Hurtigrute Tag 1: Bergen in seltsamen Zeiten

Heute startet meine letzte Hurtigrute dieser Saison (vom 25. Februar bis zum 8. März 2022), und es wird immer seltsamer. Die Tour im Oktober fing mit einem kaputten Flugzeug in Amsterdam und Kofferchaos bis Tromsø an, dafür war Corona absolut kein Thema mehr; bei der Dezembertour hatte alles geklappt, wobei Corona drohend über allem schwebte und Norwegen die Maßnahmen hochfuhr, als wir die Tour beendeten (wobei wir auch die letzten waren, die überhaupt noch mit einfachem Schnelltest ins Land und aufs Schiff kamen), und jetzt sinken die Corona-Zahlen in Norwegen langsam wieder deutlich unter die 2000er-Marke, und die Pandemie ist praktisch für beendet erklärt. Aber gut: Vor der Abreise hatte ich nur zur Sicherheit noch einen offiziellen Schnelltest in Deutschland gemacht, und um bei dieser “vorsichtigen” Probennahme irgendwas zu finden, müsste es schon mit dem Teufel zugehen. Kein Wunder, dass auch in Deutschland die Zahlen sinken.

A propos Teufel: Jetzt ist in der Ukraine die Hölle los. Und ich gehe dahin arbeiten, wo andere Urlaub machen, nach Norwegen. Alles sehr surreal.

Und weil es so schön ist, werden heute Flughäfen blockiert, um gegen den Klimawandel zu protestieren:

Ich halte diesen Blog ja eigentlich politikfrei, aber manchmal kann ich nicht anders.

Da grenzt es fast schon an ein Wunder, dass ich an der Dauerbaustelle auf der A8 bei Pforzheim gut durchkomme und am KLM-Schalter in Stuttgart keine Wartezeit habe. Und die gute Frau ist leicht verwundert, dass ich für Norwegen weder European Passenger Location Form noch PCR-Test brauche. Damit muss ich auch kein Impfzertifikat vorzeigen.

Es könnte so schön sein…

Aber deutsche Effizienz ist ja berühmt: Nur eines von drei Security-Gates hat offen, sodass doch eine Dreiviertelstunde drauf geht, bis ich endlich im Terminal bin. Schließlich soll man ja zwei stunden vorher da sein. Dafür haben wir zur Abwechslung mal freundliches Personal an der deutschen Security, muss man auch mal erwähnen.

Davon abgesehen läuft es aber: Das Flugzeug ist da, das Wetter ist schön (nach eineinhalb Monaten trübem, stürmischen Mistwetter wird’s in Süddeutschland schön, wenn ich gehe), und zur angenehmen Zeit um 11:45 heben wir ab Richtung Amsterdam. Die Maschine ist natürlich ausgebucht, wie man es von KLM gewohnt ist.

Über den Aufenthalt in Amsterdam gibt es nicht viel zu sagen: Gut eineinhalb Stunden, davon geht die Hälfte für den Weg von Terminal B nach D drauf. Der kleine Garten vor Terminal D, an dem es Frischluft gäbe, ist weiterhin gesperrt, also ab zum Gate und dann zum Flieger. Wieder mal sehr voll; die Durchsage bittet darum, doch Handgepäcktrolleys aufzugeben. Mittlerweile sollte unsere ganze Gruppe da sein, in Bergen zeigt sich, dass das nicht geklappt hat. Vier fehlen, weil die Verbindungen nicht geklappt haben. Lag es an den Klimaaktivisten oder dem Streik der Security in Düsseldorf?

Bergen!

In Bergen – wo sich die ersten Passagiere sofort die FFP2-Maske runterreißen – erwartet uns Günter, unser Reiseleiter, der auch gleich seine Beziehungen spielen lässt: Während es auf den letzten Touren fast direkt aufs Schiff ging, machen wir endlich wieder einen Abstecher durch das Paradies (der Stadtteil Bergens heißt wirklich so) und sehen etwas von der Stadt. In letzter Zeit konnte man froh sein, wenn es für einen Abstecher nach Bryggen gelangt hat.

Bryggen

Fototechnisch war die kleine Stadtrundfahrt nicht trivial – die Busscheiben spiegeln und sind getönt, dazu kommt noch die anbrechende Dämmerung – aber schön war es allemal, endlich wieder einmal etwas mehr von Bergen zu sehen.

Und dann: Ab auf’s Schiff! Günter kann Gruppen-Checkin machen und verteilt die Unterlagen plus mein Buch an alle Gäste, dann geht es in die Hurtigruten-Lounge, den Sicherheitsfilm anschauen, und dann auf die Trollfjord. Genau: Die Trollfjord, die eigentlich unter neuem Namen Expeditionsreisen ab Hamburg durchführen sollte, ersetzt jetzt die normalen Linienschiffe, die Werftaufenthalt haben. Sonst würden wir heute ohne Schiff da stehen, da die Richard With, die eigentlich fahren sollte, in der Werft ist und einen neuen Antrieb erhält. Also sind wir mit einer gerade mal 25-köpfigen Gruppe (wenn hoffentlich alle das Schiff erreichen) auf dem größten Schiff, das gerade die klassische Postschiff-Route fährt. Und auf einem echten Schiff: Die Trollfjord wurde noch nicht umgebaut und hat noch das klassische Schiffs-Feeling. Sehr schön!

An Bord steht die übliche Hektik an: Irgendwann gegen 18:30 sind wir am Schiff, dann heißt es Kabine beziehen und etwas essen – bis 20 Uhr soll es Essen geben, also ab zum Bergen-Buffett. Habe ich schon mal erwähnt, dass die Trollfjord für die beste Küche bekannt war? Stimmt immer noch. Um 20:30 legen wir ab, da muss man natürlich an Deck sein.

Abfahrt aus Bergen

Dann noch ein schneller Rundgang durch’s Schiff und aus Versehen eine Infoveranstaltung mitkriegen: Hier stellt sich die Crew vor und Niri vom Expeditionsteam erklärt das Wichtigste. Irgendwie sind die Termine völlig untergegangen, ich konnte auch noch keinen Tagesplan finden.

Anschließend ab in die Kabine, auspacken, und dann ist der Tag auch schon gelaufen. Morgen liegen wir dafür dann in Ålesund – fast wie ein Kreuzfahrtschiff…

Hurtigrute Tag 2: Ålesund

Norwegen wirkt. Zumindest verdränge ich langsam das heimatliche Chaos und ein halbes Jahr Homeoffice. Das ist kein Urlaubsmodus (ich bin ja nicht zum Vergnügen hier), aber es lädt die Batterien trotzdem auf.

Am Westkapp

Die Nacht war angenehm ruhig (dafür, dass 3-4 Meter hohe Wellen rund ums Westkap angekündigt waren), das große Schiff schluckt die Bewegung wohl ganz gut – mittschiffs auf jeden Fall, aber wenn man am Schiff entlang schaut, sieht man doch einen ordentlichen Hub. Das meiste haben wir aber in der Nacht bzw. am frühen Morgen gehabt, mit etwas Glück konnte man es also verschlafen. Mit dem alten Fahrplan waren wir im Winter zwei Stunden später in Bergen abgefahren, was den Bergentag deutlich entspannter machte, dafür fiel das erste Frühstück immer mit dem Geschaukel am Westkap zusammen. Die Gegend – die Stad – ist nicht ohne, hier gehen immer wieder Schiffe verloren – deshalb wurde auch der Bau eines Schiffstunnels beschlossen, der die Halbinsel Stad durchqueren soll und den Schiffen bei Sturm eine sichere Passage ermöglichen wird.

Torvik

Ganz so ruhig wie üblich wird unser Frühstück aber doch nicht: Wir haben eine Stunde Verspätung eingefahren, möglicherweise wegen dem Gegenwind. Also legen wir erst um Viertel nach neun kurz an, während der Reiseleitersprechstunde: Günter gibt Tipps zu Ålesund und dem Leben auf dem Schiff, ich geselle mich wie meistens dazu – was zur Folge hat, dass ich die ersten irritierten Blicke abkriege, weil ich zwischendrin rausstürme, um ohne Jacke und kurzärmlig meine Fotos vom Hafen zu machen. Aber es wird ja langsam Frühling in Norwegen:-)

Der Tagesplan in digital

Nach der Reiseleitersprechstunde besuchen wir den Vortragsraum: Hier stellt das Expeditionsteam grade die Ausflüge auf der nordgehenden Route vor. Das Tagesprogramm gibt es auf dieser Reise nur digital auf den Bildschirmen des Schiffs und nicht ausgedruckt. Gut für die Umwelt, allerdings wird so auch sicher gestellt, dass ich die meisten Veranstaltungen des Schiffs nicht mitbekomme… Anschließend schnappen wir uns Niri und klären unsere Vortragstermine ab, die ja nicht mit den Veranstaltungen des Schiffs kollidieren sollen. Eigentlich ist gerade der Supergau eingetreten: Wir haben noch eine 50-köpfige französische Reisegruppe an Bord, die Walhalla belegt – also das Amphitheater, den großen Vortragsraum des Schiffs. Aber wir sind eine kleine Gruppe und können ausweichen, in einen kleinen Seminarraum, der für 21 Leute groß genug ist. Fast perfekt, und die Zeiten passen auch.

Die vier Gäste, die noch fehlen, sehen wir nicht mehr: Sie haben umgebucht, auf dem Schiff hinter uns fährt ebenfalls eine Nordlicht-und-Sterne-Gruppe mit Mathias, der seine Reise hier verbloggt. Und die Polarlys mit Margit (von meiner letzten Tour und von Nostalgische Postschiffreisen – erste Ansprechpartnerin für alle, die auf den alten Postschiffen unterwegs sein wollen, aber sie vermittelt auch Reisen auf den moderneren Hurtigrutenschiffen) und Tim ist auch wieder unterwegs. Jetzt brauchen wir nur noch klaren Himmel!

Ålesund erreichen wir schließlich mit einer Stunde Verspätung. Und um 16 Uhr ist unser Welcome-Drink, es bleiben also nur fünf von eigentlich zehn Stunden Aufenthalt, um die Stadt zu erkunden. Heute ist für mich Wandertag angesagt: Erst einmal geht es auf den Storhaugen hinter der großen gelben Schule.

Blick vom Storhaugen

Der Weg führt dann wieder durch das Jugendstilzentrum und auf den Aksla – und dann immer weiter bis zu einem runden Aussichtsturm (dem Rundskue) bei den großen Sendemasten hinter dem Aksla. Dann noch kurz Einkaufen und zurück aufs Schiff, nach rund 12 km. Daher habe ich diesmal auch kaum Bilder der Stadt, es ging in die Natur. Friluftsliv nennt der Norweger das.

Das Wetter wirkt bedrohlich, aber es hält, und die Mühe wird mit einem ungewohnten Rundblick auf Ålesund und seine Umgebung belohnt. Ohne Spikes wäre das aber nicht machbar gewesen: Die Treppen hoch auf den Hausberg sind teils vereist, und der Schnee auf seinem Gipfelzug bis zum Aussichtsturm Rundskue wäre sonst ebenso unmöglich.

Anschließend geht es zurück, noch einen Blick in die Läden im Stadtzentrum werfen, bevor ich zur Welcom-Drink muss. Was für ein Stress.

Auf dem Rückweg gibt es noch etwas Kunst, das Holzhaus, bis zu dem das Feuer kam, das vor über hundert Jahren das historische Ålesund vernichtete und dem wir das Jugendstilzentrum verdanken, und dann war es das auch schon mit Ålesund: Es geht zurück zum Schiff. Sowohl Hurtigruten als auch Kystruten sind ausgeschildert: Beide Reedereien befahren mittlerweile die historische Postschifflinie, aber Hurtigruten AS hat die Namensrechte, sodass die zweite Reederei (Havila Kystruten) einen neuen Namen gebraucht hat. Der englische Text auf dem Schild am Hafen ist pragmatischer: Zum Schiff. Es kann nur eines geben.

Der Welcome-Drink um 16 Uhr zieht sich dann doch fast bis zum Abendessen: Ich darf die ersten Kameras einstellen, und man kommt ins Gespräch. Schön. Die Tour wird nicht langweilig werden:-)

Beim Abendessen wurde die Neuerung beibehalten, dass man das Drei-Gänge-Menü aus drei Varianten zusammenstellen kann. Eine gute Sache, und pünktlich zum Ablegen sind wir mit dem Abendessen fertig.

Um 21 Uhr gibt es noch etwas zu erleben: Der Schiffskoch präsentiert mit getrocknetem Lamm auf Deck 8 eine Kostprobe von Norwegen und vertreibt so die Zeit, bis wir schließlich Molde erreichen. Mit einer halben Stunde Verspätung legen wir dort an – und rein zufällig erhasche ich einen Blick auf die südgehende Havila Capella, die uns kurz vor Molde entgegen kommt. Durchgesagt wurde die Schiffsbegegnung nicht, schade eigentlich. Liegt aber wohl an der Uhrzeit.

Das markante Scandic-Hotel kündigt Molde an, und das Anlegen dauert wieder einige Zeit. Damit ist der letzte Tagespunkt erledigt, heute tut sich nichts mehr. In diesem Sinne: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Trondheimfjord

Ein schöner Morgen in Norwegen: Wir fahren durch den Trondheimfjord, der Himmel ist locker bedeckt und die See ruhig. Der Trondheimfjord ist zwar der langweiligste Fjord der Strecke, da die steilen Gebirge fehlen und er eher an einen breiten Fluss erinnert, aber die Fahrt ist trotzdem schön.Er ist nur für norwegische Verhältnisse langweilig:-)

Morgens um 8 ist es es bereits hell, und die alte Königsstadt Trondheim erwartet uns für einen Kurzbesuch: Nur rund drei Stunden Aufenthalt sind im Fahrplan vorgesehen. Vorher passieren wir noch die Mönchsinsel Munkholmen und die südgehende Kong Harald, die nur einen Steinwurf entfernt an uns vorbei fährt. Für die endet die Reise bald, die für uns gerade erst begonnen hat.

Nach der Schiffsbegegnung dauert es noch etwas, bis wir anlegen: Die Trollfjord wendet und tastet sich langsam und vorsichtig rückwärts an den Kai. Eine gute Viertelstunde dauert es, bis die Gangway endlich aufgeht und wir in den Ort können. Dabei ist Eile angesagt: Etwa 20 Minuten braucht man, um durch das Hafen- und Industriegelände nach Trondheim selbst zu gelangen; bis zum Dom sind es etwa 30 Minuten. Damit bleiben nur gut eineinhalb Stunden für Trondheim, da man ja auch vor der Abfahrt wieder am Schiff sein muss. Da bleibt keine Zeit für Experimente, ich mache den üblichen Rundgang und beginne in Nedre Elvehavn. Das alte Hafen- und Industrieviertel wurde in schmucke Wohnungen und Restaurants umgewandelt.

Nur Schnee wird hier keiner geräumt, die Straßen sind glatt… Bakklandet mit den alten Holzhäuschen, die früher der armen Bevölkerung als Wohnstätten dienten und heute heiß begehrt sind, schließt direkt an. Ein paar Meter weiter kommt die alte Stadtbrücke – ich gehe noch ein paar Meter weiter, um die Gamly Bybro samt Nidarosdom zu fotografieren. An meinen üblichen Platz am Wasser gehe ich aber nicht – die Stufen sind doch zu glatt.

Dann rasch weiter zum Dom (der wegen Gottesdienst nicht zu besichtigen ist, und die Führung ist nur mit dem Hurtigruten-Ausflug möglich), und dann drängt die Zeit auch schon fast. Gut, dass ich meien Foto-Spots schon kenne…

Also rasch weiter zum Stadtzentrum: Der Weihnachtsmarkt ist weg, und der neu gestaltete Marktplatz liegt unter Schnee verborgen. Gibt fototechnisch nicht so viel her, und auch die Statue von Olaf trägt heute keinen Schal. Also langsam den Rückweg zum Schiff einschlagen – es ist wirklich schade, dass die Schiffsbegegnungen in den Häfen Gecshichte sind und wir somit nur noch einen kurzen Aufenthalt in Trondheim haben. Hier würden sich ein, zwei Stunden mehr lohnen, voe allem unter der Woche, wenn die Läden offen haben. Da gewinnt die Stadtrundfahrt an Reiz, mit der man auch in den Dom hinein kommt. Der alte Tip, mit der Stadtrundfahrt in den Ort zu fahren und anschließend zu Fuß zurück zum Schiff, lohnt sich mit der neuen Liegezeit nicht mehr.

Auf dem Schiff mache ich erst einmal Pause – die Trollfjord ist zwar angenehm leise, aber ich habe doch in den letzten beiden Nächten schlecht geschlafen. Aber jetzt… zumindest bis gegen 15 Uhr, als Kjeungskjærfyr auf dem Programm steht, der berühmte rote Leuchtturm. Niri macht auf Deck 9 einen Point of Interest; als der Leuchtturm in Sicht kommt und alle an die Reling drängen, räume ich das Feld und gehe auf Deck 6, das Umlaufdeck. Da ist doch mehr Platz.

Der Leuchtturm könnte mal etwas neue Farbe vertragen…

Anschließend steht mein erster Vortrag an, in kleinem Rahmen – aber für unsere Gruppe langt der Seminarraum. Danach stünde bei besserem Wetter der Stokksund auf dem Programm – aber mittlerweile haben wir mehr Wellen, und das schöne Wetter ist Geschichte. Für heute Abend ist wie die nächsten beiden Tage Regen angesagt. Sauwetter, da fährt kein Schiff durch den engen Stokksund. Trotzdem haben die wellen ihren Reiz – das Gathering mit dem Expedition Team verpasse ich daher wieder einmal.

Blick Richtung Stokksund

Es ist recht eindrucksvoll, dass die Wellen neben dem Schiff fast stillzustehen scheinen. Aber pünktlich zum Abendessen ändert sich das – wir kommen auf die offene Seestrecke der Folda, es gibt etwas Bewegung im schiff, und das Restaurant leert sich. Gut zwei Stunden schaukelt es, bis wir Rørvik erreichen.

Auch hier treffen wir kein Schiff im Hafen, stattdessen begegnen wir der Vesterålen auf See und legen dann nur kurz in Rørvik an.

Mittlerweile regnet es, und es ist unangenehm nasskalt. Zeit, wieder ins Schiff zu gehen, Bilder zu sichten und zu bloggen. Gegen 23 Uhr ist auch nichts mehr los – wahrscheinlich bereiten sich alle darauf vor, dass wir morgen früh wohl zwischen 7 und 8 Uhr den Polarkreis überqueren. Das gibt wieder eine kurze Nacht.

Hurtigrute Tag 4: Polarkreis, Bodø & Lofoten

Schönstes Wetter am Polarkreis

Das wird ein langer Tag: Heute überqueren wir den Polarkreis. Normalerweise findet das zwischen 7 und 8 Uhr statt, wenn ich mir meine letzten Reiseberichte so anschaue. Zur Polarkreisüberquerung veranstaltet das Schiff immer einen Wettbewerb: Wer den Zeitpunkt am exaktesten schätzt, kann die Postschiffflagge gewinnen. Da das Tagesprogramm nur auf den Monitoren und nicht in gedruckter Form vorliegt, gehen diese Ereignisse allerdings etwas unter, und nur weil Günter sich daran erinnert und die Teilnahmezettel gestern Abend noch organisiert hat, kann unsere Gruppe doch daran teilnehmen. Meine Schätzung war 8:25, da wir doch ganz gut daran sind, beim An- und Ablegen Verspätung einzufahren. Später sehe ich, dass der Point of Interest zwischen 7:30 und 8:30 stattfinden soll – damit bin ich noch im “offiziellen” Zeitfenster… Also klingelt der Wecker schon vor 7 Uhr und gibt mir die Möglichkeit, die prä-arktische Morgendämmerung zu genießen.

Um 7:57:22 passieren wir dann die Insel Vikingen und überqueren den Polarkreis, der in unmittelbarer Nähe der Insel mit der Weltkugel liegt.

In der Arktis!

Kurz vorher wurde zum Point of Interest auf Deck 9 gerufen. Als die Insel in Sicht kommt, drängen alle an die Backbordreling, sodass ich wieder auf das Umlaufdeck 6 gehe. Da ist doch mehr Platz.

Anschließend noch ein wenig die Landschaft genießen und frühstücken, bevor Ørnes auf dem Programm steht. Das Örtchen mit 1600 Einwohnern liegt malerisch zwischen schneebedeckten Bergen und gilt zurecht als der vielleicht schönste Hafen. Wohnen wollte ich hier trotzdem nicht… In der Nähe ist auch der Svartisen-Gletscher, Norwegens zweitgrößter Gletscher, der in den letzten Jahrzehnten deutlich geschrumpft ist. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob man ihn prinzipiell vom Schiff aus erspähen kann, oder ob die sichtbaren Schneefelder nichts damit zu tun haben.

Kurz nach Ørnes der nächste Point of Interest: Die Polarkreistaufe. Auf Deck 9 gibt es nicht nur den Beweis-Stempel für die Polarkreisüberquerung, sondern das Expeditionsteam tut alles, damit der Gott Njörd kommt und die Zeremonie durchführt. Passenderweise kommt er auf der Trollfjord nicht über das Dach, sondern von den beiden großen Pools auf Deck 9.

Zusammen mit unserer Kapitänin und dem Expeditionsteam gibt Njörd die Gewinnerin des Wettbewerbs bekannt und tauft sie auch gleich als erste, danach kommen alle anderen dran, die wollen.

Ich verzichte, ich habe einmal mitgemacht. Aber ich bleibe dabei, dass das Eis im Nacken im Winter weniger unangenehm ist als im Sommer – schließlich hat es etwa Außentemperatur. Während draußen die Landschaft vorbeizieht, begebe ich mich wieder ins Schiff – ein bisschen was organisieren (gibt es noch einen Platz auf der Fahrt zum Nordkap? Ja, ich habe Glück) und dann um halb zwölf die Reiseleitersprechstunde.

Bodø erreichen wir pünktlich kurz nach 13 Uhr. Die Stadt hat einen großen Flughafen und war ein Zentrum einer NATO-Übung, als ich vor ein paar Jahren hier war; heute sind trotz des Ukraine-Kriegs beruhigenderweise keine Düsenjäger in der Luft. Nur die Küstenwache zeigt Präsenz.

In Bodø ist genug Zeit für eine kleine Runde durch den Ort. Die Busfahrt zum Saltstraumen, einem der stärksten Gezeitenströme der Welt, hätte sich diesmal als Ausflug gelohnt: Die Strömung war stark, und es waren einige Strudel zu sehen. Irgendwann muss ich den Ausflug doch einmal machen, aber bevorzugt mit dem Boot… so ging es einmal durch den wie immer windigen Ort, an den beiden Denkmälern für die Schiffskatastrophen der Hurtigrute vorbei (an die Prinzesse Ragnhild, die hier 1940 nach einer Explosion unterging, erinnert ein Denkmal am Hurtigrutenanleger, und an die Brandkatastrophe auf der Erling Jarl von 1958 erinnert ein Denkmal beim Scandic Hotel) weiter zur alten Gamle Salten, und dann zurück ins Einkaufszentrum und über Kirche, Rathaus und Wandmalereien zurück zum Schiff.

Auf dem Vestfjord

Direkt nach dem Auslaufen stand mein zweiter Vortrag auf dem Programm: Der Sternenhimmel. Derweil ziehen draußen immer mehr Wolken auf, und die Fahrt über den Vestfjord schaukelt zwar nicht zu sehr, aber das Wetter war schon besser.

Um 17:15 besuche ich erstmals das Treffen mit dem Expeditionsteam. Hier gibt es immer wieder interessantes über Land und Leute, und manchmal erfahre auch ich etwas neues über Norwegen. Da es auf die Lofoten geht, steht der Stockfisch im Mittelpunkt. Fesk og potedes, Fisch & Kartoffeln

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https://www.youtube.com/watch?v=bjjhCEiSDSk

Kurz vor Stamsund erreichten wir dann ruhigeres Gewässer, aber kein besseres Wetter: Aus Wolken wurden Regenwolken, und die See war überraschend unruhig während unserer Weiterfahrt entlang der Lofoten bis nach Svolvær. Immerhin liegt die große Trollfjord ruhig im Wasser: Als wir gegen 21 Uhr der südgehenden Nordlys begegnen, wird der Seegang an ihr erst richtig deutlich.

In Svolvær haben wir – da das Anlegen mal wieder etwas länger dauert – weniger als eine Stunde Zeit. Die Luft ist gut: Noch hängt kein Stockfisch an den Trockengestellen rund um den Hafen und erfüllt den Ort mit Fischaroma. Die Zeit langt gerade, um die Spikes anzuziehen und zur Kirche zu spazieren: Hinter ihr wurde im Herbst 2020 das “Eye of the North” errichtet. Ein glänzendes Kunstwerk mit Blick auf die Kirche.

Auf dem Rückweg fängt es zu regnen an – ich mache mir eigentlich keine Hoffnung auf den Trollfjord, aber zurück auf dem Schiff kommt dann doch die Durchsage: Es gibt den Point of Interest kurz nach 23 Uhr, und gegen Mitternacht sollen wir an der Mündung des Trollfjord sein – hineinfahren ist im Winter zu gefährlich. Zum POI schaue ich kurz hoch auf Deck: Alle drängen sich unter das Dach auf Deck 9, während der Koch Suppe ausschenkt – ich schaue mir das nur kurz an, bevor ich mich wieder in die Kabine verziehe. Das ist mir gerade zu voll und zu nass. Keine Chance auf Polarlicht im Trollfjord.

Viertel vor Mitternacht gehe ich wieder an Deck, wo mir alle entgegenkommen: Die Trollfjord fährt Bug voraus auf den Fjord zu, die besten Plätze sind diesmal ganz vorne und im Panoramasalon. Bis ich vorne bin, sehe ich gerade noch, wie die Scheinwerfer die Felswände und den strömenden Regen beleuchten, bevor sie abgeschaltet werden – gerade so verpasst. Schade.

Also: Feierabend für heute, es war ohnehin ein langer Tag.

Hurtigrute Tag 5: Tromsø

Der Tag beginnt recht früh: Um 10 Uhr habe ich meinen ersten Vortrag. Damit findet er statt, noch bevor wir Finnsnes erreichen. Wie Günter ihn so schön ankündigt: Es geht um das, was wir gerade nicht sehen können – die Sonne. Rechtzeitig vor dem Halt in Finnsnes bin ich fertig; bei der halben Stunde Aufenthalt lohnt es sich auch kaum, von Bord zu gehen. Das einzige erreichbare Ziel wäre das Denkmal für den Wikinger-Reisenden Othar, das auch vom Heck des Schiffs am Hafenbecken zu sehen ist. Heute begnüge ich mich mit dem Rundblick vom Schiff: Die Brücke nach Senja, das Haus mit der Schoko-Werbung und das Hafenbecken.

Die Nordlicht-Lieferung?

Hoffnung macht immerhin ein LKW, der am Hafen entlang fährt – bringt der die ersehnte Nordlicht-Lieferung? Langsam wird es Zeit. Allerdings hält er nicht am Schiff.

Mist.

Die Fahrt von Finnsnes nach Tromsø ist ruhig, und das Wetter ist prinzipiell gut, aber bewölkt. Ich hatte hier auch schon dichten Nebel. Die schneebedeckten Berge bieten daher eine immer wieder schöne Kulisse, und kurz vor Tromsø ruft das Expeditionsteam zum nächsten Point of Interest: Dem Rystraumen bei der Insel Ryøya. Wir merken davon nur wenig, das Wasser ist lediglich etwas aufgewühlter. Ein Projekt, hier Turbinen zur Stromgewinnung zu installieren, ist mittlerweile Geschichte, auch wenn es die Häuser in der Umgebung mit Strom versorgen konnte.

Ebenso Geschichte ist der Versuch der Uni Tromsø, 1981 auf der Insel wieder Moschusochsen anzusiedeln – das letzte Tier starb 2018.

Kurz darauf laufen wir in Tromsø ein, wo das Schwesterschiff der Trollfjord, die Midnatsol, bereits angelegt hat. Immerhin: Das neue Prostneset-Gebäude passt wenigstens zur Trollfjord. Bei den anderen Schiffen liegt die Gangway links von dem Treppenturm, sodass man einen kleinen Irrweg vor sich hat, um endlich zur Rolltreppe und in die Stadt zu gelangen. Von der Gangway der Trollfjord kommen wir direkt zur Rolltreppe.

In Tromsø steht Shopping an – es wäre zwar nett gewesen, mal wieder auf den Storsteinen zu fahren, aber das Wetter ist nicht optimal, und später erfahre ich, dass aktuell auch nur Gruppen hochgedurft hätten – warum auch immer. So sammel ich Kassenzettel für die Tax Free Mehrwertsteuerrückerstattung. Eine gute Regenjacke für die britischen Inseln ist fällig…

Danach geht es einmal durch die Stadt: Über den Hafen rauf auf den Aussichtspunkt bei der Marineschule, und dann zurück ins Stadtzentrum. Beim Abstieg kommt uns wohl eine Ausflugsgruppe der Midnatsol entgegen: Alle uniform in rot gekleidet. Da lobe ich mir doch unsere Gruppenreise, bei der wir nur Angebote machen, aber jeder ganz individuell unterwegs sein kann, wenn er will.

Tromsø selbst erholt sich langsam wieder von der Pandemie, es gibt weniger Leerstände als noch vor einem halben Jahr. In den Souvenirshops und Buchhandlungen werde ich trotzdem fast nicht fündig. Nur ein Elch muss mit, man hat ja noch nicht genug…

Ansonsten präsenstiert sich Tromsø bei Tauwetter nicht von seiner besten Seite.

Unsere Abendessensitzung um 18:30 ist theoretisch kurz nach der Abfahrt aus Tromsø, aber wir haben Verspätung. Anscheinend ist die Hundeschlittentour zu spät. Aber wir haben ja vorhin auch eine Viertelstunde beim Anlegen vertrödelt…

Die Überfahrt nach Skjervøy ist frustrierend: Es gibt tatsächlich ein paar Wolkenlücken, aber es nichts zu sehen außer etwas grauem Dunst, der auf der Kamera einen Hauch von Grün zeigt. Das könnte mal Polarlicht geben, wenn es sich etwas Mühe gibt. Nicht mal der alte Trick funktioniert, dass ich aufgebe und ins Schiff gehe, um dann von den Draußengebliebenen zu hören, dass ich die Show verpasst hätte. Ich wäre ja sogar zu Opfern bereit. Als wir Skjervøy erreichen, kommentiert das einer der Leute am Bug treffend: “Ein Gutes hat der Wind: Wir gehen jetzt rein.”

Über Skjervøy ist eine größere Wolkenlücke, und tatsächlich werden die grauen Wolken kurz heller – für etwa eine Minute gibt es tatsächlich einen kleinen hellen Streifen, den die Kamera deutlich grün sieht. Aber der Spuk ist fast sofort wieder vorbei. Zum Glück bin ich nicht gleich zur Rezeption gerannt, um Bescheid zu sagen. Es war nur ein kurzer Teaser, danach kann nur noch die Kamera Grün nachweisen, das bald hinter den Wolken verschwindet, während wir die offene Seestrecke der Loppa ansteuern.

Eigentlich mag ich meinen Job ja. Aber das ist frustrierend. Immerhin ist für Morgen Polarlys angesagt: Da treffen wir die südgehende Hurtigrute MS Polarlys, die in dieser Nacht in der Barentssee ihr erstes Erfolgserlebnis haben wird. Und ich? Mache Feierabend, als wir auf die Loppa einbiegen und die Wolkendecke sich schließt. Falls der Captain doch was sieht: Die Infotaste am Telefon ist an.

Hurtigrute Tag 6: Nordkap

Mittlerweile sind wir ganz im Norden: Havøysund ist unser erster Hafen bei Tageslicht, oder Hawaiisund, wie das Fischerörtchen auch liebevoll genannt wird. Hier sollen wir der südwartsgehenden Hurtigrute Polarlys begegnen, mit der Gruppe von Margit und Tim. Da muss natürlich eine Winkekonkurransje gemacht werden, und ich hatte am Vorabend schon alle gebeten, um 8:20 an Deck zu sein.

Wer fehlte, war die Polarlys. Laut Marinetraffic hängt sie noch in Kirkenes rum, aber Marinetraffic hat (genau wie Flightradar) in letzter Zeit öfter mal Probleme. Aber wozu gibt es hierzulande fast überall Handy-Empfang? Die Polarlys ist unterwegs, hat Honningsvåg aber mit einer Dreiviertelstunde Verspätung verlassen. Ein Fehler, denn nun laufen wir zuerst Havøysund an, während die Polarlys erst hinter uns am Horizont auftaucht. Und sich auf eine längere Wartezeit gefasst machen darf. Zuerst einmal legen wir gewohnt behutsam an (mit Beschwerde vom Hafenarbeiter, dass das Schiff zurückfahren und am statt vor dem Kai halten soll), und dann haben wir viel Fracht, deren Verladung sich zieht. Derweil dreht die Polarlys ihre Runden.

Die Trollfjord

Mit einer Dreiviertelstunde Verspätung verlassen wir endlich Havøysund, winken einander zu und nehmen Kurs auf den Magerøyasund. Danach tauschen wir untereinander noch Bilder aus – wann hat man sonst die Gelegenheit, Bilder des eigenen fahrenden Schiffs zu kriegen?

Der Magerøyasund, der die Insel Magerøya mit Honningsvåg und dem Nordkapp vom Festland trennt, gibt sich diesmal betont kontrastarm, um nicht zu sagen monochrom.

Auch Honningsvåg, das wir mit Verspätung erreichen, versteckt sich in Schnee und Dunst. Wo die Berge in die Wolken übergehen, lässt sich kaum erahnen. Auch unser Schwesterschiff, die ehemalige Midnatsol (jetzt: Maud), ist im Hafen aus der Ferne kaum zu erkennen.

Midnatsol Maud in Honningsvåg

Wenn ich hier im Ort bleibe, mache ich meist einen Spaziergang hoch zum Friedhof über dem Ort; bei diesem Wetter lockt er aber nicht mit Aussicht auf Honningsvåg. Der Spaziergang in die andere Richtung, zur Shell-Tankstelle auf dem 71. Breitengrad, ist auch nur mäßig prickelnd. Dafür steht heute das Nordkap auf dem Plan. Bislang hatte es immer geklappt – ist heute das erste Mal, dass ich das Nordkap wegen Schnee oder Nebel nicht sehe?

Unterwegs zum Nordkap

Unsere Abfahrt verzögert sich etwas. Eigentlich hätten wir einen rein deutschsprachigen Bus, aber in Honningsvåg steigen die Corona-Zahlen, daher gibt es weniger Busfahrer, und die Midnatsol (an deren neuen Namen Maud ich mich noch gewöhnen muss) hat weitere Busse in Beschlag genommen. Also gibt es etwas Chaos, bis einige englischsprechenden Passagiere zusteigen und wir endlich abfahren können. Es gilt die starke Empfehlung, MAske zu tragen, auch wenn Norwegen alle Maßnahmen aufgehoben hat.

Die Fahrt auf das über 300 Meter hohe Nordkap-Plateau führt durch eine tief verschneite Landschaft, von der nicht so viel zu sehen ist. Aber die Straßen sind gut, und wir müssen nicht einmal im Konvoi dem Schneepflug hinterher fahren. Am Nordkap ist es dann für diese Jahreszeit voll: Vier Busse von der Trollfjord, noch mehr von der Midnatsol, und einige Privatfahrzeuge. Der Tourismus läuft eindeutig wieder an.

Als wir ankommen, ist die Sicht bestenfalls mäßig – also erst einmal in die Nordkaphalle und zum dritten Untergeschoss. Dort könnte man einen kurzen Film von einer Viertelstunde im Kino anschauen, oder man biegt in den Gang ab, in dem einige Dioramen die Geschichte des Nordkaps darstellen. Außerdem gibt es hier eine kleine Kapelle und einen Ausstellungsraum, der an den Besuch des thailiändischen Königs erinnert, und am Ende erwartet einen die Höhle des Lichts, in der ebenfalls ein (mit 6 Minuten deutlich kürzerer) Film läuft, der ebenfalls das Nordkap im Lauf der Jahreszeiten zeigt. Dafür langt die Zeit. Wenn man auf den Kinofilm verzichtet, ist unser verkürzter Aufenthalt zwar nicht üppig, aber lang genug. Wieder oben zeigt der Blick aus dem Fenster eine sehr schöne Lichtstimmung, und am Globus ist auch nicht viel los: Perfekt. Also nichts wie raus, erst einmal links abbiegen, um den Felsen mit dem Nordkap-Globus zu fotografieren, ebenso wie die benachbarte Landzunge Knivskjellodden, die sogar noch weiter nach Norden reicht.

Zehn Minuten später, auf dem Rückweg, wird die Sicht schon wieder schlechter, aber für die Erinnerungsbilder am Globus langt es. Alles richtig gemacht:-)

Kinder der Welt

Eineinhalb Stunden Aufenthalt haben wir insgesamt am Nordkapp, damit bleibt noch etwas Zeit für den Souvenirshop und die “Kinder der Welt” – die runden Steine, die ein Stück abseits vom Parkplatz stehen. Aber statt den Wag durch den Schnee dorthin zu suchen, begnüge ich mich mit einem Foto.

Und dann endet der Aufenthalt auch schon, es geht zurück in den Bus. Pünktlich zur Abfahrt um 14:30 sind wir wieder in Honningsvåg, zum Glück wartet das Schiff noch ein paar Minuten auf uns. Bei Hurtigrutenausflügen ist das aber nie ein Problem. Übrigens: Die ersten Nordkap-Taxis standen bei der Ankunft auch schon am Hafen und boten günstigere Fahrten zum Nordkap an. Auf die wartet das Schiff zwar nicht, aber die Fahrer wissen, was sie tun.

Anschließend gibt es Waffeln und heiße Schokolade zu kaufen, um die Zeit bis zum Nordkapbuffet und die Überfahrt nach Kjøllefjord zu überbrücken. Wer will, kann sich einen Vortrag über die Sami anhören. Derweil gibt es schlechte Nachrichten: Der Schneemobil-Ausflug von Kjøllefjord nach Mehamn wurde abgesagt, da unklar war, ob wir in Mehamn anlegen kommen. Dabei ist die Barentssee gar nicht einmal so unruhig…

Kjøllefjord erreichen wir ohne Probleme; die Felsformation der Finnkirche wird diesmal nicht angekündigt. Zwischen dem Sami-Vortrag und dem Treffen mit dem Expeditionsteam wäre das wohl zu viel. Kjøllefjord liegt tief verschneit in der Abenddämmerung und wirkt wie ein Weihnachtsdorf. Es ist die richtige Jahreszeit für den Ort.

Der Rest des Abends ist ereignislos: Es gibt Nordkapbuffet (wunderbar für Liebhaber von Meeresfrüchten, ich halte mich wie immer an das Rentier – ich war hier auch schon nur beim Käsebrot gelandet), und wir legen ohne Probleme in Mehamn an. Danach noch ein paar Mal raus schauen: Anders als vorhergesagt regnet es immerhin nicht, aber es ist auch kein Stern in der Wolkendecke zu erkennen. Bei Berlevåg begegnen wir diesmal keinem Schiff (da Havila Kystruten eigentlich vier Abfahrten bedient, aber aktuell nur ein Schiff hat, gibt es Lücken im Fahrplan), das Meer ist ziemlich ruhig, und wir steuern den Hafen zwar an, drehen aber vorher ab. Es gibt wohl keine Fracht.

Und damit ist der Tag auch am Ende, ich kann bedenkenlos ins Bett. Wieder keine Nachtschicht, Mist.

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes & Nordlicht!

Der sonnige Hafen von Kirkenes

Das war’s: Kirkenes. Halbzeit. Ab heute werden wir zur südgehenden Hurtigrute und haben immer noch kein Polarlicht gesehen, bis auf den Hauch bei Skjervøy, und der zählt nicht. Genauer gesagt: Für die Polarlichtgarantie von Hurtigruten zählen die Einträge im Captains Log, nicht die in Alex’ Blog.

Aber fairerweise: Als Urlaubsreise war das bislang gar nicht so schlecht: Keine schwere See, keine ausgelassenen Häfen (anders als die Nordnorge hinter uns), keine Katastrophen, kein verlorenes Gepäck, und durchaus schöne Tage für Ausflüge. Aber wir sind ja nicht zum Vergnügen hier, sondern um Nordlicht zu sehen. Heute gibt es aber erst einmal Kirkenes zu sehen. Am Schneehotel mit der Huskyfarm und den Rentieren war ich letztes Mal, und die russische Grenze hat prinzipiell auch ihren Reiz, aber stattdessen geht es wieder einmal nach Kirkenes. Das tief verschneite Städtchen ist wie gewohnt sehr ruhig, und die Uhr der Kirche scheint noch kaputter zu sein als normal – waren die Zeiger schon immer so kurz?

Neu ist ein großes Fragezeichen mitten im Ort – das Fremdenverkehrsbüro ruft zur Suche verschollenen Baby-Fragezeichen auf, entweder per App oder per Zettel, der an der Touri-Info erhältlich ist. Mein Verdacht: Die stecken im Schnee… Das Russendenkmal und das für die Kriegsmütter fallen mehr auf.

Besonders viele Sehenswürdigkeiten hat der Ort sonst nicht zu bieten, daher lande ich bald recht im Amfi Einkaufzentrum. Beim Einkaufen zeigt sich: Das Tax Free System wird auf App umgestellt, jetzt muss man seine Kredikartendaten – samt Sicherheitscode – in einer App eingeben. Mal was neues… aber nur mäßig vertrauenserweckend.

Auf dem Rückweg steht noch Proviant einkaufen auf dem Plan: das Rema am Anleger existiert nicht mehr; ein Stück weiter weg gibt es einen Europris (der von allem etwas hat) und ein Spareland, in dem ich nicht war. Zu beiden ist es ein etwas weiterer Weg, aber sie sind nicht zu weit abseits. Die Schokoladenpreise sind aber nicht besonders günstig.

Langsam wird es zur Gewohnheit, dass wir tagsüber schönes Wetter haben und abends Wolken: Der Vormittag war für die Ausflüge wie die Hundeschlittentour optimal, aber als wir über den Varangerfjord nach Norden fahren, nehmen die Wolken immer mehr zu.

In Vardø ist der Himmel dann 50/50 mit strahlendem blau und drohendem Grau. Wir kommen sogar fast pünktlich an, aber bis die Gangway offen ist, vergeht wieder einmal eine Viertelstunde. (Ja, ich weiß – wäre man jetzt auf der alten Lofoten, wo einfach nur die Gangway an die Reling gelehnt wurde… aber wir sind ja in der Zukunft.) Also langt es doch nur für die Festung Vardøhus und nicht für das Hexendenkmal. Eine neue Baustelle sorgt für eine zusätzliche Verzögerung, sodass es bei einem Blick auf das Steilneset bleibt, und einem kurzen Gang durch die Festung.

Nach dem Ablegen habe ich um 17:15 meinen nächsten Vortrag, über den Mond. Krater, Schluchten, Wälle sind das Thema, und passend dazu ist die Barentssee sehr unruhig. Ich hatte hier schon ruhigere Fahrten, auch bei mehr als den aktuellen zwei Metern Wellenhöhe. Aber fast alle halten bis zur Polarlichtprognose durch. Polarlicht: Mau. Wolken: Nur eines von drei Wettermodellen ist halbwegs optmistisch und prophezeit Wolkenlücken. Ich bin skeptisch, aber bereit, und lasse das Abendessen ausfallen. Andere genießen mit Günter ein Königskrabben-Essen um 19 Uhr.

Alle halbe Stunde schaue ich raus: Sternklarer Himmel ohne Grün, dann Wolken, dann sternklarer Himmel, dann Graupelschauer, bei dem ich die Augen nicht aufkriege. Als wir Båtsfjord erreichen, gönne ich mir einen Burger im Bordbistro. Auf der Nordkapp gab es im Bistro Rabatt, wenn man Vollpension hat, hier nicht.

Es kommt, wie es kommen muss: Kurz vor dem letzten Bissen, mitten in Båtsfjord, kommt die Durchsage: Nordlicht! Erspäht hat es jemand aus meiner Gruppe – da habe ich wohl alles richtig gemacht:-) Also rasch auf Deck 9, meine Nikon an die Reling klemmen, so gut das geht. Die Trollfjord hat eine dickere Reling als die älteren Schiffe, da gibt es nicht so viele Optionen. Was aber immer funktioniert: Keine 10 Sekunden später steht ein Engländer vor dem Objektiv, das über das Deck gerichtet ist. Auf meine Bitte, zur Seite zu gehen, erklärt er mir, dass das Polarlicht auf Deck 6 viel schöner zu sehen ist, weil es da dunkler ist. Und was machst du dann vor meiner Kamera???

Zeitraffer

Da ich mit der Kamera beschäftigt bin, verpasse ich etwas Show, aber das ist okay: Über uns leuchtet ein schön strukturierter Bogen, in dem es auch Bewegung gibt. Dann kommen Wolken, und immer wieder größere Wolkenlücken. Båtsfjord verlassen wir mit deutlicher Verspätung und nehmen noch einen Schneesturm mit, der in Minutenschnelle den klaren Himmel ersetzt. Das Spiel zieht sich dann den ganzen Abend, mindestens bis Berlevåg: Schneegestöber und Wolkenlücken mit Polarlicht, das teils so hell ist, dass ich es sogar mit dem Handy filmen kann. Eigentlich eine Unverschämtheit, was so ein Smartphone heute leistet.

Zeitraffer

Von dem Wellengang auf der Barentssee und dem glatten Deck ist das eigentlich fast ein perfekter Abend: Das Polarlicht ist lange genug sichtbar, dass jeder eine Chance hat, es zu erspähen; es ist nicht nur ein langweiliger Bogen, den ich dann als etwas tolles verkaufen muss, sondern hell und zeigt deutliche Aktivität, mit etwas Tanz und Rot – was will man mehr? Na klar – man will mehr! Aber immerhin kann jetzt jeder sagen, dass er Polarlicht gesehen hat.

Zeitraffer

Dabei geht die Schiffsbegegnung mit der nordgehenden Nordnorge fast unter – ich sehe sie nur an uns vorbeiziehen, als ich eine Polarlichtpause nutze, um bei dem Seegang einmal nicht mittschiffs am Pool zu stehen. Gegen halb elf mache ich das letzte Bild, wenig später kommen auch die ersten Crew-Mitglieder, die den Pool, zur abendlichen Entspannung nutzen – es sei ihnen gegönnt! Ich füttere lieber den Rechner mit Bildern, damit es wieder ein hübsches Filmchen gibt.

Da wir immer wieder starken Schneefall haben, gibt es diesmal einige kleine Zeitrafferfilmchen. Viel Spaß damit!

Zeitraffer

Hurtigrute Tag 8: Hammerfest (mehr oder weniger)

Mein Tag beginnt gegen 8 Uhr – allerdings in Honningsvåg und nicht wie geplant in Havøysund. Irgendwie haben wir es geschafft, in der Nacht ordentlich Verspätung einzufahren. Zugegeben: Die Barentssee hatte einiges an Wellen, aber vor allem waren wir deutlich länger als geplant in Båtsfjord und Berlevåg gelegen. Theorie: Der eine Arbeiter, der in Oslo immer eine Ewigkeit braucht, um die Flugzeuge zu entladen, hat auf die Trollfjord gewechselt. Zumindest ist von der üblichen betriebsamen Entladetätigkeit in den Häfen nichts zu merken, schon auf der nordgehenden Route gab es statt des üblichen Gabelstapler-Ballets eher einen langsamen Gabelstapler-Blues.

In Honningsvåg schaffe ich es nicht an Deck, und der Magerøyasund präsentiert sich wieder kontrastarm und bietet eher wenig Fotomotive. Um halb neun lege ich dann einen Spurt an Deck hin: Eine Schiffsbegegnung wird durchgesagt, die Havila Capella – das erste Schiff von Havila Kystruten, das seit Dezember im Dienst ist und sich den Fährbetrieb mit der Hurtigrute teilt. Wenn die Reederei Hurtigruten AS nicht die Namensrechte an der Bezeichnung Hurtigruten für den norwegischen Riksvei Nr. 1 (die „Reichsstraße Nr. 1“) von Bergen nach Kirkenes übernommen hätte, würden sie gemeinsam mit Hurtigruten die Hurtigrute befahren – der Fahrplan ist der selbe, nur der Name ist anders. Schade, dass der Fahrplan vor einigen Jahren so geändert wurde, dass es keine Schiffsbegegnungen mehr in den Häfen gibt. Früher konnte man so einen Blick in das andere Schiff werfen – jetzt müsste ich bei Havila buchen, um mal einen Blick ins Schiff zu werfen…

Mit zwei Stunden Verspätung erreichen wir Havøysund – mittlerweile sehe ich für den Aufenthalt in Hammerfest ziemlich schwarz. Irgendwie muss die Zeit ja reingeholt werden. Nun, so bleibt noch einmal die Zeit, einen letzten Blick auf Norwegens höchsten Norden zu werfen. Mit etwas Geschaukel geht es dann südwärts.

Um 12:45 gibt es endlich den Interessepunkt Melkøya. Die Insel liegt direkt vor Hammerfest und beherbergt eine große Industrieanlage zur Flüssiggasgewinnung. Von hier führen 140 km lange Pipelines zu unterseeischen Bohrplattformen in 300 Meter Tiefe; das dort geförderte Gas wird hier tiefgekühlt und mit Tankern in alle Welt verschifft. Norwegen gewinnt seine Energie aus Wind- und Wasserkraft und verkauft die fossilen Brennstoffe lieber. Niri, der in den letzten Tagen krank war, ist nun wieder fit und moderiert den Point of Interest, zusammen mit dem französischen Reiseleiter (den jeder mittlerweile kennt: Nach den Schiffsdurchsagen kommt eine weitere von ihm auf Französich. Kontakt zu den Französischen Passagieren habe ich aber keinen: Ich kann Deutsch, Englisch und ein paar Brocken Norwegisch anbieten, aber kein Französisch, und die Franzosen nur Französisch).

Für Hammerfst ist nur ein “Short Stay” angekündigt, von 13:05 bis 13:45. Bis wir angelegt haben, vergeht eine weitere Viertelstunde. Damit bleiben vielleicht 20-25 Minuten für einen Landgang – ich verzichte. Sehr schade, denn wir haben einen neuen Anleger an der anderen Seite des Hafens. Damit haben wir leider maximalen Abstand zum Stadtzentrum mit Eisbärenclub, Wiederaufbaumuseum, Kirche und Rathausplatz – es wird immer wieder diskutiert, ob es einen Shuttlebus ins Zentrum gibt und ob er etwas kostet, aber das hat sich für uns bei dieser Liegezeit eh erledigt. Der Grund für den Ortswechsel ist, dass der Anleger umgebaut wird.

Hammerfest Skansen auf Fuglenesodden

Das wäre die Gelegenheit gewesen, einmal die Meridiansäule zu besuchen, die an Struves Landvermessung erinnert und normalerweise außer Reichweite ist. So wäre es ein Ausflug von etwa 40 Minuten Gehzeit zu Meridiansäule, der Fuglenesodden-Landspitze mit dem kleinen Leuchtturm und Resten einer Befestigung aus den napoleonischen Kriegen (der “Schanze” – Hammerfest Skansen) und zurück zum Schiff gewesen. Günter wagt den Spurt und ist in knapp 10 Minuten an der Säule – Touch-and-Go, er ist gerade rechtzeitig zur Abfahrtszeit wieder im Schiff. Ich mache nur ein paar Fotos von Deck 6 und Deck 9 aus.

Die Meridiansäule ist links neben dem kuppelüberdachten Gebäude zu finden, leider führt kein direkter Weg dorthin. Und wie es sich für einen Industriehafen gehört, gibt es hier auch sonst nicht viel zu sehen.

Um 14:30 gibt es auf dem Schiff einen englischen Vortrag, und um 15 Uhr beginne ich meinen über Sternbilder und ihre Mythen – und diesmal stört kein Wellengang. Wir liegen nämlich immer noch im Hafen, der Unmut wächst. Das ist kein Short Stay, sondern wäre die Gelegenheit gewesen, doch noch etwas von Hammerfest zu sehen. Stattdessen liegen wir ohne jegliche Info im Hafen. Erst um 15:45 heißt es “Leinen los”.

Dementsprechend gut besucht ist auch das Gathering mit dem Expedition Team um 17:15, man will wissen, was los ist. Anscheinend war ein Elektriker an Bord, um auf der Brücke eine Reparatur durchzuführen. Das ist ja schön – aber hat wirklich jemand geglaubt, dass das in einer halben Stunde erledigt ist? Etwas mehr offizielle Liegezeit, und alles wäre gut gewesen…

Skjervøy

Die Wettervorhersage für heute besteht aus Wolken und etwas Schnee. Ich schaue sporadisch raus, kann das aber nur bestätign: Keine Chance auf Sicht auf Polarlicht. Immerhin haben wir mittlerweile so viel Verspätung, dass wir Øksfjord zum Abendessen erreichen. Damit sieht man zwar nichts von dem Örtchen, das von eindrucksvollen Bergen umrahmt ist, aber es schaukelt nicht beim Abendessen. Kurz vor 19 Uhr verlassen wir Øksford, sodass es erst zum Dessert auf die unruhige Loppa geht.

Skjervøy erreichen wir um 22 Uhr statt um 19:30, und damit ist der Tag dann auch gelaufen. Noch vier Stunden aufbleiben, bis wir Tromsø erreichen, bringt es nicht – und für einen Kneipenbummel wird die Zeit eh nicht reichen.

Die Kong Harald

Also noch kurz die Hafenabfahrt mitnehmen und der Kong Harald zuwinken, die darauf wartet, dass wir den Kai freimachen, und dann Feierabend. Unsere Ankunft für Harstad morgen früh wird auf 9 Uhr geschätzt, der Vesterålen-Busausflug wird wohl etwas kürzer werden als geplant.

Hurtigrute Tag 9: Vesterålen

Die Inselwelt der Vesterålen steht heute auf dem Programm; im Lauf des Nachmittags werden wir den Raftsund durchqueren und damit zu den Lofoten wechseln. Harstad erreichen wir ziemlich pünktlich mit der geplanten Verspätung von einer Stunde, sodass die Busfahrt durch die Vesterålen nach Sortland stattfinden kann – der Hike mit dem Expedition Team auf einen Berg fällt dagegen aus Zeitmangel aus.

Harstad
Trondenes Kirche von der Trollfjord aus

Der Hafen von Harstad ist weiterhin Baustelle, und wir legen nur relativ kurz an. Immerhin drei Busse nehmen an dem Ausflug teil, bei etwas über 300 Passagieren an Bord also gut ein Drittel. Einer davon ist Günter, sodass ich ein paar Bilder der Busfahrt zeigen kann. Von der Trondenes-Kirche gab es einen hübschen Blick auf unser Schiff, für mich neu in dem Museum ist ein Freilichtmuseum mit einem rekonstruierten Bauernhof. Von da führt die Bustour unter anderem mit einer Fähre bis nach Sortland, wo wir die Teilnehmer wieder an Bord nehmen.

Ich verbrachte die Fahrt wie üblich an Bord – eine zweigeteilte Fahrt: Während der ersten Hälfte schönes Wetter, dann zunehmend Wolken und Regen. Aber ideal, um den Tag entspannt zu genießen. Highlights gibt es natürlich auch auf dem Schiff: Da ist zuerst die Fahrt durch die Risøyrinne, dann Risøyhamn mit Ladetätigkeit und einem Blick auf den Königsstein, der an die Einweihung der Risøyrinne erinnert, und zuletzt, kurz vor Sortland, werden alle aufgerufen, nach vorne auf Deck 6 zu kommen, um den Bussen zuzuwinken, denen wir an der Brücke bei Sortland begegnen. Immer wieder ein netter Spaß, und ich behalte die Flagge noch ein wenig, um beim Anlegen am Kai weiter zu winken.

Von Sortland ging es bei zunehmend schlechterem Wetter gemütlich weiter nach Stokmarknes, wo das neue Hurtigrutenmuseum wartet. Wir hatten allerdings wieder genug Verspätung eingefahren, dass es nur für einen Rundgang um die neue Halle langt, in der die alte Finnmarken nun vor den Elementen geschützt ist – und bei Tag auch vor interessierten Blicken; nur bei Nacht ist sie durch die Glasfassade gut zu sehen.

Das Hurtigrutenmuseum

Ein Besuch lohnt sich in der knappen halben Stunde, die wir diesmal Aufenthalt haben, leider nicht – allerdings ist der neue Eintrittspreis von 220 NOK auch zu viel für den kurzen Aufenthalt. Er mag noch gerechtfertigt sein, wenn man zwei Stunden Zeit hat, aber so dürfte er die meisten Besucher abschrecken. Sehr schade, auch wenn der Neubau und der Erhalt des Schiffs natürlich viel Geld verschlingt. Es gibt aber auch einen Ausflug mit Busfahrt zum Hurtigrutenmuseum, bei dem man mehr Zeit für Schiff und Museum hat.

Nach Stokmarknes kommt der Raftsund: Bei gutem Wetter ist es faszinierend, bei Mistwetter eher mystisch anzuschauen, wenn die hohen Berge am Schiff vorbei ziehen. Im Raftsund sind auch ein paar Seeadler zu sehen, während Niri auf Deck 9 einen Point of Interest veranstaltet; den Trollfjord lassen wir aber wegen des schlechten Wetters aus. Im Winter könnten wir ohnehin nur bis zu seiner Mündung fahren, so setzen wir unsere Fahrt fort und sind sogar zehn Minuten vor der geplanten Ankunftszeit in Svolvær.

Fischersfrau in Svolvær

Die Einfahrt in Svolvær verpasse ich: Es gibt schon ab 17:30 Buffet – in erster Linie wegen den Ausflüglern, die z.B. die Lofoten bei Nacht und drohendem Regen auf dem Pferderücken erleben wollen, aber das gibt auch mir die Chance, einmal in Ruhe durch Svolvær zu gehen und mein Leergut zu entsorgen.

Hinter der Kirche ist ein großes Einkaufszentrum; der Kiwi hat auch nach 19 Uhr noch offen. Ansonsten gibt es hier wenige Möglichkeiten zum Geld ausgeben: Die meisten Läden schließen am Samstag um 19 Uhr. Ein kurzer Besuch bei den Rørbua-Fischerhäuschen nachempfundenen Ferienwohnungen des Scandic-Hotels, und dann der Gedanke, dem Magic Ice doch noch mal eine Chance zu geben. Die Eisgalerie hat einiges an Kunstwerken aus Eis, und normalerweise sage ich: Wer das Eishotel gesehen hat, kann sich das Magic Ice (ein weiteres gibt es in Tromsø, zumindest letztes Jahr noch) sparen. Und heute, wo ich es einmal probiere, hat es wegen Krankheit an Samstag und Sonntag geschlossen. Tja dann…

Dafür macht Svolvær seinem Name als Hauptstadt des Lichts alle (Un-) Ehre: Ein großer Skybeamer beleuchtet die tiefhängenden Wolken. Lichtverschmutzung gibt es auch in Norwegen. An Deck 9 der Trollfjord sind die Unverzagten auf der Suche nach Wolkenlücken – ein bisschen schimmert das Polarlicht durch, aber die Wolken sind meist stärker.

Die anschließende Überfahrt nach Stamsund ist ereignislos, wir kommen pünktlich an und legen deutlich verspätet ab – vielleicht hat der Reitausflug länger gedauert?

Das Wetter ist mies, es schneit/regnet immer wieder, und zwischendrin blitzt ganz kurz ein bisschen Polarlicht auf – als ob es uns verhöhnen wollte.

Bevor es auf den Westfjord geht, schaue ich noch einmal raus, aber keine Chance auf klaren Himmel. Mist.

Hurtigrute Tag 10: Helgelandküste

Die Nordlys am düsteren Horizont

Es ist wieder soweit: Wi überqueren den Polarkreis, diesmal in südgehender Richtung. Dabei sind wir später dran als nordgehend, sodass es heller ist und man die Insel Vikingen samt Globus besser sehen kann. Trotzdem verpasse ich die nordgehende MS Nordlys knapp und sehe sie nur noch als kleinen Punkt im Norden in dunklen Wolken verschwinden.

Im Süden kommt derweil die Insel Vikingen in Sicht. Nur irgendwie scheint unser Kurs nicht zu stimmen: Wir fahren zu Abwechslung rechts an der Insel vor statt links. Mal was Neues… Dafür wird auch nicht gehupt, als wir den Polarkreis überqueren. Wir schleichen uns also quasi im Tarnmodus nach Süden.

Aber Schleichfahrt hin oder her: Auf Deck 9 steht die jetzt die zweite Polarkreistaufe an. Es gibt Lebertran, und zum ersten Mal seit ich auf der Hurtigrute bin probiere ich das auch aus. Ich hatte Schlimmeres erwartet, es schmeckt eher nach einer gut geölten Ölsardine als nach Igittigitt. Also gibt es doch einen original Hurtigruten Lebertranlöffel für die Sammlung. Wenn es wegen dem verkorksten Aufenthalt in Hammerfest schon kein Bild von mir auf der Bank im Musikpavillon gibt, dann halt eins mit Löffel.

Nesna

Anschließend machen wir noch ein Gruppenfoto und passen dafür exakt den Moment ab, an dem der nächste Schneeregenschauer kommt, und dann beginnt der ruhige Teil des Tages. Wir fahren die Helgelandküste entlang und können sie je nach aktuellem Wetter genießen. Nesna ist gut zu sehen, während Sandnessjøen erst spät aus dem Grau auftaucht. Dort machen wir wieder nur einen zu kurzen Halt, um sinnvoll von Bord zu gehen (und legen mit Verspätung ab, weil doch Passagiere fehlen); der Interessenspunkt Sieben Schwestern entfällt dann, weil diese berühmte Bergkette hinter Sandnessjøen nicht zu erkennen ist.

Die Sieben Schwestern (in den Wolken)

Um 15 Uhr steht dann Brønnøsund auf dem Plan – am Sonntag, daher scheitert mein üblicher Plan, den Aufenthalt im Amfi-Einkaufszentrum zu verbringen. Stattdessen gehe ich mit Günter einmal Richtung Kirche und um den See, da war ich bislang auch noch nie. Jetzt dürfte ich alle Sehenswürdigkeiten durch haben, die man in dem Ort zu Fuß erreichen kann, inklusive wilder Tiere in den Gärten. Immerhin hat die Eisdiele am Anleger offen. Das muss sein.

Den Torghatten sehen wir nur aus der Ferne, obwohl es hell genug wäre für einen Besuch – als wir ihn passieren, steht bereits das Captains Dinner an, und wir lassen den Berg mit Loch rechts liegen – kein Abstecher, um das Loch zu sehen. Das Captains Dinner ist ein bescheidenes Ereignis: Die Offiziere begrüßen die Passagiere mit einem Glas Sekt, aber es gibt keine Ansprache – zumindest nicht, soweit ich das mitkriege. Die Lautsprecher sind auf der Trollfjord ziemlich leise, sodass man auch Durchsagen im Restaurant kaum mitkriegt.

By the way: Es gibt weiterhin ein Drei-Gänge-Menü, das man sich aus drei Komponenten (Vegetarisch, meistens Fisch und meistens Fleisch) zusammenstellen kann. Und die Trollfjord wird ihrem Ruf gerecht, das Schiff mit der besten Küche zu sein.

Nach dem Captains Dinner steht nicht mehr viel auf dem Programm: Noch ein Halt in Rørvik, wo der Regen einen wieder ins Schiff drängt, bis wir direkt nach dem Ablegen der nordgehenden Nordkapp begegnen. Noch einmal Winken, dann ist für mich Feierabend: Der Himmel ist weiterhin bedeckt.