Hurtigrute Tag 2: Ålesund & First Light

Bestes Wetter am Westkapp

Was für ein Tag!

Nach den Stürmen der letzten Tage hatte ich am Westkap eigentlich etwas mehr Bewegung im Schiff erwartet, aber stattdessen gab es einen Ententeich, bei dem einem niemand glaubt, dass die Gegend ein Schiffsfriedhof ist und die Wikinger ihre Schiffe lieber über Land tragen als dem Sturm auszusetzen. Geschweige denn, dass der norwegische Staat einen Schiffstunnel bauen will, um die Gegend zu vermeiden.

Recht ruhige See

So kann ich nach Måløy in aller Ruhe und gefahrlos duschen, bevor ich mich mit der Kamera an Deck begebe. Ende des Monats ist Tag-und-Nacht-Gleiche, dementsprechend früh ist es schon hell. Bei prächtigem Sonnenschein ist es fast unmöglich, schlechte Fotos zu machen. Echtes Bilderbuchwetter, und nur ein wenig auf und ab. Besser kann die Reise kaum starten.

Kurz vor Torvik

Am Westkap bietet das Expeditionsteam den ersten Point of Interest an, mit Infos zu dieser Region. Aber auch wenn es fast ein Frevel ist: Ich nutze die Zeit, um frühstücken zu gehen. Schließlich steht um 10:30 – also während unseres kurzen Aufenthalts in Torvik – die Willkommensveranstaltung für unsere Gruppe an. Alex, Stefan, Hans und ich stellen uns vor, geben die Grundinfos zur Reise und stoßen auf die Reise an. Auch wenn das eine Gruppenreise ist: Wir machen nur Angebote, drängen uns aber niemandem auf. Wer will, kann fast Individualurlaub machen. Aber wir dürfen auch schon die ersten Kameras erklären.

Wir fassen uns zwar kurz, aber bis zum Mittagessen bleibt trotzdem nicht viel Zeit. Schließlich legen wir heute schon um 12 Uhr in Ålesund an. Da wir ohnehin noch ein bisschen mit Aufräumarbeiten nach dem Welcome-Drink beschäftigt sind und damit die Ausflügler in Ruhe essen können, gehen wir erst um 12 zum Restaurant – aber nicht hinein, es ist voll, und wir müssen warten, bis Plätze frei werden. Ich muss mal schauen, wie viele Passagiere auf dem Schiff sind. Meine Schätzung ist wirklich ausgebucht.

Daher wird es etwas später, bis ich das Schiff verlassen kann. Der Berg ruft, aber diesmal wiederstehe ich dem Ålesunder Hausberg Aksla und drehe eine kleine Runde bis zum Stadtzentrum der Jugendstilstadt. Die üblichen Fotomotive wollen besucht werden – im Hotel im Brosund wird leider renoviert und ist hinter einer weißen Plane versteckt. Anschließend mache ich mich am Fuß des Aksla auf den Weg zum Waldehuset. An dem alten Holz-Eckhäuschen bin ich zwar schon oft vorbeigelaufen, aber jetzt nehme ich es erstmals bewusst wahr: Hier endete der Stadtbrand, durch den Ålesund von der typisch norwegischen Holzstadt zu der heutigen, steinernen Jugendstilstadt wurde. Der Besitzer weigerte sich damals, sein Haus zu verlassen, weil ihm Engel bestätigt hätten, dass er in Sicherheit wäre. Tatsächlich hat das Feuer sein Häuschen verschont, das heute ein Museum beherbergt. Moderne “Sehenswürdigkeiten” auf dem Weg sind ein Rock-und-Metall-Plattenladen, der Burger Kind und der Fretex (der Laden der Heilsarmee) – irgendwie ist mir die Straße bisher völlig entgangen.

Auf dem Rückweg schaue ich am Ålesund Museum vorbei. Auch ohne in das Museum zu gehen, gibt es an der Außenwand einige Bilder der alten Stadt zu sehen, dazu zahlreiche Kanonen (die einst im Hafen als Poller dienten) und einen hübschen kleinen Aussichtspunkt. Nett.

Coastal Kitchen

Anschließend langt es noch für einen kurzen Besuch im Stadtparkt und im Einkaufszentrum, bevor ich mich zurück aufs Schiff mache. Um 15 Uhr legen wir, gleich darauf stellt der Chefkoch die Coastal Kitchen auf Deck 7 vor (mit deutscher Übersetzung durch die Reiseleitung): Lamm, Bier und Linie Aquavit. Viel Zeit bleibt mir dafür nicht: Um 16 Uhr halten Hans und ich unseren gemeinsamen Doppelvortrag zum Nordlicht: Ich die Theorie, er die Fototipps. Das klappt gerade so: Kurz nach 16 Uhr endet der englische Polarlichtfilm des Schiffs, sodass wir mit etwas Verspätung anfangen. Und um 17 Uhr ist schon die nächste Veranstaltung im Vortragsraum, Land & Leute vom Expeditionsteam. Wir räumen den Saal und widmen uns den nächsten Kameras. Dafür bleibt nur knapp eine Stunde, denn um 18:00 gibt es schon Abendessen.

Molde

Die Einfahrt nach Molde verpasse ich daher, erst im Hafen kann ich ein paar Fotos machen. Diesmal gibt’s also kein Bild davon, wie das segelförmige Scandic in der Sonne glitzert. Was für ein Stress – ich bin noch nicht mal dazu gekommen, meine Cruisecard mit der Kreditkarte zu koppeln, also gibt es heute nur Wasser zum Trinken. Aber das Essen kann sich sehen lassen.

Anschließend bieten Alex und Stefan noch eine kleine Reiseleitersprechstunde an, für alle die morgen früh nach Trondheim wollen. Die ist recht ruhig, und wir können etwas quatschen, bevor die Durchsage kommt: Wir haben etwas Nordlicht, aber kein Grund, nach draußen zu hetzen. Nicht schlecht: Am zweiten Abend ist die Pflicht schon erfüllt, was den Erfolgsdruck von der Reise nimmt.

Zuerst Bug voraus, später an der Backbordseite ist ein schöner, flacher Bogen zu sehen, der später sogar eine Spur des geisterhaften Grüns und ein paar Strukturen zeigt. So weit im Süden ist das schon gar nicht schlecht – nach einem traumhaften Tag das erste Polarlicht. So kann die Reise weitergehen, und vor allem kann so jeder schon einmal mit seiner Kamera üben. Bis wir Kristiansund erreichen, habe ich knapp 2000 Bilder im Kasten. Der Rest der Nacht geht für Bilder kopieren und bearbeiten sowie dieses Blog drauf. Die Bilder des Tages kann ich aber erst am dritten Reisetag einfügen – mit dem Zeitraffer ist mein kleiner Rechner voll ausgelastet. Wenn ich morgen früh aufstehe, sollte er mit den Bildern durch sein, und ich kann den Rest sichten und einfügen.

Nachtrag: Auf https://twitter.com/AlexKerste/status/1103642886699143169 gibt’s das Video.

Tag 2: Rund um Ålesund, mit Hjørundfjorden

Wir fahren nach dem Herbstfahrplan, daher sind wir schon gegen 8:45 in Ålesund. Das erste Frühstück findet also nicht am Westkapp statt, damit entfällt ein beliebtes Schauspiel: Wer seefest ist, kann im Oktober nicht im Restaurant beobachten, wer mit Wellengang klar kommt und wer stärker torkelt.

Ålesund im Morgenrot

Ålesund im Morgenrot

Früh aufstehen (gegen 7 Uhr) lohnt sich trotzdem: Die Jugendstilstadt schimmert im Morgenrot. Diesmal zum Glück kein Stadtbrand wie Anfang des letzten Jahrhunderts, sondern ein prächtiges Naturschauspiel. Wir nutzen die Dreiviertelstunde Anlegezeit, um einmal kurz Richtung Stadtzentrum und wieder zurück zu gehen – schließlich legen wir um 9:30 schon wieder ab, Richtung Hjørundfjorden. Das langt, um kurz in die Stadt zu sprinten und einige Fotos der Häuser vor klarem Himmel zu machen. Für den Hausberg Aksla langt das natürlich nicht, aber der Hjørundfjord soll ja auch sehr schön sein.

Im morgendlichen Ålesund

Im morgendlichen Ålesund

Bevor ich einen Blick auf diesen Fjord werfen kann, ruft erst einmal die Pflicht: Der Begrüßungscocktail mit der Gruppe. Irgendwie muss man ja alle einmal kennenlernen, die mit uns unterwegs sind, bzw. vor allem selber Hallo sagen, um erkannt zu werden. Ganz wichtig sind auch die Hinweise, dass man seine Kamera kennen lernen sollte.

Um 10 Uhr heißen wir also alle Gäste willkommen, und anschließend quatschen Volker und ich uns mit Ekkehard fest, einem unserer beiden Reiseleiter. Draußen zieht derweil die Landschaft vorbei, und irgendwann ist klar: So angenehm das Gespräch auch ist, draußen verpassen wir etwas. Der Fjord ist hübsch, relativ eng und schneefrei; um 11:30 erreichen wir schon unseren nächsten Hafen: Urke, mit 51 Einwohnern das Zentrum der Zivilisation in diesem Fjord. Hübsch, aber leben wollte ich hier nicht – es liegt doch ziemlich einsam…

Unser Halt dauert etwa 3,5 Stunden, wir legen jedoch nicht an. Stattdessen bringt ein Tenderboot die Ausflügler an Land, später dann auch alle, auf die kein Bus wartet. Wer sich Urke anschaut, wird persönlich begrüßt und erhält erst einmal einen Ortsplan; aber ich bin ja nicht zum Spaß hier. Stattdessen stehen noch die letzten Vorbereitungen für den abendlichen Vortrag an, und dann kommt die Müdigkeit. Wecker auf 7 Uhr war doch zu früh, auch wenn sich Ålesund gelohnt hat, und während das Schiff im Fjord rumdümpelt, mache ich mal Mittagsschlaf. Tut Not, und tut gut…

Kurs auf Ålesund

Kurs auf Ålesund

Um 15 Uhr geht die Reise wieder weiter; wir haben niemanden in Urke zurück gelassen und ich habe jetzt auch die Chance, den Fjord einmal zu sehen. Wirklich ganz nett.

Gegen 17 Uhr und sogar ein paar Minuten zu früh sind wir dann wieder in Ålesund und stürmen die knapp 400 Stufen auf den Aksla hinauf. Für Ålesund im Sonnenuntergang sind wir zu früh, aber die herbstlich-bunten Bäume bieten einmal ein ganz anderes Panorama als wir es sonst kennen. Leider machen sich mittlerweile auch ein paar Wolken breit, aber als Wanderwetter ist es optimal.

Ålesund im Herbstkleid

Ålesund im Herbstkleid

Das Abendessen wurde wieder einmal neu organisiert: Jetzt gibt es vier Sitzungen, die immer eine halbe Stunde versetzt anfangen. So wurde das Servieren entzerrt und ist für Gäste (und hoffentlich auch Crew) entspannter. Table Water gibt es auch wieder kostenlos, aber nur ohne Kohlensäure.

Beim Abendessen gibt es dann einen kleinen Schock: Für ein paar Sekunden fällt das Licht aus. Die Finnmarken hatte in den letzten Wochen ja schon ein paar Mal Probleme, die wird doch nicht schon wieder…? Immerhin scheint nach ein paar Sekunden alles wieder zu funktionieren.

Nordlicht und Wolken

Nordlicht und Wolken

Um 20:45 halten wir dann als Tagesabschluss unseren Nordlicht-Vortrag samt Fototipps und bereiten uns auf einen ruhigen Abend vor. So ganz klappt das aber nicht: Es ist zwar bewölkt, aber nicht völlig, und dazwischen scheint ziemlich starkes Nordlicht durch. Gut genug, um Fotografieren zu üben, aber nicht schön genug für eine beeindruckende Show. Da muss noch mehr gehen auf dieser Tour.

Bleibt zu hoffen, dass schönes Wetter in Bergen nicht schlechtes Wetter an der übrigen Küste bedeutet. Ebenso beunruhigend: Während unseres Vortrags kam die Info, dass Molde und Kristiansund gestrichen werden. die Finnmarken will schon um 4 Uhr Trondheim erreichen, damit der Techniker mehr Zeit hat. Na schaun wir mal – viel Fahrt macht sie stellenweise nicht. Es bleibt spannend, aber bekanntlich ist ja jede Reise anders.

Tag 2: Ålesund und First Light

Die erste Nacht auf See, und das nur wenige Meter von meiner alten Kabine entfernt – und noch etwas ist gleich wie auf der letzten Fahrt: Das Westkap und die Stadhavet sind sehr ruhig, die erste Strecke über das offene Meer ist wieder mal ein Ententeich. Damit entfällt natürlich die morgendliche Unterhaltung, wenn alle rund um das Frühstücksbuffett schwanken:-) Stattdessen können es alle in Ruhe genießen und die erste Begegnung mit Brunøst machen, dem berühmten braunen Käse (den ich auf keinen Fall als Souvenir nach Hause bringen soll, wie mir eindrücklich klar gemacht wurde. Entweder man mag das Zeug, oder man will möglichst Einfuhr und Produktion verbieten).

Ruhige See in der Stad

Ruhige See in der Stad

Der erste richtige Reisetag ist immer erst einmal ein Information Overkill: Jeder wird mit allen wichtigen Informationen zugeschüttet in der Hoffnung, das etwas hängen bleibt. Da machen wir natürlich auch mit: Um 10:00 Uhr ist die Begrüßungsveranstaltung für unsere Gruppe. Diesmal gibt es einen kleinen Sektempfang, nachdem wir – die Reiseleiter Kari und Thomas sowie Hans und ich – uns im Amfi-Theater vorgestellt und die gestrigen Infos vom Schiffs-Tourguide ergänzt haben. Damit fällt der Hafen in Torvik zwar flach, aber das lässt sich kaum vermeiden. Generell versuchen wir, unsere Veranstaltungen so zu legen, dass man möglichst nichts wichtiges verpasst. Und wir haben ja noch rund 30 Häfen vor uns, da darf ein Gläschen Sekt schon sein.

Die neue alte Anlegestelle in Ålesund

Die neue alte Anlegestelle in Ålesund

Dann geht’s hurtig weiter mit dem Mittagessen, schließlich legen wir schon um 12:00 in Ålesund an. Das ist neu, das ist anders: Wir legen auf der anderen Seite der Stadt an, nicht mehr am Cruisekay. Hier hatten die Hurtigrutenschiffe vor einigen Jahren angelegt, bevor ein Prachtbau neu entstand. Im Augenblick ist die Anlegestelle provisorisch, weil über die Miete gestritten wird. Aber sie liegt nicht wesentlich ungünstiger als die Anlegestelle für die Kreuzfahrtschiffe; der Weg zum Aksla ist ähnlich lang.

So lerne ich auch einmal die andere Seite vom Hafenbecken kennen, aber der Fußweg bis zur alten Anlegestelle ist nicht weit. Dort zieht es mich hin; auf dem Hausberg Aksla war ich diesen Winter schon oft genug. Ich will lieber sehen, wie weit das Projekt Bankskøta 2015 ist, das an dem Kai eines der alten Fischerboote neu baut. Es macht Fortschritte: Der Rumpf wird gerade gestrichen.

Anschließend geht es auf neuen Pfaden weiter um das Hafenbecken, zu den alten Häusern unterhalb der schlossähnlichen Schule. Ein paar Häuser haben hier Stadtbrand und Wiederaufbau überlebt. Am Fischereimuseum vorbei bietet sich noch ein Abstecher zu dem kleinen Leuchtturm an, bevor es auch schon wieder langsam Zeit für den Rückweg ist.

Während wir dann nordwärts fahren, wird das Wetter zusehends besser: Klarer, blauer Himmel und zweistellige Temperaturen. Plus, versteht sich, nicht Minus. Am Bug bin ich alleine, aber das Sonnendeck wird gut genutzt. Recht so, schließlich stellt man sich so Norwegen vor: Einfach traumhaft. Die Präsentation der Ausflüge durch das Schiff schenke ich mir da natürlich.

Richtig ungewohnt ist es, bei deutlichen Plusgraden und Sonnenschein auf Molde zuzusteuern. Die Stadt kenne ich nur bei Dunkelheit; jetzt sticht das Scandic-Hotel richtig heraus. Das bedeutet natürlich auch, dass das Abendessen bei Tag stattfindet. Gar nicht so schlecht: So kann es schon einmal nicht wegen Polarlicht ausfallen. Trotzdem gibt es eine Nordlys-Durchsage: Wir begegnen der MS Nordlys. Verwirrung macht sich breit, da wir ihr eigentlich morgen Abend in Rørvik begegnen sollten, für heute stand die Gamle Dame MS Lofoten auf dem Programm. Letztes Mal hatte ich für die ja sogar die verhüllten Bauerntöchter stehen lassen, die wir zum Nachtisch vernaschen durften. (Wenn man die Speisekarte nicht kennt, klingt das vielleicht etwas seltsam…) Aber diesmal ist es eindeutig die Nordlys; sowohl Marinetraffic als auch der Blick aus dem Fenster sind sich einig. Die Lofoten liegt schon in Bergen…

20160404-DSC_8545Zum Sonnenuntergang findet dann der erste Vortrag statt: Hans und ich berichten von Atmosphärischen Phänomen und Polarlichtern, anschließend gebe ich Fototipps und empfehle die letzten Fotoläden auf der Route, morgen in Trondheim und später in Bodø. Wir überziehen etwas, aber die Fototipps sind Bonusprogramm, das nicht jeder mit anhören muss. Während des Vortrags überqueren wir die Hustadvika, aber das Wetter ist uns gnädig – es schaukelt kaum.

Der Abend sieht ruhig aus: Es ist zwar klar und windig, aber noch kein Polarlicht zu sehen. Gegen 23:00, nachdem wir Kristiansund hinter uns gelassen haben, ist da ein ominöser Grauschimmer am Himmel…

First Light!

First Light!

Die Kamera gibt mir grünes Licht, also ab zur Rezension und Alarm geben. Ein kurzes Telefonat von der Rezeption zur Brücke – der Kapitän meint, dass das Stadtlicht wäre. Ich deute auf meine Kamera, und als “Group Leader Astronomy Tour” kann ich doch zu einer Durchsage überreden. Vi har lite lys, wir haben immerhin etwas Licht: Gut eine Stunde lang beobachten wir den Schimmer am Horizont, nur die große Show gibt es noch nicht. Trotzdem schon mal schön. Um halb eins packen dann auch Hans und ich zusammen, die Bilder durchsehen und etwas Schlaf für morgen sammeln, wenn Trondheim auf dem Plan steht.

 

Tag 2: Ålesund und erstes Licht!

Ruhige See in der Stadhavet

Ruhige See in der Stadhavet

Der erste Morgen sollte eigentlich standesgemäß mit ordentlich Geschaukel beginnen, aber die See ist uns gnädig: Rund ums Westkap gibt es zwar leichten Seegang, aber das habe ich schon ganz anders erlebt. Trotzdem reicht es, um meine Planung durcheinander zu bringen. Eigentlich wollte ich auf der Reise ja auf das Frühstück verzichten, aber ich bin früh genug wach, um doch einen Blick auf das Frühstücksbuffet zu werfen. Man könnte was finden, auch wenn ich mich zurückhalte und vor allem auf die Getränke losgehe. Die Trollfjord hat noch O-Saft-Spender statt Flaschen, was weniger stilvoll ist als auf der Finnmarken, aber doch hygienischer sein dürfte (später entdecke ich auch die Flaschen – der Fortschritt ist nicht aufzuhalten). Auf ein Gelage verzichte ich trotzdem, schließlich steht heute Ålesund auf dem Programm, und somit verfrühtes Mittagessen, damit ab 12:00 Uhr die Jugendstilstadt erkundet werden kann.

Versorgungsschiffe in Torvik

Versorgungsschiffe in Torvik

Daher pendle ich am Vormittag zwischen dem Umlaufdeck 6 und der Reiseleitersprechstunde. Dabei gibt es nicht nur genügend Gelegenheiten, um ins Gespräch zu kommen, sondern am Hafen in Torvik auch einen ungewohnten Anblick: Zwei Versorgungsschiffe von Ölplattformen liegen im Hafen. Der niedrige Ölpreis hat die norwegische Wirtschaft schwer getroffen; ein ziemlicher Teil der Flotte wird zurzeit nicht benötigt. Die beiden gelben Riesen direkt vor der Finnmarken sind beeindruckend und bedrückend zugleich, da sie zeigen, wie sehr das Land trotz allem vom Öl abhängt.

Nach dem Mittagessen steht dann Ålesund auf dem Programm, mit dem Standardprogramm: Der Bezwingung des Hausbergs Aksla. Da heute Sonntag ist, haben auch kaum Läden auf, vom Souvenirshop mal abgesehen.

Direkt am Liegeplatz nimmt das Bankskøyta-Projekt immer konkretere Formen an, auch wenn das Jahr der Vollendung jetzt auf 2016 korrigiert wurde. Der Rumpf des Fischerbootes sieht schon ziemlich fertig aus, und eine kleine Schiffsschraube ist am Heck ebenfalls zu erkennen. Irgendwie hatte ich die bei einem Fischerboot dieses Alters nicht erwartet…

Ålesund-Panorame

Ålesund-Panorame

Der Aufstieg zum Aksla ist dieses Mal kein Problem, es gibt nur noch wenige Eisfelder auf den Treppenstufen. Auch wenn es kaum Sonne gibt, lohnt sich der Ausblick immer wieder. Und man entdeckt jedes Mal neue Dinge: Die kleinen Lagerhäuser auf der rechten Seite der Hauptinsel, unterhalb der prächtigen Schule, gehören zu den ältesten Gebäuden der Stadt und haben den Stadtbrand von 1904 überlebt. Kaum vorstellbar, dass alles, was jetzt Jugendstil ist, mal ein Flammenmeer war.

Anschließend blieb noch genug Zeit für einen Abstecher in den großen Souvenirshop von Ålesund und einen kleinen Gang entlang des Ufers, bis zu dem Denkmal, das an die Verluste der Englandfahrten im 2. Weltkrieg erinnert – einige Schiffe (auch einige der Hurtigrute) wurden während der Fahrt über die Nordsee von der deutschen Marine versenkt, als sie nach England fliehen wollten. Dafür wurde die Schiffe, die auf der Hurtigrute unterwegs waren, vor allem von der englischen oder russischen Marine versenkt. Zweifelsfrei eines der dunkleren Kapitel des letzten Jahrhunderts.

20160207-DSC_3878Der Nachmittag war ruhig: Ich versuche immer, hier meinen ersten Vortrag zu halten, aber diesmal präsentiert das Schiff um 15 und 16 Uhr das Ausflugsprogramm. Macht aber nichts: Wer stattdessen an Deck war, konnte einen wunderschönen Regenbogen quer über das Schiff bewundern. Da kann ich doch gleich nochmal meinen Vortrag aktualisieren, schließlich geht es heute um Erscheinungen am Himmel, vom Polarlicht bis zu Regenbogen.

Kurz nach 17 Uhr war dann Zeit für unsere Willkommensveranstaltung: Reiseleiter und Lektoren stellen sich vor, geben Tipps zur Tour und sehen, wer alles daran teil nimmt. Dann geht’s vom Vortragsraum auch schon zum Abendessen (18:30), das eine Unterbrechung hat: Um 19:30, also pünktlich zum Hauptgang, begegnen wir der MS Lofoten. Klar, dass da Anwesenheitspflicht an Deck ist…

Grauschleier über den Wolken – das erste (kameragrüne) Polarlicht.

Grauschleier über den Wolken – das erste (kameragrüne) Polarlicht.

Wir sehen schwarzes Schiff vor schwarzem Hintergrund, aber sie gibt sich immerhin mehr Mühe als die Nordkapp letzten Monat vor Berlevåg. Eigentlich wollte ich das ja filmen, aber da ist wieder so ein ominöses Wolkenband am Himmel… Der Test zeigt: Kameragrünes Licht, es ist soweit – das erste Polarlicht. Klar, dass ich dann die falschen Kameraeinstellungen habe, um die Schiffsbegegnung wie geplant zu filmen.

Ein paar Minuten später macht dann auch das Schiff die Durchsage, und man versammelt sich an Deck 6. Hier gibt es zwei Dinge zu tun: Den Leuten erklären, dass der graue Schimmer über den schwarzen Wolken in Wirklichkeit grün und Polarlicht ist, und zweitens die Kamera seitlich an die Reling tackern, weil ich nicht mehr bis zum Bug durchkomme – die Trollfjord gibt mir nicht ganz so viele Möglichkeiten wie die Nordkapp, um meine Kamera aufzubauen.

Es ist bei weitem noch nicht die große Show, aber immerhin – für heute wurde zwar Polarlicht bis hinab nach Ålesund angekündigt, aber auch Wolken, daher ist das schon sehr gut, und die Pflicht ist jetzt schon erfüllt:-)

Zu unserem 21-Uhr-Vortrag sind dann auch schon die ersten Bilder in der Präsentation, und das Interesse an der Zugabe (“Wie fotografiere ich Nordlicht?”) ist groß. Auch nach dem Vortrag können wir dabei helfen, die ersten Kameras polarlichttauglich einzustellen – perfekt, so kann schon mal geübt werden. Der Abend klingt dann bei einem Mack Nordlys aus, in Anbetracht der Wetterprognose erwarten wir eine ruhige Nacht. Feierabend.

Irgendwann gebe ich das mit den Wetter- und Polarlichtprognosen wirklich auf… Gegen ein Uhr kommt die Durchsage, dass wie Polarlicht haben, und Junge, was für eine Show: Links vom Schiff ist es deutlich grün. Nach einer halben Stunde kommen dann langsam die Wolken, aber gut eine Stunde bleiben wir an Deck. Ich habe schon weiter im Norden schlechtere Polarlicht gehabt.

Tag 2: Ålesund

Ruhige See rund um's Westkapp.

Ruhige See rund um’s Westkap.

Der Tag beginnt früh: Kurz nach sieben werde ich wach, wir liegen – etwas vor dem Zeitplan – in Måløy. Damit kriege ich diesen Hafen auch mal mit, dabei wollte ich das gar nicht – aber meine Kabine ist direkt über Ladeluke, und es ist etwas laut. In anderen Kabinen soll es dagegen ruhiger sein, und die Finnmarken ist trotz aller Annehmlichkeiten immer noch ein Hurtigruten- und somit Arbeitsschiff. Immerhin kann ich so ohne Wellengang duschen, wobei auch das Westkapp dieses Mal lieb zu uns ist: Beim Frühstücksbuffet schwankt kaum jemand zu seinem Tisch, die See ist ruhig. Auf dem Umlaufdeck nutzen auch einige die Möglichkeit, Kalorien abzutrainieren und laufen rund um das Schiff, und die Fotografen sind auch schon aktiv – ist ja auch eine schöne Landschaft.

Für unsere Gruppe steht vor Ålesund der erste Vortrag an. So verpassen wir zwar Torvik, aber es gibt noch mehr Häfen, die auch nicht weniger hübsch sind. Der Konferenzraum langt für unsere Gruppe gut aus, und das Headset-Mikrofon hat auch eine gute Qualität. So macht Vortraghalten Spaß. Pünktlich um 11:26 sind wir mit Vortrag und Fototipps durch – rechtzeitig zum nächsten Tageshighlight, dem vorgezogenen Mittagsbuffet um 11:30.

Das Highlight des Tages ist natürlich die Jugendstilstadt Ålesund – immer wieder hübsch und der Grund für das frühe Mittagessen. Das Kaffeepaket mit der berühmten roten Hurtigrutentasse ist seit dem 1. Januar 2016 übrigens Geschichte, dafür gibt es im Restaurant wieder kostenlos Wasser zum Essen dazu, wenn man danach fragt. Auch nicht schlecht; vor einigen Jahren gab es das wohl schon mal. Damit gehören Getränke beim Essen zur Vollpension, wie man es eigentlich erwartet; der kostenlose Kaffee nach dem Essen ist dafür wohl erst einmal Geschichte.

Ganz angenehm auf der Finnmarken: die Kabine ist etwas größer als auf der Nordkapp und hat einen Kühlschrank. (Und einen Fernseher. Wer braucht auf einer Hurtigrutenreise bei der Landschaft einen Fernseher? Okay – er dient als Infokanal für die Durchsagen, die auf anderen Schiffen über das Telefon laufen. Das ist das erste Mal seit Jahren, dass ich wieder einen Fernseher anschalte…) Daher wird Ålesund nicht nur zum Sightseeing genutzt, sondern auch zum Vorräte einkaufen.

Mit Spikes ist auch der Hausberg Aksla kein Problem (ohne ist er trotz der neuen Treppen anspruchsvoll, aber durchaus machbar), und nach der Tour bleibt genug Zeit, um im Kiwi Vorräte zu kaufen. Neben den berühmten Gebäuden hat Ålesund auch einiges an Kunst zu bieten. Die Statuen werden immer wieder gerne fotografiert.

Die Kirche von Ålesund.

Die Kirche von Ålesund.

Diesmal nehmen wir uns auch Zeit, um bei der Kirche vorbeizuschauen, die zusammen mit der Schule das Stadtbild prägt, aber in der entgegengesetzten Richtung zum Aksla liegt. Ein hübscher Bau. Beim Rückweg zu Schiff ist Schnee kein Problem, nur die Regenrinnen der Häuser, die für so manche Eisfläche sorgen.

Der Rückweg führt natürlich auch an dem Bootsbauprojekt vorbei, das ich schon auf den letzten Touren verfolgen konnte. Mittlerweile nimmt der Nachbau eines Fischerbootes echte Formen an. Das Bankskøyta-Projekt rekonstruiert eines der typischen Boote, die noch bis etwa 1900 im Einsatz waren. Neben der Finnmarken wirkt es richtig winzig.

Alt trifft neu: Das Bankskøyta-Projekt nimmt Formen an.

Alt trifft neu: Das Bankskøyta-Projekt nimmt Formen an.

Anschließend bleibt etwas freie Zeit: Den Nordlichtfilm des Schiffs kenne ich ja schon, und er enthält auch keine Widersprüche zu meinem Nordlicht-Vortrag. Im Panoramasalon (“Brotoppen”, also die “Spitze über der Brücke oder so” – auf gut schwäbisch wäre das wohl der (mit einer Bar sehr gut ausgebaute) Dachboden vom Schiff…) ist wenig los, und ich konnte die Zeit für den gestrigen Blogbeitrag nutzen. Das Wetter ist zwar angenehm, aber bedeckt, sodass ich die malerische Abfahrt von Ålesund nicht im Bild festhalten muss.

Das Oberdeck der Finnmarken hat seinen Reiz – und der Sonnenuntergang natürlich auch.

Das Oberdeck der Finnmarken hat seinen Reiz – und der Sonnenuntergang natürlich auch.

Na gut: Ein paar Fotos mache ich doch, wie die Sonne am Horizont noch einmal unter den Wolken hervorlinst. In den Mittagsstunden auf dem Aksla war es schon eindrucksvoll, wie sie knapp über den Berggipfeln hervorschaute.

Aber ich bin ja nicht zum Spaß hier: Um 16:30 stand dann Meet and Greet auf dem Programm. Bei einem Sektempfang stellten wir uns alle vor, und die beiden Reiseleiter informierten über allerhand organisatorisches. Anschließend war Kamerahilfe angesagt: Viele nutzen die Chance, mit uns die besten Kameraeinstellungen durchzugehen. Das ist sehr angenehm, denn noch ist Zeit, um in Ruhe alles zu testen und ggf. in Trondheim Zubehör zu kaufen – weiter nördlich gibt es keine Fotoläden mehr an unserer Route. Und mit etwas Glück klappt dann auch alles, wenn das erste Nordlicht kommt.

Während unserer Infoveranstaltung.

Während unserer Infoveranstaltung.

Dann ging es auch schon weiter zum Abendessen (durchaus lecker – daher stammt wohl der gute Ruf, den die Küche der Finnmarken hat), und das war es dann mit Terminen. Nur noch eine Schiffsbegegnung mit der Vesterålen, die eine überraschend starke Lichthupe hat, und einige Blicke in den Himmel. Jede helle Wolke zog Aufmerksamkeit auf sich, aber noch gibt es kein Polarlicht: Die Wolken sind gelb und werden von den Ortschaften an der Küste angestrahlt. Polarlichtaktivität gibt es zwar, aber sie bleibt hinter den Wolken verborgen.

Hoffen wir auf gutes Wetter in den nächsten Tagen!

Tag 2: Ålesund und First Light

Der zweite Tag der Reise, und schon volles Programm: Unser erster Vortrag um 10:00 morgens findet noch vor dem ersten Etappenziel statt. Vorher natürlich Frühstück – die Etappe nach dem Westkapp ist immer spannend, da wir hier offene See haben. Mit anderen Worten: Normalerweise schwanken alle schön durch das Restaurant. Diesmal ist die See aber vergleichsweise ruhig, und der Speisesaal gut gefüllt. Auf vielfachen Wunsch hier das Buffet:

Irgendwann gewöhne ich mich noch wirklich an diesen Braunen Käse…

Da wegen Ålesund das Mittagessen vorverlegt wird, gibt es für unseren Vortrag sogar ein echtes, fixes Zeitlimit. Und dass, wo ich beim ersten Termin doch immer gerne überziehe… Den Vortrag teilen wir uns, Moni erzählt über Regenbögen, Halos und Nebensonnen, anschließend kümmere ich mich um die Polarlichter. Die Zeit kriegen wir sogar gut hin: Eine Punktlandung von einer Stunde. Dann kam ich mit dem Bonusprogramm an: How to knips a Nordlicht. Das hat sich gelohnt, praktisch alle Gäste waren beim Vortrag, und über den Tag hinweg kamen auch immer wieder Fragen zu den Kameras. So kommt man auch mit den Leuten ins Gespräch. Fast die Hälfte der Passagieren gehört ohnehin zur Themenreise Nordlicht und Sterne, sodass es auf dem Schiff schön gemütlich ist. Ein paar neue Kameras habe ich dabei auch wieder kennengelernt…

Ein paar Änderungen auf dem Schiff fallen nebenher auch immer wieder auf. Die Handmikrofone im Vortragsraum wurden durch Headsets ersetzt (Geschmackssache), und die Pepsi Maxx durch Coca Cola. Da hat mich dieses Schiff zur Pepsi Maxx verführt, und dann verschwindet sie von der Karte. Die Getränkekarte mit den Softdrinks ist übrigens auf der letzten Seite der Weinkarte versteckt:-) Und da gerade jedes Schiff einen Werfttag einlegt, um die Teppichböden zu reinigen, begegnen wir auch anderen Schiffen.

Alt trifft neu: Bankskøyta

Alt trifft neu: Bankskøyta

Am Mittag steht dann Ålesund auf dem Programm, die Jugendstilstadt. Ich zerre Moni einmal durch das Zentrum und hoch auf den Aksla – mein Standardprogramm darf sie auch kennen lernen, ob sie will oder nicht. (Gut, Widerstand hat sie keinen geleistet.) Das Bankskøyta-Projekt macht gute Fortschritte, der Schiffsnachbau am Anlegeplatz der Nordkapp ist gegenüber Februar schon ein gutes Stück weiter. Der Aksla ist der Hausberg und bietet einen wunderschönen Ausblick über die Stadt. Im letzten Winter war die Treppe wegen Renovierung geschlossen, jetzt ist sie fertig und ganz hübsch geworden. Überall Geländer, über 400 feste Stufen – früher war das noch ein echtes Abenteuer, diesmal fast schon komfortabel. Bei angenehmen Temperaturen stellte dann auch mancher Wanderer fest, dass Norwegen nicht kalt ist, und Winterkleidung zum Bergsteigen doch etwas zu warm…

Der Troll vom Souvenirshop

Der Troll vom Souvenirshop

Der Blick vom Aksla ist natürlich immer wieder schön, und der kleine Skywalk / Balkon ist auch gut besucht. Oben auf dem Berg treffen wir auch wieder einige von unserer Gruppe, darunter auch einige Wiederholungstäter. Der Rückweg führt natürlich durch den Souvenirshop und mich in das Einkaufszentrum samt Buchladen. Ich mache reiche Beute…

Nach Ålesund geht es sehr entspannt weiter, man trifft sich am Bug, kommt ins Gespräch und genießt das zunehmend besser werdende Wetter. Ich habe nichts zu tun, keine weiteren Termine, den Nordlichtfilm am nachmittag kenne ich ja schon… bis mir das Meeting der Gruppe mit Vorstellungsrunde und so einfällt, das wir für 17:00 angesetzt hatten. Dabei hatte ich da nach dem Vortrag noch selber darauf hingewiesen. Ups. Beinahe den Sektempfang vergessen:-) Typischer Hurtigruteneffekt: Sehr schnell weiß man nicht mehr, wo man gerade ist, und es ist einem auch egal.

Also erst der kleine Empfang, dann das Abendessen, dann ein gemütlicher Abend. Ab und zu mal rausgehen, da die Polarlichtvorhersage wieder in den Keller geht, sollte es aber eine ruhige Nacht sein.

Nette Theorie – und zum Glück falsch, das erste schwache Polarlicht zeigt sich, sodass ich alle heraustrommle, den grauen Streifen zum Polarlicht erkläre und das mit der Kamera auch beweisen kann. Die kleine Panasonic hat sich schon bezahlt gemacht. Meine Nikon mit dem Weitwinkel wird schon mal an die Reling geschnallt, die Ergebnisse gibt’s dann am Ende der Reise als Zeitraffer. Beeindruckend für das Auge war das natürlich noch nicht, da die Farben nur zu erahnen waren, aber so weit im Süden Licht zu sehen, ist schon mal nicht schlecht.

Etwa eine Stunde lang konnte so jeder schon einmal Polarlichtfotos fotografieren, grob von 21 bis 22 Uhr. Mit dem Einlaufen in Kristiansund endete dann auch diese Session, danach sorgten Wolken und gleichbleibende Polarlichtaktivität für einen ruhigen Abend.

Das frühe erste Polarlicht sorgte auch für gute Kontakte mit den Gästen, in aller Gemütlichkeit stießen einige auf das erste Licht an – tusend takk!

Hurtigruten Tag 3 – Westkapp und Ålesund

Die erste Nacht an Bord verging für mich ganz angenehm, andere hatten leichte Probleme: War man Abend noch sanft in den Schlaf gewiegt worden, ging es über Nacht auf offene See, und am Morgen passierten das Westkapp bei Windstärke acht bis neun. An Deck war es ein klasse Gefühl, während die morgendliche Dusche schon etwas anspruchsvoller war.

Bewegte See am Westkapp – ideale Voraussetzungen für das Frühstück.

Bewegte See am Westkapp – ideale Voraussetzungen für das Frühstück.

Zum Frühstück gibt’s wie in den nächsten Tagen üblich ein reichliches, fischlastiges Buffet, bei dem meine Versuche, das dänische Smørebrøt nachzubauen, mir einige seltsame Blicke bescheren. Immerhin weiß ich jetzt, dass Smørebrøt eigentlich nur belegtes Brot bedeutet. Und Norwegisch ist eine nette Sprache: Die Butter heißt Smør, was ich mal frei als Schmiere übersetze. Passend für etwas, das auf’s Brot geschmiert wird.

Kurz nach 10 (Frühstück gibt’s von 7-10 Uhr) machen wir den ersten Halt, von dem ich etwas mitkriege: Ein kurzer Stop in Møre, den man nutzen kann, um kurz das Schiff zu verlassen und ein paar Fotos zu machen, bis das Schiffshorn die Abfahrt ankündigt. Dann bleiben noch ein paar Minuten, um wieder an Bord zu gehen. Mit der Cruise Card meldet man sich immer an und ab – damit klar ist, wer an Bord ist. Gewartet wird aber auf niemanden, wer zu spät kommt, darf sehen, wie er wieder an Bord kommt. Den ersten Landgang spare ich mir aber, den hebe ich mir für Ålesund nach dem Mittagessen auf.

Unverzichtbar: Die Cruise Card, der Becher für den Coffee Deal und das Info-Buch.

Unverzichtbar: Die Cruise Card, der Becher für den Coffee Deal und das Info-Buch.

Die Zeit bis Ålesund wird auch genutzt, um sich an Bord mit dem Wichtigsten einzudecken. In Norwegen gibt es nichts umsonst, aber immerhin ist im Reisepreis ein sehr schönes Buch inbegriffen, dass man sich beim Tour Guide abholen kann. Es stellt alle Etappen der Reise vor – zumindest an zwei oder drei Tagen schaffe ich es sogar, die Kapitel zu lesen, bevor wir die Orte passieren.

Die Cruise Card ist ohnehin im Reisepreis inbegriffen. Sie dient als Zimmerschlüssel, zum An- und Abmelden auf dem Schiff und zusammen mit den hinterlegten Kreditkartendaten zum Bezahlen. Und das macht man oft genug, denn der Coffee-Deal, bei dem man einmal den Becher kauft und sich dann das ganze Jahr auf der Nordkapp am Kaffee- und Tee-Automat bedienen kann, gilt nicht während der Essenszeiten im Speisesaal. Ab 12 Tassen Kaffee/Tee hat man den Preis wieder drin – aber das Teewasser ist dermaßen kochend heiß, dass es in dem Isolierbecher ewig braucht, bis es auf Trinktemperatur kommt.

Ebenfalls an diesem Tag gab es eine kleine Infoveranstaltung zum Schiff und einen Film über Polarlichter. Toll. Der Film ist neu, bislang wurden nur schöne Bilder gezeigt (die DVD gibt’s im Schiffsshop) und der neue Film nimmt gleich mal meinen halben Vortrag vorweg. Also immer schön zuhören, damit ich im Vortrag nichts gegenteiliges behaupten werde:-)

Jugendstilstadt Ålesund

Jugendstilstadt Ålesund

Ålesund erreichen wir kurz nach Mittag. Die Stadt wurde nach einem Großbrand Anfang des 20. Jahrhunderts im Jugendstil neu aufgebaut und ist sehenswert – das regnerische Wetter bietet aber keine besonders gute Kulisse. Anstelle der Stadtführung entscheiden wir uns, Ålesund auf eigene Faust zu erkunden, und den Hausberg Aksla zu erklimmen. Anders als beim Fløyen in Bergen gibt es hier keine Bergbahn, sondern eine ganze Reihe von Stufen.

Der Aufstieg zum Akslaerfolgt über Treppen, die in den Felsvorsprung gehauen sind.

Der Aufstieg zum Aksla erfolgt über Treppen, die in den Felsvorsprung gehauen sind.

Die über 400 Stufen sind eigentlich kein Problem, aber der heftige Wind machte den Aufstieg zu einem Erlebnis – ich hatte ein paar Mal das Gefühl, gleich weggeblasen zu werden. Immerhin gibt’s meistens ein Geländer…

Oben angekommen bietet sich nicht nur etwas Windschutz, auch von Regenschauern bleiben wir verschont und können den Blick über Ålesund schweifen lassen. Im Hafen versteckt sich auch die Nordkapp: Im Vergleich zu den Häusern schon ganz groß. Zum Glück sind wir nicht während der Kreuzfahrtsaison hier, wenn Riesen-Schiffe wie Aida und Co den Hafen voll machen. So sind wir weitestgehend unter uns und können die Ruhe genießen, bevor der Abstieg beginnt. Dabei kann ich langsam die Albatrosse verstehen, die erst ab Windstärke 8 fliegen können. Ein Mantel bietet zwar guten Schutz gegen Regen, aber auch genug Windangriffsfläche.

Unten angekommen schlendern wir noch ein wenig durch das Städtchen, das am Sonntag nicht viel zu bieten hat – bis wir auf einen Souvenirshop stoßen, der überraschenderweise geöffnet hat. Neben viel Kitsch mit Wikingern und Elchen (bei dem kleinen Bleistiftspitzer in Elchform konnte ich nicht wiederstehen) gab es im Obergeschoss auch Kleidung, teils sogar zu akzeptablen Preisen – die Gelegenheit, um verlorenes Gepäck zu ergänzen oder neue, warme Kleidung anzuschaffen.

Ålesund vom Aksla aus.

Ålesund vom Aksla aus.

Auf dem Rückweg begegnen wir dann noch der Gruppe, die die Stadtführung mitmacht, und da das Wetter weiterhin bedeckt bis regnerisch ist, können wir den Abend leider ruhig ausklingen lassen. Nach Polarlichtern sieht es nicht aus, und wenn, hätten sie keine Chance. Also verbringen wir den Abend in der Bar und dem Panoramasalon auf Deck 7 und holen die Kamera nur raus, um Abends noch ein paar Fotos von Kristiansund und dem Schiff zu machen. Außerdem konnte die Ausbeute des Tages noch einmal verglichen werden – dieser Elch mit Bleistiftspitzer im Popo (Bild bei Twitter) ist wirklich zu bescheuert, der musste einfach sein. Das kleine Hand-Spektroskop hatte ich schon mal als Vorbereitung für meinen Vortrag am nächsten Tag dabei, das war kein Souvenir.

Kristiansund bei Nacht und (Hoch)Nebel.

Kristiansund bei Nacht und (Hoch)Nebel.