Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Der Tagesplan

Der Tag beginnt wieder früh: Gegen halb sechs werde ich wach. Ein ungewohnter Lärm… liegen wir in einem Hafen? Das Rettungsboot vor meinem Fenster ist hell erleuchtet, aber laut Fahrplan sind wir auf hoher See. Es werden wohl nur wieder einmal die Fenster geputzt. Also drehe ich mich noch einmal um, bis mein Wecker kurz nach sieben klingelt. Draußen ist es noch dunkel, Frühstück gibt es aber schon – also starte ich mal in den neuen Tag. Sonnenaufgang ist kurz vor neun, und als es draußen langsam hell wird, sehe ich trotzdem nicht viel. Es ist neblig-trüb.

Trondheim erreichen wir planmäßig viertel vor zehn, und mittlerweile gibt es immer weniger zu sehen. Munkholmen passieren wir wie immer in nicht allzu großer Entfernung, und die Mönchsinsel verbirgt sich recht gut im Nebel. Auch die alte Hauptstadt zeigt sich unfreundlich: Es schneit leicht.

Aber es hilft ja alles nichts: Da wir gestern den ganzen Tag in Ålesund waren, haben wir nur drei Stunden für Trondheim, und eine knappe halbe Stunde kann man für den Gang ins Stadtzentrum einplanen. Also nicht rumtrödeln. Ich komme zwar an einigen Ausleihstationen für Fahrräder und E-Roller vorbei, aber bei dem Wetter will ich mich nicht auf zwei Räder begeben.

Der Weg führt mich wie immer entgegen dem Uhrzeigersinn nicht über den Hafen, sondern Richtung Nedre Elvehavn. Da wir im Industriegebiet anlegen, nehmen sich beide Routen nicht viel. Nachdem ich am Bahnhof vorbei bin, wird es hübscher: Eine Fußgänger- und Radbrücke führt in das alte Industrieviertel, das zu einem schmucken Einkaufs- und Wohnviertel saniert wurde und an das historische Bakklandet mit den alten, zweistöckigen Holzhäusern angrenzt.

Bakklandet begrüßt mich mit einer Baustelle, sodass ich ein paar Mal neue Wege einschlagen muss. So komme ich zu ein paar Fotospots am Fluss Nid, die ich normalerweise nicht ansteuere. Zum berühmten Fahrradlift schlage ich mich nicht durch (da ist Baustellenchaos), aber durch eine schmale Baulücke komme ich zu meinem Fotospot links der alten Stadtbrücke, von dem aus Dom und Brücke hübsch zu sehen sind.

Von hier sind es nur noch ein paar Meter bis zum Dom, wo ich auf die Teilnehmer der Stadtrundfahrt treffe. Gesucht wird: Der Dombaumeister. Auf einer meiner letzten Touren mit Kai fand endlich einmal der Ausflug in die geheimen Gemächer des Nidaros-Doms statt, und Kai konnte einem Führer das Geheimnis entlocken, wo der Dombaumeister versteckt ist: Die Figur ist unten am rechten Turm und nur von einem Eck aus zwischen dem Geländer zu sehen. Nachdem ich das gestern am Ende meines Vortrags erwähnt hatte, konnten ihn diesmal einige erspähen.

Das 0-km-Schild ist da schon einfacher zu finden. Zu Fuß bleibt leider nicht viel Zeit für den Dom, und ich gehe weiter zum Torget, dem Marktplatz. Hier steht schon das Riesenrad als erster Vorbote des Weihnachtsmarkts. Ein kleiner Abstecher ins Einkaufszentrum, dann zum großen Holzpalast Stiftsgården und zur steinernen Vår Frue Kirke – eine gute Stunde habe ich noch, bei einer knappen halben Stunde zum Schiff. Dieser Stress…. keine Chance, um in der Kirche etwas zu trinken. Sie ist offen und war die letzten Male immer gastlich für die Bedürftigen.

Die Statue des Stadtgründers Olaf Tryggvasson dominiert den Platz – mit dem Muster der Pflastersteine soll sie eine Sonnenuhr bilden, was aber zumindest in den Wintermonaten eher hoffnungslos ist. Es ist entweder dunkel, oder es liegt Schnee, oder Marktstände verbergen die Pflastersteine. Aber noch ist es nicht kalt, drei bis vier Grad über Null haben wir, daher trägt die Statue noch keinen Schal. Dafür sieht es aus dem richtigen Winkel so aus, als hätte er ein Heißgetränk mit Strohhalm in der Hand und keine Reichsinsignie…

Bevor ich immer nur das selbe sehe, gehe ich diesmal an der Kirche vorbei direkt zum Fluss und an ihm entlang Richtung Hafen. So komme ich nicht am Bahnhof vorbei, sondern wieder an der Brücke nach Eldrehavn vorbei zum Anleger. Das geht schneller als gedacht, ich hätte noch eine Dreiviertelstunde Zeit, die ich aber statt in Trondheim mit einem Besuch im Rema und unter der Dusche verbringe.

Tja, was gibt es neues in Trondheim? Der Rema hat auf Selfservice umgestellt, sechs Kassen zum Selber-Scannen warten jetzt auf Kundschaft, während die alte Kasse verwaist da steht. Und ich habe das Science Center mit Planetarium entdeckt, zwischen der Vår Frue Kirke und dem Fluss.

Als wir kurz vor 13 Uhr ablegen, war es das auch schon wieder mit schönem Wetter. White-out trifft es eher – über uns sieht es noch gut aus, aber wir fahren durch Nebel und etwas Schnee, sodass bald gar nichts mehr zu sehen ist. Später schaut noch ein wenig vom Trondheim-Fjord hervor – schön mit Puderzucker bestreut, aber im großen Ganzen doch etwas zu mystisch.

Da kann ich um 14:30 beruhigt meinen zweiten Vortrag halten. Viel Zeit habe ich nicht: Parallel findet eine Miesmuschel-Verköstigung statt, und um 15:10 ist der Interessepunkt Kjeungskjær Fyr – bis wir den roten Leuchtturm erreichen, muss ich fertig sein. Klappt zum Glück, und das Wetter speilt auch mit: Am Ende des Fjords ist es kurzfristig schön. Gegen 15:20 kommt er deutlich in Sicht, und wir passieren ihn in geringem Abstand. Immer wieder nett, auch wenn er erst einmal vor einem etwas kontrastarmen Hintergrund steht .

Als wir ihn hinter uns lassen, macht er schon mehr her. Und vor uns? Ein schwarzes Loch…

Schlecht Wetter voraus

Wir nehmen wirklich Kurs auf einen tiefschwarzen Fleck am Himmel. Ich versuche, das als schwarzes Polarlicht oder alternativ als Polarnacht zu verkaufen, und bevor wir es erreichen, gehe ich doch lieber ins Schiff. Es wird auch rasch stockduster draußen.

Das Gathering mit dem Expeditionsteam lasse ich heute unbewusst ausfallen und ignoriere auch den Film mit Fototipps, der per KI-Stimme schlecht synchronisiert wurde. Da mache ich lieber noch einmal mit Kai flexible Reiseleitersprechstunde (will sagen, wir sitzen vor dem Restaurant, wo uns jeder finden kann), auch wenn das bei der Gruppengröße kaum nötig ist. Und dann steht auch schon das Abendessen an, während unsere längste Seestrecke allmählich kürzer wird. Hier im Süden hat die Hurtigrute noch keinen großen Versorgungsauftrag, und unser nächster Hafen nach Trondheim ist erst Rørvik um 21:45. Wir sind pünktlich fertig, bevor es auf die offene Seestrecke der Folda geht. Wir haben etwas Seegang, aber im großen Ganzen ist sie harmlos, und lange vor Rørvik hört das Geschaukel auf. Dafür gibt es Schneefall – Polarlichtwache kann ich da vergessen, weder die südgehende Hurtigrute bei Rørvik noch der Hafen selber sind gut zu sehen.

Also ein ruhiger Abend für mich – auch recht, morgen früh überqueren wir ja schon den Polarkreis, und um 9 Uhr steht bereits mein dritter Vortrag an. Volles Programm…

Hurtigrute Tag 2: Ålesund

Das Tagesprogramm

Das Westkap meint es gut mit uns: 5,5 Meter Wellen von vorne, da wird ab sechs Uhr morgens in der Kabine alles abgeräumt, was nicht gesichert ist. Willkommen auf hoher See!

Die offene Seestrecke dauert zwar nur zwei Stunden, hat es aber in sich. Da dürfte so mancher froh sein, bereits in der Horizontalen zu sein. Ich bin bislang zum Glück von der Seekrankheit verschont geblieben, aber mit Ausschlafen wird das bei dem Geschaukel aber auch nichts. Trotzdem wird es gegen acht, bis ich dann doch aufstehe und meine Morgenrunde an Deck drehe. Ich bin auf Deck 6 in einer Rettungsbootkabine untergebracht. Das heißt, ich sehe von Norwegen nur den gelben Rumpf vom Rettungsboot vor meinem Fenster (“eingeschränkte Sicht” nennt sich das im Katalog), aber immerhin habe ich Tageslicht. Nur was das Wetter macht, davon kriege ich in der Kabine nichts mit. Also raus an Deck, bevor wir mit einiger Verspätung gegen neun Uhr Torvik erreichen. Torvik ist nur ein kleiner Ort, aber am gegenüberliegenden Ufer liegt das deutlich größere Ulsteinvik, wo auch unsere MS Nordkapp gebaut wurde. Der Blick nach hinten zeigt das unfreundliche Wetter, das wir am Westkap hatten: Drohende Wolken.

Vor uns schaut es besser aus, und ein kleiner Leuchtturm weist uns den Weg, bevor wir endlich in Torvik erreichen. Zeit für das Frühstück.

Von hier ist es nicht mehr weit bis Ålesund, und die Landschaft zieht bewegt an uns vorbei: Für diese Seestrecke ist überraschend viel Bewegung im Schiff. Es ist windig draußen, wahrscheinlich legen wir deshalb am geschützteren Kreuzfahrtterminal von Ålesund an. Den kenne ich: Vor zehn Jahren war das der Standard-Anlegeplatz, weil unser normaler Anleger noch in Bau war. Damit sind wir etwas näher am Jugenstilzentrum und dem Aussichtshügel hinter der Schule, und etwas weiter weg vom Aksla und den typischen Souvenirshops – wobei das vielleicht fünf Minuten ausmacht, die Jugendstilstadt ist sehr kompakt.

Ålesund von “hinten”
Der Sund von Ålesund

Dafür, dass Dauerregen angesagt war, ist das Wetter überraschend gut. Ich schnappe mir meine Kamera und mache mich doch auf den Weg zum Aksla. Das Jugendstilzentrum streife ich, der Sund sieht hübsch aus. Wer es noch nicht weiß: Ein Fjord ist eine Sackgasse, durch einen Sund kann man durchfahren. Die Kajaktour in Ålesund ist aber abgesagt, bleibt nur der Weg über die Brücke.

Bis zum Stadtpark und dem Aksla ist es nicht weit, besonders weit komme ich aber nicht: Auf der Höhe der Kanone macht sich nicht nur der Wind bemerkbar, auch der Regen setzt ein. Das macht am Berghang keine Spaß. Ich breche ab also und mache die kurze Shoppingtour.

Ålesund fast vom Fuß des Aksla

Neben den bekannten Souvenirshops gibt es einen neuen (der aber auch nicht viel anderes hat), und im Kremmergaarden Einkaufszentrum gibt es auch nicht viel neues – der Kiwi hat Labans Nissefest und Freja-Schokolade ist aktuell sogar günstiger als im Duty Free (200g für 29,90 NOK statt 220g für 49 NOK bzw 2 Tafeln für 89 NOK im Duty Free). Also kurz die Grundversorgung erledigen, bevor es wieder auf das Schiff geht.

Was mir unterwegs noch neues auffällt: Es gibt jetzt Verleihstationen für Regenschirme. Warum auch nicht…

In Ålesund haben wir einen langen Aufenthalt, von (planmäßig) 10 Uhr bis 20 Uhr. Im Sommer geht es in Hjørund- oder Geiranger-Fjord, im Winter fallen diese Abstecher aus bzw. werden nur als Ausflug mit einem Oldtimerschiff angeboten. Aber so schön die nach dem Stadtbrand 1904 im Jugendstil wiederaufgebaute Stadt auch ist: Ganz so viel Zeit braucht man hier nicht. Bei dem Wetter erst recht nicht. Aber da niemand aus unserer kleinen Gruppe am Nachmittag einen Ausflug hat, können wir um 14:30 unsere Willkommensveranstaltung machen: Eine kleine Vorstellungsrunde, ein paar Infos und ein Gläschen Sekt.

Die Finnmarken

Irgendwann in der Zwischenzeit hat sich auch die Finnmarken vor uns gelegt. Das längste Schiff der Hurtigruten-Flotte ist aus der Küstenroute gegangen und bereist seit längerem als Kreuzfahrtschiff ab Hamburg die norwegische Küste. Die ganzen kleinen Häfen, die wir besuchen, bleiben ihr jetzt vorenthalten, und während wir immer noch Versorgungsauftrag haben und gerade im Norden in jedem Hafen Fracht auf- oder abladen, macht sie nur das reine Tourismusprogramm.

Da ist mir die “echte” Hurtigrute doch lieber.

Da ich Ålesund schon kenne, ist das für mich heute ein ruhiger Tag – ich bleibde den Rest des Tages an Bord und besuche nicht einmal den Aussichtshügel hinter der Schule. Von dem angekündigten Dauer-Starkregen bleiben wir zwar verschont, aber trocken ist es auch nicht gerade. Da kümmere ich mich noch einmal um meine Vorträge und besuche das Gathering mit dem Expeditionsteam um 16:45. Die deutschen Gäste sind diesmal in der Minderzahl, weniger als 50 Deutsche sind an Bord. Aber Ina und Laura vom Expeditionsteam geben trotzdem alles und informieren über Land und Leute sowie das morgige Tagesprogramm. Good News: Der Seegang soll weniger werden (für die Nordroute…)

Um 18 Uhr haben wir Abendessen. Abends gibt es feste Essenszeiten und Essen a la Carte: Seit einigen Jahren kann man jeweils zwischen drei Vor-, Haupt- und Nachspeisen wählen. Da bleibt genug Auswahl.

Und noch eine gute Nachricht gibt es: Der letzte Koffer, der in Amsterdam verloren ging, ist nun auch an Bord angekommen!

Dann darf ich arbeiten: Mein erster Vortrag ist um 20 Uhr, es geht natürlich um das Nordlicht. Den “großen Schuss” von letzter Woche haben wir ja verpasst, aber da war in Norwegen auch schlechtes Wetter. Mal sehen, ob Wetter und Aurora uns gewogen sind, wenn wir weiter im Norden sind.

Fenalår

Feierabend ist dann aber immer noch nicht: Um 21:15 gibt es im Panoramasalon die Chance, Fenalår zu probieren, gepökelte Lammkeule. Für alle, die noch nicht satt sind.

Kurz nach 22 Uhr dann Polarlicht: Naja, wir begegnen der südgehenden MS Polarlys. Bei dem Schneegestöber klappt das Fotografieren auch nicht, dicke Wassertropfen auf der Linse sorgen für interessante Effekte. Molde erreichen wir dann kurz nach 22:30, die markante Silhouette des Scandic-Hotels ist zu sehen, aber von Bord gehen lohnt sich in der halben Stunde auch nicht. Es ist ungemütlich. Zeit, das Blog zu schreiben, den Vortrag für Morgen durchzuschauen und Feierabend zu machen.

Molde

Hurtigrute Tag 1: Bergen

Das Tagesprogramm

Es ist wirklich nichts dran am Jahr: Die Nordlichtsaison ist wieder in vollem Gange! Ende September war ich in Norwegen, Urlaub in den Lyngenalpen und auf Senja. Da das Urlaub war, hat es das nicht ins Blog geschafft, aber neben vielen Wolken gab es auch ein paar Abende mit schönem Polarlicht.

Und letzte Woche war die Sonne sehr aktiv, sodass sogar in Süddeutschland mal wieder Polarlicht zu sehen war – in der einzigen klaren Nacht in meiner Gegend aber erst um vier Uhr morgens. Das ging an mir vorüber… aber über Norwegen war auch eine geschlossene Wolkendecke, von daher hätte es auch nichts gebracht, wenn wir eine Woche früher gestartet wären.

Und jetzt starte ich zur nächsten Hurtigrute durch, wieder elf Tage mit der MS Nordkapp, mit Abfahrt am 16. November 2025 – einem Sonntag. Das ist mir prinzipiell sehr recht, da ist die A8 bei Pforzheim nämlich einigermaßen frei und befahrbar, und ich bin in einer Stunde am Flughafen. Mit Abflug um 11:55 klingelt der Wecker somit sogar zu einer humanen Zeit. Der Flughafen Stuttgart empfiehlt ja, mindestens zwei Stunden und frühestens drei Stunden vor Abflug da zu sein. Zwei Stunden sind ausreichend, denn vorher ist bei KLM eh niemand am Schalter…

Die KLM-Schalter, zwei Stunden vor Abflug.

Immerhin sind diesmal schon zwei Leute am geschlossenen Schalter, sodass es irgendwann los geht – rechts für die paar Priority-Fluggäste, links für das normale Volk. Aber schnell geht hier gar nichts: Rechts wird längere Zeit diskutiert. Ich bekomme nicht mit, worum es geht, aber es erinnert mich an die Kinokasse, wenn erst einmal gefragt wird, was heute an empfehlenswerten Filmen läuft. Und vor mir stockt es dann auch bald: Da hat wohl jemand eingecheckt, aber im Anschlussflieger keinen Sitzplatz. Ich hatte gestern beim Online-Checkin keine Bordkarte erhalten, muss ich mir jetzt auch Sorgen machen? Fängt ja gut an. Obwohl nur zehn Leute vor mir sind, dauert es doch seine Zeit, bis ich mein Gepäck endlich los werde und zur Sicherheitskontrolle komme. Diesmal lege ich meine Keilschrifttafel gleich raus, über die stolpern die Scanner jedes mal. Diesmal auch – verwirrte Blicke – nimmt denn keiner was zu lesen mit in den Flieger, oder nur Papier und EBook? Neumodischer Kram:-) Aber es hilft nichts, mit zwei Kameras bin ich wohl terrorverdächtig und darf zum ausführlichen Sprengstofftest. Da Sonntag ist, bleibt noch Zeit für Schwätzchen. Wie ist das Wetter in Norwegen? Nicht zu kalt, außer in Kirkenes. Führt ihr irgendwann mal Stempelkarten für die Sprengstofftests ein? Ist nichts geplant. Ein bisschen Smalltalk darf sein, bis der Automat mich für unbedenklich erklärt und ich weiter zum Gate darf.

Abflug aus Stuttgart

Die Sitzplätze direkt am Gate sind mittlerweile in eine Eurowings-Lounge umgewandelt, also darf ich mir ein Stück weiter weg einen Platz suchen. Eine Stunde habe ich noch – wie wäre es mit einer Umfrage durch das Flughafenpersonal? Warum nicht? Aber die gute Frau fragt nur nach Reisezweck und Ziel, und wo ich gerne hinfliegen würde – ich habe keine Chance, über die überzogenen Getränkepreise im Duty-Free-Bereich herzuziehen, oder warum ich innerhalb Deutschlands gar kein Ziel anfliegen wollte und in Europa auch nur Fernziele, da Flugreisen schon lange keinen Spaß mehr machen. Egal, langsam wird’s Zeit für das Boarding. Ich meinen Platz sicher, und der Flug nach Amsterdam ist ereignislos – wir landen sogar etwas zu früh, sodass ich zwei Stunden Umsteigezeit habe.

In Schiphol wird immer noch gebaut, die Essensecke ist fertig. Das war früher auch einladender als der moderne, kalt-weiße Salon. Draußen sieht es dagegen eher finster aus, nur ein paar freundliche Flecken sind zwischen den dunklen Wolken zu sehen. Und am Gate? Erst einmal ein kurzer Gatewechsel, D77 ist aber noch geschlossen, und ich muss oben warten. Schließlich öffnet es, die Passagiere sammeln sich, und KLM fragt, ob nicht jemand später fliegen will, der Flug wäre überbucht. Klasse. Aber es findet sich wohl jemand, denn irgendwann beginnt das Boarding, und es geht weiter nach Bergen, wo wir kurz vor 17 Uhr landen. Kurz in den Duty Free Shop (Der Weihnachtsvorverkauf für Schokolade hat wohl schon begonnen, fein), dann den Koffer holen, und raus, wo Kai schon wartet. Wir sind diesmal nur zu zweit, unsere Gruppe ist kuschlig klein. Trotzdem heißt es noch ein wenig warten, ein Koffer wird doch vermisst.

Trotzdem dauert es nicht zu lange, bis alle im Bus sitzen und wir erst in den Tunnel fahren und dann noch eine längere Orientierungsfahrt quer durch Bergen machen. In der dunklen Stadt kann ich auch nicht sagen, ob ich überall schon war, wo wir diesmal langfahren. Das Wetter? Regnerisch mit Schneeflocken. Prinzipiell nicht schlecht: Auf meinen meisten Fahrten hatten wir eher schlechtes Wetter, wenn es in Bergen schön war. Trotzdem ist für Morgen ebenfalls Regen angesagt, und die Prognose ist nicht zu optimistisch. Aber das muss ja nichts heißen.

Schafskopfs auf dem Buffet

Und sind wir am ehemaligen Hurtigrutenterminal, das jetzt Jekteviksterminal heißt, seit auch Havila wie Kystrute bedient. Nach dem obligatorischen Sicherheitsfilm (da-damdamdamdadamm) beginnt die Arbeit: Bei der Crew vorstellig werden, um die ersten Termine abzuklären (vom Expeditionsteam kenne ich niemanden, vom Serviceteam schon eher), die Kabine beziehen, die letzten Gäste suchen, die ersten Fragen beantworten, die WhatsApp-Gruppe befüllen, Abendessen, um 20:30 auf Deck zum Ablegen und um 21 Uhr das erste Gathering mit dem Expeditionsteam: Die Offiziere werden vorgestellt, dann kommen die Infos zum Leben auf dem Schiff und dann die Vorhersage für die nächsten beiden Tage samt Ausflugsprogramm.

Kurz vor elf komme ich dann in meine Kabine, kann meinen Koffer auspacken, Blog schreiben und Feierabend machen, während wir Kurs auf die offene See nehmen. Morgen früh steht das Westkap an, mit Gegenwind und 5-6 Meter hohen Wellen. In diesem Sinn: Gute Nacht!

Mond bedeckt Venus – 19.9.2025

Wie die Zeit vergeht – grad eben noch hat der Mond die Venus bedeckt, und kaum habe ich die Bilder sortiert, war ich zum Urlaub auf Senja und in den Lyngen-Alpen (wer mir auf Bluesky folgt, hat die Nordlichtvideos gesehen), auf der Sternwarte Marburg einen Astrofoto-Vortrag gehalten, den Tag der offenen Tür der Heilbronner Sternwarte überstanden und eine Woche später einen Mitgliederabend zur Sonnenfinsternisplanung für 2026 gemacht, und während sich draußen die ersten Herbststürme bemerkbar machen, komme ich jetzt tatsächlich mal dazu, die Venusbedeckung auch ins Blog zu bringen…

Am Freitag, dem 19. September 2025 war es überraschenderweise klar in Süddeutschland, ich hatte wenig zu tun, was mich im Homeoffice festhielt. Also nutzte ich die Gelegenheit, schon am Mittag auf die Heilbronner Sternwarte zu fahren und dort statt zuhause ein seltenes Ereignis zu verfolgen: Die Bedeckung der Venus durch den Mond. Jetzt predige ich ja schon lange, dass man sowas möglichst frühzeitig üben sollte, aber ein bisschen auf dem falschen Fuß hat mich das doch erwischt. Zumindest hatte ich keine Beobachtung geplant.

Damit alles klappt, wollte ich daher nur die Sternwartenmontierung nutzen, und ansonsten mein eigenes Equipment: Die QHY Mono-Kamera, meinen eigenen ED80/600 (mit Motorfokussierer) und den kleinen Mele Mini-PC, den ich seit kurzem für die Teleskop- und Kamerasteuerung nutze. What could possibly go wrong? Nun, wir sind in Deutschland, und für die 110 km von Karlsruhe nach Heilbronn kann man an einem Freitagvormittag locker zwei Stunden einplanen. Also knapp Tempo 50 auf der Autobahn. Die alternative Route über die Bundesstraße ist dank Brückenarbeiten in Bretten auch nicht schneller, sondern wird zur Landschaftsroute über die Dörfer. Irgendwie schaffen es unsere Straßenbauer gerade, jede Verbindung zwischen Baden und Württemberg lahmzulegen.

Endlich einsatzbereit, mit deutlich verlängerter Gegenlichtblende

Gegen 12 Uhr Mittags war ich dann endlich auf der Sternwarte um aufzubauen: Mein ED80 sollte auf die fest aufgebaute CGEM-Montierung. Und da unser Geräteschuppen gerade frisch saniert wurde, stand erst einmal eine Suchaktion an: Wo ist der ver*?**$§te Handcontroller der Montierung?

Daher brauchte ich doch eine gute Stunde, um nur rasch mein Teleskop auf die Montierung zu setzen. Und dann: Fokus. Fokus? Öhm… ich hätte mir aufschreiben sollen, wo die Kamera ohne weiteres Zubehör den Fokuspunkt hat. Mit Sonnenfilter an der Sonne erkenne ich gar nichts. Also das ganze auf den nächsten Kirchturm richten, dann Verlängerungshülsen zusammensuchen, und endlich: Fokus.

Uff. Mittlerweile ist es kurz nach 13 Uhr, um 14:10 soll die Venus schon hinter der Sonne verschwinden. Gut, dass die Montierung eingenordet ist. Also, Sonne als Referenzstern, dann Schwenk zum Mond: Jesses, ist das knapp. Die Sonne scheint ein gutes Stück in den Tubus rein, weit hinter das Objektiv. Also noch schnell mit Moosgummi die Taukappe um eine Gegenlichtblende verlängern…

Knappe Sache

Jetzt traue ich mich langsam, das ganze zu fotografieren, ohne Reflexe im Tubus. Immerhin: der Himmel könnte bis auf ein paar Kondensstreifen blauer nicht sein, auch wenn auf der Kamera immer wieder irgendwas aufblitzt. Spinnweben? Keine Ahnung, aber andere Beobachter hatten das auch.

Langsam wird es knapp mit der Zeit, ich verziehe mich mit dem Laptop in den Schatten und beginne mit der Arbeit: Erst einmal fokussieren. Die Steuerung übernimmt wieder Sharpcap, das hat ja diese feine Autofokusroutine. Mittlerweile sind Mond und Venus auch beide auf dem Sensor. Tricky: Wenn ich den Mond sehe, ist die Venus überbelichtet – wobei sie eh keine großen Details zeigt. Auf gut Glück das Histogramm auf einen sympathischen Wert ausrichten, und dann mal die Magie automatisieren: Alle Minute darf Sharpcap ein Video aufnehmen, das ich nachher stacken will.

Endlich einsatzbereit: Fokus (gerade so) gefunden)

Und dann kann ich die Technik arbeiten lassen. Auch wenn ich die Nachführgeschwindigkeit (glaube ich) auf Mond gestellt habe, muss ich doch immer wieder mal nachkorrigieren. Kurz vorher kommt mir das Bild suboptimal belichtet vor, und ich korrigiere nochmal nach – im Rückblick ein Fehler.

Was ich aus Zeitmangel verpasst habe: Korrekturbilder aufzunehmen. Flats wären sinnvoll gewesen, aber da war mir die Zeit zu knapp – ohne Stau und Suche nach dem Handcontroller hätte ich sie gemacht, den Sensor muss ich auf jeden Fall mal putzen. Und den Solar Continuum Filter habe ich auch vergessen. Damit (oder mit einem Rotfilter gegen die Luftunruhe) hätte ich wohl schärfere Bilder gemacht.

So nah wie die beiden an der Sonne stehen verzichte ich darauf, ein weiteres Teleskop aufzubauen, um das Ganze auch noch visuell anzuschauen. Stattdessen schaue ich auf dem Monitor zu, wie die beiden sich einander zügig immer mehr annähern.

Ein Screenshot fürs Web

Ein Screenshot fürs Web zeigt keine maximale Schärfe, aber es ist nett anzuschauen, wie rasch die beiden sich näher kommen. Himmelsmechanik live! Kurz vor der Bedeckung erhöhe ich die Bildfrequenz und gehe von Zeitraffer-Sequenzen auf Video. Als schönes Einzelbild sieht der Beginn der Bedeckung dann so aus:

Kontakt!

Ein Hauch von Tropfeneffekt? Schwer zu sagen. Immerhin beruhigend: Was ich so an Bilder später auf Astronomie.de und Astrotreff so sehe, ist auch nicht viel besser.

Kurz nachdem die Venus verschwunden ist, baue ich ab – das Wiederauftauchen der Venus quasi aus dem Nichts der unbeleuchteten Mondhälfte wäre visuell bestimmt spannend, fotografisch aber eher weniger. Die größere Herausforderung: Die Daten verarbeiten. Letztlich kriege ich das Stacken der ganzen Einzelvideos mit Autostackert automatisiert hin, und die komischen Rastereffekt, die mir Affinity Photo beim Öffnen der Bilder gezeigt hatte, bekomme ich auch irgendwie weg – Autostackert hat die monochromen Bilder als JPGs mit einem Farbraum exportiert, mit dem kaum eine Software was anfangen kann…

Aber das Stacking lohnt sich, man gewinnt einiges an Schärfe gegenüber den Einzelbildern:

Gestacktes Bild

Wobei die Venus überschärft ist – irgendwie glaubt mir am Abend keiner, dass der helle Saum rundrum die Venusatmosphäre ist… aber egal, die nächste Sisyphusarbeit ist es, die Bilder aufeinander auszurichten (geht in Affinity ziemlich gut automatisch) und dann zu einem Video zu exportieren (was ich nicht automatisieren konnte).

Das Ergebnis ist nicht perfekt, aber für eine spontane Aktion, mit der ich nicht gerechnet hatte, bin ich ganz zufrieden. Mehr Zeit investiere ich da nicht.

Die Venusbedeckung im Zeitraffer

Mondfinsternis, Sonnenfinsternis-Test und neues Buch

An diesem Jahr ist irgendwie nichts dran… Das wichtigste zuerst: Nur noch ein knappes Jahr bis zur nächsten Sonnenfinsternis, und ich habe ein neues Buch auf dem Markt. Sonne, Mond und Finsternisse gibt einen einen Überblick über die Beobachtung von von Sonnen- und Mondfinsternissen und deckt zusätzlich die Beobachtung von Sonne und Mond auch dann ab, wenn gerade keine Finsternis ist. Ein paar freundliche Rezensionen gibt es auch schon. Die Sonne hat ja gerade eine Beobachtungsboom, dank Sonnenmaximum.

Ein Jahr Vorbereitungszeit ist nicht viel für eine Totale Sonnenfinsternis, und die Technik für meine erste Kamera steht weitestgehend: Die Nikon D7100 mit 30mm Objektiv, automatisiertem Sonnenfilter (ist noch im 3D-Druck) und Steuerung über Eclipse Orchestrator. Dazu vielleicht noch ein Handy für einen Zeitraffer und eine Dashcam für Echtzeit, muss ich mal testen. Das Ziel ist, die nur noch hinzustellen, anzuschalten und nach der SoFi wieder einzusammeln, in der Hoffnung auf gute Bilder.

Und gestern war eine Mondfinsternis, die letzte totale bis Ende 2028. Ich mag Mondfinsternisse: Die sind nicht so selten, dass man unter Druck wäre, jede beobachten zu müssen, und sie dauern lange genug, dass man sie in Ruhe genießen kann. Die MoFi vom 7. September 2025 war insofern etwas besonderes, als dass der Mond am Sonntagabend bereits verfinstert aufging – zu einer angenehmen Zeit an einem lauen Spätsommerabend, aber auch noch mitten in der Dämmerung, ziemlich zeitgleich mit dem Sonnenuntergang. Einerseits steht er so wunderbar im Venusgürtel (klar – das ist ja der Erdschatten, der sich als rosa-orangefarbenes Band gegenüber von der untergehenden Sonne über den Horizont erhebt), andererseits ist der Mond natürlich auch sehr dunkel. Wann wird er das erste Mal sichtbar sein?

Warten auf den Mond

Mein Plan für den Abend war kleines Gepäck: Ein Fernglas, ein kleines Spektiv (das 7-21×50 Hummingbird auf Stativ) und meine geplanter Zweit-Setup für die Sonnenfinsternis, die Nikon D7100 mit Sigma 120-400mm Tele-Objektiv auf einem alten Berlebach Report-Stativ. Das Ziel: Mein Beobachtungsplatz in Völkersbach am Rand vom Schwarzwald. Kurz vor Mondaufgang war ich da, und nicht alleine: So etwa 30-40 Personen warteten schon auf den Mondaufgang, ausgerüstet mit Teleobjektiven, Picknickdecken und Kühltasche. Auf dem Feldweg ist ordentlich Verkehr.

Ebenfalls da: Horizontbewölkung… eine hartnäckige Wolkenbank versperrte den Blick auf den Horizont, da hat der verfinsterte Mond keine Chance. Wo steckt er überhaupt? Ein Blick auf die App: Hm. SkySafari 7 Plus hat die Suchfunktion so gut in der modernen aufgeräumten Oberfläche versteckt, dass ich sie nicht mehr finde. Ceelestron SkyPortal hat die Suchfunktion und meint, dass der Mond bereits seit 19:39 aufgegangen wäre. Nichts zu sehen, da wo er sein sollte – mitten im Wolkenband. Kontrollblick auf SkySafari 6: Mondaufgang 19:53, also jetzt. Hä? Die Erklärung: In SkyPortal ist das GPS aus, und die App denkt, ich wäre in München. SkySafari weiß, wo ich jetzt bin, und wann jetzt ist.

Wie alle anderen schaue ich gespannt, aber erfolglos Richtung Mondaufgang. Irgendwer meint, dass die Mondfinsternis wohl “Powered bei Deutsche Bahn” ist. Ich nutze die Zeit zum Technik-Test: Wie kriege ich mit dem Setup, den ich zur SoFi verwenden will, ein scharfes Bild hin? So weit über die Landschaft bis zum Horizont ist das eh sportlich. Und ich werde wohl den Bildstabilisator vom Objektiv tatsächlich abschalten müssen und mindestens eine Sekunde Spiegelvorauslösung nutzen müssen, damit das passt. Und bei 400mm Brennweite maximal etwa 3 Sekunden Belichtungszeit, lieber weniger. Und manueller Fokus ist ebenfalls ratsam. Blöd.

Derweil kommen über Whatsapp die ersten Sichtungen, von der Ostseeküste und dann auch aus Heilbronn.

Und dann, im Fernglas auch hier die Erfolgsmeldung: Ich sehe ihn! Mit bloßem Auge geht noch nichts, aber die Kamera in die Richtung gepeilt, et voila:

Um etwa 20:37 (die Kamera-Uhr geht natürlich auch nicht exakt) ist er auf dem Kamerabild zu erahnen, und schält sich kurz darauf auch für das Auge aus den Schleierwolken und der Abenddämmerung. Nett.

Fünf Minuten später steht er schon frei genug, um schön zu sehen sein.

Etwa 10° steht er jetzt schon über dem Horizont und passt bei 120mm gerade noch ins Bildfeld. Die SoFi wird in Spanien etwa 6° über dem Horizont stattfinden…

Damit haben wir die Totalität gerade noch erwischt, um 20:53 verlässt er den Erdschatten bereits wieder. Im Fernglas ist das ein sehr schöner Anblick, und das Spektiv zeigt, dass die Schleierwolken einen Unschärfefilter über das Bild legen: Perfekt scharf ist er nicht, eher etwas verwaschen. Aber trotzdem schön.

Mittlerweile steht er auch schon so hoch, dass ich keine Landschaft mehr mit aufs Bild kriege. Also mal sehen, was das Zoom kann:

Drei Bilder im Abstand von einer Minute (20:57, 20:58 und 20:59), und der Mond zieht flott an einem Wolkenband/Kondensstreifen vorbei. Auch hübsch. Und links erstrahlt er schon im Sonnenlicht – ein Hauch von Diamantring, wenn das eine SoFi wäre. Jedenfalls ist es beeindruckend, was das für ein Helligkeitsunterschied ist zwischen dem Teil vom Mond, der schon wieder im Sonnenlicht gleißt, und dem noch verfinsterten Teil des Vollmonds.

Und mit 300-400mm Brennweite bin ich für die SoFi gut dabei, wenn ich die umgebende Corona will. Die Sonne ist ja ähnlich groß wie der Mond.

Derweil werfen auch ein paar Passanten einen Blick durch das kleine Spektiv, und langsam leert sich der Platz auch. Noch eine Stunde dauert es, bis die Finsternis zu Ende ist. Wir packen gegen 20:30 zusammen. Jetzt ist der Mond schon fast ein “normaler Halbmond”:

Nur die Schattengrenze ist doch irgendwie seltsam…

Auf der kurzen Rückfahrt wirkt er dann irgendwie angekabbert, und um 22 Uhr ist alles vorbei.

So mag ich das: Entspannt beobachten ohne Erfolgsdruck, alles gesehen und ein paar nette Fotos gemacht. Das Spektiv hat zum Glück bewiesen, dass die Unschärfe tatsächlich real war. Und ich habe gleich einen Testlauf für die SoFi gemacht.

Hurtigrute Tag 11 & 12: Von Trondheim bis Bergen

Ab Trondheim wird die Reise zur Erholungsreise: Es gibt nicht mehr viel zu tun, und der Trondheimfjord gibt auch nicht so viel her – man lässt die Landschaft an sich vorbeiziehen und genießt die Sonne, die wir hier im Süden wieder haben.

Ja wirklich: Nach dem gestrigen Nebeltag erwarten uns zwei sonnige Tage entlang der Küste. Ein paar Passagiere haben uns in Trondheim verlassen, und wir dampfen heute non-stop bis Kristiansund, das wir gegen 16:30 erreichen werden.

Aber erst einmal verlassen wir Trondheim, machen den Anleger für das nordgehende Schiff frei (diesmal eine Havila) und passieren wieder Munkholmen. Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir dann durch den Trondheimfjord. Die Landschaft ist unaufgeregt, und auf dem Schiff gibt es jetzt die Info-Veranstaltungen. Erst informiert das Expeditionsteam auf deutsch über den Check-Out, dann auf englisch, und um 10:40 haben wir Zeit für unsere Gruppe. Da wir einen eigenen Transferbus haben, laufen da ein paar Dinge anders. Noch kurz mit einem Sekt anstoßen und dann an Deck, bei fast sommerlichen Temperaturen (zumindest in dem windgeschützten Bereich auf Deck 7). Weg mit der Jacke!

Mehr gibt es über die Fahrt nach Kristiansund eigentlich nicht zu erzählen. Der Lektor der englischen Gruppe hält um 11 Uhr einen öffentlichen Vortrag über unseren Platz im Universum, um 14 Uhr gibt es das letzte Treffen mit dem Expeditionsteam, und um 15:25 zeigen sie den Tourfilm des Schiffs. Ich mache mir einen ruhigen Nachmittag, lasse die Seele baumeln und packe schon mal ein bisschen.

Und dann ist auch schon 16:30, und wir fahren an Kristiansund vorbei. Hä?

Die Zufahrt nach Kristiansund unter der Brücke hindurch, diesmal nur aus der Ferne

Normalerweise fahren wir doch durch die Brücke und in die Stadt, statt sie links liegen zu lassen? Hat der Captain die falsche Seekarte bei der Versteigerung für die Hurtigruten-Foundation abgegeben und kennt den Weg nicht mehr?

Wir fahren um die Insel herum und kommen über einen Seitenkanal an unserem gewohnten Anleger. Eine Internetrecherche zeigt: Seit Januar ist die Brücke für Schiffe über 25 Meter gesperrt (Länge? Breite? Höhe? so gut ist mein Norwegisch dann doch noch nicht), sie soll besser gegen Kollisionen gesichert werden. Irgendwann 2027 soll es wieder unter der Brücke hindurch gehen. Schauen wir mal, ob es stimmt.

So haben wir durch die Schleife, die wir fahren, etwas weniger Zeit in Kristiansund, aber für einen Besuch bei der Statue der Fischerfrau langt es.

Nach einer knappen Stunde geht es weiter, Kurs Rørvik und über eine sehr ruhige Folda. Auf dem Westfjord gibt es jetzt bis zu 10 Meter Wellen, wir haben vielleicht einen Meter oder etwas mehr. Ententeich bei Sonnenschein…

Auf der Folda

Gut, etwas Bewegung ist auf dem Schiff, und die kleinen Fischerboote, die wir gelegentlich überholen, tanzen schon ganz hübsch auf den Wellen, aber für eine offene Seestrecke ist das sehr human.

Der letzte Hafen des Tages ist Molde um 21:15 – bei einer halben Stunde Aufenthalt lohnt es sich nicht, da von Bord zu gehen, aber die Anfahrt: Wow.

Perfekt klarer Himmel, wunderschöne Dämmerungsfarben, und die schneebedeckten Rømsdal-Alpen am Horizont. Dazu sehr angenehme Temperaturen und kaum Fahrtwind – es wird eindeutig Sommer. Anfang April…

Das Scandic-Hotel reflektiert den Abendhimmel wunderschön – Alpenglühen auf der Fassade. Dann legen wir an, lassen die Ausflügler an Bord, die im Marmorbergwerk waren, und bleiben noch ein bisschen länger: Es gibt viel Fracht zu entladen. Zeit genug, die schöne Mondsichel zu bewundern, die im Sternbild Stier steht.

Als wir ablegen, ist schon ziemlich dunkel, und ich warte auf Polarlys – in diesem Fall die nordgehende Hurtigrute, die sich dem Sturm stellen darf.

Und dann kommt Sven mit der Meldung, dass sich auf der anderen Seite vom Schiff das andere Polarlicht zeigt. So weit im Süden mache ich mir keine Hoffnung auf eine gute Show, aber ein schöner grüner Bogen steht über dem Horizont – schnell eine Whatsapp an die Gruppe und die Kamera holen, dann kommt auch schon die Durchsage, und es wird voller an Deck.

Es lohnt sich: Das Polarlicht steht dekorativ niedrig über den Bergen, die Handys zeigen überraschend viel rot, und wir haben ein paar sehr schöne Vorhänge und auch Bewegung. Ein mehr als gelungener Abschluss. Und was immer wieder klappt: Stell deine Kamera irgendwo hin, und jemand wird sich davor stellen. Bzw. zehn Zentimeter daneben seine Kamera aufbauen, weil ich meine Kamera an die Reling schraube und man sich nicht davor stellen kann. Das muss ja der beste Platz auf dem 120 Meter langen Schiff sein…

Auf dem Handy sieht das natürlich ganz anders aus, aber ich versuche immer einen natürlichen Look hinzubekommen statt Technicolor-Grün und -Rot.

Gegen halb zwölf baue ich die Kamera ab, überspiele die Daten auf meinen Rechner, bearbeite sie und starte den Zeitraffer. Feierabend für heute.

Tag 12 – Ab nach Bergen

Ein paar Stunden später bin wieder wach, um kurz vor sieben und etwas bevor der Wecker klingelt. Bei der Fahrt um das Westfjord war erstmals etwas Bewegung im Schiff, aber im großen Ganzen hatten wir eine extrem ruhige See auf dieser Tour. Kurz den Zeitraffer fertigstellen, duschen und packen, dann Frühstück und ein paar Fotos von Florø, wo wir kurz nach 8 Uhr anlegen – unser letzter Hafen vor Bergen.

Bei Licht schaut Florø auch ganz hübsch aus, und die Landschaft bietet mit ein paar Wolken wunderschöne Fotomotive. Jacke braucht man heute auch keine mehr…

Dank Florø weiß ich jetzt auch, wo Lego die Vorlage für die alten Polizeistationen her hat. Die dänischen Klemmbausteinhersteller müssen auch mal hier gewesen sein…

Um 10 Uhr ist Checkout aus den Kabinen (schließlich kommen kurz nach unserer Ankunft in Bergen schon die nächsten Gäste), und das Gepäck muss bis dahin auch für den Gepäckservice bereitgestellt werden. So muss man nur auf sein Handgepäck aufpassen, und kann die Koffer an Land entgegennehmen.

Ab 9 Uhr mache ich es mir ein letztes Mal in unserer Reiseleiterecke bequem. Das Tagesprogramm auf dem Schiff:

  • 6-15 Uhr: Vergessen Sie nichts! – Ich probiere es, man schaut ja doch achtmal in die Kabine, ob man alles hat
  • 10:10-10:20 Uhr: Signier”stunde” mit den Offizieren
  • 10:25 Uhr: Fragestunde mit den Offizieren (ob jemand fragt, wo sie beim Captain’s Dinner waren?)
  • ca. 11 Uhr Fahrt durch den Steinsund
  • 11:10 Uhr: Norways Costal Kitchen – Miesmuscheln

Soll ja keinem langweilig werden. Ach ja: Um 11:30 macht das Restaurant ein letztes Mal auf.

Ich schaue mir davon nur den Steinsund an: Blauer Himmel und dramatische Wolken wechseln sich ab. Und dann wird es irgendwie doch langweilig – die Fahrt zieht sich. Irgendwann verziehe ich mich auf Deck 7, draußen sind ein paar Sitzplätze frei, und drinnen wird doch etwas viel gehustet…

Und schließlich ist es soweit: Trotz bestem Wetter erreichen wir mit 15 Minuten Verspätung Bergen. Vielleicht lag es an der Signierstunde, für die der Captain Freizeitausgleich wollte… jedenfalls ist es erst um 15 Uhr soweit, dass die Gangway an Deck 5 angedockt hat. Bergen ist der einzige Hafen, wo das Schiff über Deck 5 verlassen wird, ausgescant wird an Land im Terminalgebäude.

Zuerst verlässt die Crew das Schiff – in diesem Fall gehören Sven und ich auch dazu (und andere Gruppenreiseleiter), damit wir draußen den richtigen Bus organisieren können. Zum Glück läuft das Entladen vom Gepäck schnell, 20 Minuten später sind wir alle im Bus – der Vorteil einer kleinen Gruppe. Dann eine knappe halbe Stunde Fahrt zum Flughafen (Donnerstags um 15:30 ist der Feierabendverkehr noch kein Problem), dann am KLM-Schalter anstellen. Etwa 20 Personen sind vor uns, gut – alles entspannt, Gepäck aufgeben und an zur Security, die in Norwegen effizient und freundlich ist.

Wohin?

Jetzt kommt auch der nächste Bus vom Schiff an, und die Schlange am Check-In-Schalter reicht einmal quer durch dass Terminal-Gebäude. Gut, dass wir das schon hinter uns haben. Eine gute Dreiviertelstunde bleibt noch für Duty-Free, und dann ist auch schon Boarding.

Dann noch einmal kurz Verwirrung: Wer im Flieger in Reihe 1-19 sitzt, soll vorne einsteigen, wer in 25-39 sitzt, soll hinten einsteigen und steht vor verschlossenen Türen, und was mache ich mit Reihe 21? Mal vorne Einsteigen…

Und das war es dann auch schon. Der Flug nach Amsterdam verläuft problemlos, eineinhalb Stunden später kriege ich den Bus zum nächsten Flieger, ab nach Stuttgart, wo mein Gepäck auch mit mir ankommt, und noch kurz eine Kleinigkeit essen. Burger King für fast 20 Euro. Früher war Norwegen mal ein teures Reiseland, aber irgendwie ist das auch vorbei. Gegen halb eins bin ich dann zuhause, und Tag 13 ist schnell erzählt: Ausschlafen, dieses Blog fertig schreiben, Bilder hochspielen und die Wäschetonne vollmachen. Und weil es so schön war, zum Abschluss noch das Video vom Polarlicht in Molde:

Das war es erst einmal mit Nordlicht, meine nächste Tour ist erst im November. Jetzt erst einmal an die sommerlichen 20 Grad in Süddeutschland gewöhnen…

Hurtigrute Tag 10: Helgelandküste

Ein ruhiger Tag im Paradies! Naja, mehr oder weniger. Auf der südgehenden Route haben wir zumindest keine großen Häfen mehr, von daher könnte es ein ruhiger Tag werden. Ich wache mal wieder viel zu früh auf und gehöre dann tatsächlich zu den ersten, die heute am Frühstücksbuffet sind. Es gibt diese leckeren kleine Pfannkuchen…

Dafür ist es draußen weniger lecker: Tief hängende Wolken verheißen nichts Gutes, und für heute ist tatsächlich ein Regentag angesagt. Kaum zu glauben nach dem gestrigen Traumwetter in den Vesterålen.

Morgenstimmung

Aber was soll’s, im Schiff ist es auch gemütlich. Ich mache es mir wieder an unserem Plätzchen vor dem Restaurant für die Reiseleitersprechstunde gemütlich und versuche mein Blog zu schreiben, während draußen die trübe Landschaft vorbei zieht.

Einen großen Vorteil hat dieses Blog: Ich bin dazu gezwungen, meine Bilder zeitnah durchzuschauen, und sitze nicht am Ende der Reise auf einem riesigen Bilderberg. Nur mit produktiv arbeiten ist heute nicht viel. Immer wieder bietet sich die Gelegenheit für ein Schwätzchen, aber wenn ich das nicht wollte, wäre ich in meiner Kabine. Und gegen halb neun steht schon der erste Punkt auf dem Tagesprogramm: Wir überqueren den Polarkreis. Im Winter ist das die Passage, bei der man endlich eine Chance auf eine unverwackelte Nicht-Langzeitaufnahme der bekannten Kugel auf der Insel Vikingen hat; diesmal ist das Wetter eher gegen uns und fast dunkler als auf der nordgehenden Route. Die Tage werden länger, und das Wetter wieder schlechter.

Aber für ein paar Fotos langt es. Dann ab auf Deck 7, zur arktischen Zeremonie auf dem Sonnendeck: Es gibt Lebertran statt Eis. Den Löffel darf man behalten, aber ich habe schon ein paar zuhause und verzichte diesmal. Wobei der Lebertran gar nicht so schlecht schmeckt wie man als denkt. (Kommt natürlich auch auf die Erwartungshaltung an.) Sagte ich, dass es kein Eis gibt? Vom Himmel kommt ein bisschen was runter, als ich wieder ins Schiff gehe…

Und weiter geht es, die nächste Durchsage kommt: Ab 9:30 gibt es Polarkreisstempel. Die Durchsage kommt auf Norwegisch, Englisch und Deutsch, und kurz darauf auf Französisch. Ich glaube, der ein oder andere im Expeditionsteam ist froh, wenn die Franzosen von Bord gehen. Die Durchsage klingt fast so flüssig wie mein Französisch… Wobei das Schiff eh überraschend voll ist; normalerweise wird es ab Kirkenes leerer, aber jetzt sind sogar vier Gruppen an Bord.

Farewell Drink

Was nicht im Tagesprogramm steht: Um 10 Uhr ist ein kleiner Sektempfang: Oft steigen viele Passagiere in morgen in Trondheim aus, daher gibt es heute schon die Farewell-Veranstaltung. Der Captain und Svenja vom Expeditionsteam sagen ein paar nette Worte und lassen die Reise kurz Revue passieren – mit einem Danke an alle, die dabei waren, vor und hinter den Kulissen. Dann erhebt der Captain sein Glas: “It’s a little bit early, but skål!”, und wir stoßen noch einmal an. Und dann: “Back to the bridge, back to work” – die Offiziere verabschieden sich, wir bleiben noch ein bisschen und trinken aus.

Nesna

Kurz Verschnaufen und rausschauen, während wir um 10:25 in Nesna anlegen. Nein, draußen ist es nicht schön, langsam kommt der angekündigte starke Regen.

Aber kein Problem, um 11 Uhr hält Magnus – der Emmanuel vom Expeditions-Team abgelöst hat – einen informativen und unterhaltsamen Vortrag über die norwegischen Fjorde. Wie sind sie entstanden, wie haben Gletscher die Landschaft geformt, warum wurden die Lofoten nicht abgeschliffen, wo ist der längste Fjord (Grönland), wo ist der tiefste (Antarktis), wo sind die schönsten (natürlich Norwegen!), wie viele gibt es hier – das und vieles mehr erzählt er eine Dreiviertelstunde lang vor einem gut gefüllten Vortragsraum. So interessant das war: Ich weiß, warum ich bei den meisten meiner Vorträge (naja, drei von fünf) versuche, bei etwa einer halben Stunde zu bleiben und danach noch für Fragen zur Verfügung stehe.

Sandnessjøen

Ale er fertig ist, legen wir auch schon in Sandnessjøen an. Der Halt dauert eine halbe Stunde – zu wenig, um in die Fußgängerzone mit ihren vielen Skulpturen zu gehen. Nicht, dass ich das bei dem Wetter wirklich wollte…

Ach ja: Um 11:45 legen wir nicht nur an, auf der Leinwand mittig auf Deck vier wird auch der Gewinner vom Fotowettbewerb bekannt gegeben. Der ist diesmal komplett an mir vorbeigegangen. Das geht glaub auch per App, aber seit es das Tagesprogramm nur auf dem Fernseher oder in der Hurtigruten-App gibt (die nur im schiffs-WLAN funktioniert), kriege ich nur noch die Hälfte mit.

Ich nutze die Zeit, um kurz essen zu gehen (ich begnüge mich mit einem Obstsalat). Der nächste Programmpunkt ist erst um 12:45. Die Sieben Schwestern sind eine markante Gebirgskette, die wir heute mal wieder nicht hinter Sandnessjøen sehen. Die Damen sind nicht nur vollverschleiert, sondern regelrecht abgetaucht.

Die Sieben Schwestern
Wo ist die Küste?

Aber immerhin: Man sieht die Küste noch!

Später habe ich echte Probleme zu sagen, wo die Küste ist. In Fahrtrichtung an der backbord-linken Seite müsste sie sein. Was für eine Suppe. So viel zur wunderschönen Helgelandküste. Aber immerhin habe ich jetzt bis 15 Uhr fast zwei Stunden Ruhe, ohne Termine – aber auch nur, weil ich auf das tägliche Treffen mit dem Expeditions-Team um 14 Uhr verzichte. Nur die französische Gruppe wird per Durchsage noch zu einem Vortrag zusammengetrommelt, dann ist endlich Ruhe.

Aber was heißt schon Ruhe? Ich mache mein Blog von gestern fertig, und meinen Nordlicht-Zeitraffer von dieser Reise. Heute Abend planen wir unseren kurzen Reiserückblick, vor der eigentlichen Farewell-Veranstaltung morgen.

Brønnøysund mit Torghatten. Also prinzipiell zumindest.

In Brønnøysund wird das Wetter etwas besser, man sieht die Küste wieder. Vom Torghatten, dem berühmten Berg mit Loch, ist hingegen nichts zu sehen. Nach ein paar Schnappschüssen an Deck entscheide ich mich, mit kleinem Gepäck in den Ort zu gehen – die wasserdichte Handykamera muss langen.

Brønnøysund mit Richard With

Mein erster Fotostopp fällt aus: An dem Stein, der die Mitte Norwegens markiert, ist zu viel Betrieb für ein Foto. Also ab in Amfi, einmal durch die üblichen Läden und zuletzt in den Coop. Keine Rentierwurst, und zuhause ist der Kühlschrank leer…

Also raus aus dem Amfi, und noch einmal zum Stein: Nein, da ist jetzt eine rund 40-köpfige Touri-Gruppe. Dann gibt es diesmal kein Bild von dem Wegweiser auf dem Stein.

Im Kiwi habe ich mehr Erfolg: Es gibt nicht nur Wurst, sondern auch Berlinerboller – fast wie unsere Berliner, aber mit Schokoguss und Vanillefüllung. Lecker.

Damit beende ich meinen Ausflug, auch wenn der Regen nachgelassen hat. Das Schiff macht gerade eine Test-Exkursion: Tangtur, bzw. Küstenwanderung. Macht Sinn, das bei Schlechtwetter zu testen – und ich weiß, warum ich den Ausflug nicht teste. Im Gegenteil, ich bin nicht unfroh, wieder im trockenen Schiff zu sein. Noch ein Techniktest für heute Abend, und dann können wir ablegen.

Wal-Insel

Zur Abfahrt bin ich auf Deck 7, die kleine Walinsel anschauen, die wir etwa zwei Minuten nach dem Ablegen passieren. Jemand hat auf einer Insel einen freundlichen Wal nachgebaut, hat auch was.

Und dann mache ich doch noch ein Foto von Norwegens Mitte: Vom Schiff aus ist der Stein am Kai auch zu sehen. Nur bräuchte ich dafür jetzt das Tele, während die Wal-Insel ein Fall für das normale Objektiv ist. Und im Regen wechsle ich kein Objektiv. Bei aller Liebe…

Norwegens Mitte (weißes Schild vor weißem Fischerboot).

Um 18 Uhr steht dann das Captain’s Dinner an. Die Ansprache und den Sekt hatten wir ja schon, daher gibt es nur ein 5-Gänge-Essen ohne Captain (der ist natürlich auf der Brücke, arbeiten). Da macht es eigentlich gar keinen Sin, dass jetzt drei Essenssitzungen zusammengelegt werden.

Früher war es öfter so, dass der Captain zwar auch nicht da war, aber immerhin wurde Abschiedssekt beim Betreten des Restaurants ausgegeben und hier dann anschließend die kleine Abschiedsrede gehalten wurde (auch damals meist vom Expeditionsteam). Aber jedes Schiff ist anders, und keine Reise ist gleich.

Viel zu viel Essen und eineinhalb Stunden später sind wir durch, und um 20 Uhr machen Sven und ich dann unseren Reiserückblick. Wie alle großen Reisenden haben wir mehr gesehen, als wir uns erinnern können, und erinnern uns an mehr, als wir gesehen haben – da sind Fotos eine gute Erinnerungsstütze. Dann noch ein bisschen Plaudern über die Hurtigrute und Norwegen, und Feierabend.

Von wegen. Erst legen wir noch in Rørvik an, dem letzen Hafen vor der Folda. Und dann begegnen wir noch der nordgehenden MS Nordkapp, da muss ich natürlich winken. Wir begegnen ihr unter der Brücke – fast könnte man rüberspringen…

Noch eine letzte Durchsage: Die Fahrt über die Folda könnte etwas Bewegung síns Schiff bringen, bitte alle losen Sachen absturzsicher verstauen.

Und dann, kurz nach halb elf, habe ich tatsächlich Feierabend, kann meine Bilder des heutigen Tages sichten und mein Blog soweit schreiben, dass ich es morgen nur noch einmal Korrektur lesen muss. Während ich schreibe, ist tatsächlich erstmals etwas Bewegung im Schiff, wir haben drei Meter Wellen und Ostwind – sie kommen also von vorne rechts. Aber es ist nichts wildes, alles bleibt im Regal.

Und damit endlich gute Nacht!

Hurtigrute Tag 9: Vesterålen & Lofoten

Es geht in den sonnigen Süden: Harstad in den Vesterålen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein, nur die Wasserfontaine, die vor ein paar Jahren im Hafenbecken installiert wurde und Schiffe begrüßen soll, ist (mal wieder) aus. Die Begegnung mit der Midnatsol, die uns um 8 Uhr den Kai frei macht, verpasse ich knapp und sehe sie nur noch von hinten, dafür ist es ein wunderschöner Morgen in der kleinen Stadt. Wer den Busausflug 9A durch die Vesterålen gebucht hat, geht hier von Bord und steigt erst in Sortland wieder ein; wir fahren – genauso schön – über Risøyhamn nach Sortland.

Bei schönem Wetter so wie heute ist das ein stressiger Tag, obwohl wir keine großen Programmpunkte haben – aber bei der Fahrt durch die Vesterålen gibt es ständig etwas zu sehen.

Das fängt mit der Trondenes-Kirche vor Harstad an – mein Tele-Objektiv nehme ich eigentlich nur wegen dieser nördlichsten mittelalterlichen Steinkirche Nordnorwegens mit. Sie wurde im 15. Jahrhundert errichtet – der Sage nach aber von einem Troll, der um seinen Lohn geprellt wurde.

Wir tuckern weiter Richtung Risøyhamn. Endlich einmal fahren wir dabei nicht durch die mystischen, nebelverhüllten Vesterålen, sondern sehen strahlend-weiße Berge unter einer blendenden Sonne. Eine Bilderbuchlandschaft, nur etwas kühl, wenn man vorne am Bug steht und sich den Fahrtwind um die Nase wehen lässt.

Die Fahrt durch die Risøyrinne ist immer wieder beeindruckend, wenn man einmal die “Leitpfosten” erkannt hat, das grünliche Wasser daneben als Flachwasser identifiziert hat und sich bewusst macht, dass die Fahrrinne nur etwas tiefer ist als der Tiefgang unseres Schiffs. Schließlich musste die Fahrrinne extra noch tiefer ausgebaggert werden, als mit Midnatsol, Finnmarken und Trollfjord Anfang des Jahrtausends drei noch etwas größere Schiffe auf die Hurtigrute kamen. Überhaupt existiert diese Rinne nur wegen der Hurtigrute: Richard With, der Gründer der Hurtigrute, wollte seinen Heimathafen Stokmarknes besser anbinden, und dafür musste diese Abkürzung gegraben werden. Am Hafen von Risøyhamn erinnert ein Gedenkstein mit den Unterschriften dreier Könige an die Eröffnung und spätere Erweiterungen der Rinne. Für einen Sprint zum Königsstein ist unsere Liegezeit wie immer recht knapp.

Weiter geht es nach Sortland – wer will, sollte jetzt mittagessen, bevor die drei Ausflugsbusse zurück kommen. Kurz vorher werden wieder alle zum Winken am Bug versammelt: Wir fahren genau dann unter der Brücke durch, wenn die Busse darüber fahren. Immer wieder nett, und das Expeditionsteam verteilt großzügig Norwegerfähnchen.

In Sortland halten wir wieder nur kurz, damit alle Ausflügler wieder einsteigen können. Hier gibt es auch einen weiteren Busausflug nach Stokmarknes, dort hat man dann mehr Zeit, um das Hurtigruten-Museum mit der alten MS Finnmarken zu besuchen. Wir schippern über das Meer weiter und kommen nach eineinviertel Stunden am Geburtsort der Hurtigrute an. Bei einer Stunde Liegezeit bleibt da nur Zeit, um kurz einkaufen zu gehen oder einmal entweder durch die Finnmarken oder Museum zu gehen. Aber es gibt Fast Lane: Wer auf dem Schiff die Eintrittskarte kauft, kommt durch einen Seiteneingang ins Museum und schneller auf das Schiff.

Und dann geht es schon weiter zum Raftsund: Ein Traum in Schwarz-Weiß, da wir mittlerweile Richtung Wolken fahren. Sie türmen sich auch schon über den Bergen auf, aber macht nichts: Es ist trotzdem wie eine Fahrt mit dem Schiff durch die Alpen.

Am Anfang des Raftsunds warte ein kleineres Boot auf uns: Es wieder die Saison für die Seeadlersafari. Wer teilnimmt, steigt am Anfang des Raftsunds während der Fahrt auf das Ausflugsboot, das Seeadler anlockt (die wissen schon, wo es Futter gibt) und anders als wir auch in den Trollfjord fährt – für uns ist er wegen Lawinengefahr gesperrt. Aber wer ein Fernglas oder Teleobjektiv hat, sieht auch von der Richard With aus Seeadler, wenn auch nicht ganz so nah.

Gegen 17 Uhr – kurz vorher gibt es noch einen Interessepunkt dazu – erreichen wir den Trollfjord und kreuzen vor der Einfahrt. Jeder hat die Chance auf ein Foto, wobei wie dem Fjord mit seinen steilen Wänden nicht allzu nahe kommen. Aber immer wieder schön, gerade wenn das Wetter so wie heute mitspielt.

Was neu ist: Wir fahren direkt zum Trollfjord und nicht erst um die kleinen Inseln herum. Angeblich wurde hier auch ausgebaggert, sodass die Abkürzung jetzt sicherer ist und offiziell befahren werden darf.

Nach dem Trollfjord ist Sturm auf das Buffet: Wer in Svolvær Ausflüge gebucht hat, will natürlich vor dem Anlegen das Abendessen erledigen. Gut, dass ich keinen Zeitdruck habe:-)

Svolvær liegt unter dichten Wolken – es sieht fast aus, als würden wir gerade einen Vulkanausbruch erleben:

Ein Vulkan bei Svolvær?

Es sind aber doch nur Wolken, die da am Berg hängen Seeadler, zumindest riecht es eher nach Fisch als nach Island-Schwefel. Die Fischgestelle a Hafen von Svolvær sind schon gut mit Stockfisch bestückt, dafür geht das Aroma eigentlich. Und zur Abwechslung ist es hell genug, um die Fiskarkona zu sehen, die Statue von Dagfinn Bakke, die an die Fischerfrauen erinnert, die auf ihre Männer warteten, die zur See fuhren – und oft genug auf See blieben.

Ich mache heute nur einen kurzen Gang nach Svolvær, einmal zum Marktplatz und zurück. Es scheint einen neuen Souvenirshop zu geben, Arctic Lights. Der hat aber so ziemlich das selbe wie die anderen beiden Souvenirshops nebenan…

Auch wenn es trocken ist, belasse ich es bei einem kurzen Beine-Vertreten und bin rasch wieder auf dem Schiff. Als wir ablegen, ist es noch hell – Frühling plus Sommerzeit machen sich bemerkbar. Die Polarlichtsaison endet, dafür sind die Lofoten-Berge noch gut zu sehen, auch wenn das Wetter schlechter wird.

Talkshow

Auf dem Schiff gibt es während der Überfahrt nach Stamsund noch eine Talkshow zur Hurtigrutengeschichte. Leider ist das auf Deck 4 vor dem großen Monitor und in Hörweite von vier Damen, die einen großen Spaß daran haben, sich lautstark ihre Handybilder anzuschauen. Ich gebe den Versuch auf, der Talkshow zu folgen, und mache mir einen ruhigen Abend.

Die Begegnung mit dem nordgehenden Schiff verpasse ich – wir begegnen einer Havila, und die stehen hier nicht im Tagesprogramm, sondern nur die Begegnungen mit Hurtigrutenschiffen. Schade eigentlich.

Stamsund

Stamsund erreichen wir überpünktlich, der leichte Regen macht aber keine Lust darauf, groß an Deck zu gehen. Ein Souvenirfoto muss reichen.

Die Überfahrt über den Westfjord machen wir bei extrem ruhiger See. Seegang gab es auf dieser Tour bislang wirklich keinen. Dafür war es wieder ein vollgepackter Tag, obwohl im Tagesprogramm fast nichts stand. Gut, dass ich mit meinen Vorträgen durch bin – man muss ja auch mal Luft holen können zwischendrin…

Hurtigrute Tag 8: Hammerfest und Saisonende

Heimwärts geht’s in großen Schritten – heute früh haben wir die Barentssee bereits hinter uns gelassen, und die Uhr wird auch umgestellt: Jetzt gilt Sommerzeit, in dieser Nacht fehlt uns eine Stunde. Da heißt es Gas geben, um den Fahrplan einzuhalten.

Havøysund erreichen wir mit nur geringer Verspätung etwa um Viertel nach Acht, und bei eindrucksvollem arktischen Wetter. Der Magerøyasund liegt noch im Sonnenschein, während über uns düstere Wolken für Stimmung sorgen. Das Örtchen mit rund 900 Einwohnern wurde wie viele andere hier im Krieg zerstört, als die deutschen Truppen verbrannte Erde hinterließen, und anschließend wieder aufgebaut. Die Kirche sieht also nur aus wie eine alte Stabkirche. Aber Zeit, um in den Ort zu gehen, hat man hier ohnehin nie.

Nach einem kurzen Halt machen wir den Kai schon wieder frei für die nordgehende Havila Capella, die sich elegant in die Kurve legt. Wir fahren derweil Richtung Süden – Zeit für Frühstück und die Reiseleitersprechstunde, während das Wetter draußen allmählich besser wird.

Als wir Melkøya erreichen, ist es bereits richtig stimmungsvoll schön. Die Insel ist über Pipelines mit dem 160 km entfernten Erdgasfeld Schneewittchen verbunden und die einzige Flüssiggasanlage Norwegens. Das Gas wird hier auf -162 °C heruntergekühlt, sodass es nur noch 1/600stel seines Volumens hat und leichter in die großen Tanker passt, die es abtransportieren. Es geht alles in den Export, so hat Norwegen eine saubere Energiebilanz und kann in aller Ruhe Geld zählen, während die norwegischen Erdgasreserven anderswo verheizt werden. Aktuell hat Melkøya noch einen sehr großen Anteil am norwegischen CO2-Ausstoß, da die Erdgasverflüssigung sehr energieintensiv ist. Aber die Anlage soll elektrifiziert werden – falls das nordnorwegische Stromnetz das aushält. Und wir machen uns Sorgen um Ladesäulen für ein paar E-Autos…

Kurz darauf biegen wir um die Kurve und sehen Hammerfest. Wir legen wieder an der Fuglenes-Halbinsel an; wer will, konnte bis gestern ein Ticket für den Shuttlebus in die Stadt lösen. Eigentlich ist das nur der Ausweich-Liegeplatz, während der Hafen saniert und umgebaut wurde – aber die Arbeiten scheinen fertig zu sein, und an unserem normalen Liegeplatz liegt ein französisches Kreuzfahrtschiff, die Le Champlain. So langsam könnten wir mal wieder direkt in Hammerfest anlegen, schließlich macht es ja den Reiz der Hurtigrute aus, dass wir da hinkommen, wo die Kreuzfahrtschiffe nicht hinkommen… so sehe ich die Kirche wieder nur aus der Ferne (mitsamt dem imposanten Schneehaufen am Ufer) und frage mich, ob ich jemals wieder in den Eisbärenclub komme.

Stattdessen mache ich wieder die kleine Wanderung zur Meridiansäule und dem kleinen Freilichtmuseum an der Spitze der Halbinsel Fuglenes. Hier stehen einige Häuser, die früher auf Melkøya standen, und die kleine Schanze, die nach der Eroberung der Stadt durch die Briten während der napoleonischen Kriege errichtet wurde. Die sechs Kanonen, die hier einst standen, kamen aber nie zum Einsatz, und vor ein paar Jahren wurde die “Festung Skansen” renoviert. Seitdem steht hier wieder eine Kanone und bewacht die Einfahrt.

Der kleiner Ausflug ist ja immer ganz nett, aber das wäre Hammerfest auch mal wieder – auch wenn heute Sonntag ist und die Läden zu haben. Nun ja, gehen wir also zurück zum Schiff, und ich gönne mir zum ersten Mal auf der Reise ein kleines Mittagessen, bevor die Shuttlebusse wieder zurück kommen und wir um 13 Uhr aufbrechen – nur noch eine Viertelstunde hinter dem Zeitplan, die Sommerzeit haben wir fast wieder ausgeglichen.

Der nächste Hafen ist Øksfjord, und ich bin froh, dass ich meinen letzten Vortrag nicht auf unsere Passage heute bei Øksfjord gelegt habe. Ich bin es gewohnt, dass es um die Zeit schon dunkel ist, aber Norwegen präsentiert sich Ende März von seiner besten Seite: Schneebedeckte Berge im Sonnenschein. Klasse. Und währenddessen gibt es vom Expeditionsteam einen längeren Vortrag. Gut, dass wir jetzt Zeit haben, um die Landschaft zu genießen.

Den Tag verbringt man am besten abwechselnd am Fenster und draußen, ein echter Sehtag.

Øksfjord erreichen wir bei schönstem Wetter und legen butterweich an, nur die Schiffshupe bleibt stumm – und das, obwohl hier das schönste Echo ist. Menno. Dafür ist im Hafen geschäftiges Treiben, ständig legen kleine Fischerboote vor uns an und ab, entladen ihren Fang und bunkern frisches Eis. Eine schöne Abwechslung zum üblichen Gabelstapler-Ballett.

Das Örtchen hat übrigens gerade mal 490 Einwohner. Bei uns würde das nicht einmal für eine Bushaltestelle langen; hier hält die Hurtigrute.

Dann geht es auf die offene Seestrecke der Loppa. Loppa macht hoppa, wie es so schön heißt, aber wir haben Glück – spiegelglatte See an steuerbord und supertolle Küste an backbord. Die Zeit bis zum Abendessen vergeht wie im Flug, und zum Sonnenuntergang erreichen wir Skjervøy. In den letzten Jahren hat Skjervøy ja Tromsø als Nordlichgarant abgelöst, aber jetzt ist es einfach noch zu hell. Alpenglühen statt Nordlicht. Aber auch schön. Der Himmel schimmert rosa, und passend dazu steht en rosa Pickup am Hafen. Nur warum riecht das nach Feuerwerk?

Beim Abfahren sehe ich es: Auf der anderen Hafenseite ist Blaulicht hinter einer Rauchschwade, da brennt gerade ein Boot aus. Das war es mit frischer norwegischer Luft; gesund riecht das nicht. Nichts wie rein ins Schiff.

Und dann: Abwarten, ob es rechtzeitig dunkel wird, bevor die Wolken kommen. Laut Windy haben wir in Skjervøy noch recht gutes Wetter und in Tromsø nur noch Wolken. Das stimmt auch: Skjervøy ist schön, und wir können die lange Dämmerung genießen, bis es endlich dunkel wird. Ein schöner, sehr schmaler Mond ist am Horizont zu sehen. Es war doch gerade eben erst Neumond und Sonnenfinsternis?

Gegen 22:20 ist es dann soweit: Die Dämmerung ist noch hell, aber ein Grauschleier ist am Heck zu sehen, während wir Kurs auf die Wolken halten: Polarlicht!

Es hat es nicht leicht, sich gegen die Dämmerung durchzusetzen, aber letztlich ist es eindeutig: Ein niedriger Bogen zeigt sich über dem Horizont, während wir in die Wolkendecke hineinfahren, die über Tromsø hängt. Das ist dann doch ein netter Abschluss für die Saison – wir sind die letzte Nordlicht-und-Sterne-Tour bis zum Herbst. Wer jetzt noch Polarlicht sehen will, muss lange aufbleiben, da die Nächte immer kürzer werden – und bald ist im Norden die Mitternachtssonne, bzw. die Dämmerung geht überhaupt nicht mehr in die richtige Nacht über.

Etwa eineinhalb bis zwei Stunden haben wir Zeit, dann wird das Polarlicht von den Wolken verschluckt. Gegen halb elf kann ich getrost abbauen und Feierabend machen. In Tromsø gehe ich nicht mehr von Bord, nur die Einfahrt schaue ich mir noch an, während der Computer die Bilder verarbeitet.

Trom

Und jetzt, spät am nächsten Tag, bin ich auch mit einen Filmen fertig. Hier ist ein kleiner Schnipsel:

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes, der Wendepunkt

Gestern hatten wir einen traumhaften Tag, und heute wache ich völlig sinnlos im leichten Schneetreiben kurz vor sieben Uhr auf. Das bedeutet: Ich sehe Vadsø einmal aus der Nähe.

Lohnt sich nicht wirklich…

Draußen ist es bedeckt und trüb, und im Dämmerlicht macht der Hafen nicht viel her. Wir liegen im Industriegebiet, die Wohnhäuser liegen auf der anderen Seite vom Hafen. Vadsø ist immer nur ein kurzer Stop und der einzige Hafen, den wir nur nordgehend anlaufen – nach Kirkenes am Ende des Varangerfjords sind es keine zwei Stunden mehr, das würde sich nicht lohnen, hier heute Nachmittag schon wieder anzulegen.

Die Überfahrt Richtung Süden nach Kirkenes ist wenig spektakulär, draußen ist es diesig-neblig. Perfekt zum Frühstücken, während die Passagiere, die hier aussteigen, ihre Kabinen räumen müssen. Für Kirkenes habe ich keinen Plan – nur mal kurz in den Ort gehen, um mir die Beine zu vertreten (kein Fehler, auch wenn ich normalerweise auf das Mittagessen verzichte). Irgendwann muss ich mal die Tour zur russischen norwegischen Grenze machen, aber diesmal auch wieder nicht. Und die Hundeschlittentour samt Eishotel und Rentiere-Gucken ist zwar nett (außer, wenn man selber schon mal gefahren ist), aber ohnehin immer ausgebucht.

Also einmal kurz durch Kirkenes: Es gibt nichts neues seit Dezember. Nur vor dem Kiosk ist wieder eine Reihe Plüsch-Huskies samt Schlitten aufgebaut. Ich mag die.

Zurück an Bord ist es kurz kurz nach 12 – heute gibt es eine partielle Sonnenfinsternis, aber bei den Wolken? Ja, tatsächlich – die Wolkendecke ist dünn genug, dass man die teilweise verfinsterte Sonne ohne SoFi-Brille sehen und fotografieren kann. Ohne Wolken ginge das nur mit geeignetem Sonnenfilter. Wer mehr darüber wissen will, ich habe gerade ein neues Buch zum Thema herausgebracht, schließlich sind in den nächsten Jahren gleich zwei totale SoFis in Spanien. So ist das Ereignis für das Auge nett anzusehen, während die Kamera zu kämpfen hat, um bei den wechselnden Wolken eine brauchbare Belichtung hinzukriegen. Die Kombination Teleobjektiv und schwankendes Schiff, das gerade ablegt, macht es nicht einfacher. Aber der Nachweis gelingt, und sah mit dem Auge ähnlich aus:

Derweil legen wir ab und fahren bei ruhigster See nach Vardø. Ich kümmere mich noch einmal um meinen letzten Vortragstermin und nehme spontan den heutigen Abend – für die nächsten Tage ist seitens des Schiffs auch abends wieder einiges geboten, morgen könnte es noch unter Umständen noch einmal klar werden, und heute Abend ist die See ruhig – also gibt es meinen letzten Vortrag spontan schon an Tag 7 um 20:15. Wobei man das auch nicht unterschätzen darf – wir haben zwar heute den Wendepunkt erreicht, bringen bis zum Ende der Nacht aber die ganze Barentssee samt Magerøya-Sund hinter uns, und bis Trondheim sind es nur noch drei Tage. Am Trondheim-Tag steht auch schon unsere Abschiedsveranstaltung an, und am letzten Tag geht es Non-Stop nach Bergen, da ist auch kene Zeit mehr für Veranstaltungen. Das ist gar nicht schlecht, dass ich jetzt schon durch bin

Für 15:30, also noch vor Vardø, macht das Expeditions-Team noch einen Interessepunkt: Tier- und Vogelbeobachtung. Die Insel Hornøya nahe Vardø ist Norwegens östliches Fleckchen Erde und ein Vogelparadies, dementsprechend viele Vögelschwärme gibt es hier. Angeblich auch Papageitaucher, aber aus dem Fenster kann ich nicht erkennen, ob welche dabei sind – und bis ich an Deck bin, sind da alle möglichen Vögel zu sehen, aber weder Papageitaucher noch Wale, die sich hier auch immer wieder rumtreiben sollen. Dafür kommt es mir kälter vor als gestern Nacht in der Barentssee. Brrr…

Und für Vögel bräuchte ich ein stärkeres Teleobjektiv.

Trotz ruhigster See erreichen wir Vardø wieder einmal leicht verspätet. Also: Nur einmal kurz zur Festung gehen und das Hexendenkmal aus der Entfernung betrachten. Jetzt sieht man den langgestreckten Bau immerhin, der an die Hexenverbrennungen im 17. Jahrhundert erinnert, der auch viele samische Schamanen zum Opfer fielen. Wenn man schon dabei ist…

Vardøhus

Heute ist Vardø friedlich, und auch der Wohlstand des frühen 20. Jahrhunderts ist Geschichte. Vor dem kalten Krieg betrieb die Region regen Handel mit Russland, da der Golfstrom hier für Fischbestände sorgt, die es in Murmansk nicht gibt – dafür kamen aus Russland Pelze. Im Kalten Krieg endete diese Ära, und durch den Krieg gegen die Ukraine ist der Handel heute auch wieder zum Erliegen gekommen. Harte Zeiten für Nordnorwegen.

Dementsprechend verlassen ist Vardø: Viele Häuser stehen leer, und auch einige Ruinen, die vor mehreren Jahren in einem Kunstwettbewerb mit Graffiti verziert wurden, sind mittlerweile verschwunden. Trotzdem gibt es hier noch einige schöne alte Häuser und zahlreiche Graffiti – nur Zeit hat man dafür keine. Auch für das Hexendenkmal bleibt nur selten Zeit, da wir immer zu spät sind.

Steilneset – Hexendenkmal in Vardø

Nach Vardø geht es auf die offene Barentssee. Zumindest behauptet Marinetraffic das, und die Häfen passen auch, aber das Meer ist sowas von ruhig, dass es auch ein Ententeich sein könnte. Es ist praktisch keine Bewegung im Schiff, und draußen ist es gleichmäßig bedeckt, sodass ich in aller Ruhe meinen Vortrag nach dem Abendessen halten kann.

Und das war es eigentlich auch schon: In Berlevåg schaue ich noch einmal kurz raus, wie wir anlegen – über uns sind ein paar kleine Wolkenlücken, eine Handvoll Sterne und ansonsten dichte Wolken. Besser wird es heute auch nicht mehr – Zeit für Feierabend. Dank Sommerzeitumstellung wird die Nacht eh kurz genug.

Berlevåg