Hurtigrute Tag 1: Bergen

In manchen Wochen ist einfach zu viel los, und dann ist das noch komplett surreal. Vorgestern war ich noch in Bayern, meinen Zweitwohnsitz aufgeben (schade eigentlich, war doch sehr gemütlich, aber dank Corona brauche ich ihn nicht mehr), wo ich beim Wintereinbruch dann auch prompt mit dem Auto im Schnee stecken geblieben war.

Gestern stand kurzfristig noch ein Corona-Schnelltest auf dem Programm, weil in Deutschland die Inzidenz in den Himmel schießt und nur noch durch den Mangel an Testkapazitäten gedeckelt wird. Und heute bin ich schon in Norwegen auf der Hurtigrute. Im Oktober war hier ja noch alles sehr entspannt, mittlerweile steigen die Zahlen hier auch. Also ist der digitale Impfpass (den bei der Einreise keiner sehen wollte, auch am Flughafen nicht) ebenso im Gepäck wie die Einreiseerklärung für Norwegen (die erst recht keiner sehen wollte). Erst beim Boarding am Schiff kamen Covid-Test, Impfnachweise und die Online-Selbsterklärung fürs Schiff zum Einsatz (die in der Mail von Hurtigruten mit einem falschen Link verknüpft war).

Es geht tatsächlich wieder los: Der Flughafen Stuttgart

Aber der Reihe nach. Mein erster Tagespunkt war die Fahrt nach Stuttgart, diesmal mit einem früheren Flieger: 9:45 Abflug, also gegen 7:45 am Flughafen. Bei einer Stunde Anfahrt plus etwas Karenzzeit heißt das früh aufstehen. Aber ich kenne den Dauerstau auf der A8 bei Pforzheim ja (bis 2026 wird die sechsspurig ausgebaut – damit weiß der geneigte Leser, worüber ich die nächsten Jahre bei der Anfahrt jammern werde) und weiß, dass ich die beiden rechten Spuren wegen LKW-Stau meiden muss. Auf der linken Spur ging’s dann doch ganz gut, sodass ich sogar 5 Minuten zu früh am Flughafen war, obwohl ich 15 Minuten früher als geplant losgefahren war. Das Wetter war vielversprechend.

Der KLM-Schalter war diesmal auch schon geöffnet, und ich wurde mein Gepäck los. Nach Impfung und Einreise-Formular für Norwegen wurde zwar gefragt, aber sehen wollte es wieder keiner. Nachdem das erledigt war, stand noch ein Anruf beim Covid-Testzentrum auf dem Programm: Mein Schnelltest-Ergebnis von gestern war immer noch nicht da, das ich für das Boarding vom Schiff brauche – seit einiger Zeit wird ein maximal 24 Stunden alter Test vorausgesetzt. Um 19:25 war ich testen, das langt gerade so. Gestern gab’s wohl technische Probleme, wenig später war die EMail da – wie erwartet negativ, die Reise kann also starten. Die Security interessierte sich diesmal statt für meine Kamera für meine Schuhe, mal was Neues.

Prinzipiell war ja Platz im Flieger…

Und dann war ich am Gate, eine Stunde vor Abflug. Nicht schlecht. Und die Maschine war auch pünktlich da! Wir starteten pünktlich mit einem nur zu einem Drittel besetzten Flieger. KLM weißt die Sitzplätze ja automatisch zu, aber manchmal kann man auch ohne Aufpreis den Sitzplatz ändern – bei 55 Minuten Aufenthalt in Amsterdam suchte ich mir einen Platz so weit vorne, wie ohne Aufpreis möglich. Den Aufpreis wollte wohl niemand bezahlen, also war das innere Drittel der Maschine dicht an dicht besetzt (acht oder zehn voll besetzte Reihen), der Rest war leer, und dazu gab es die Aufforderung, sich nicht umzusetzen, wegen der Gewichtsverteilung. Immerhin wurde beim Aussteigen dann darauf hingewiesen, doch bitte jetzt Abstand zu halten. Man hätte die Passagiere ja auch mit mehr Abstand platzieren können…

Viel mehr gibt’s über den Flug nicht zu berichten, außer dass ich die Bordverpflegung lieber einsteckte statt im Flugzeug die Maske abzunehmen. Und das Wetter wurde schlechter.

Das Wetter wurde erst besser, dann schlechter, und etwa zwei Stunden später (wegen Gegenwind mit 20 Minuten Verspätung) landete ich gegen 14 Uhr in Bergen – sogar mit meinem Köfferchen!

In Bergen suchte ich dann Margit und Andreas, unsere beiden Reiseleiter – alte Bekannte, die den fast kompletten Zusammenbruch der Tourismusbranche auch irgendwie überlebt hatten. Wir sind ja alles Freiberufler, die nur für die Reisen angeheuert wurden. Staatliche Unterstützung gab’s da keine. Umso schöner war es, die beiden wieder zu sehen. Dann noch ein paar organisatorische Sachen klären, und irgendwann kam dann auch unsere Gruppe aus Amsterdam nach. Wir fingen alle ab (ein paar hatten storniert, aber wir tragen immer noch mit rund 40 Gästen zu den gut 200 Passagieren des Schiffs bei), und es blieb bei Abfahrt um 18 Uhr noch Zeit für eine kleine Stadtrundfahrt durch das nächtliche, weihnachtlich beleuchtete Bergen, bevor es auf das Schiff ging.

Erstmals musste jeder selbst einchecken, nachdem er den Covid-Test vorgezeigt oder nachgeholt hatte. Margit nutze die Zeit, um mein Buch unter die Leute zu bringen (bei den Nordlicht-und-Sterne-Touren gehört es dazu, alle anderen müssen es so kaufen). Im Terminal gibt es jetzt eine Lounge mit Vortragsraum, in dem die Sicherheitsunterweisung stattfindet (endlich nicht mehr an Bord, wo eh keine Zeit dafür ist), und dann ging es endlich an Bord.

Dank der letzten Fahrplanänderung ist der Bergenabend leider sehr hektisch: Es gilt, die Kabine zu beziehen, sich zurechtzufinden, zu Abend zu essen (wir haben jetzt wieder morgens, mittags und abends feste Essenszeiten), die Infoveranstaltung vom Schiff anzuhören, die um 20 und 21 Uhr auf Deutsch stattfand – aber diesmal, ohne dass die Crew sich vorstellt – kein Wunder, denn um 20:30 legen wir schon ab, da hat der Captain anderes zu tun. Und wir müssen natürlich noch Termine abklären. So richtig die Abfahrt genießen ist da nicht mehr drin. Ablegen um 22:30 war da sehr viel entspannter.

Zwei Neuigkeiten fallen aber doch auf, als Volker und ich die Abfahrt an Deck mitmachen: Das Hurtigrutenterminalen heißt jetzt Jekteviksterminalen. Und gegenüber liegt die Havila Capella, die eigentlich gestern zu ihrer Jungfernfahrt hätte aufbrechen sollen. Die Havila-Reederei übernimmt irgendwann vier der elf Abfahrten entlang der Hurtigrute, die jetzt Kystrute heißt, da Hurtigruten AS die Namensrechte am Begriff Hurtigrute hat. Eigentlich sollte Havila schon sei langem unterwegs sein, aber Corona hat das alles verzögert, und die Capella wurde als erstes von vier Schiffen jetzt erst fertig.

Ach ja, eins noch: Es ist ziemlich frisch, und Nordnorwegen ist im Lockdown – also im Snowdown, es hat ordentlich geschneit, und zum Beispiel in Bodø fahren deshalb gerade keine Busse mehr. So viel Schnee so früh im Jahr ist selten, und kommt nach dem trockenen Sommer (der in Norwegen für hohe Strompreise sorgt, wie Margit erzählt hat, weil die Staudämme leer sind) auch eher überraschend. Deutlich zweistellige Minusgrade entlang der Route sind auch für mich neu – mal sehen, wie lange die Kamerakkus durchhalten. A propos: Auspacken muss ich auch noch, die Bilder heute sind alles Handy-Bilder, daher die teils suboptimale Qualität. Neuer Kamerarucksack, der etwas enger ist, sodass die Kamera drin blieb…

Immerhin: Während im Atlantik westlich der britischen Inseln Wellen von 16 Meter und mehr vorhergesagt werden, sieht es für uns und die Barentssee angenehm ruhig aus. Wenn jetzt noch die Wolken mitspielen… Am Westkapp könnte es morgen früh aber etwas holprig werden.

Wir werden sehen, für heute ist Schluss. Wir haben die erste Frühstückssitzung, 7:00-8:30. Bin gespannt, wie oft ich auf dieser Reise frühstücke…

Hurtigrute Tag 2: Ålesund

Der Tag beginnt viel zu früh: gegen halb sechs sind wir in Måløy. Davon kriege ich zwar eigentlich nicht viel mit, aber es ist wohl das Pfeifen und Quietschen der Ladeluke, das ich um die Uhrzeit höre. Und wenn ich schon wach bin, kriege ich auch mit, dass in der Folgezeit gut Bewegung im Schiff ist: Wir umrunden das Westkapp mitten in der Nacht, aber es sind doch einige Wellen – nicht schlimm, aber ein regelmäßiges Auf und Ab, das das Wiedereinschlafen erschwert. Erst als ich gegen halb acht in der Dusche bin, hört es schlagartig auf.

Wir haben feste Frühstückszeiten, um eine Überfüllung des Restaurants zu vermeiden – von 7:00-8:30. Aber erwartungsgemäß bedeutet das, dass von den Teilnehmern der ersten Sitzung fast alle erst kurz nach 8 Uhr auftauchen (man hat ja Urlaub), dementsprechend gedrängt geht es zu. Ein bisschen mulmig ist einem da schon.

Also wird nicht zu lange gefrühstückt, und dann der Morgenhimmel genossen: Wir erreichen Torvik fast pünktlich gegen halb neun, und der Himmel zeigt sich mit einer prächtigen Morgendämmerung. Dazu der verschneite Hafen – schön!

Morgendliche Lichtspiele

Der geplante Aufenthalt in Torvik beträgt nur 10 Minuten – gerade lang genug, um zwei Paletten und ein Auto auszuladen. Früher konnte man hier sogar noch kurz von Land gehen, aber während Corona wurde der Winter-Fahrplan geändert. Jetzt legen wir schon um 20:30 in Bergen ab statt wie früher um 22:30, was das ganze etwas stressiger macht. In der Zeit von Frühjahr bis Herbst lohnt sich das sogar, weil es dann Abstecher in den Geiranger- oder den Hjørundfjord gibt; im Winter liegen wir stattdessen über 10 Stunden in Ålesund.

Für uns bedeutet das ein anderes Programm als in den letzten Jahren: Statt den Vormittag für die Willkommensveranstaltung zu nutzen, in der unsere Reiseleiter Margit und Andreas sowie Volker und ich als Lektoren und vorstellen, bevor wir Ålesund erreichen, kommen wir schon um 9:45 in der Jugendstilstadt an. Da es Ausflüge gibt und man nie weiß, wer da alles wann teilnimmt, können wir da natürlich kein Programm anbieten. Dafür gibt es die erste Reiseleitersprechstunde mit Ausflugstipps und Tipps zu Ålesund, und wir klären mit dem Schiff unsere Vortragstermine ab. Sowas klappt leider nie im Voraus und muss an Bord gemacht werden. Aber auch wenn der Bordreiseleiter Onkel Heinz wieder volles Programm fährt, finden wir auch noch Termine. Tja, und dann haben wir noch 10 Stunden Liegezeit in Ålesund zu füllen. Ich komme mir vor wie auf einem Kreuzfahrtschiff und nicht wie auf der Hurtigrute…

Daher gehen wir ganz entspannt auf Einkaufstour, statt einen der Ausflüge zu machen, die angeboten werden (die 8-Stunden-Fahrt zur Trollwand findet übrigens diesmal nicht statt). Das erste Ziel hat Margit ausgegraben: Der Korsatunnel, der unter dem Park mit dem Ålesund Museum hindurch führt. Er entpuppt sich als alter Schutzraum und ist überraschend groß, wenn auch nicht besonders lang. Aber er hat genug Platz für Verkaufsbuden, Autos und Straßenlaternen. Mal was Neues.

Und dann? Wir trennen uns, ich peile den Aussichtspunkt hinter der Kirche an, bevor es in den Kremmergården geht. Da oben war ich auch noch nie, und es ergibt sich mal ein anderer Blick auf Ålesund. Auf dem Weg geht es durch das Jugendstil-Stadtzentrum, und zur Otto Sverdrup: Die ehemalige MS Finnmarken fährt heute keinen Liniendienst mehr, sondern “Expeditionsreisen” ab Hamburg. Wir hatten sie gerade noch auf der anderen Seite von Ålesund einfahren sehen, und zumindest einen Abstecher dorthin gönnen wir uns. Da sie keine Fähre mehr ist, könnten wir sie aber nicht einmal besuchen, wenn gerade keine Corona-Regeln wären…

Ein bisschen nostalgisch wird man da ja: Sie liegt fast dort, wo die normalen Hurtigrutenschiffe angelegt hatten, als ich mit den Touren angefangen hatte. Unser aktueller Anleger ist erst ein paar Jahre alt.

Da uns der Zugang zur Otto Sverdrup verwehrt ist, geht es also hoch zur Kirche, dann an der prominenten gelben Schule vorbei zum Aussichtspunkt Storhaugen. Hübsch.

Der Rückweg ist auf den tief verschneiten, steilen Straßen teils etwas sportlich und führt über das Stadtzentrum zum Kremmergården. Noch einmal entspannt erste Weihnachtseinkäufe tätigen, während in Deutschland 2G+ eingeführt wird. A propos: Wir sind die letzten, die noch halbwegs entspannt nach Norwegen kommen konnten: Seit heute muss man nach der Ankunft in Norwegen einen Corona-Schnelltest machen. Uns langte noch der Impfnachweis und für das Boarding ein Corona-Test vom Vortag.

Nach gut zwei Stunden war dann das normale Besuchsprogramm abgehakt. Für mich ist das der erste so lange Aufenthalt in Ålesund, meine letzte Chaos-Tour im Oktober hatte ja wegen Motorschaden am Flugzeug erst abends in Ålesund begonnen.

Und jetzt? Die Beute auf’s Schiff bringen. Am Hafenbecken noch ein paar schnelle Standard-Fotos, und ein paar ungewöhnliche: Am Hafenbecken stehen beheizte Bänke, und die Tauben freuen sich, dass in Norwegen einige Gehwege ebenfalls beheizt sind. Wir gönnen uns auf dem Schiff das erste Eis der Route, bevor es weiter geht. Im Multe-Cafe auf Deck 7 sitzt immer noch der mitgenommene arme Schiffshund, der mir von meiner letzten Fahrt auf der Kong Harald noch im Gedächtnis geblieben ist. Mittlerweile hat er ein neues Auge erhalten, immerhin.

Natürlich müssen wir noch den Hausberg Aksla in Angriff nehmen. Der Plan war, kurz nach 14 Uhr aufzubrechen, um den Sonnenuntergang mitzunehmen. Das mit dem Sonnenuntergang klappt prinzipiell, wir sind gut in der Zeit, nachdem wir die über 400 verschneiten Stufen erklommen haben. Nur mit blauer Stunde wird das nichts – dank der flach stehenden Wintersonne dauert es noch bis zur Dämmerung, und in Ålesund sind noch keine Lichter an.

Das Waldehus

Der Rückweg führt uns durch den verschneiten Wald und ist gut machbar, bis die zugeschneite Treppe in die Stadt kommt. Zum Glück ist ein Norweger schon halb damit fertig, sie zu räumen, und wir müssen nur noch eine steile Straße heil herunterkommen, bevor wir wieder in der Stadt sind. Dort erwartet und das Waldehus, das vom Stadtbrand verschont bliebt – es ist somit eines der wenigen klassischen Holzhäuser, während der Rest der Stadt im Jugendstil neu aufgebaut wurde.

Außerdem kommen wir an der Stelle vorbei, die 2019 noch eine Baugrube war und wo heute das Stadtbad steht. Großer Bau und kurze Bauzeit. Die warme Abluft des Hallenbads könnte man genießen, wenn sie nicht so chlorgeschwängert wäre…

Bevor es zum Schiff zurück geht, machen wir noch einen Abstecher zum Ålesund Museum, das einen weiteren hübschen Aussichtspunkt auf die Stadt hat.

Damit ist 15:30, und wir haben eigentlich alles wichtigen fußläufig erreichbaren Sehenswürdigkeiten gesehen (und, zugegeben, auf das Mittagessen um 12 Uhr verzichtet). Na dann: Feierabend, zurück zum schiff und unsere Willkommensveranstaltung um 20:45 vorbereiten. Um 18 Uhr steht das Abendessen auf dem Programm: Unsere Sitzung ist im hinteren, voll besetzten Teil des Restaurants. Es zieht sich – wir können wieder zwischen drei verschiedenen Vor-, Haupt- und Nachspeisen wählen, aber bis zum Nachtisch dauert es über eine Stunde. Das ging im Oktober schneller…

Aber es langt noch gut bis zu unserer Willkommensveranstaltung, bei der wir uns endlich unseren Gästen vorstellen und erste Tipps geben. Den Abend lassen wir gemütlich ausklingen. Molde erreichen wir etwas verspätet kurz vor 23 Uhr, damit ist der Aufenthalt zu kurz, um von Bord zu gehen. Noch schnell ein Handy-Foto vom Scandic-Hotel, und dann ist endgültig Feierabend – Polarlichtaktivität wäre zwar da, aber die Wolken sind stärker.

Molde

Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Morgens, halb 9 in Norwegen

Der Tag fängt früh an: Irgendwas pfeift auf diesem Schiff morgens um halb sechs. Weiterschlafen klappt da auch nicht, obwohl es erst spät hell wird. Vor 8 wird das trotzdem nichts mit dem Frühstück, und danach kann man die Morgenstimmung genießen, während wir durch den landschaftlich wenig spektakulären Trondheimfjord schippern.

Der Tag fängt spät an: Wir erreichen Trondheim mit 20 Minuten Verspätung. Vor ein paar Jahren lagen wir hier noch gemeinsam mit dem südgehenden Schiff am Kai und hatten den ganzen Vormittag Zeit für die alte Hauptstadt mit ihren reizvollen Häuschen, dem imposanten Nidaros-Dom und dem alten Bischofssitz. Jetzt haben wir regulär nur drei Stunden Aufenthalt, wobei man zu Fuß schon gut 20 Minuten für den Weg in die Stadt einplanen kann. Eigentlich hatte ich mir im Oktober überlegt, mir schon mal die passende App für die Leihfahrräder und E-Roller zu suchen, um schneller nach Trondheim zu kommen, aber bei dem Schnee ist das keine gute Idee. Also bleiben nur knapp zwei Stunden für den eigentlichen Rundgang durch die Stadt. Gut, dass ich schon weiß, wo ich fotografieren will…

Bevor wir Trondheim erreichen, sehen wir noch die südgehende Nordlys, die gerade unseren Platz am Kai freigemacht hat, die alte Kloster- und Gefängnisinsel Munkholmen, und die Hanseatic Spirit – ein Hapag-Lloyd-Schiff, das gerade ebenfalls die norwegische Küste entlang fährt, aber als Kreuzfahrtschiff mit längeren Aufenthalten in den Häfen. Also sowas wie wir gestern in Ålesund, nur überall und deutlich teurer. Dafür entfallend ie Halte in den kleinen Häfen, die eigentlich den Reiz der Reise ausmachen.

In Trondheim stürmen wir von Bord, schließlich haben wir ein straffes Programm – bis auf Volker, dessen CruiseCard spinnt. Mittlerweile hat er die neunte oder zehnte, weil seine Zimmertür ihn immer wieder ausgesperrt hat. Und jetzt lässt sie ihn nicht von Bord – das kostet wertvolle Minuten.

Und dann: Ab in die Stadt, über Nedre Elvehavn am Fluss entlang über Bakklandet zum Dom.

Die Straßen sind recht frei, aber es liegt noch einiges an frischem Schnee. Als es rechts über den Nidelv in die Stadt geht, biegen erst noch links zum eingeschneiten Fahrradlift ab und dann geradeaus zum Flussufer – es das Wasser steht überraschend hoch, die Treppe führt bis ins Wasser. Ein kurzes Stadtpanorama schießen, dann rüber über den Fluss zum Dom.

Gamle By Broa und Nidaros-Dom von ihrer schönsten Seite

Die alte Stadtbrücke mit dem Dom im Hintergrund zeigt sich heute von ihrer schönsten Seite. Fototechnisch lohnt sich dieser kleine Marathon-Lauf wirklich.

Weiter geht’s zum Dom, dann in das Einkaufszentrum Torget, das einige alte Häuschen integriert hat, ein 3-Minuten-Aufenthalt in der Buchhandlung, um einen Kalender zu kaufen, dann zur Var Frue Kirke, einen Blick auf den Weihnachtsmarkt werfen, eine heiße Schokolade besorgen und über Siftgården – Norwegens größtes Holzhaus und Sitz der Königsfamilie – zurück zum Schiff. Langt gerade so.

Ganz ehrlich: Früher war das entspannter, als man sich noch für einen Kaffee in Trondheim hinsetzen konnte. Aber dafür haben wir ja Ålesund…

Jedenfalls komme ich auch diesmal nicht dazu, nach neuen Schuhen zu schauen. Ob mein Schuhgeschäft in Trondheim mich schon vermisst? So sind wir jedenfalls ein paar Minuten vor Ablegen wieder auf dem Schiff und verzichten auf das Mittagessen (die Alternative war eine Østepølser im Narvesen am Bahnhof, langt auch).

Der weitere Tag ist recht ruhig – ein Seetag, den Onkel Heinz mit Vorträgen füllt. Um 15:30 passieren wir in der blauen Stunde den Kjeungskjærfyr, den oft fotografierten roten Leuchtturm. Wegen zu kalt findet der Point of Interest nicht an Deck statt, sondern über die Bordsprechanlage.

Anschließend gibt’s vom Schiff das Treffen mit dem Expeditionsteam und Wikinger-Vortrag, der kurz vor unserem ersten Vortrag um 17 Uhr endet. Wer will, kann also nahtlos berieselt werden – und da Onkel Heinz gleich mit dem Ausflüge-Verkaufen beginnt, haben wir nicht einmal eine Chance, unseren Vortrag noch einmal durchsagen zu lassen. Hier ist wirklich volles Programm.

Volker und ich berichten dann über das Polarlicht, was es ist, wie man es fotografieren und vor allem auch beobachten kann. Für heute Abend stehen die Chancen gar nicht schlecht, es ist zumindest sternklar. Dann: Abendessen. Wir können wieder zwischen verschiedenen Menüs auswählen. Die Vorspeise kommt rasch um kurz nach 18 Uhr, der Hauptgang dann eine Dreiviertelstunde später, ziemlich genau passend zum Beginn der offenen Seestrecke der Folde. Da gibt es noch Optimierungsmöglichkeiten…

Die Folda hat heute keine besonders hohen Wellen, dafür Windstärke 6 mit Böen bis 9, aber zum Glück vom Land. Daher ist nicht allzuviel Bewegung im Schiff, aber die Gischt sorgt dafür, dass es an Deck trotzdem unangenehm ist. Zeit für ein bisschen Verwaltungskram; Bei dem Spritzwasser sieht man draußen eh nicht viel.

Denkste.

Kurz nach 20 Uhr kommt die Meldung, dass wir das erste Nordlicht an backbord haben. Gefolgt von der Meldung von Onkel Heinz, dass das noch länger bleibt und man doch bitte im Restaurant bleiben und aufessen soll. Aber deshalb haben wir ja die erste Sitzung um 18 Uhr: Um rechtzeitig fertig zu sein. An Deck ist es ordentlich windig: Auf Deck 5 keine Chance, ohne komplett durchnässt zu werden, und an Deck 7 ist es bei dem Wind sportlich, meine Kamera an die Reling zu klemmen. Zum Glück gibt es kaum Seegang. An Steuerbord im Norden zeigt sich der berühmte “schöne grüne Bogen”: Erst gräulich, dann mit zunehmender Zeit und Dunkeladaption (nur die Weihnachtsbeleuchtung vom Schiff brennt wacker weiter) auch in geisterhaftem Grün. Ein wenig Strukturen sind zu erkennen – noch nicht die große Show, aber schon deutlich zu sehen.

Die Nordkapp

Etwa eine halbe Stunde vor Rørvik baue ich meine Kamera dann ab: Das Licht wird schwächer, und wir nähern uns dem Hafen. Zeit, die Kamera trocknen zu lassen… Die Nikon hat wieder zuverlässig die Bilder für einen Zeitraffer aufgenommen, während meine kleine Panasonic wohl mit der Kälte kämpft: Ich kann seit einigen Tagen keine GPS-Daten mehr einspielen, und der Auslöser spinnt immer wieder mal. Hm.

Kurz vor Rørvik treffen wir noch die Nordkapp. Sie hat Rørvik wohl ausgelassen; wir kommen dann etwas verspätet im Hafen an, wo der Gabelstapler schon wartet. Nur mit Anlegen wird das nichts: Wir fahren eine Wendeschleife, die immer größer wird und wohl schließlich über Kirkenes führen wird, bis wir in Rørvik anlegen – kurz darauf kommt die Durchsage, dass wir wegen dem schlechten Wetter Rørvik auslassen. Es ist aber auch ein übler Wind. Immerhin verlassen wir Rørvik so pünktlich. Auf der Fahrt nach Brønnøysund brechen wir die weitere Polarlichtjagd ab: Es tut sich nicht viel, und an Deck ist es dafür zu ungemütlich. Also ab ins Bett und den Computer auf die Nordlichtbilder ansetzen. Morgen ruft der Polarkreis…

Hier noch das Ergebnis der Nachtschicht:

Hurtigrute Tag 4: Polarkreis bis Lofoten

Es ist wieder soweit: Ich hinke mit meinem Blog etwas hinterher. Unsere Polarkreisüberquerung war am Sonntag, dem 5. Dezember, also mittlerweile vorgestern – die Reise geht übrigens vom 2.12 bis zum 13.12.2021. Der Tag 4 unserer Nordlicht-und-Sterne-Reise war aber auch lang…

Polarkreisüberquerung

Da wir im Dezember unterwegs sind, fahren wir natürlich mitten durch die Polarnacht. Das macht das zu einer etwas speziellen Reisezeit mit viel Dunkelheit, mit der man zurecht kommen muss. Solange es klar ist, gibt es aber viel Blaue Stunde, sodass man doch noch einiges vom Tag hat – aber nicht bei der Polarkreisüberquerung: Die findet meist irgendwann zwischen 7 und 8 Uhr statt, je nachdem, wie viel Fracht in der Nacht noch aufgenommen wird. Nun ist unser Captain zwar gut darin, Verspätung einzufahren, aber so verspätet, dass es bei der Überquerung des Polarkreises bereits hell wäre, sind wir dann doch nicht.

Im Gegenteil: Um 7:42 ist es stockfinstere Nacht, und dass der Schiffsscheinwerfer den Globus auf der Insel Vikingen immer wieder nur streift, macht die Sache für Fotografen nicht einfacher. Und dafür steht man so früh auf – wobei wir ja eh Frühstück zu einer unchristlichen Zeit haben. Südgehend werden wir den Polarkreis zu einer angenehmeren Zeit passieren.

Eine Stunde später lohnt es sich dann, wach zu sein: Die lange Blaue Stunde fängt an, und Norwegen ist in schöne Pastellfarben getaucht. Unser nächster Hafen ist Ørnes, das in wunderbar-kitschiger Postkartenidylle zwischen verschneiten Bergen liegt. Wir haben hier nur einen ganz kurzen Halt, bevor es schon wieder weiter geht.

Polarkreistaufe

Die Temperaturen liegen heute um die -10°, mit dem Wind wird es noch etwas frischer. Aber es gibt keinen Grund, im Schiff zu bleiben, es ist einfach zu schön draußen. Und kurz nach Ørnes wird es ohnehin voll auf Deck 7: Onkel Heinz, unser Reiseleiter, zieht seine Show ab und ruft zur Polarkreistaufe. Als Neptun/Njørd angerufen wird, richte ich meine Kamera wir gewohnt auf das Deck oberhalb der Theke von Deck 7, aber Neptun kommt diesmal ohne großes Theater von den warmen Whirlpools eine Etage tiefer zu uns.

Anschließend wird der Gewinner des Polarkreis-Wettbewerbs verkündet, der die Uhrzeit der Polarkreis-Überquerung am besten geschätzt hatte und neben einer Hurtigrutenflagge auch die erste Taufe gewonnen hatte. Ich bleibe dabei, dass die Taufe im Winter angenehmer ist, wenn man Eis abkriegt, das vielleicht sogar wärmer ist als die Umgebungstemperatur… Trotzdem verzichte ich auf das Vergnügen, eine Taufe auf der ersten Tour langt. Zuschauen und zuhören macht aber immer wieder Spaß:-)

Im Anschluss werden von den Offizieren noch Bücher signiert, während Stempel für die Polarkreisüberquerung für alle angeboten werden, die noch Postkarten schreiben. Und dann dauert es auch nicht mehr lange bis, wir kurz nach 13 Uhr Bodø erreichen.

Die Fahrt ist auch ohne Mittagessen (das gäbe es für uns bereits um 11:30) abwechslungsreich: Eine tolle Landschaft, außerdem treffen wir ein altes Segelschiff (die Noorderlicht) und sehen kurz vor Bodø sogar eine Fata Morgana: Einige Inseln scheinen knapp über dem Horizont zu schweben.

Da Sonntag ist, hat Bodø eigentlich nicht viel zu bieten. Für Sightseeing bietet die im Krieg zerstörte Stadt ohnehin wenig, dafür ändert sich in kurzer Zeit viel: Die Bautätig ist enorm, und auch der Flughafen soll demnächst um rund 700 Meter verlegt werden, um Platz für Neubauten zu schaffen. Eine moderne Stadt eben, deren Reiz sich beim ersten Besuch nicht unbedingt sofort erschließt.

Für uns steht daher neben einem kurzen Rundgang am Hafenbecken entlang das absolute Highlight der Reise an: Unser erster Weihnachtsmarkt in Norwegen. Hinter der Kirche stehen einige Buden, und es ist der letzte Tag, an dem der Weihnachtsmarkt offen hat. Bei -10 Grad und Wind ist nachvollziehbar, dass Weihnachtsmärkte in Norwegen keine große Tradition haben. Margit überredet uns zu einer Runde Gløg: Der norwegische Glühwein ist – angesichts der Alkoholpreise – alkoholfrei, sehr süß, und enthält so viele Nüsse und Beeren, dass er eher als Suppe durchgeht. Kann man mal trinken.

Und was wäre ein Weihnachtsmarkt ohne was zu Essen? Zur Auswahl stehen Crepes, Langosch, Pizza und German Döner. Wir entscheiden uns für den Döner und erhalten für 17 Euro immerhin keinen Fisch im Fladenbrot, sondern ein Pide mit vorübergehend warmen Fleisch, tiefgefrorenen Tomaten und Salat sowie einer Zaziki-Soße, die bei der Kälte immerhin auch nicht vom Brot fließt.

Das ist echt kein Klima für Weihnachtsmärkte, wo Bodø eh für seinen Wind berüchtigt ist. Anschließend geht es in den nächsten Kiwi-Supermarkt, um uns und unsere klammen Finger wieder aufzutauen. Die Handschuhe für’s Essen auszuziehen war ein Fehler.

Zurück auf dem Schiff steht schon unser zweiter Vortrag an, es geht um den Sternenhimmel und die griechischen Sternsagen. Die Polarlichtprognose für diesen Abend: Knifflig – es ist wenig Materie unterwegs, also gibt’s entweder gar nichts, oder eine so-lala-Show, oder was kurzes, aber richtig gutes. Wir werden sehen.

Bleiben noch eineinhalb Stunden bis zum Abendessen. Es ist klar, aber eigentlich noch zu früh für Polarlicht, nur dass um halb sechs trotzdem das erste zu sehen ist: Ein schöner Bogen vor dem Schiff.

Fischauge

Jetzt schon Polarlicht? Das verspricht gut zu werden! Der Bogen entwickelt sich zwar nur schwach, aber es ist im Lauf der Zeit noch rechts etwas Bewegung zu sehen. Eine Durchsage gibt es auch – die gleich darauf von der Info gefolgt wird, dass das später noch besser wird und man doch bitte ruhig zu Abend essen soll. Volker und ich entscheiden uns, ganz auf das Abendessen zu verzichten und bleiben bis kurz vor Stamsund am Bug – an unserem Tisch wird ohnehin sehr zäh serviert, da können wir es auch ganz bleiben lassen. Belohnt werden wir mit einem hübschen kleinen Polarlicht am Horizont.

Dabei habe ich auch genug Zeit, mit einem Fischaugenobjektiv rumzuspielen – ich werde wohl bei normalen Weitwinkelobjektiven bleiben. Da kam dann doch ein besseres Filmchen bei raus:

Polarlicht vor Stamsund

In Stamsund belohnen Volker und ich uns mit einer Pizza im Bordbistro, mit der wir fertig sind, bevor die Restaurantbesucher ihren Nachtisch haben. Dafür, dass wir eigentlich Vollpension haben, erhalten wir die Pizza sogar billiger und fast zu deutschen Preisen. Nicht schlecht.

Die Polarlys

Zwischen Stamsund und Svolvær wäre der ideale Zeitpunkt für Polarlicht. Alle Apps geben grünes Licht, und wir sehen: Nichts. Das einzige Polarlich ist die MS Polarlys mit der Nordlicht-und-Sterne-Gruppe von Hans und Ingrid, mit der wir uns eine kleine Winkekonkurransje gönnen. Immer wieder nett, und die Kapitäne scheinen auch mitzumachen – beide Schiffe haben maximale Beleuchtung. Gewinner: Beide:-)

In Svolvær liegen wir nur eine knappe Stunde, was für einen kleinen Stadtrundgang reicht. Neu im Ort ist ein Kunstwerk, das Auge in den Norden oder so ähnlich. Hinter der Kirche ist die Skulptur mit Loch, zu dem eine Treppe führt, sodass man einen Blick hindurch auf die Kirche werfen kann.

Ansonsten hat sich in Svolvær nicht viel verändert, und am Sonntagabend ist nichts los.

Nach Svolvær nehmen wir Kurs auf den Raftsund, wo uns der Trollfjord erwartet – bei klarem, Polarlicht-freiem Himmel. Und dann, kurz vor dem Trollfjord: Doch noch Polarlicht, das sich im Lauf der nächsten Stunde zu einer richtig guten Show entwickelt. Kurzzeitig ist auch Bewegung dabei, dazu die grandiose Kulisse des Raftsunds, auch wenn wir wegen Lawinengefahr nicht in den Trollfjord hineinfahren – das sind die Momente, in denen ich meinen Job liebe. Erst gegen ein Uhr packen wir zusammen, weil die Polarlichtaktivität nachlässt, bzw. nur noch diffuses Grün zu sehen ist.

Das war ein langer Tag… das Video gibt’s auf Twitter:

Zum Abschluss gehe ich um halb zwei noch einmal raus und werfe in Stokmarknes einen Blick auf die Finnmarken in ihrem neuen Glasbau: Bei Nacht kann man sie immerhin sehen; bei Tag spiegelt es zu sehr. Fehlt nur der richtige Winkel…

Stokmarknes

Und damit mache ich Feierabend. Morgen fällt das Frühstück für mich aus, das ist sicher.

Hurtigrute Tag 5: Tromsø

Der Plan für heute: Erst einmal ausschlafen. Klappt beinahe, irgendwann gegen acht bin ich wach und kümmere mich um die ganzen Bilder, die über Nacht zu einem Zeitraffer gerendert wurden. Das ist auch ganz gut so, da sich um halb neun die Zimmertüre öffnet, ob meine Kabine gereinigt werden soll? Soviel zum Bitte-nicht-stören-Schild.

Von Harstad viertel vor acht bekomme ich dankenswerterweise nichts bis wenig mit, und nach dem Aufstehen geht es mit dem Laptop und Keksen auf Deck 7.

Der erste Hafen den ich mitbekomme ist Finnsnes. Das Bordthermometer zeigt -13°, die Wetterprognose -15°. Das ist schon frisch… aber ein paar Fotos von Deck aus sind kein Problem.

Wolken Richtung Tromsø

Durchaus beeindruckend: Der Golfstrom dampft hier. Ohne könnte man es in diesen Breitengraden wirklich nicht aushalten. Zumindest würde hier dann niemand freiwillig Urlaub machen. Die weitere Fahrt nach Tromsø ist recht ereignislos und wird nur von ein paar Filmen und dem Mittagessen unterbrochen. Zumindest eine Suppe gönne ich mir, bevor um 15 Uhr unser dritter Vortrag ansteht: Die Sonne, der Stern von dem wir leben. Wenn wir schon in der Polarnacht sind, darf es wenigstens um die Sonne gehen. Wir hatten zwar den Vortragsraum gebucht, aber der Captain hatte ihn für eine interne Veranstaltung übernommen – also weichen wir in den zweiten, offenen Vortragsraum aus.

Etwas zeitversetzt passieren wir den Rystraumen mit einem Interessenspunkt auf Deck 7 – bei der Veranstaltungsdichte auf der Kong Harald ist es fast unmöglich, Vorträge ohne Überschneidung mit anderen Veranstaltungen durchzuführen. Aber am Rystraumen gibt es auch nicht viel zu sehen: Eine Insel, und das Schiff braucht mehr Treibstoff, um gegen die Strömung anzukämpfen. Was ist das schon gegen die Wunder des Universums? Nun, der Tip, den ich für jede Fahrt mit der Hurtigrute gebe, gilt immer: Alle Veranstaltungen sind keine Pflichtveranstaltungen, wichtig ist, die Reise zu genießen und sich nicht unter Stress zu setzen.

Nach unserem Vortrag bleibt noch eine gute Dreiviertelstunde, bis wir Tromsø erreichen – mit leichter Verspätung. Aktuell dauert der Aufenthalt vier Stunden, das war auch schon einmal etwas länger. Aber ich kenne Tromsø ja – da langt das für die üblichen Fotostops und Läden. Damit ist das Weihnachtsshopping auch erledigt. Neu ist das Riesenrad am Kai bei der alten Touri-Info und die große Anzahl der Souvenirshops. Ein paar Ladenleerstände gibt es noch, aber es füllt sich. Die ehemalige Ark-Buchhandlung ist jetzt eine Galerie.

Tromsø, das “Paris des Nordens”, ist immer noch meine Lieblingsstadt auf der Route. Leider wird Urlaub hier gerade immer unbezahlbarer, obwohl ein Hotel nach dem anderen aus dem Boden gestampft wird. Das Gute daran, wenn man einen Ort schon kennt: Man kann ihn ganz entspannt besuchen. Wir enden im Yonas, einer Pizzeria am Hafen. Bestellt und gleich auch bezahlt wird per QR-Code und Webseite, mit Kredikarte oder Apple Pay. Man braucht in Norwegen wirklich kein Bargeld mehr. Die Pizza ist eine willkommene Abwechslung zur gehobeneren Schiffsküche.

Und auf dem Rückweg zum Schiff: Polarlicht über dem Hafen. Der Bogen ist über der Stadt sichtbar; die Ausflügler bei der Hundeschlittensafari sehen in deutlich grün über sich, wie sie später erzählen. Genau wie beim Sternegucken ist ein dunkler Himmel wichtig, um das Polarlicht gut zu sehen.

Es war also wieder eine weise Entscheidung, das Abendessen vom Schiffsrestaurant nach Tromsø zu verlegen. Sogar das Schiff macht eine Durchsage, bevor wir ablegen – trotz Essenszeit. Da unsere Sitzung noch vor der Abfahrt beginnt, kann man aber bei Bedarf vorher essen.

Wir bauen trotzdem eine Kamera auf, wann hat man schon einmal Polarlicht über Tromsø? In den letzten Jahren war hier gerne bedeckter Himmel, und auf der Herfahrt sah es auch eher nach Wolken aus.

Schön, dass Tromsø doch noch funktioniert.

Ein Zeitraffer musste davon natürlich auch noch sein:

Für Volker und mich bedeutete das eine lange, kalte Nacht: Ab Tromsø stehen wir an Deck und fahren ziemlich genau am Rand einer Wolkendecke entlang – mit klarer Sicht bis etwa eine Stunde vor Skjervøy. Das bedeutet über drei Stunden Polarlicht, vom deutlichen, blassgrünen Band zu zahlreichen breiten, hellen Bändern, die immer wieder kurz vor dem großen Ausbruch stehen und im Sonnenwind flattern. Und dann, als wir uns den Wolken nähern, wird sie wieder heller, und es gibt kurze Tänze und bessere Farben: Das ist das, wir sehen wollen!

Die Bilder oben stammen alle von meiner Panasonic G70, auch wenn die mit der Kälte zu kämpfen hat und sich immer wieder aufhängt. Aber deshalb habe ich ja zwei Kameras: Die Panasonic, um flexibel zu sein, und die Nikon D7100, die an der Reling Zeitraffer macht. Neu ist die Handy-Kamera, die sich jetzt auch wacker schlägt – besser als meine Thermosohlen jedenfalls…

Skjervøy

Schade nur, dass wir weitestgehend alleine an Deck sind, trotz Durchsagen. Aber im Vortragsraum laufen Filme über Spitzbergen und Antarktis, die man ja nicht verpassen darf (Die Filmkritik sagt später: Das waren überhaupt keine Hurtigruten-Werbefilme, neiiin). Wie dem auch sei, keiner ist allzu böse (wenn auch vielleicht traurig), als die Polarlichtaktivität nachlässt und die Wolken kommen. Es wird nicht wärmer… Ich habe eine 32 GB Karte vollgemacht (pünktlich zur stärkeren Aktivität – dann schaue ich es halt einfach so an), und auf der Nikon sind noch zwei von 128 GB frei.

Das Ende des Polarlichts fiel übrigens ziemlich genau mit der Schiffsbegegnung mit der südgehenden Richard With zusammen (bei der keine brauchbaren Fotos). In Skjervøy schaue ich noch kurz an Deck für ein paar schnelle Handy-Fotos, danach geht es in die Kabine, aufwärmen und Bilder überspielen und bearbeiten.

Das gibt eine lange Nacht, vor allem, weil LRTimelapse nicht mehr startet und ich es morgens um 2 Uhr noch neu installieren darf… Aber das Ergebnis ist doch ganz nett:

Hurtigrute Tag 6: Honningsvåg und Nordkapp

Heute erreichen wir den nördlichsten Punkt unserer Tour: Die Insel Magerøya mit dem Nordkapp. Zum Glück haben wir bestes Wetter, sodass es auch in der Polarnacht noch etwas zu sehen gibt. Drei bis vier Stunden lang ist es hell genug um zu wissen, wo man ist.

MS Nordnorge?

Unser erster Hafen ist Havøysund, wo wir kurz nach 8:30 in der Morgendämmerung der südgehenden Hurtigrute begegnen (ich glaube, der Nordnorge) – die Begegnung verpasse ich aber, da bei beiden Schiffen der Fahrplan etwas durcheinander geraten ist und sie völlig untypisch an unserer steuerbord rechten Seite vorbeizieht.

So sehe ich sie nur noch in der Ferne vor den schneebedeckten Bergen entlang ziehen. Aber wenn man schon mal draußen ist, dann muss auch ein Blick auf die Landschaft sein. Wir nähern uns dem Magerøya-Sund, einer sehr abgelegenen und unwirtlichen Gegend.

Nach ein paar Fotos gehe ich freiwillig wieder ins Schiff und widme mich dem Frühstück, während wir in Havøysund an- und wieder ablegen. Da heute Nordkapp-Tag ist, gibt es Brunch – es gibt also durchgehend etwas zu essen, bis wir Honningsvåg erreichen, ohne feste Essenszeiten. Sehr angenehm, so entzerrt sich das Ganze.

Die weitere Fahrt durch den mittlerweile helleren Magerøya-Sund verbringe ich mit Bildbearbeitung am PC sowie letzten Vorbereitungen für unseren Mondvortrag, der für 15 Uhr geplant ist. Dadurch verpasse ich so etwa zum ersten Mal die Anfahrt auf Honningsvåg. Aber das ist eh kein Wetter, um vorne am Bug zu stehen, auch wenn es sonst prächtiges Wetter hat. Aber manche Temperaturen sind im Wind dann doch unangenehm. Da müsste es schon Polarlicht geben…

In Honningsvåg erwartet uns schon die Finnmarken Otto Sverdrup. Dafür gibt es weniger Busse zum Nordkapp: Durch Corona (und wohl auch das andere Hurtigrutenschiff) fehlen Fahrer und Guides, sodass der Ausflug zum Nordkapp restlos ausgebucht ist und Onkel Heinz einen Bus begleitet. Wir halten uns mal von der Masse fern und schauen uns Honningsvåg an: Einmal am Hafenbecken entlang, um die beiden Hurtigrutenschiffe zu knipsen, dann über die Kirche an der Schule vorbei, wo die Kinder im Schulhof Schlitten fahren, und zuletzt ein Stück den Berg hoch, einen Blick auf den Ort werfen. Insgesamt ein kurzer Spaziergang, sodass noch genug Zeit bleibt, an Bord ein wenig zu arbeiten, bevor wir abfahren. Viel neues gibt es hier nicht – Abdullah hat direkt am Hafen eine neue Bäckerei eröffnet, die Margit sehr empfiehlt, aber zu Essen brauche ich gerade nichts…

Kjøllefjord

Unser Vortrag ist für 15 Uhr angesetzt, allerdings legen wir wieder verspätet aus Honningsvåg ab. Nachdem alle Nordkapp-Ausflügler wieder an Bord sind, ist es auch schon fast an der Zeit für unseren vorletzten Vortrag: Der Mond, unser Nachbar im All ist das Thema. Krater, Schluchten, Wälle vertreiben uns die Zeit für die Überfahrt nach Kjøllefjord.

Kjøllefjord erreichen wir kurz nach der geplanten Abfahrtszeit gegen 17:05, der “only a short stay” dauert dann doch eine halbe Stunde. Der Fischerort liegt wieder sehr idyllisch zwischen den verschneiten Bergen des Fjords und ist ein richtiges Winterwunderland. Ich habe nur keine Ahnung, warum wir so lange hier bleiben – gefühlt werden wir ein paar Mal vom Kai weggeschubst und legen doch immer wieder an…

Damit findet das kleine Nordkapp-Buffet fast im Hafen statt. Es gibt wieder eine bunte Auswahl am Buffet, und wer keine Meeresfrüchte mag, kann zu Rentierfleisch oder Käsebrot greifen.

Den nächsten Hafen in Mehamn lassen wir aus, stattdessen geht es direkt weiter nach Berlevåg. Aber langweilig wird es nicht: Wir haben Polarlicht, sogar schön hell. Diesmal schraube ich aber nur meine Nikon an die Reling und genieße die Show so, unterstützt von ein paar Handy-Bildern

Eine erste Durchsage des Schiffs hatte einige Gäste an Deck gelockt, als das Polarlicht noch schwach war. Als die Show losging, wollte Volker eine neue Durchsage machen lassen, dass es sich nun lohnt – das wollte die Rezeption aber erst noch verifizieren, sodass nur die übliche Handvoll hartgesottener Nordlichtjäger bald drei Stunden an Deck stand und das Polarlich in wechselnder Stärke sah – und auch immer wieder kurz mit deutlichen Farben und Bewegung. Vor Berlevåg verblasste es dann, sodass wir nur noch einen blassgrünen Bogen hinter dem Schiff zurückließen, als wir und ins Multe zurückzogen.

Nach Berlevåg, als es nicht mehr viel zu sehen gab, kam dann vom Schiff die Durchsage, dass es jetzt ganz tolle Nordlichter zu sehen gäbe. Jedoch, da war weiterhin nur das blasse Band, und gegen 23 erklärten wir den Abend für beendet. Zeit für’s Bett, bzw. den Rechner arbeiten zu lassen.

Die Ergebnisse der Nacht:

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes

Okay, das ist jetzt offiziell meine kälteste Tour. -23° sind für Kirkenes vorhergesagt – und als ich frühmorgens an Deck gehe, laufe ich in eine Nebelwand. Ich habe es gerade verpasst, wie die Kong Harald in ihr verschwindet. Das Meer dampft, und bis knapp über Deck 7 stecken wir im Nebel.

So kalt es auch ist: Was für ein faszinierender Anblick, und was für eine Lichtstimmung! Zum Frühstück haben wir heute offene Sitzung, das heißt, man kann prinzipiell jederzeit kommen. Ganz wie früher.

Alle Mann von Bord

Wir erreichen Kirkenes mit leichter Verspätung. Zum ersten Mal seit Jahren mache ich mal wieder einen Ausflug: Ziel ist das Schneehotel. Dabei kann man gleich noch bei den Huskies und einem Rentiergehege vorbeischauen, was das zu einem netten und relativ günstigen Ausflug macht (rund 120 € – günstig ist in Norwegen und auf der Hurtigrute relativ. Nur die großen Tafeln Freija-Schokolade sind gerade recht preiswert).

Von den 200 Passagieren an Bord verlassen uns nur die wenigstens, und es kommt auch kaum jemand neu an Bord. Wir bleiben also unter uns – in diesen Zeiten ist das gar nicht schlecht.

Zu den Huskies!

Wie üblich verlassen fast alle das Schiff und machen Ausflüge – Schlittenhunde, Schneehotel und Russische Grenze sind die beliebtesten; Snow Mobile fahren findet zurzeit nicht statt. Wahrscheinlich sind die Fjorde noch nicht ausreichend dick zugefroren, als dass die schweren Schneemobile nicht einbrechen könnten.

Aber auch so gibt es genug Angebote für jeden (sogar die Wanderung mit dem Expeditionsteam findet statt, während die Wanderung in Bodø wegen Kälte abgesagt worden war), und die Busse sind randvoll gefüllt. Auch hier schlägt der aktuelle Mangel an Busfahrern zu – einige haben sich während der Flaute der letzten zwei Jahre wohl auch neue Jobs gefunden, deshalb gibt es gerade in Honningsvåg keine Taxis zum Nordkap mehr.

Etwas mulmig ist einem ja schon, wie man dicht gedrängt im Bus sitzt. Aber bislang gab es der Kong Harald kein Corona, also sollten wir sicher sein.

Die Fahrt geht ein Stück durch die Stadt raus zum Schneehotel, unser Guide Timo erzählt zwischendurch ein wenig über Kirkenes und das Schneehotel – seit zwei Jahren schmilzt das Hotel nicht mehr im Sommer, sondern kann dank Klimaanlage das ganze Jahr über betrieben werden. Am Schneehotel angekommen erhalten wir nicht wie üblich erst im Freien die Begrüßung, sondern gehen direkt in das Hauptgebäude. Der kurze Weg langt, dass einem gut kalt wird. Das Schneehotel selbst besteht immer noch aus einem großen Iglu, in dem mehrere Zimmer mit unterschiedlichen Dekorationen sind. Zu den Betten gibt es natürlich gescheite Schlafsäcke, nur die Toilette ist im Hauptgebäude. Die Deko schwankt zwischen hübsch und kitschig, mit viel Anleihen an Disney.

Noch weit beeindruckender als das Schneehotel ist aber die winterlich-eisige Landschaft.

Bei knackiger Kälte und absolut klarer, trockener Luft wirkt das ganze sehr arktisch. Der Haken: Es ist arktisch kalt. Bei dem Besuch am Rentiergehege macht sich die Kälte in den Schuhen bemerkbar, bei den Schlittenhunden streikt meine Kamera, und als wir wieder in das Schneehotel gehen, um die Zimmer in Ruhe zu fotografieren, läuft die Kameralinse sofort an.

-27° Celsius.

Im Schneehotel gibt es noch ein heißes Getränk und ein Würstchen, und dann noch eine weitere Chance, sich auf dem Gelände umzuschauen und den Schlittenhundenfahrern beim Einlaufen zuschauen.

Dabei finden wir auch ein Thermometer: -27° Celsius. Kein Wunder, dass sich das so kalt anfühlt und alle pünktlich wieder eng zusammengekuschelt im Bus sitzen…

Auf dem Rückweg machen wir noch einen kurzen Stop bei dem Aussichtspunkt oberhalb der Stadt (also der Straßenkurve, an der ich zu Fuß schon ein paar Mal war), Fotos von Kirkenes machen.

Zehn Minuten vor der geplanten Abfahrt sind wir dann wieder am Schiff. Der Kiosk am Hafen ist heute zu, also keine Chance mehr, in den Kiosk zu schauen oder das Schiff von vorne zu fotografieren.

Also ab ins gemütliche Schiff zum Aufwärmen. Da will man gar nicht wissen, wie sich die Polarforscher in früheren Zeiten gefühlt haben, oder auch nur die Sami im Inland, wo der Golfstrom noch weiter weg ist und der Wind aus ungebremst aus Sibiren bläst…

Der Rest des Tages wird für uns entspannt: Die Überfahrt nach Vardø ist sehr ruhig und dunkel, genug Zeit, um ein paar Dinge aufzuarbeiten und zu bangen, ob wir Vardø rechtzeitig erreichen. Es wäre schön, mal wieder beim Steilneset Hexendenkmal vorbeizuschauen…

Oh Wunder: Wir legen pünktlich in Vardø an! Haben wir einen neuen Captain? Egal – das bedeutet 55 Minuten Aufenthalt, abzüglich der zehn Minuten, die man vorher wieder an Bord sein soll. Also Spikes an, raus aus dem Schiff und zügig losmarschieren. Als wir an der Festung Vardøhus ankommen, haben wir bereits alle anderen Passagiere abgehängt, und dann geht es querfeldein Richtung Steilneset. Den Tausendjahrstein finden wir in der Dunkelheit, dann nur noch rechts abbiegen und weiter Richtung Hexendenkmal: Geschafft! Nur der Türgriff fehlt am hinteren Eingang, aber wir kriegen die Tür auf. Zu viert ist das Hexendenkmal nicht ganz so eindrucksvoll wie bei meinem ersten Besuch, als ich hier alleine im Sturm war – aber eindrucksvoll ist es immer wieder. Ein Licht für jedes Opfer der Hexenverbrennung.

Einmal stracks durch das Monument und noch ein Besuch bei dem brennenden Stuhl am Ende des Steilneset, und dann zurück zum Schiff. Ein Blick auf die Uhr: Wenn man den Weg kennt, ist das Steilneset also in 35 Minuten machbar – gut, dass ich bei besserer Sicht schon ein paar Mal üben konnte. Uff. Wir hätten sogar noch fünf Minuten länger bleiben können:-)

Pünktlich zum Ablegen hält Andreas einen Vortrag über Norwegen von A bis Å, der auch fast pünktlich zum Abendessen fertig ist. Beim Abendessen gibt es News: Es gibt neue, alte Corona-Regeln. Heute gab es zu Frühstück und Mittagessen erstmals freie Essenszeiten, ab morgen gelten wieder feste Essenszeiten, verstärkte Maskenpflicht und ein Limit von 50 Personen pro Vortragsraum. Es gilt, mehr Abstand zu halten, auch der Alkoholausschank ist eingeschränkt.

Anschließend heißt es Polarlichtwache, der Himmel ist sternklar – dummerweise ist es auch ziemlich windig. Aber es lohnt sich: Nach Båtsfjord wird es interessant. Der Kp-Index dümpelt zwischen 0 und 1, aber ab 21 Uhr bildet sich der berühmte grüne Bogen, und das Polarlicht entwickelt sich. Was die Sache unangenehm macht: Gestern hatten wir das Polarlicht genau hinter uns und standen so windgeschützt am Heck der Kong Harald. Jetzt fahren wir in die andere Richtung und haben das Polarlicht vor uns. Am Heck ist es daher bei dem kalten Wind einigermaßen erträglich, während man es am Bug nicht aushält.

An Deck tummeln sich die üblichen Verdächtigen (weniger als ein Dutzend), und irgendwann zieht es einige doch an den Bug, wo die Action ist – ich montiere meine Nikon vorne an der Reling, bevor ich mich wieder zurückziehe und mich darauf beschränke, alle 20-30 Minuten die Serienbilder neu zu starten. Nach 8991 Bilder ist leider Schluss mit einer Aufnahmesequenz. Meiner kleinen Panasonic gönne ich heute Ruhe – die verträgt die Kälte nicht so gut.

Als ich meine Kamera nach eineinhalb Stunden abbauen will und vorne an den Bug gehe, entscheide ich mich um: Es sieht doch noch einmal gut aus.

Letztlich harren wir bis kurz nach 22 Uhr am Heck aus, bis das Polarlicht eine wirklich schöne Aktivität zeigt – ziemlich genau dann, als wir Berlevåg anlaufen sollten, allerdings lassen wir diesen Hafen heute aus. Dann packen Volker und ich es, als die Polarlichtaktivität wieder nachlässt. Meine Schätzung ist, dass es im weiteren Verlauf der Nacht immer wieder kleinere Ausbrüche geben wird, und ansonsten ein eher ruhiges Band – es ist einfach zu wenig Materie unterwegs, als dass man sagen könnte, wann es wieder losgeht.

Also gehen wir wieder rein, um kurz darauf von Anja herausgeholt zu werden: Jetzt gibt das Polarlicht sich noch einmal ein paar Minuten Mühe und bedeckt fast den ganzen Himmel. Chic. Gut, dass meine Kamera noch vorne arbeitet…

Gerade einmal acht Minuten dauert die Show, vom unscheinbaren Band über einen flammenden Himmel wieder zum unscheinbaren Band.

Dann machen wir endgültig Feierabend: Es ist zwar mittlerweile nur noch knapp über 10° unter Null, aber langsam ist man doch durchgefroren, und der Wind treibt uns zurück. Eine letzte Herausforderung noch: Meine Kamera demontieren, bei heftigem Seitenwind. Aber sie geht nicht über Bord, und die lange Nacht der Bildbearbeitung beginnt. Eigentlich macht mein Rechner das automatisch über Nacht, aber allmählich ist die ganze Technik am Ende: Die Panasonic streikt immer wieder mal, LRTimelapse musste ich schon neu installieren, Lightroom importiert keine Videos mehr, meine Handykamera wird vom Rechner nicht mehr erkannt, und um halb eins macht mein Computer dann auch noch Feierabend und beendet den Bilderexport selbstherrlich. Nur die Nikon ist ein perfektes Arbeitspferd, da hat nur ein Ersatz-Akku den Lockdown nicht überstanden. Das Video wird daher erst am Donnerstagabend fertig – aber ich komme auch erst am Donnerstagabend zum bloggen, daher hier das Ergebnis:

Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

Ich hatte gestern ja erwähnt, dass langsam alles kaputt geht. Heute ging dann noch der Rolladen meiner Kabine kaputt. Die Kette, um ihn hochzuziehen, reißt. Zum Glück auf einer Dezember-Fahrt, wenn es draußen meist eh nicht viel zu sehen gibt…

Aber nun verlassen wir ja den hohen Norden: In der Nacht waren wir in Honningsvåg und dem Magerøya-Sund, und morgens zum Frühstück legen wir mit etwas Verspätung in Havøysund an. Obwohl wir Berlevåg ausfallen ließen, haben wir wieder eine Viertelstunde Verspätung. Noch werden Wetten angenommen, ob wir rechtzeitig in Bergen ankommen, sodass wir unser Flugzeug erreichen…

Aber das liegt noch in weiter Ferne, ob wohl es jetzt Schlag auf Schlag geht. Im Augenblick stehen andere Probleme auf dem Programm: Unser letzter Vortrag sollte parallel zu Heinz’ Vortrag über Amundsen stattfinden, auch damit die Personenobergrenze bei 150 deutschsprachigen Gästen nicht gerissen wird – aktuell dürfen nur 50 Personen in einen Vortragsraum. Letztlich planen wir um und halten unseren Vortrag bereits um 14 Uhr, so können auch unsere Gäste beide Vorträge besuchen.

Aber bis es soweit ist, gibt es noch einen Interessenspunkt an Deck: Melkøya, die Erdgasverflüssigungsanlage vor Hammerfest, die wir mit einer Viertelstunde Verspätung erreichen.

Fast schneefrei: Mein Bänkchen.

Diese große Industrieanlage ist immer wieder ein interessanter Anblick und kündigt an, dass wir gleich in Hammerfest sind, das in der Bucht dahinter liegt. Aber die Zeit ist knapp: Wer um 12 zum Mittagessen will, hat dank unserer Verspätung nur rund eine halbe Stunde Zeit für die Stadt. Aber als wir von Bord gehen, zeigt sich, dass das Pflichtprogramm eingedampft wurde: Der Eisbärenclub hat heute zu. Pech für alle, die Mitglied werden wollten. Aber so bleibt genug Zeit für ein Foto mit den Eisbären vor dem Rathaus.

Mein Ziel ist wie immer die Bank am Musikpavillon. Nach den letzten Tagen hätte ich hier mehr Schnee erwartet, aber es liegen nur ein paar Zentimeter. Aktuelle Bilder aus Ålesund zeigen, dass der Schnee dort schon weitestgehend aus der Stadt verschwunden ist. Unser Winterwunderland Norwegen war wohl perfektes Timing.

Anschließens geht es ein Stück weit den Zickzack-Weg hinauf, aber nur bis zur zweiten Kurve – danach wird es doch zu heikel, und wir haben ohnehin weniger Zeit als normal.

Dann noch ein kurzer Besuch bei der Kirche, wo gerade eine Beerdigung stattfindet, dann geht es auch schon zurück zum Schiff. Wieder mal nur ein Kurzbesuch in Hammerfest, nachdem wir schon im Oktober zu spät angekommen waren. Und da in Hammerfest heute keine Ausflüge stattfinden, wird auch auf keinen Ausflugsbus gewartet – also legen wir weitestgehend pünktlich gegen 12:45 ab.

Øksfjord

Damit bleibt noch gut eine Stunde bis zu unserem letzten Vortrag über Sternsagen, den ich damit verbringe, meinem Rechner beim Bilder rendern zuzuschauen. Das zieht sich, und vor dem Vortrag unterbreche ich ihn – ich brauche doch ein wenig Rechenpower für die Präsentation; Lightrrom legt sonst alles lahm. So läuft dann alles glatt, und unser Pflichtprogramm ist beendet: Fünf Vorträge, ohne dass wir von schwerer See, Krankheiten, Konferenzen oder anderen unvorhersehbaren Ereignissen daran gehindert worden wären. Und Polarlicht gab es auch genug, um das Nordlichtversprechen überzuerfüllen. Bislang eine traumhafte Reise. Den Großteil des Nachmittags verbringen Volker und ich dann an unserem Stammplatz im Multe auf Deck 7.

In Øksfjord legen wir wieder mit leichter Verspätung an, aber mehr als ein paar Minuten hat der Captain auf der Strecke nicht verbummeln können. Ich mag diesen Hafen: Er hat das wohl beste Echo, wenn das Schiff sein kommen wie üblich mit lautem Hupen ankündigt. Diesmal kriege ich auch fast das gesamte Tröten auf Video – oft findet ein Vortrag in diesem Hafen statt, bevor es auf die oft stürmische Loppa geht. Loppa macht hoppa, wie es so schön heißt – aber diesmal ist sie angenehm ruhig. Kaum zu glauben, dass über den britischen Inseln der Orkan Barry wütet.

Neue Mülleimer.

Die Wetterprognose für heute Abend sieht zumindest für Skjervøy gut aus, Richtung Tromsø sollen Wolken aufziehen. Allerdings ist das Weltraumwetter zu ruhig: Das Polarlicht fällt heute aus, auch wenn wir uns bereit halten. Aber das Polarlichtoval ist verschwindend gering, und es gibt kein Polarlicht. Nur eine Italienerin (?) auf Deck 5 knipst begeistert die Abgasschwaden aus dem Schornstein und glaubt uns kein Wort, dass das nur aus unserem Schornstein kommt und ihr “Polarlicht” hinter ihr stünde, wenn sie von der Mitte des Schiffs zum Heck gehen würde. Naja, des Menschen Glaube ist sein Himmelreich.

So ist das einzig neue, was es zu sehen gibt, der Vergleich zwischen alten und neuen Mülleimern, die an Deck installiert werden. Die Schiffe sind Arbeitsschiffe. (Mein Rollo wurde übrigens auch schon repariert. Fein, fein.)

Gute Nacht aus Tromsø

Wir machen somit früh Feierabend, ich komme noch einmal zum Bloggen, und mit 20 Minuten Verspätung erreichen wir um 0:06 den Kai in Tromsø. In Corona-Zeiten war aber ohnehin kein Kneipenbummel geplant, und das Mitternachtskonzert findet auch nicht statt – ein guter Zeitpunkt, um Feierabend zu machen.

Hurtigrute Tag 9: Vesterålen und Lofoten

Die südgehende Hurtigrute ist der entspannende Part der Reise. Es gibt tagsüber keine großen Städte mehr, und in vielen kleineren Häfen ist der Aufenthalt zu kurz, um von Bord zu gehen.

Harstad

Unser erster Halt des Tages ist Harstad nach Plan um 8 Uhr, wo der erste große Ausflug beginnt: Die Vesterålen-Busfahrt. Die Teilnehmer gehen hier von Bord und steigen zwei Häfen später in Sortland wieder ein. Immer eine schöne Fahrt, aber auch die Seefahrt hat ihren Reiz.

Harstad selbst liegt um diese Uhrzeit noch im Dunkeln, und das Hafengebiet ist weiterhin Großbaustelle. Von der Trondenes-Kirche vor Harstad und der Fontaine im Hafen ist nichts zu sehen. Nachdem die Ausflügler von Bord sind, können alle anderen in Ruhe frühstücken – soweit noch etwas übrig gelassen wurde. Aber keine Sorge: Auf der Hurtigrute musste noch niemand verhungern. Ein paar Lücken im Buffet sieht man aber schon…

Derweil fahren wir in die Dämmerung – Harstad und Svolvær (unser Hafen am Abend) haben bereits Polarnacht, die Sonne geht also nicht auf. Hell wird es trotzdem, die Sonne steht nicht tief unter dem Horizont, und gegen zehn sieht man mehr als genug von der Landschaft. Es ist wie eine Fahrt durch ein überflutetes Gebirge.

Ideal, um einfach aus dem Fenster zu schauen oder auch raus an Deck zu gehen. Das Thermometer hat mittlerweile die 0°-Marke geknackt, es ist richtig angenehm draußen. Sowohl die Bustour als auch die Schiffsreise haben ihre eigenen Reize. Mit dem Schiff erreichen wir in der zunehmenden Helligkeit Risøyhamn. Der kleine Hafen ist nur über eine Fahrrinne erreichbar, die extra für die Schiffe der Hurtigrute ausgebaggert und mehrmals vertieft wurde. Zur Eröffnung war auch der norwegische König vor Ort und hat sich auf dem “Königsstein” am Hafen verewigt, ebenso wie später seine Nachfolger. Je nach Zeit langt der Aufenthalt im Hafen manchmal für einen Spurt zum Stein; heute verzichte ich darauf.

Aber zuerst geht die Fahrt durch die Rinne, die von Leuchtzeichen markiert wird. Dabei ist deutlich zu sehen, wie flach das Wasser neben der Fahrrinne ist; manchmal kann man auch bis an den Grund sehen.

Mit einer großen Wendeschleife verlassen wir dann den Hafen und fahren unter der Brücke hindurch weiter Richtung Sortland, das wir mit leichter Verspätung erreichen. Um 12 Uhr gibt es den Aufruf zum Mittagessen, und etwas später den Aufruf, an Deck zu gehen und den Bussen zuzuwinken, die dann über die Brücke bei Sortland fahren werden, wenn wir darunter hindurch fahren. Das ist immer ein großer Spaß, aber da wir wieder feste Essenszeiten haben, ist die Beteiligung natürlich etwas gering. Volker und ich lassen uns das Vergnügen natürlich nicht nehmen und greifen statt zum Essbesteck zur norwegischen Flagge – Heinz hat dafür einen Vorrat griffbereit. So ist eine überschaubare, aber motivierte Gruppe vorne am Bug, als die drei Ausflugsbusse über die Brücke fahren. Wir winken, in den Bussen blitzen die Blitzlichter auf, wir hupen, die Busse hupen – it’s fun!

Und weil es so schön ist, gibt es noch ein farbenprächtiges Schauspiel in einer Wolkenlücke am Horizont. So kann’s bleiben!

Die Fahrt geht ruhig weiter durch die Vesterålen, bis wir gerade noch rechtzeitig für ausreichend Tageslicht Stokmarknes erreichen. Die gute Nachricht über die Bordsprechanlage: Wir haben einen verlängerten Aufenthalt hier, sodass genug Zeit z.B. für einen Besuch im neuen Hurtigruten-Museum (für 225 NOK) bleibt. Da wir natürlich auch eine Viertelstunde Verspätung haben, ist das also die reguläre Liegezeit von einer Stunde…

Das Museum gehört nicht zu Hurtigruten, sondern wird privat betrieben. Der Schutzbau für die alte Finnmarken steht erst seit einigen Monaten, jetzt ist das alte Hurtigrutenschiff besser vor den Elementen geschützt. Um das zu finanzieren, wurde der Eintrittspreis leider deutlich angehoben – ich bezweifle, dass sich das rentiert. Über 20 Euro sind heftig für die halbe Stunde, die wir hier Zeit haben – keine Ahnung, wie viele Besucher das Museum jetzt noch hat. Zum Glück ist das Gebäude diesmal von innen beleuchtet, sodass man das Schiff auch von außen sieht und nicht nur die spiegelnden Glasflächen.

Den längeren Aufenthalt in Stokmarknes können wir locker ausgleichen, da es mittlerweile dunkel ist – vom Raftsund ist in dieser Tages- und Jahreszeit ohnehin nichts zu sehen, und wir sparen uns auch den Abstecher zur Mündung des Trollfjords . Da waren wir ja schon auf der nordgehenden Route.

So erreichen wir Svolvær pünktlich und können rechtzeitig von Bord gehen: An Bord gibt es Buffet, uns reizt eine Pizza mehr – und dafür bietet sich Svolvær mit zwei Stunden Aufenthalt an. Die Crew haben wir schon öfter ins Du Verden eilen sehen (sehr lecker, aber man sollte vorreservieren), unser Ziel ist diesmal Peppes Pizza. Nur dass die Pizzeria dauerhaft geschlossen hat, und die Scheiben schon das nächste Restaurant ankündigen, das vielleicht irgendwann einmal eröffnet. Mist.

Im Anker

Also ab in den Anker. Die urgemütliche Kneipe gehört zum Scandic-Hotel, das auch die malerischen Rørbua-Hütten vermietet, und ein beliebter Treff, um die Reise ausklingen zu lassen. Obwohl es Samstagabend ist, ist wenig los, und wir erhalten unsere Abschieds-Pizza.

Gegen 20 Uhr sind wir eine halbe Stunde vor der Abfahrt als letzte wieder an Bord – der offizielle Ausflug nach Svinøya war wohl noch kürzer als unser Abendessen. Interessant soll er trotzdem gewesen sein, unsere Gäste bringen uns als Souvenir sogar Stockfisch mit. Da fragt man sich natürlich, was wir auf der Reise angestellt haben, dass wir das verdient haben…

Aber es kann nichts schlimmes gewesen sein, der Abend klingt gemütlich im Multe aus. Langsam rotieren rotieren wir in den grünen Punkt des Polarlichtovals hinein, die Webcam von Abisko (die ähnlich viel Polarlicht sieht wie wir und zuverlässig läuft – ideal für den schnellen Kontrollblick, ohne aufzustehen) zeigt Polarlicht, aber wir sind unter einer geschlossenen Wolkendecke.

Es ist Zeit, in Erinnerungen an eine unvergessliche Reise zu schwelgen: Wisst ihr noch, als lange nachdem tollen Polarlicht, die Durchsage “Beautiful Northern Lights” über die Schiffssprechanlage kam, und alle nach draußen strömten und schon abbremsten, als sie uns ganz entspannt im Multe sitzen sahen? Habt ihr gesehen… ? Und auf der Vesterålen-Rundfahrt? Kirkenes, wo es 30° kälter war als jetzt? Es scheint eine Ewigkeit her zu sein…

Und dann ist es auch schon nach 23 Uhr, der Himmel ist immer noch bedeckt, und es wird langsam Zeit für Feierabend. Die letzten Tage waren doch anstrengend, und man freut sich (ein wenig), morgen wieder den Polarkreis zu überqueren und in Regionen vorzustoßen, in denen die Sonne wieder aufgeht. Bis dahin: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 10: Helgelandküste

MS Polarlys

Schwups, schon sind wir wieder im Süden: Heute früh steht die südgehende Polarkreisüberquerung an. Vorher begegnen wir um halb neun, kurz nach dem Frühstück, noch der nordgehenden Polarlys.

Da wir wieder etwas später dran sind, erreichen wir den Polarkreis mit der Insel Vikingen etwa zehn nach neun. Diesmal ist es auf Deck 5 deutlich voller als bei der nordgehenden Polarkreisüberquerung – jetzt weiß jeder, dass da mehr Platz ist als auf Deck 7. Mitten im Dezember mit Wolken am Himmel ist es aber nicht wesentlich heller als auf der nordgehenden Passage, auch wenn die Uhrzeit jetzt deutlich angenehmer ist. Unscharfe Bilder gibt es trotzdem genug; nicht immer trifft der Scheinwerfer die Kugel.

A propos früh: Irgendwie hat heute die Müdigkeit alle im Griff. Nicht jedes bekannte Gesicht taucht überhaupt vor dem Sonnenaufgang auf…

Am Polarkreis

Das arktische Tradition der südgehenden Polarkreistaufe – ein Löffel Lebertran für alle, und man darf den Löffel behalten! – findet diesmal in zwei Schichten statt: Um 10 Uhr für Deck 3 und 5, anschließend für Deck 6. Wegen Corona wird Abstand gehalten. Die Reaktionen auf den Lebertran schwanken zwischen “nochmal” und “nie wieder, das kann nicht gesund sein”; ich lehne mich lieber an unserem Stammplatz im Multe gemütlich zurück und überlasse das Erlebnis unseren Gästen. Dadurch verpasse ich aber das Geburtstagsständchen, das auf Deck 7 zweimal ertönt.

Davon abgesehen ist es ein ereignisloser Tag. Nesna erreichen wir zehn Minuten nach unserer geplanten Ankunft; am Kai steht ein Leichenwagen und erinnert daran, dass wir nicht nur Fracht und Passagiere befördern, sondern auch immer wieder Särge überführen, wenn jemand fern der Heimat gestorben ist. Nicht jeder kleine Ort hat ein Krankenhaus.

Nesna

Von Nesna geht es unter bedecktem Himmel und auf ruhiger See weiter nach Sandnessjøen, das wir sieben Minuten vor der geplanten Abfahrt erreichen. Über die Durchsage “only a short stay” muss ich dann doch schmunzeln.

Damit haben wir natürlich keine Chance, in Sandnessjøen von Bord zu gehen und einen kurzen Streifzug durch die Fußgängerzone zu unternehmen. Schade eigentlich: Letztes Mal, als ich hier von Bord gehen konnte, gab es eine ganze Reihe von Kunst und Statuen zu sehen.

So bleibt es bei einem Blick vom Schiff. Schön: Im Hintergrund ist die Gipfelkette der Sieben Schwestern zu sehen – die Wolken hängen nicht so tief, dass sie die Gipfel verhüllen würden.

Nachdem wir ablegen, umrunden wir den Hafen und fahren an den Sieben Schwestern vorbei. Die Sage dazu habe ich wohl schon oft genug verbloggt, dass ich sie hier nicht wiederholen muss… Diesmal sei nur gesagt, dass sie gut zu sehen waren und wieder einmal die Fotografen angelockt haben.

Danach schlägt die Müdigkeit zu: Ich verziehe mich für eine Stunde oder so in die Kabine. Die Nächte waren lang und polarlichtreich. Da muss die Helgelandküste heute auf mich verzichten, ich bin ab kurz vor Brønnøysund wieder ansprechbar. Ich brauche Urlaub…

Brønnøysund erreichen wir mit einer Viertelstunde Verspätung; die Abfahrt ist dann wieder pünktlich. Im Ort wird groß gebaut: Das Brønnøysundregister reißt den hübschen, nicht allzu hohen Anbau ab und erweitert wohl. Gut zwei Stunden haben wir im Ort; das genügt für einige Gäste für den Ausflug zur Lachsfarm, der angeboten wird, und mir für einen Gang zum Schild in der Mitte Norwegens, dem neu gestalteten Hafenbecken im Anschluss mit Kletterwand, und dann zum letzten Norwegen-Shopping ins Amfi: Getränke, Weihnachtsschmuck, ein Blick in die Buchhandlung, und dann war es das mit Einkaufsmöglichkeiten: In Trondheim ist Sonntag, und am Montag sind wir ohnehin nur auf See unterwegs.

Zum Abschluss noch ein Softeis (das muss sein), dann geht es zurück aufs Schiff. Um 17:30, fünf Minuten nach der Abfahrt, haben wir den nächsten Termin: Margit und Andreas geben die Infos zu Abreise, Abflug und den ganzen organisatorischen Sachen, die wir übermorgen zu beachten haben. Dann geht es nahtlos weiter zum Abendessen, gefolgt vom gemütlichen Teil mit Handy, Blog und Stricken im Multe auf Deck 7. Der sporadische Blick in den Himmel zeigt nur gelegentliche Wolkenlücken – wir haben also frei.

Rørvik

Rørvik erreichen wir pünktlich und legen sogar überpünktlich ab – folgt mir der Captain etwa auf Twitter? Lästere ich zu viel?

Egal – wann wir morgen früh Trondheim erreichen, ist mir erst einmal egal. Nach Rørvik fahren wir auf die Folda, auf der zwar der Wind pfeift, die aber wellentechnisch sehr harmlos ist. So könnte es bleiben…

Allzu spät wird es für uns heute nicht – einmal ausschlafen wäre doch ganz nett, auch wenn für mich morgen nicht viel auf dem Programm steht. Wer die Ausflüge in Trondheim gebucht hat, muss früher raus.

In diesem Sinn: Allseits eine gute Nacht!