Island im Dezember: Von Selfoss bis Vik und zurück

Ab nach Island!

Nach zwei anstrengenden Hurtigrutentouren war es mal wieder Zeit für Urlaub – was liegt da näher als fünf Tage Island?

Klar, prompt kam die Frage auf, was ich da im Dezember will – Island im Regen? Nun, kalt war es jedenfalls nicht: Während in Süddeutschland Nebel und Temperaturen um den Gefrierpunkt herrschten, lockte Island mit rund 8 Grad über Null und Spuren der Polarnacht. Also nichts wie hin. Nach den Erfahrungen mit Eurowings (null Beinfreiheit) im Mai wurde diesmal Icelandair gebucht, die einen wesentlich komfortableren Flug ab Frankfurt boten. Der Flieger startete gegen Mittag, was auch ganz angenehm war. Zur Begrüßung lief Weihnachtsmusik… bei rund vier Stunden Flugzeit hätte ich mir ein paar Kopfhörer für das Bord-Entertainment einpacken sollen; von den kurzen Flügen nach Norwegen bin ich das nicht mehr gewohnt. Aber was soll’s, es war genug Platz, um den Laptop auszupacken und etwas zu arbeiten.

Island im Weihnachtsfieber

Der Flughafen Keflavik ist Anfang Dezember schon ganz auf Weihnachten getrimmt. Den Yule-Lads (Jólasveinar oder Weihnachtsgesellen) war ich ja schon im Mai in Dimmuborgir begegnet, jetzt haben sie ihre Hochzeit.

Für Grýla und ihre Sprösslinge bleibt aber keine Zeit: Der Mietwagen muss abgeholt werden, was gar nicht so leicht war. Sixt Island will nichts von der online gebuchten Vollkasko wissen, von dem kostenlosen Zweitfahrer genauso wenig, aber dafür um so mehr von dem Tankpackage – egal, wie viel Benzin am Ende noch im Auto ist, Sixt tankt für 95 Euro voll. Auch wenn nur ein paar Liter fehlen. Zumindest das hat die gute Dame beherrscht; mal sehen, ob der Posten mittlerweile wieder von meiner Kreditkartenabrechnung verschwunden ist. Immerhin gabs wieder einen SsangYong Rexton, wie beim letzten Mal. Mit dem ging’s dann ab nach Selfoss, ins Hotel.

Schweinebauch im Tryggvaskali

Das heutige Tagesziel: Abendessen. Teuer, aber richtig gut. Im Trygvasskali waren wir ja schon im Mai, aber viel öfter als einmal pro Tour kann man sich das auch kaum leisten, wenn man aus einem Billiglohnland wie Deutschland kommt. Aber es war jede Krone wert (wobei ich diesmal gar kein Bargeld dabei hatte – Kreditkarte langt, wenn das Limit hoch genug gesetzt ist). Ein Geheimtipp ist das Restaurant wohl schon lange nicht mehr, schmecken tut es trotzdem.

Diesmal war auch genug Zeit, um einmal durch Selfoss zu schlendern. Ausreichend trockene Phasen gab es auch, und somit konnten ein paar Kalorien wieder abtrainiert werden. Mit Brücke, Kirche und jeder Menge Weihnachtsbeleuchtung dürften alle wichtigen Sehenswürdigkeiten des 6500-Einwohner-Orts abgedeckt sein… Faszinierend: Vor den Gräbern auf dem Friedhof stehen beleuchtete Kreuze, und eine wilde Verkabelung überzieht den Gottesacker. Diesen Weihnachtsschmuck hätte ich wirklich nicht erwartet.

Wie erwartet gilt: Kein Foto ohne Stativ, ein paar nette Fotos sind dabei dann doch herausgekommen. Kein schlechter Start, und eine gute Gelegenheit, um den ersten halben Tag auf Island zu beenden.

Sólheimasandur – dieser Weg führt zur DC-3

Der zweite Tag auf Island hat volles Programm, wenn auch wenig neues. Selfoss ist nämlich ein schöner Stützpunkt, aber bei weitem nicht das einzige Ziel auf Island. Auf der Rundreise im Mai war zu wenig Zeit, um das Flugzeugwrack an der Südküste zu besuchen, also sollten die fünf Stunden Tageslicht (plus Dämmerung), die Anfang Dezember zur Verfügung stehen, für Trip nach Vik und zurück genutzt werden. Das Wrack am Sólheimasandur-Strand ist mittlerweile nur noch zu Fuß zu erreichen, seit der Strand für Fahrzeuge gesperrt ist. Rund vier Kilometer führt der Weg durch das Ödland des schwarzen Strands, komplett ohne Schutz vor Wind. Und ich habe meinen Windmesser im Hotel vergessen…

Ein veritabler Sturm gibt uns Seitenwind und treibt Regen wie auch Sand vor sich her. Bestes Wanderwetter ist was anderes, aber immerhin ist es kein Starkregen. Was mögen sich die Leute gedacht haben, die 1973 mit dem Flugzeug hier wegen Treibstoffmangel und Vereisung notlandeten? Wohl irgendwas zwischen Gott sei Dank und Oh Mist.

Die Fahrtpiste führt fast geradlinig durch die Landschaft und lässt kein Ziel erkennen, erst kurz vor der Maschine macht sie eine leichte Kurve, und das graue Wrack lässt sich auf dem schwarzen Sand vor dem grauen Himmel erahnen. Nur der Rumpf ist noch von der alten DC-3 vorhanden und bietet ein eindrucksvolles Fotomotiv – und, viel wichtiger, etwas Schutz vor Wind und Regen.

Im Dezember sind wir auch fast die einzigen Touristen, die kurz vor 11 Uhr den ehemaligen Flieger aufsuchen. Die düsteren Wolken geben natürlich kein perfektes Foto-Licht, aber sie verleihen der Absturzstelle eine ganz besonders düstere Stimmung. Der Regen tut dazu sein übriges… Nächster Halt ist daher Vik mit dem Werksshop von Icewear. Die Chance, durchnässte Sachen gegen neue auszutauschen. Aber auch diesmal spricht mich nichts aus dem Sortiment an.

Von Vik bietet sich ein hübscher Blick zurück auf Kap Dyrhólaey und die Gesteinsformation der Reynisdrangar, die aus dem Meer ragen. Das Sightseeing vom letzten Mal machen wir nun in umgekehrter Reihenfolge und steuern nun die Black Beach an. Der Wind hat deutlich zugenommen und treibt die schwarzen Kiesel über den Strand. Natur pur, da merkt, dass man lebt. Und sandgestrahlt wird; eine dickere Hose wäre kein Fehler gewesen…

Auch auf dem Parkplatz macht der Wind sich bemerkbar: In Ruhe im Auto frühstücken ist kaum möglich, die Windböen wackeln so am Auto, dass sogar die Kaffeetasse überschwappt. Aber ehrlich gesagt macht das viel mehr Spaß als ein ruhiger Tag mit blauem Himmel.

Der Leuchtturm auf Dyrhólaey

Bevor die Sonnenstunden vorbei sind, stehen noch ein paar Wasserfälle auf dem Programm. Der Leuchtturm auf dem Kap muss zuvor natürlich auch noch besucht werden, trotz oder gerade wegen des Sturms. Die Fahrt auf den Berg kommt mir entspannter vor als vor einem halben Jahr, die Straße wurde wohl über den Sommer ausgebaut. Da oben bläst der Wind bei weitem nicht so extrem wie erwartet; trotzdem sollte man die Autotüre gut festhalten, wenn man sie öffnet.

Der Abstecher zum Sólheimajökull ist eine kurze und nasse Angelegenheit – prinzipiell kann man hier bis zum Fuß des Gletschers gehen, aber nur, wenn man dem Starkregen trotzen will. Ich muss ja nicht alles machen, daher gibt’s hier keine Foto. Island hat sich von seiner nasseren Seite gezeigt…

Wasser ist ein gutes Stichwort: Der nächste Halt ist der mächtige, 60 Meter hohe Skógafoss. Mittlerweile reißt sogar die Bewölkung auf, und die Wolken schimmern rot in der untergehenden Sonne – immerhin ist schon fast 16 Uhr. Nur rund ein Dutzend Autos parkt am Wasserfall, kein Vergleich zur Nebensaison im Mai. Dafür bleibt diesmal keine Zeit, um die schmale Treppe zu erklimmen, die am Wasserfall entlang führt. Also gibt es heute nur ein paar nasse Fotos vom Fuß des Skógafoss.

Seljalandsfoss

Weiter geht’s zum Seljalandsfoss, dem berühmten Wasserfall, hinter dem man hindurchgehen kann. Wer das noch nicht getan hat, nutzt die Gelegenheit, während ich – ganz ohne Filter – mal wieder Langzeitaufnahmen von Wasserfällen übe. Macht sich immer gut, und für kurze Belichtungszeiten ist es ohnehin schon zu dunkel, auch wenn er künstlich beleuchtet wird…

Trotzdem geht es anschließend noch ein paar Meter bis zum Gljúfrabúi, der verborgen in einer Spalte liegt. Ich hätte meine Schuhe nach dem Starkregen in Ålesund neulich doch noch neu imprägnieren sollen… aber der Anblick ist schon das Risiko für ein paar nasse Füße wert. Mit Taschenlampen gibt es auch genug Licht für ein paar Fotos dieses geheimnisvollen Wasserfalls.

Mittlerweile ist auch der Mond aufgegangen, und wir machen noch eine Stopp am Seljalandsfoss. Der Mond steht wunderschön über der Felskante, direkt über dem künstlich angeleuchteten Wasserfall: Fototime!

So machen Wasserfälle Spaß.

Durch die Nacht ging’s dann weiter nach Selfoss ins Hotel. Die Chinesen, die mit uns im Hotel sind, werden auf einmal unruhig: Hinter dem Hotel ist ein Polarlichtbogen zusehen. Aber wir sind noch weit vom Zentrum des Polarlichtovals entfernt, und die Wetterprognose ist auch nicht schlecht – also gehen wir erst einmal Pizza essen, die Nacht könnte lang werden.

First Light

Gegen 21 Uhr ziehen wir dann los, hunting the light. Das Problem: Windytv, Yr und die anderen Wetterprognosen haben eine etwas andere Definition von 13% Bewölkung als wir. Mit etwas Glück gibt es ein paar Wolkenlücken in der ansonsten geschlossenen Wolkendecke, durch die das Grün durchschimmert. Dabei ist durchaus Aktivität vorhanden. Zumindest ein paar Minuten können wir das Polarlicht beobachten, irgendwo in der isländischen Pampa.

Warten auf Wolkenlücken

Auf der Suche nach klarem Himmel fahren wir dann weiter, fast bis zum Þingvallavatn, dem See am Þingvellir. Irgendwo finden wir sogar einen hübschen Ort, an dem das Licht eine schöne Kulisse hätte.

Wenn die Wolken nicht wären.

Nach einer guten Stunde ist dann Kapitulation angesagt: Die leichte Bewölkung ist jetzt komplett zugezogen, und die Wetterprognose sieht auch schlecht aus. Wir hätten doch den ersten Grünschimmer in Selfoss nehmen sollen. Auf Polarlichtexpeditionen sollten keine Leute mitkommen, denen regelmäßige Mahlzeiten wichtig sind, oder die nicht von Keksen und Schokolade leben wollen…

Island im Dezember: Vom Golden Circle bis Kirkjufell

Time to move on: Heute (10. Dezember 2016) heißt es, Selfoss adieu zu sagen. Der Golden Circle ist das Zwischenziel (quasi Island in a Nutshell mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, obwohl die Insel noch viel mehr zu bieten hat), und danach Grundarfjörður auf der Halbinsel Snæfellsness. Vorher steht natürlich noch ein Besuch in der Bäckerei neben dem Hotel auf dem Plan, Proviant bunkern.

Kerið

Der erste Halt ist der gut 200 Meter große und 7-14 Meter tiefe Kratersee Kerið. Wir erreichen ihn um halb zehn; Sonnenaufgang ist in rund einer Stunde – alles andere als ideale Fotobedingungen. Das Bild rechts wurde 10 Sekunden bei Blende 3,2 und 200 ISO (wegen wenig Rauschen und Stativ) belichtet, den Rest hat Lightroom gemacht. Im Mai war er leichter zu knipsen… und auch zu einer Wanderung hinab zum Kratersee reizen die Lichtverhältnisse eher wenig. Dafür ist das Kassenhäuschen noch unbesetzt.

Eine halbe Stunde steht der nächste Halt auf dem Plan: Gewächshäuser. In Heilbronn würde ich wohl nie auf die Idee kommen, beim Pflanzen-Kölle einen Foto-Stopp zu machen, aber das ist Island.

Gewächshäuser in Reykholt

Also nichts wie raus aus dem Auto und in Reykholt den Gurken beim Wachsen zuschauen. Kurz vor zehn ist von der Sonne auch noch nichts zu sehen, aber Strom scheint wie in Norwegen billig zu sein: Die Gewächshäuser sind taghell beleuchtet.

Nach Reykholt treffen wir dann auch die ersten Kleinbusse, die unseren Mini-Konvoi aus zwei SUVs splitten. Es ist nicht ganz einfach, den Bus zu überholen, der sich am Kreisverkehr in Reykholt zwischen uns gesetzt hat. Auch wenn in Island wenig Verkehr ist, gibt es sportlichere Fahrzeuge als ein vollbeladenes SsangYong-SUV. Irgendwann klappt es, und wir sind vor der Bus-Tour am Faxafoss Wasserfall.

Faxafoss

Der Faxafoss oder Faxi wird wird gelegentlich schon dem Gullni hringurinn oder Golden Circle zugeschlagen, einen Besuch wert ist er allemal. Kurz nach uns kommen auch der überholte Sprinter an, dann ein paar Landrover und ein zum Bus aufgemotzter, hochgelegter Pickup.

Es ist also Zeit, weiterzuziehen, auch wenn sich kurz nach zehn Uhr die Dämmerung schon bemerkbar macht. Mit dem nächsten Halt sind wir definitiv auf dem Golden Circle: Die Geysire rund um den Namensgeber Geysir erwarten uns.

Der eigentliche Geysir ist ja schon lange eher zurückhaltend und bricht nur sporadisch aus, aber auch der wesentlich aktivere Strokkur enttäuscht diesmal: Nur sehr selten spuckt er eine beeindruckende Wasserfontaine aus, die meisten sind nur wenige Meter hoch. Da ging schon mehr…

Meine kleine Panasonic LX-100 beherrscht zum Glück auch im RAW-Modus die Dauerfeuer-Funktion, aber der Strokkur macht es uns nicht leicht. Erst, als wir bei den blauen, mineralienreichen Blesi-Tümpeln sind, gibt er sich wieder etwas Mühe und mach seinem Ruf als aktiver Geysir wieder Ehre. Endlich eine schön hohe Wasserfontaine. Sowas fehlt in Heilbronn noch (wobei, so wenig Schnee wie hier als liegt, müsste es unter Heilbronn eigentlich warm genug sein…)

Die Hänge oberhalb des Haukadalur-Gebiets sind gesperrt, auch wenn man noch keine Spikes bräuchte, um sie zu erklimmen. Also ziehen wir weiter zum nächsten Stopp: Dem Gullfoss. Über 100 m3/s Wasser stürzen seine beiden Fallstufen hinab. Vom Parkplatz oberhalb des Wasserfalls führt die Treppe hinab in die Gischt; erst näher am Wasserfall gibt es die Möglichkeit zu Fotografieren, ohne alle paar Sekunden das Objektiv trockenlegen zu müssen. Selbst für Dezember ist hier noch viel los; wir sind bei weitem nicht die einzigen Besucher des imposanten Wasserfalls.

Auch wenn der Sonnenuntergang schon bedrohlich nah ist, haben wir diesmal etwas mehr Zeit und können nicht nur zum Gullfoss selbst gehen, sondern auch vom Parkplatz ebenerdig ein Stück flussaufwärts. Der klare Himmel am Horizont ist fast noch sehenswerter als der Wasserfall… Nur für unsere Kameradrohne ist es zu windig; einzelne Böen kratzen arg an den 20-25 m/s (Windstärke 5), mit denen die Drohne noch zurecht kommt. Im Vergleich zur Black Beach gestern ist das zwar nichts, aber wir wollen die DJI Phantom doch auch wieder nach Hause mitnehmen… Schade eigentlich. Aber wenn ich mir manchen Bus auf dem Parkplatz anschaue, ist das wohl noch gar nichts. Hier wurden eindeutig alte Armee-Bestände für den Tourismus zweckentfremdet.

Auf zum Bruarfoss

Sei’s drum, wir haben noch ein paar Kilometer vor uns. Der Bruarfoss ist unser nächstes Ziel. Auch er stand schon im Mai auf dem Programm; diesmal ist der Weg zu ihm die reinste Schlammschlacht. Ich habe ja die Schuhe gewechselt und die neuen, wasserdichten Rockport an, die ich ich während des längeren Zwangsaufenthalts der Finnmarken Ende Oktober in Trondheim gekauft habe. Die Schuhe halten zwar, was sie versprechen, aber es sind doch nur Halbschuhe…

Das Bild rechts gibt nur einen vagen Eindruck von dem Moor, das wir durchwaten mussten. Trotzdem hat es sich gelohnt: Der Bruarfoss brilliert mit blauem Wasser, und es blieb genug Zeit, um auch einmal zu ihm herab zu steigen und Nahaufnahmen zu machen. Noch sehenswerter waren aber die anderen Touris, die blauäugig mit weißen Stiefeln den Weg in Angriff nahmen…

Der Rückweg ist eine ähnliche Schlammschlacht durch das Gebüsch. Gut, dass wir Mietwägen haben – in mein Auto würde ich so niemanden einsteigen lassen…

Moosüberwucherte Lava

Anschließend geht es weiter Richtung Þingvellir. Am Ufer des Þingvallavatn laden moosüberwucherte Lavafelder zu einem Fotostopp ein, bevor es pünktlich zum Sonnenuntergang zum eigentlichen Þingvellir geht. Ab 930 war er Gerichtsort (Männer wurden hier geköpft, und Frauen ertränkt), auch heute beeindruckt die Gegend noch. Die steilen Basaltklippen lassen eine Riesenfestung vermuten, auch wenn sich hinter ihnen “nur” eine Hochebene verbirgt. Es liegt an einer Grabenbruchzone, die die eurasische von der amerikanischen Kontinentalplatte trennt. Der Fluss Öxára mit dem Wasserfall Öxárarfoss fließt an den steilen Klippen entlang. Als wir da sind, taucht der Sonnenuntergang den Himmel in ein blutrotes Licht – Wahnsinn.

Durch die Allmännerschlucht führt der Weg hinauf zum Busparkplatz samt Souvenirshop und Toiletten. Diese bieten nicht nur einen schönen Ausblick (auch die Isländer bauen recht luftig), sondern kosten auch Eintritt – der für uns ungewohnt ganz unkompliziert per Kreditkarte bezahlt werden kann…

Mit dem Þingvellir endet unser Besuch am Golden Circle auch schon. Der nächste geplante Halt ist das Hotel in Grundarfjörður, mit der Option, in Borgarnes zu Abend zu Essen. Da gibt es nur ein Problem: Die Aurora boealis…

Schon kurz vor Borgarnes zeigt sie sich am Himmel, also fahren wir durch und halten kurz nach der Stadt an, um die Kameras aufzubauen. Die Prognose “alle halbe Stunde ein Auto” bewahrheitet sich zwar nicht, aber auf der anderen Straßenseite gibt es eine Art Feldweg, auf dem die Kameras einigermaßen lichtgeschützt aufgebaut werden können. Etwa von 18:20 bis 18:40 können wir das Nordlicht als Bogen über dem Nordhorizont beobachten. Nicht ganz “the greatest show in heaven, hell and earth”, aber schon ganz nett. Auf alle Fälle die Chance für Beweisfotos, während im Süden der fast volle Mond die Wolken beleuchtet.

Tja, Licht ist Licht… immerhin für einen netten Zeitraffer hat es gelangt:

Wichtige Erkenntnis: Auch rote Stirnlampen sind auf den Fotos deutlich zu sehen. Rot ist zwar gut für Dunkeladaption vom Auge, aber die Kamera sieht das anders. Das gilt übrigens auch für Deep-Sky-Astrofotografen: Die ganzen Wasserstoffnebel im All leuchten auch rot, da sind rote Lampen kontraproduktiv…

Nachdem uns die Wolken eingeholt haben, geht die Fahrt weiter durch das Niemandsland, genauer gesagt bis nach Grundarfjörður auf der Halbinsel Snæfellsness. Lange Strecken ohne Besiedelung erwarten uns. Irgendwann gegen 20 Uhr erreichen wir das Framnes-Hotel, um es gleich wieder zu verlassen. Schließlich gibt es noch ein paar Wolkenlücken und Polarlicht, also nichts wie los zum Kirkjufell.

Kirkjufell

Der Kirkjufell ist wohl einer der markantesten isländischen Berge und wirklich fotogen. Marcus und ich gehen bis auf die andere Seite des Wasserfalls, wo ich mein Fotostativ verfluche: Der Kugelkopf hat eine schöne Arretierung, mit der er auch geklemmt noch beweglich sein sollte, stattdessen blockiert er komplett. Zum Glück habe ich das Taschenmesser wieder griffbereit, das dank Sicherheitskontrollen am Flughafen im Gepäck war, und kann ihn wieder lösen. Immerhin ein paar Aufnahmen mit Berg, Wasserfall und Polarlicht sind dann noch möglich. Am selben Ort sind noch ein lokaler Guide mit einer Gruppe, er gibt Fototipps – aber über das Stadium sind wir hinaus.

Aber dann holen uns die Wolken ein – Zeit, aufzubrechen und sich auf die Suche nach Nahrung zu begeben. Das erste Restaurant in Grundarfjörður hat wegen Weihnachtsfeier geschlossen (“Don’t even think about it”), das zweite wegen Feierabend, und das war’s auch schon. Im Hotel können wir das Restaurant gerne benutzen, wenn wir eigenes Essen haben… willkommen im winterlichen Nordost-Island. Bei Keksen & Co klingt der Abend somit in der Hotel-Lobby aus. Morgen steht dann die Snæfellsnes-Halbinsel auf dem Programm. Dank des späten Sonnenaufgangs müssen wir nicht allzu früh aufstehen. Island im Winter hat seine Vorteile – auch wenn im Lauf der Nacht der Regen anfängt, gegen die Fenster zu klopfen.

Island im Dezember: Die Snæfellsnes-Halbinsel

Island hat im Dezember echte Vorteile: Man kriegt zwar vielleicht kein Abendessen, aber dafür kann man am nächsten Morgen ausschlafen – früh aufbrechen bringt eh nichts, wenn es frühestens gegen halb zehn zu Dämmern anfängt. Und da es an diesem Morgen weniger Regen gibt als vielmehr “Wasser mit Schlitzen drin”, wirkt das Hotel sogar beinahe reizvoll…

Die Kirche in Stykkishólmur

Trotzdem heißt es irgendwann Aufbruch, und bis wir kurz vor zehn Stykkishólmur erreichen, hat es sogar aufgehört zu schütten. Island hat ja einige kreative Kirchen, und die dieses 1000-Einwohner-Ortes gehört auch dazu: Ein moderner Bau, der trotzdem nicht schlecht aussieht. Für 11 Uhr ist eine Messe oder ein Konzert geplant; wir nutzen die Gelegenheit, um einen Blick ins Innere zu werfen. Der Pfarrer scheint auch der einzige zu sein, der an diesem Sonntagmorgen außer uns in dem Ort unterwegs ist.

Der nächste Halt ist die steile Insel Súgandisey mit dem kleinen Leuchtfeuer über dem Ort, die über einen Damm mit Stykkishólmur verbunden ist, gefolgt vom Hafen, an dem es viele hübsche, alte Häuser gibt, sowie die Skulptur eines Segelboots. Nettes Örtchen.

Unter den Wolken ist am Horizont sogar ein helles Schimmern zu erkennen. So richtig klar wird es heute zwar nicht, aber immerhin hält sich der Regen für den Rest des Tages zurück. Die Rundfahrt über die Halbinsel Snæfellsnes beschränkt sich daher nicht auf ein paar Fotos aus dem Auto heraus, sondern lohnt sich.

Der Saxholl, Mittags um 12

Die Route führt erst einmal weit nach Westen, zum Saxholl. 390 Stahlstufen führen zum Rand dieses Kraters hinauf; und oben ist das Wetter bald angenehmer als an seinem Fuß. Ich wüsste ja schon gerne, wer die Idee hatte, eine Treppe auf einen Vulkan zu bauen – aber sie läuft sich ganz gut, und oben ist es zwar windig, aber man kann es durchaus einige Zeit aushalten. Und trotz der tief hängenden Wolken lohnt sich der Ausblick auf die wilde Landschaft. Vom Snæfellsjökull ist aber nichts zu sehen, auch wenn man ihn über den Kraterrand anpeilen kann.

Der Weg zur Bucht von Djúpalónssandur

Und weiter gehts zum nächsten Halt: Der Bucht von Djúpalónssandur. Hier liegen in einer unwirtlichen Lavalandschaft die Reste eines Fischerboots, das 1948 verunglückte, ebenso wie einige große Steine, an denen die Fischer früher ihre Stärke beweisen konnten.

Etwas im Inland liegt ein kleiner See versteckt, und das Meer, das gegen die Felsen brandet, gibt einen Eindruck davon, wie gefährlich die Seefahrt sein kann. Mit einem Wikinger-Langboot wollte ich hier wirklich nicht unterwegs sein…

Auch diese Küste ist wieder ein schwarzer Lavastrand, die einzigen Farbtupfer sind die rostigen Überreste des Fischkutters Epine, die mittlerweile unter Denkmalschutz stehen. Es ist beeindruckend, wie weit die Stahlteile im Landesinneren liegen. Was für Kräfte waren hier am Wirken!

Noch beeindruckender und unwirklicher finde ich aber immer wieder die moosbewachsenen Lavafelder, die die Landschaft prägen.

Lóndrangar

Entlang der Küste geht die Fahrt weiter. Die Höhle von Vatnshellir ist geschlossen (im Mai waren wir kurz nach Einlass vorbeigekommen und hatten sie daher ebenfalls nicht besucht), erst bei den Felsnadeln von Lóndrangar steht wieder ein Halt an. Die Beobachtungsplattformen haben wir für uns alleine; es sind zwar noch ein paar wenige Touristenbusse unterwegs, aber im großen Ganzen haben wir unsere Ruhe – auch, weil die Busse die Fahrt in der umgekehrten Richtung machen.

In Arnarstapi wird getankt, bevor es an der imposanten Statue von Bárður Snæfellsás vorbei zur Küste geht. Bárður soll einer der ersten Siedler in der Gegend gewesen sein, bärenstark, zauberkundig und unbeherrscht. So tötete er seine beiden Neffen, da diese nicht auf seine Tochter aufgepasst hatten – einen der beiden stieß er in die Schlucht Rauðfeldar. Nach dieser verschwand er im Snæfellsjökull.

Unser Weg führte nicht zum Berg, sondern an die Steilküste. Der Wind war schwach genug, um einen Drohnenflug zu wagen, aber den Akkus war es zu kalt – hier und heute also kein Start, sondern nur landgestützte Fotos. Auf dem Rückweg kam dann sogar die Sonne hervor: ein ungewohnter Anblick!

In der Rauðsgíl-Schlucht

Ein kleines Stück nach Anarstapi erwartete uns das nächste Ziel, das wir letztes Mal übersehen hatten: Die Schlucht Rauðfeldar. Hier tötete Bárður einst seinen Neffen Rauðfeldur, seitdem heißt die Schlucht nach ihm.

Der Weg hinauf ist etwas versteckt, aber es lohnt sich: Die schmale, tiefe Schlucht oben am Berghang betritt man durch einen kleinen Bach, der irgendwo aus dem Bergesinneren kommt. Ein schönes kleines Versteck, in dem schon so mancher Vogel gestorben ist, wie die Gerippe am Boden der Schlucht zeigen.

Allzu tief kommt man nicht in den Berg – aber weiß, welche Geheimnisse in seinem Inneren schlummern? Jedenfalls bietet sich von Rauðfeldar auch ein großartiger Ausblick auf das Land.

Während die Sonne langsam hinter den Wolken untergeht, haben wir nur noch ein Ziel: Die schwarze Kirche von Búðir. Wo heute nur die Kirche, ein Friedhof, ein Hotel und besagte Kirche stehen, war wohl noch bis etwa 1930 ein wichtiger Handelsplatz. Heute steht die Kirche recht einsam da (wenn nicht gerade ein Bus Touristen vorbeibringt). Auch hier sollte man es nicht vergessen, einen Blick auf die Landschaft zu werfen.

Die Kirche selbst wurde 1848 gegen den Willen der Geistlichkeit errichtet, aber mit königlichem Segen. Heute ist sie eine der ältesten Holzkirchen Islands. Sie war bei unserem Besuch abgeschlossen, aber ein Blick durch’s Fenster war möglich. Auf dem Friedhofen leuchteten wieder beleuchtete Kreuze vor den eigentlichen Grabkreuzen.

Anschließend ging es praktisch Non-Stop nach Reykjavik, zu unserem nächsten Hotel und – für manche ganz wichtig – einer reichhaltigen Auswahl an Restaurants. Nach der samstagabends ausgestorbenen Snæfellsnes-Halbinsel ist die Hauptstadt ein echter Kulturschock: Sogar am Sonntag haben die Läden offen! Da es gerade nicht regnet, nutzen wir die Chance für einen Stadtbummel, gehen Essen (Rentierburger) und anschließend noch auf Fototour Richtung Harpa, dem Konzerthaus.

Die Hallgrímskirkja

Reykjavik hat ein beeindruckendes Nachtleben, gerade für Sonntagabend, und ist mehr als nur einen Besuch wert. In den Souvenirläden werde ich trotzdem nicht fündig, genauso wenig wie in den Buchhandlungen. Isländisch will ich nicht auch noch lernen, und fremdsprachige Bücher sind etwa dreimal teurer als bei uns. Nichts dagegen, die skandinavische Wirtschaft zu fördern, aber irgendwo ist dann doch Schluss.

Also bleibt es bei Fotos. Die Harpa wirkt bei Nacht imposanter als bei Tag: Die Beleuchtung wechselt ständig; eigentlich sollte man hier filmen statt zu fotografieren. Ich bleibe trotzdem bei ein paar Langzeitaufnahmen, bevor es weiter zum Sólfar geht, dem “Sonnenfahrer” – der berühmten Skulptur eines Schiffs. Anschließend geht es über die Hallgrímskirkja zurück zum Hotel – Akkus aufladen und den Tag ausklingen lassen. Mit einer vollen Kreditkarte müsste man sich die Stadt mal ein paar Tage lang anschauen, aber so hat alles seine Grenzen…

Island im Dezember: Reykjanes und schon wieder nach Hause…

Wie heißt es in Blade Runner doch so treffend:

All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, wie Tränen im Regen.

Der letzte Tag in Island beginnt, und es regnet. Gut, dass wir den Stadtrundgang schon gestern Abend erledigt haben. Daher steht jetzt nur noch ein Besuch in der Bäckerei ums Eck an, zum Frühstücken. Rund 20 Euro für zwei belegte Brote und eine heiße Schokolade. Aber was soll ich sagen: Es hat geschmeckt. (Und auf dem Weihnachtsmarkt in Deutschland ist es auch nicht billiger, nur wird da keine Kreditkarte akzeptiert.)

Perlan

Und dann: Hotel räumen und Abfahrt. Das erste Ziel ist Perlan, der Wasserbehälter über der Stadt. Kurz vor zehn Uhr ist er noch hübsch beleuchtet, und von der Aussichtsplattform auf dem Dach könnte man den Ausblick auf die Stadt genießen, wenn es weniger stark regnen würde. So bleibt es bei einer kurzen Runde um das Dach und der letzten Chance, nach Souvenirs zu schauen. Der Shop ist auch gut auf Weihnachten ausgerichtet.

Im Augenblick wird im Perlan umgebaut, einer der Tanks soll zu einem Museum werden. Vielleicht ergibt sich mal eine Gelegenheit, eines Tages da einen Blick reinzuwerfen. Aber wir können nicht warten, bis die Umbauarbeiten fertig sind: Der Südwesten will noch abgeklappert werden, einmal rund um die Halbinsel Reykjanes.

Der erste größere Halt ist Seltún, ein Gebiet mit heißen Schlammquellen, die munter vor sich hin blubbern. Ein Fest für die Sinne, schließlich wurde hier einst Schwefel gewonnen… Ein Steg führt durch das Gebiet, sodass man den Quellen (wohl) gefahrlos nahe kommen kann. Mittlerweile hat auch der Regen aufgehört, und Sonnenstrahlen brechen zwischen den Wolken hervor.

Das untere Gebiet kennen wir ja schon vom letzten Mal, aber ein Stück den Berg hinauf gibt es noch weitere heiße Quellen. Der Weg sieht erst einmal nach Schlammschlacht aus, aber vielleicht geht’s doch?

Ja, die ersten paar Meter sind ganz gut gangbar, also machen wir uns an den Aufstieg. Die Erkenntnis: Man kommt wirklich hoch – dafür könnte der Rückweg durchaus spannend werden, es ist doch recht steil… Aber es lohnt sich, nach einigen Höhenmetern bietet sich ein toller Ausblick auf Seltún und die übrige Umgebung:

Aber noch haben wir das Ziel nicht erreicht, der Dampf steigt einige Meter über uns aus dem Boden. Da wollen wir hin, der letzte Rest ist auch noch zu schaffen.

Wenn der Boden zu Knete wird

Bis man merkt, dass die Schuhe immer dicker und schwerer werden – wo wir weiter unten noch durch normalen Matsch gewandert waren, machen sich hier die heißen Quellen bemerkbar. Der Boden ist seltsam und bleibt an den Schuhen kleben, ohne wirklich viel Halt zu geben.

Die Hoffnung, auf nacktes Gestein ausweichen zu können, zerschlägt sich auch: Was wie Fels aussieht, hat die Konsistenz von Knete. Warm ist der Boden allerdings nicht – es ist ein seltsames Zeug, das mittlerweile sämtliches Profil an den Schuhen aufgefüllt hat. Da will man nicht zu lange an der selben Stelle stehen…

Die oberen Wärmequellen

Besonders vertrauenserweckend wirkt die Gegend nicht, und langsam kommen Bedenken auf, ob wir noch Schuhe haben, wenn wir wieder an den Autos sind. Bevor es an den Abstieg geht, muss einiges von dem Zeug aber wieder ab, sonst wird der Hang zur Rutschpartie. Es ist wiederspenstig, aber es geht irgendwie. Die Reste lassen sich dann ziemlich gut im Bach abspülen; und die Schuhe scheinen auch nicht allzusehr angegriffen worden zu sein – die Sohle ist noch dran.

Das war vielleicht das eindrucksvollste Stück Island bislang. Keine Absperrung, nur der gesunde Menschenverstand, der einen von der Natur fern hält, und ein Boden, wie man ihn definitiv nicht von zuhause kennt..

Anschließend geht es schnurstracks auf der Straße weiter zur Küste. Hier erwarten uns mal wieder schwarzer Strand und moosüberwucherte Lavafelder. Am Ufer gibt es irre Wolkenformationen, wilde Wellen und jede Menge Müll, bis hin zur Laptoptasche und großen Schrottteilen, die vielleicht mal zur Küchenzeile eines Boots oder Flugzeugs gehörten.

Und ein Stück weiter dann Ruinen: Massive Bauten aus groben Lavasteinen mit winzigen Fenstern und Türen. Wer hat hier freiwillig gelebt? Bei der Brandung dürfte man kaum mit Booten anlanden können, und Ackerbau ist völlig unmöglich. Ob die Bewohner eine Wette verloren hatten, dass sie hier siedelten?

Weit gefehlt – noch bis 1884 war Selatangar ein großer Stützpunkt für die Fischerei; in offenen Booten ging es im Winter auf Fischfang. Wahnsinn.

Angeblich geht in Selatangar auch der Geist von Tanga-Tómas um, der einst die Bewohner terrorisierte, aber von ihm ist nichts zu sehen – die Gegend ist wohl selbst für Gespenster zu unwirtlich. Beeindruckend, aber auch unglaublich karg.

Gunnuhver

Unsere Zeit in Island neigt sich wie der kurze Tag unerbittlich dem Ende zu, weiter geht es nach Gunnuhver. Vor rund hundert Jahren wurde die Gegend noch für die Blumenzucht genutzt, bis der Boden dafür zu heiß wurde – ein paar Fundamentreste des ehemaligen Hauses sind noch zu erkennen. Vor zwei Jahren war die Gegend gesperrt, da die Schlammquelle zum Schlammgeysir geworden war – hier gibt’s einen Film davon. Mittlerweile ist es etwas ruhiger geworden, und man kann die verbliebenen Stege wieder begehen. Imposant ist es trotzdem, was immer noch an Wassermassen aus der Erde schießt und den eingestürzten Steg umspült.

Die Klippen bei Valahnúkur

Von Gunnuhver sind es nur ein paar Minuten mit dem Auto zur Küste. Hoch ragt der Berg Valahnúkur über das Meer. Einst stand auf ihm Islands erster Leuchtturm, bis ihn 1887 ein Erdbeben schwer beschädigte. 1905 war der Leuchtturm endgültig einsturzgefährdet, er stand nur zehn Meter vom Abgrund entfernt, und selbst der Leuchtturmwärter traute sich nicht mehr, dort Wache zu halten. Die Reste des 1908 abgebrochenen Leuchtturms sind noch heute am Fuß des Berges zu sehen, neben der Ruine eines Lagerhauses, das den Turm einst versorgte.

Offen gesagt kann ich seine Bedenken nachvollziehen; einige Spalten oben am Berg scheinen neu zu sein…

Vom Valahnúkur hat man trotzdem immer noch einen tollen Ausblick, linkerhand unter anderem auf einen Strand mit riesigen, rundgeschliffenen Felsen. Sie wirken fast wie Kiesel, bis man einen Größenvergleich hat. Ideal für eine Fotosession zwischen den “Kieseln”. In die andere Richtung sind Gunnuhver und der neue Leuchtturm von Reykjanesviti schön zu sehen.

Jetzt bleibt nur noch ein natürliches Ziel: Die Brücke zwischen den Kontinenten. Ein netter Gag, und nur wenige Minuten entfernt. Hier driften die eurasische und die nordamerikanische Kontinentalplatte auseinander, und irgendjemand hat eine Brücke über eine Spalte gebaut, die dadurch entstanden ist. Sie führt über jede Menge kleine Lavasteine, die wie eine schwarze Schutthalde in dem kleinen Graben unter der Brücke liegen.

Das klassische Touri-Bild (und dafür ist die Brücke ja da; noch kann man auch ohne Brücke durch die Schlucht wandern): Jemand hält die Arme hoch und scheint so die Brücke zu stützen. Und das ganze möglichst, bevor der nächste Bus mit Touris kommt… aber wir haben Glück: Es kommt zwar ein Bus, aber nur mit vier Insassen. Es ist wirklich Nebensaison. Dafür ist das Wetter auch nicht so angenehm, dass man jetzt den ganzen Tag hier verbringen wollte.

Damit endet unser diesjähriges Sightseeing. Der nächste Halt ist das Hotel in Keflavik, danach um 17 Uhr die Blaue Lagune. Im Mai war ich zu dem Schluss “überteuertes Freibad” gekommen; im Winter und bei Dunkelheit macht sie schon mehr Spaß. Über der Lagune steht der Vollmond, es ist klar und keine Spur von Grün am Himmel; irgendwann ziehen dann dunkle Wolken auf, und wir beenden den Badeausflug.

Das Wetter ist wechselhaft: Mal klar, mal wieder bedeckt – wir können guten Gewissens Essen gehen, stilgerecht im KFC (der für Vegetarier nichts im Angebot hat und daher durch ein Dunkin Donuts abgerundet wurde). Anschließend noch ein letztes Mal raus ins Dunkle fahren und warten: Teilweise sternklarer Himmel, aber keine Spur von Polarlicht. Schließlich wird der Mond von dichten Wolken bedeckt, wir kapitulieren endgültig und fahren in dichtem Regen die paar Kilometer zurück nach Keflavik, die Autos volltanken. Bis dahin hat sich der Regen in Schnee verwandelt – es war kein Fehler, die Nordlichtjagd abzubrechen.

Außerdem ist morgen früh schon um halb sechs Abfahrt vom Hotel: Die Mitreisenden am Flughafen absetzen, angemotzt werden, warum man hier mit dem Auto steht, die Autos bei Sixt abgeben, Gepäck einchecken und ab in den Flieger – das war es mit Island (und Skandinavien) für dieses Jahr.