuten später kann man die Gipfel der Sieben Schwestern gerade so unter den Wolken erahnen, und pünktlich zum Interessenspunkt um 12:45 schneeschauert es schon wieder.
Blick auf den TorghattenEntlang der Helgelandküste
Der Rest der Helgelandküste gibt dafür sein bestes: Das Wetter bessert sich, und Norwegen zeigt sich so, wie man es erwartet: Hohe, verschneite Berge, und eine Sonne tief im Süden. Wunderschön. Die Fahrzeit bis Brønnøysund vergeht wie im Fluge, und damit erreichen wir auch schon die Mitte Norwegens: Von hier ist es bis zum Nordkap genauso weit wie bis zur Südspitze. Südnorwegen fehlt mir noch komplett, da war ich noch nie…
Bei der Anfahrt auf Brønnøysund gibt es noch ein paar Minuten mit perfektem Licht, bevor die Sonne abrupt hinter den Wolken verschwindet. Ich nutze die Zeit in Brønnøysund für einen Gang zum Stein in der Mitte Norwegens (die Schlange, die auf eine Fotogelegenheit wartet, ist ihrerseits auch ein Foto wert), dann zum Einkaufszentrum und schließlich zu den Kletterwänden ein Stück weiter das Ufer entlang. Im Coop werde ich daran erinnert, dass ich gerade auf Entzug bin und noch gar keine Sjokoladeterapi auf dieser Reise gemacht habe… Als ich wieder auf dem Schiff bin, hat uns die drohend aufgetürmte Wolke erreicht, es fängt an zu regnen, und ich spare mir den kurzen Ausflug zum besten Softeis der Küste. Wofür habe ich meine Sjokoladeterapi.
Aber ich muss meine Therapie sanft dosieren: Die Reise neigt sich dem Ende entgegen, und heute Abend gibt es schon das “Diner de Adieu”, wie das Abschiedsessen/Captain’s Dinner für unsere französischen Passagiere angekündigt wurde. Anlässlich des 130jährigen Bestehens der Hurtigrute gibt es heute ein Fünf-Gänge-Menü, wie üblich schon in Brønnøysund, da viele bereits in Trondheim aussteigen. Das spart die zweite Fahrt um das oft stürmische Westkap, und man erwischt einen früheren Flug nach Hause. Auch die Nordlicht-und-Sterne-Touren endeten noch in Trondheim, als ich damit angefangen hatte. Aber bei gutem Wetter sind die letzten eineinhalb Tage nach Trondheim schön, wenn auch weitestgehend ereignislos und ohne größere Häfen.
Ungewöhnlich heute Abend: Der Sekt zum Anstoßen wird im Panoramasalon auf Deck 7 verteilt – für die Gruppe, die um 18 Uhr zu Abend isst, gibt es ihn dann um 20:30; die spätere Essensgruppe kann zuerst anstoßen.
Das Menü ist vorgegeben, wobei ich es interessant finde, dass beim Hauptgang mit Seelachs gewarnt wird, dass er Spuren von Schalentieren und Fisch enthalten kann. Letzteres hoffe ich doch bei Lachs…
Nach dem Essen hören wir, wie Graupel gegen die Scheiben schlägt. Aber so schwach wie das Polarlichtoval gerade ist, brauchen wir auch nicht nach Polarlicht Ausschau halten. Sehr, sehr schade.
Um 20:30 gibt es dann den Sekt im Panoramasalon sowie eine Urkunde dafür, das man im Jubiläumsjahr “130 Jahre Hurtigrute” auf dem Schiff war. Der Kapitän hält eine kurze Ansprache, die unsere Bordreiseleiterin Rebecka übersetzt, dann gehen Offiziere und Expeditionsteam einmal durch den Panoramasalon, und der “Festakt” ist beendet.
RørvikDie Nordkapp
Bleiben nur noch der Halt in Rørvik und die anschließende Begegnung mit der nordgehenden Nordkapp, die etwas Verspätung hat. Sieht nach einer interessanten Fahrt über die Folda aus, Windy meint etwas von 3-4 Meter Wellengang. Und tatsächlich ist gut Bewegung im Schiff. Gut, dass ich nicht zu Seekrankheit neige…
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