Viel los auf der Sonne

Nur mal wieder ein Lebenszeichen: In den letzten, warmen Wochen gab es einige Chancen für einen Blick auf die Sonne. Unter anderem konnte ich die neue 4x Telezentrik (TZ4S) von Baader ausprobieren, auch an der Sonne im Weißlicht. Kombiniert mit der guten Sonnenaktivität kam das hier raus:

Das dürfte schon recht nah am Maximum dessen sein, was man aus einem kleinen ED80/600 rausholen kann. Mir gefällt es jedenfalls:-)

Reducer visuell eingesetzt

Ein Reducer am Teleskop ist eine feine Sache – für die Fotografie. Er reduziert die Brennweite und erhöht somit die Lichtstärke. Das hat zwei Vorteile: Auf einen gegebenen Sensor passt am selben Teleskop ein größerer Himmelsausschnitt, und die Belichtungszeit sinkt, weil das ganze Licht auf eine kleinere Fläche projiziert wird.

Aber die Technik hat Grenzen: Der Bildausschnitt, den ein Teleskop zeigt, wird spätestens durch die Linsenfassungen und die Steckhülsen begrenzt. Ein Reducer lohnt sich also in erster Linie, wenn man einen kleinen Kamerasensor hat. Bei einem großen Vollformatsensor werden die Bildränder rasch im Dunkeln liegen, und man hat nur noch einen Bildkreis.

Und wie ist das jetzt mit einem Okular? Die Frage taucht in den Foren immer wieder auf. Auch hier begrenzt die Steckhülse (und im Okular dann die Feldblende) das nutzbare Bildfeld. Solange die Feldblende deutlich kleiner ist als das Steckmaß, bringt ein Reducer einen Effekt – allerdings hat ein längerbrennweitiges Okular den selben Effekt, und in der Regel auch eine bessere Abbildung.

Wenn ich das Steckmaß ausreize, sieht das schon anders aus: Ein 32mm-Okular kann eine Feldblende von etwa 26mm haben – mehr ist kaum machbar, da die Steckhülse ein M28,5-Gewinde hat. Es passt also schlicht nicht mehr Feld in die Steckhülse. Ein Okular ist ja im Prinzip nichts anderes als eine Lupe, die das Bild in der Ebene der Feldblende vergrößert.

Ein Reducer verkleinert also das in der Steckhülse vorhandene Bild, ohne mehr zeigen zu können – und die rund 50° Eigengesichtsfeld eines Okulars werden kleiner, es gibt einen Tunnelblick.

Die Testokulare

Da das immer wieder bezweifelt wird, habe ich das einmal ausprobiert – mit einem 30mm Eudiaskopischen Okular von Baader, einem 32mm Classic Plössl Okular (beide von Baader Planetarium) und einem 25mm Silber-Plössl von Celestron.

Dazu kam ein billiger Einschraub-Reducer für das 1,25″ Filtergewinde, der unter den verschiedensten Markennamen erhältlich ist.

Die drei Okulare setzte ich an meinen ED80/600 und fotografierte mit dem Handy durch das Okular, um den Gesichtsfeldrand mit abzubilden und so zu dokumentieren, ob man mit Reducer mehr sieht. Die Helligkeitsunterschiede gehen dabei unter, weil das Handy natürlich im Automatik-Modus die Belichtungszeit anpasst.

Den Anfang macht das Classic Plössl – mit dem Reducer ist das reale Bildfeld sogar noch kleiner, was wohl an der Linsenfassung des Reducers liegt. Links jeweils ohne Reducer, rechts mit.

Nächstes Testbild: Das 30mm Eudiaskopische Okular.

Selbes Ergebnis, nur etwas schwerer zu fotografieren, daher der abgeschnittene Rand.

Und das 25mm Silber-Plössl?

Hier ist die Feldblende kleiner als die Steckhülse, und der Reducer zeigt tatsächlich einen größeren Bildausschnitt – aber auch nicht mehr als die langbrennweitigen Okulare. Dafür ist das Bild trüber.

Wie erwartet bringt ein Reducer visuell also nichts, was ein gutes Okular mit maximalem Feldlinsendurchmesser nicht auch kann. Übrigens gibt es ja auch 40mm-Okulare mit 1,25″ – die funktionieren ähnlich und zeigen den selben Ausschnitt wie ein 32mm-Okular, nur weniger stark vergrößert. Statt etwa 50° Bildfeld haben sie nur noch etwa 43° und den berühmten Tunnelblick, den auch der Reducer produziert. Wer wirklich mehr Feld will, muss zu 2″-Okularen greifen. Damit ist bei 32mm ein größeres wahres Feld am Himmel möglich, bei selber Vergrößerung.

Hurtigrute Tag 12: Zurück nach Bergen

Das Tagesprogramm

This is the end – ein letztes Mal klingelt der Wecker, ein letztes Mal Duschen im schwankenden Bad, und ein letztes Mal Frühstück. Die Nacht war dann doch recht kurz: Irgendwann so um drei Uhr ging es um das Westkapp, und irgendwer hat den Schleudergang angeschaltet. Da war doch gut Bewegung im Schiff. Aber auch hier geht noch mehr, und es war ohnehin schon alles an beweglichen Teilen vom Schrank in den Koffer gewandert.

Kurs Florø

Ich bin früh genug wach, um noch vor Florø mit dem Frühstück fertig zu sein: Ein wunderschöner Morgen mit ruhiger See und einigen Wolkenlücken. Ich bin sogar früh genug an Deck, um nicht das übliche Foto vom Containerstapel am Anleger zu schießen, sondern sehe die Lichter des Örtchens am Horizont, während wir uns dem Hafen nähern.

Nach Florø dann die Herausforderung des Tages: Den Koffer zukriegen, bevor die Kabine um 10 Uhr geräumt werden muss. Warum zum Geier bin ich schon wieder bei 22,8 kg (zzgl. Kofferwaage)? So viel habe ich doch gar nicht eingekauft… Aber egal, 23 kg darf ich ja, und ich habe ein paar Sachen aus dem Handgepäck in den Koffer ausgelagert. Also ab damit vor die Türe, damit er bis Bergen im Rumpf des Schiffes verstaut wird und nicht stört. Am Terminal in Bergen werde ich ihn wieder kriegen. Ein letzter Blick in die Kabine, und dann ab ins “Reiseleiterbüro”, unsere lange Tafel auf Deck 3. Viele Tipps für den letzten Tag können wir zwar nicht geben, aber hier gibt es Steckdosen. Nicht, dass das Handy mit der Bordkarte leer ist, wenn man es später braucht.

Nachdem wir Florø verlassen haben, kommen etwas ungeschütztere Seestrecken. Durch die Dünung geht es für die Richard With auf und ab – langsam, aber beständig. Programm gibt es für heute keines mehr, nur um 10:30 gibt es noch einen Film mit einem Blick hinter die Kulissen des Schiffs für alle, die bei der Versteigerung leer ausgegangen sind.

Zum Glück spielt das Wetter mit, und man hat noch etwas vom letzten Tag. Bei Regen ist das letzte Stück extrem nervig, aber so kann man Norwegen noch einmal genießen. Ein schönes Stück Strecke ist der Steinsund, den wir gegen halb zwölf durchfahren; aber wir kommen der Küste auch so immer wieder nahe genug für schöne Fotos – Norwegen ist fast zum Greifen nah, und man kann es bei Plusgraden auch gut an Deck aushalten.

An Deck gibt es noch einige Gespräche. Da gefragt wurde: Wer mal in Tromsø auf Polarlichtjagd gehen will, dem kann ich Dan Steinbakk von Arcticx.no sehr empfehlen. Und nein, ich kriege keine Provision – er ist einfach gut, und vor allem ist er mit kleinen Gruppen in einem VW-Bus unterwegs und nicht mit dem vollgestopften großen Reisebus. Aber Vorsicht: Das Wetter, das wir in Tromsø hatten, ist durchaus typisch, und die Nordlichtjäger dort fahren öfter rüber nach Finnland. Also den Reisepass/Perso nicht vergessen. Nordlichtjagd ist nicht immer so komfortabel wie auf der Hurtigrute, dafür ist man an Land und ohne festen Fahrplan flexibler. Und wer selber fahren will: Hertz montiert eher Spikereifen als Europcar. Norwegische Winterstraßen können eine interessante Fahrerfahrung bieten, vor allem im Sturm. Da wurde schon mal dem ein oder anderen Kleinbus die offene Türe abgerissen, und es ging ohne Seitentüre zurück durch den Schneesturm. Da haben wir es schon angenehmer:-)

Ansonsten dümpelt der Tag vor sich hin, und wer dem Gehuste im Schiff ausweichen will, geht an Deck. Immer wieder gibt es Leuchtfeuer mit Wellen zu sehen. Eine andere Sehenswürdigkeit: Die Deepsea Yantai kommt uns entgegen, eine Bohrinsel – ich wusste gar nicht, dass es die mit eigenem Antrieb gibt, aber sie bewegt sich wohl aus eigener Kraft fort. Laut Marinetraffic hat sie die Segel gesetzt…

Bergen

Bergen erreichen wir schließlich fast auf die Minute genau, dann dauert es nur noch ein bisschen, bis wir aussteigen können, unser Gepäck wiederkriegen und in die Busse steigen. Das gibt noch einmal etwas Chaos: Zwischen unseren beiden Bussen steht der Bus der französischen Gruppe, und da auf einem unserer Busse nur Airport steht, wollen noch einige andere Passagiere einsteigen. Aber schließlich ist alles sortiert, die Passagieranzahl stimmt, alle an Bord gehören auch zu uns, und es geht schnellstmöglich zum Flughafen, eine gute halbe Stunde nach unserer Ankunft am Jekteviksterminal in Bergen. Die Self-Checkin-Terminals für KLM funktionieren mal wieder so lala (am besten mit Reisepass), aber die Schalter sind besetzt, sodass alle rechtzeitig ihr Gepäck aufgeben und durch die Security kommen. Noch fast eine Stunde bleibt für die Shops vor und in dem Duty-Free-Bereich, sogar eine kleine Pølser ist noch drin, bevor es in den Flieger nach Amsterdam geht.

In Amsterdam sind wir pünktlich und haben für die meisten Anschlussflieger etwa eineinhalb Stunden Zeit – nicht zu viel unnötiges Rumgesitze also. Aber der letzte Tag zieht sich wie Kaugummi… und das ist das erste Mal, dass ich gefragt werde, ob ich nicht jemanden vom Flughafen nach Karlsruhe mitnehmen könnte, weil es keine vernünftige Verbindung nach Hause mehr gibt. Hat sich dann zwar erledigt (das Hotel in Frankfurt war schon gebucht), aber es lässt doch an die Anfangszeit meiner Nordlicht-und-Sterne-Touren denken, als noch ein Anreisetag in Bergen dabei war, und die Tour dafür schon in Trondheim endete. Da waren alle auch mit Umsteigen noch am selben Abend zuhause. Gute alte Zeit, auch wenn es nach Kirkenes dann noch schneller dem Ende zu ging.

Gate closed

Ebenfalls interessant: Am Flughafen wurde ich von anderen Passagieren angesprochen, wie man diese Gruppenreise überhaupt buchen könne, da sie das weder im Reisebüro noch auf der Webseite gefunden hatten. Interessant – meist haben wir eher den Fall, dass jemand nicht weiß, dass er eine Gruppenreise hat. Wenn das Reisebüre es nicht findet, hier kann direkt bei Hurtigruten Deutschland gebucht werden: https://www.hurtigruten.de/hurtigruten-gruppenreisen.

Vor lauter Gequatsche bekomme ich fast nicht mit, dass das Boarding pünktlich beginnt, und werde mit einem freundlichen “Gate closed” begrüßt – aber ich bin nicht alleine, der halbe Flieger muss warten, bis ein zweiter Transferbus kommt. Nur der erste Bus war voll, uff.

Ach ja, weil gefragt wurde, warum ich auf der Rückreise Maske trug: Wenn im Schiff irgendwas rumgeht, hat man eh kaum eine Chance, aber ich gehe davon aus, dass ich mir auf der Tour nichts eingefangen habe – der Coronatest vor dem Rückflug war jedenfalls negativ. Aber auf den Flughäfen wird die Luft aus aller Herren Länder doch noch gut gemischt, und auf einem meiner letzten Flüge saß ich direkt hinter jemanden, der drei Stunden lang gerotzt und geschnieft hat. Da schadet eine Maske nicht, auch wenn KLM die Sicherheitseinweisung vom Band durch den Hinweis ergänzen muss, dass man die Maske natürlich abnehmen muss, falls die Sauerstoffmasken von der Decke fallen. Aber ganz alleine bin ich damit nicht im Flieger.

Im Flugzeug gibt es dann eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Es gibt vorne und hinten eine Toilette, aber vorne darf nur die Business-Class ihr Geschäft verrichten. Das ist alles, was vom Glanz der Flugreisen übrig geblieben ist. Käsebrötchen und getrennte Toiletten.

Mit ordentlich Rückenwind bin ich eine gute Stunde später in Frankfurt, dann noch Gepäck holen, kurz was Essen, und ab auf die Autobahn – gegen ein Uhr morgens bin ich zuhause. Ich weiß, warum ich Direktflüge mag… es ist ein seltsames Gefühl, jetzt einen Tag später das Blog abzuschließen und die Bilder hochzuladen, noch bevor alle Gäste zuhause sind.

Aber ich muss nochmal sagen: Danke – es hat wirklich Spaß gemacht mit euch! Tusen takk, und alltid god tur!

Hurtigrute Tag 11: Von Trondheim südwärts

Der Tagesplan

Der südgehende Trondheimtag ist so ein Tag, über den es nicht viel zu berichten gibt, weil nicht viel passiert. Zwischen Trondheim am morgen und Kristiansund am Nachmittag liegt eine lange Seestrecke ohne weitere Häfen. Man könnte die Seele baumeln lassen, wenn nicht eigentlich doch so viel passieren würde…

Der Tag fängt eigentlich ganz entspannt an – zumindest, wenn man nicht noch einmal frühmorgens nach Trondheim will, wo wir von 6:30-9:30 liegen. Aber da haben die meisten Läden eh noch zu, und ich schlafe lieber etwas länger, als in aller Herrgottsfrühe noch einmal durch die Stadt zu joggen oder einen Ausflug zu machen. Da gehe ich lieber um kurz nach acht entspannt frühstücken.

Trondheim

Damit bin ich auch an Deck, als wir um 9:30 Trondheim verlassen, um den Kai für die nordgehende Havila Castor freizumachen. Sie dümpelt bereits im Hafenbecken und war anscheinend zu früh: Als ich sie zum ersten Mal sehe, liegt ein Rettungsboot neben ihr, das mit jedem Foto etwas weiter hochgezogen wird. Die Crew hat die Wartezeit wohl für eine Rettungsübung genutzt.

Bei unserer Abfahrt ergeben sich noch ein paar nette Blicke auf das Schiff und die Insel Munkholmen, dann beginnen wir unsere ruhige Reise durch den Trondheimfjord, bis wir an seinem Ende nach Süden abbiegen.

Der an sich ruhige Vormittag wird durch einige Veranstaltungen unterbrochen. Um 11 Uhr zeigt Roman vom Expeditionsteam den Tourfilm des Schiffs, der auch zum Verkauf angeboten wird. Diese Filme gehören mittlerweile zum üblichen Angebot der Schiffe, die Musikauswahl finde ich interessant. Rund eine Dreiviertelstunde dauert dieser Reiserückblick.

Coastal Kitchen: Lachs

Um 14 Uhr, also fast im Anschluss an das Mittagessen, präsentiert das Küchenteam dann, wie man einen Lachs filettiert. Bis zur anschließenden Verköstigung kann ich allerdings nicht bleiben: Um 14:30 haben wir unsere Abschlussveranstaltung inklusive Informationen zur Ausschiffung. Für unsere Gäste gibt es ja ein eigenes Arrangement, wie sie zum Flughafen kommen – wofür hat man eine Gruppenreise. Die ersten haben wir schon vorher eingecheckt, der Rest folgt im Lauf des Nachmittags. Besonderes Highlight: Robert zeigt seinen Tourfilm, anschließend präsentiert Arno auch noch einen Reiserückblick. Und meine Bilder gibt’s es natürlich auch noch – viele wurden schon im Blog präsentiert, den Rest gibt es in hoher Auflösung exklusiv zum Download oder auf USB-Stick. Wir bieten da Full-Service und nicht nur das vertragliche Minimum:-) Und für mich war es auch ganz entspannend, mal keinen Reisefilm zusammenzustellen. Es war schon interessant, die drei Filme nebeneinander zu sehen. Und, natürlich: Unsere waren um Welten besser als der vom Schiff:-) Bei der Gelegenheit noch ein Link: Ich verwende immer ganz gerne das Album Fjörður von Alexander Nakarada – wieder was anderes.

Im Anschluss an unsere Veranstaltung beginnt das letzte Treffen mit dem Expeditionsteam, und bis wir Kristiansund gegen halb Fünf erreichen, sind eigentlich alle für den Flieger eingecheckt. Jetzt muss nur noch gepackt werden…

In Kristiansund gibt es die letzte Chance für einen Landgang, nachdem die Richard With mit Schiffstyphon und wunderbarem Echo die nachmittägliche Stille des Orts durchbrochen hat. Ein bisschen hat das was von Venedig, wenn wir mit dem Schiff durch den Ort fahren.

Noch einmal geht es zu den Statuen am Anleger, der Klippfiskkjerringa und dem Heringsjungen, sowie einer alten (modernisierten) Fähre, die noch heute Hafenrundfahrten unternimmt.

Bei einer Stunde Liegezeit bleibt natürlich nicht viel Zeit, aber dieser kleine Abstecher ist doch immer wieder drin. Und dann ist auch schon fast wieder Abendessenzeit – ich entscheide mich für das Roastbeef und bereue die Entscheidung nicht.

Molde

Nach dem Abendessen machen wir es uns auf Deck 7 bequem und lassen die Reise ausklingen – Molde und die Nordstjernen verpasse ich daher fast und komme nur zu einem Schnappschuss von Deck 7. Das in Planen eingehüllte Thon-Hotel ist jetzt nicht so das tolle Fotomotiv. Viel wichtiger ist, dass hier die Teilnehmer des Ausflugs ins Bergtatt-Marmorbergwerk wieder an Bord kommen. Vom Atlantikweg werden sie trotz Mondschein nicht viel gesehen haben, aber ich habe das Bergwerk als durchaus sehenswert in Erinnerung.

Nacht über Norwegen

Wir bleiben noch ein bisschen auf Deck 7 und genießen die ruhige See, dann ist irgendwann doch das fast finale Packen angesagt. Kurz nach Mitternacht mache ich dann auch Feierabend – noch ein letzter Rundgang um das Umlaufdeck auf Deck 5, und das war es – die letzte Nacht auf der Richard With. Morgen früh um 10 Uhr muss die Kabine geräumt sein.

Hurtigrute Tag 10: Die Helgelandküste

Der Tagesplan

Es gibt ja die Theorie, dass die südgehende Route die entspannendere ist, weil es weniger zu tun gibt und weniger große Häfen gibt. Ich kann guten Gewissens sagen: Das ist falsch, zumindest bei gutem Wetter. Wobei wir gerade auch mit der Helgelandküste an einem besonders schönen Stückchen Norwegen entlang fahren.

Der Tag ging wieder recht früh los: Um 8:20 begegneten wir der nordgehenden Nordlys, wo natürlich die Kollegen gegrüßt werden mussten, die gerade auf dem Schiff sind, und um 8:45 stand dann auch schon die südgehende Polarkreisüberquerung auf dem Programm. Um die Zeit ist die Kugel auf der Insel Vikingen auch deutlich besser zu sehen als noch vor wenigen Tagen.

Polarkreiszeremonie

Direkt im Anschluss fand die Polarkreiszeremonie statt: Lebertran für alle. Noch einen Löffel für die Sammlung. Hurtigruten sollte sich noch etwas einfallen lassen, um auch Messer und Gabeln zu verteilen, dann habe ich irgendwann ein komplettes Service:-)

Dann bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, denn um 10 Uhr steht unser nächster und letzter Vortrag an: Robert zeigt seine Astrofotos und wie sie entstanden sind. Bei der Gelegenheit: Wer einmal selbst auf einer Volkssternwarte durch ein Teleskop schauen will, findet unter https://sternklar.de/gad/ eine Liste mit Sternwarten und Vereinen, oder auf Astrotreff.de eine Karte. Lohnt sich – seine Heimatsternwarte ist die Sternwarte Hannover, meine die Robert-Mayer-Sternwarte in Heilbronn am Neckar. Und mein Astrofotobuch ist links in der Seitenleiste verlinkt:-)

Anschließend: Signierstunde durch die Offiziere; ich biete natürlich auch an, mein Begleitbuch zur Reise zu signieren, was gut genutzt wird. Und dann sind wir auch schon in Sandnessjøen. Die halbe Stunde Liegezeit langt leider kaum, um von Bord zu gehen – eine halbe Stunde sollte man schon an Land haben. Aber es gibt ja auch noch das Mittagessen, um das man sich kümmern muss.

Und weiter geht es: Um 12:15 legen wir ab, knapp 20 Minuten später kann man die Gipfel der Sieben Schwestern gerade so unter den Wolken erahnen, und pünktlich zum Interessenspunkt um 12:45 schneeschauert es schon wieder.

Der Rest der Helgelandküste gibt dafür sein bestes: Das Wetter bessert sich, und Norwegen zeigt sich so, wie man es erwartet: Hohe, verschneite Berge, und eine Sonne tief im Süden. Wunderschön. Die Fahrzeit bis Brønnøysund vergeht wie im Fluge, und damit erreichen wir auch schon die Mitte Norwegens: Von hier ist es bis zum Nordkap genauso weit wie bis zur Südspitze. Südnorwegen fehlt mir noch komplett, da war ich noch nie…

Bei der Anfahrt auf Brønnøysund gibt es noch ein paar Minuten mit perfektem Licht, bevor die Sonne abrupt hinter den Wolken verschwindet. Ich nutze die Zeit in Brønnøysund für einen Gang zum Stein in der Mitte Norwegens (die Schlange, die auf eine Fotogelegenheit wartet, ist ihrerseits auch ein Foto wert), dann zum Einkaufszentrum und schließlich zu den Kletterwänden ein Stück weiter das Ufer entlang. Im Coop werde ich daran erinnert, dass ich gerade auf Entzug bin und noch gar keine Sjokoladeterapi auf dieser Reise gemacht habe… Als ich wieder auf dem Schiff bin, hat uns die drohend aufgetürmte Wolke erreicht, es fängt an zu regnen, und ich spare mir den kurzen Ausflug zum besten Softeis der Küste. Wofür habe ich meine Sjokoladeterapi.

Aber ich muss meine Therapie sanft dosieren: Die Reise neigt sich dem Ende entgegen, und heute Abend gibt es schon das “Diner de Adieu”, wie das Abschiedsessen/Captain’s Dinner für unsere französischen Passagiere angekündigt wurde. Anlässlich des 130jährigen Bestehens der Hurtigrute gibt es heute ein Fünf-Gänge-Menü, wie üblich schon in Brønnøysund, da viele bereits in Trondheim aussteigen. Das spart die zweite Fahrt um das oft stürmische Westkap, und man erwischt einen früheren Flug nach Hause. Auch die Nordlicht-und-Sterne-Touren endeten noch in Trondheim, als ich damit angefangen hatte. Aber bei gutem Wetter sind die letzten eineinhalb Tage nach Trondheim schön, wenn auch weitestgehend ereignislos und ohne größere Häfen.

Ungewöhnlich heute Abend: Der Sekt zum Anstoßen wird im Panoramasalon auf Deck 7 verteilt – für die Gruppe, die um 18 Uhr zu Abend isst, gibt es ihn dann um 20:30; die spätere Essensgruppe kann zuerst anstoßen.

Das Menü ist vorgegeben, wobei ich es interessant finde, dass beim Hauptgang mit Seelachs gewarnt wird, dass er Spuren von Schalentieren und Fisch enthalten kann. Letzteres hoffe ich doch bei Lachs…

Nach dem Essen hören wir, wie Graupel gegen die Scheiben schlägt. Aber so schwach wie das Polarlichtoval gerade ist, brauchen wir auch nicht nach Polarlicht Ausschau halten. Sehr, sehr schade.

Um 20:30 gibt es dann den Sekt im Panoramasalon sowie eine Urkunde dafür, das man im Jubiläumsjahr “130 Jahre Hurtigrute” auf dem Schiff war. Der Kapitän hält eine kurze Ansprache, die unsere Bordreiseleiterin Rebecka übersetzt, dann gehen Offiziere und Expeditionsteam einmal durch den Panoramasalon, und der “Festakt” ist beendet.

Bleiben nur noch der Halt in Rørvik und die anschließende Begegnung mit der nordgehenden Nordkapp, die etwas Verspätung hat. Sieht nach einer interessanten Fahrt über die Folda aus, Windy meint etwas von 3-4 Meter Wellengang. Und tatsächlich ist gut Bewegung im Schiff. Gut, dass ich nicht zu Seekrankheit neige…

Hurtigrute Tag 9: Die Vesterålen

Das Tagesprogramm

Zwei Dinge gibt es zum gestrigen Abend noch zu ergänzen. Erstens kostet der Rørbua Pub jetzt wieder 50 NOK Eintritt, wenn abends wie üblich eine Band spielt. Immerhin bin ich so mal einen 50-NOK-Schein losgeworden, in einem Land, das Kreditkarte optimiert ist. Sogar das Toilettenhäuschen am Hafen von Tromsø hat mittlerweile auf Kartenzahlung umgestellt.

Und irgendwann lerne ich es vielleicht, vor Harstad den Infokanal am Telefon auszuschalten, vor allem, wenn das Wetter eh schlecht ist (sodass kein Nordlicht-Alarm droht) und es am Tromsø-Abend spät wird. So kam kurz vor 8 die Durchsage, dass wir Harstad erreichen, und um 8:15 die Mahnung, dass der Vesterålen-Ausflug jetzt beginnt und die Teilnehmer sich doch bitte am Bus einfinden sollen. Na gut, dann kann ich auch aufstehen…

Der Himmel schwankt zwischen pechschwarz und klar, und ich mache noch die Hafenausfahrt mit. Wir passieren nämlich die Trondenes-Kirche, das erste Ziel der Vesterålen-Busrundreise. Vom Schiff aus sind ein paar schöne Bilder möglich, auch wenn die Berge im Hintergrund schon in den Wolken verschwinden. Auch die Fontaine im Hafenbecken, die vor ein paar Jahren installiert wurde, ist wieder aktiv.

Während ich mich dem Frühstück widme, fahren wir durch die Wolken, die die Inselwelt der Vesterålen verbergen. Schade – eigentlich ist das eine sehr schöne Passage. Kurz vor der der Risøyrinne ist gar nichts mehr zu sehen, und am Bug steht man dann mitten im Schneesturm. Zum Glück klart es kurz vorher auf, sodass die Fahrbahnmarkierungen zu erkennen sind. Auf Deck 7 beim Interessepunkt von Roman zur Risøyrinne lässt es sich deutlich besser aushalten.

Was mir neu war: Der Sand, der die Fahrrinne immer wieder auffüllt, wird regelmäßig ausgebaggert (klar soweit – schließlich ist die Rinne nur unwesentlich tiefer als die größten Hurtigrutenschitte) und dann verkauft – teils als Dünger und teils für Wasserfilter. Wieder was gelernt, auch für alte Hasen gibt es noch neue Informationen.

Und auf den letzten Metern vor Risøyhamn bietet sich uns doch noch ein schönes Farbenspiel, die Sonne kommt durch.

Der kurze Halt in Risøyhamn reicht Arno für einen kurzen Spurt zum Königsstein auf der anderen Straßenseite, ich verfolge das von Bord aus. Über Risøyhamn selbst mit seinen gut 200 Einwohnern gibt es nicht viel zu sagen, außer dass es schön liegt.

Als wir um 11 Uhr schon wieder ablegen, wird im Konferenzraum der englische Vortrag über die nordische Mythologie nachgeholt. Hat sich gelohnt: Es geht nicht nur um die alten Götter rund um Odin, sondern auch um die Legenden der Sami rund um Stallu sowie Seemonster (und was wahrscheinlich hinter den Sichtungen steckte) und Aberglaube. Gingen einige Seeschlangensichtungen eventuell auf tote Exemplare der Gattung Giant Oarfish / Regalecus glesne zurück, die im Sturm auf den Wellen trieben und deren Verwesungsgestank auch den bestialischen Geruch erklären würde, der mit Monstern in Verbing gebracht wird? Es wäre möglich. Mir völlig neu war die Geschichte um den Trollmannen, einen Sami-Schamanen, der vor 90 oder 100 Jahren ein Hurtigrutenschiff gestoppt haben soll. Der Legende nach war er aus dem Norden und hatte schlechte Manieren, sodass der Kapitän ihn nach einem Auftritt im Speisesaal vom Schiff werfen wollte. Daraufhin ließ sich das Schiff nicht mehr steuern, obwohl die Motoren einwandfrei funktionierten. Erst als er wieder an Bord war/bleiben durfte, konnte die Fahrt weiter gehen. Und dann scheiterte der Kapitän daran, ihm zur Entschuldigung eine Flasche Bier zu spendieren – erst bekam er die Flasche nicht auf, dann konnte er nicht einschenken. Karben hieß der Trollmannen wohl. Nur mit Google finde ich nichts dazu – ein Trollmannen ist ein Zauberer, und meine erste Suche lieferte vor allem den Trollmannen frå Oz, also den Zauberer von Oz. Und der war das wohl doch nicht…

Ach doch, da ist was – Johan Kaaven, Trollmannen som stoppet Hurtigruten, der wohl von ca. 1860-1918 lebte.

Nach dem Vortrag kommt auch schon Sortland in Sicht. Der Ort wurde schon 1370 als Suortaland erwähnt und verdankt seinen Namen wohl dem Fluss Svarta. Trotzdem ist “Schwarzland” heute als blaue Stadt bekannt: Ende der 90er Jahre kam die Idee auf, Sortland zur “Blauen Stadt” zu machen und möglichst viele Häuser blau zu streichen. Die Fördermittel wurden dann vor allem von der Industrie aufgegriffen, um den Lagergebäuden einen neuen Anstrich zu verpassen.

Für uns ins Sortland vor allem deshalb interessant, weil hier die Busse der Vesterålen-Rundfahrt auf uns stoßen – und zwar schon auf der Sortlandbrua, die sie überqueren, wenn wir darunter hindurch fahren.

Zum Glück gehört die Richard With zu den Schiffen, die hier zum Winken aufrufen. Es ist immer ein großer Spaß, wenn viele vorne am Bug stehen und mit Norweger-Fahnen den Bussen zuwinken, die dann genau über uns hinweg fahren. It’s Fun!

Im Hafen sammeln wir die Ausflügler dann wieder ein, Arno und ich haben uns noch zwei Fahnen gekrallt, um auch beim Anlegen winken zu können.

Danach ist eine gute Stunde Ruhe und Zeit zum Essen, bis der nächste Hafen kommt. Die südgehende Route hat zwar keine großen Städte, aber langweilig wird es vorerst trotzdem nicht. Selbst wenn sonst nichts wäre: Auf dem Busausflug war das Wetter besser als auf dem Schiff, wir sehen Bilder von Elchen und dem Teil der Vesterålen, den man sonst nicht sieht.

In Stokmarknes ist das neue Hurtigrutenmuseum, hier ist der Gründungsort der Hurtigrute. Das Museum wird privat betrieben, Hurtigruten macht nur den Kartenvorverkauf, damit man schneller hinein kommt. Früher hat die Zeit entweder für die alte Finnmarken gelangt, oder für das Museum, und der Eintritt war deutlich günstiger. Jetzt steht das Schiff zum Glück vor weiterem Verfall geschützt in einem Schutzbau, dafür ist der Eintritt deutlich teurer geworden. Es gibt aber auch einen Hurtigruten-Ausflug mit Busfahrt, der einen längeren Museumsbesuch beinhaltet – vielleicht klappt das mal, dass ich da mitfahre.

Bei der Anfahrt liegt ein schöner Wolkenbogen über dem Museum, und im Hafen bemerke ich erstmals bewusst das große Hinweisschild an dem grauen Lagergebäude, das auf das Hurtigrutenmuseum hinweist.

Stokmarknes hat außer dem Museum nicht viel zu bieten (Sonntags erst recht nicht), und wir gehen kurz auf die nahe Straßenbrücke, um einen Blick auf Ort und Hafen zu werfen. Aus dieser Perspektive liegt die Richard With direkt neben dem Museumsgebäude. Die eine Stunde Aufenthalt langt gut für diesen Abstecher, aber nicht für wesentlich mehr.

Und dann: Eine halbe Stunde Pause! So lange dauert es nämlich bis zum Eingang des Raftsunds, der Vesterålen und Lofoten voneinander trennt. Mit dem Schnee ist das wie eine Fahrt mit dem Schiff durch die Alpen, wenn rechts und links die hohen, verschneiten Berggipfel der Inselgruppen an einem vorbei ziehen.

Bis zuletzt wird es spannend gemacht, ob wir in den Trollfjord fahren, aber abgesehen von den dicken Wolken Richtung Svolvær sind die Bedingungen optimal. Und gegen 16:30 dann die erlösende Meldung: Ja, wir machen den Abstecher zur Mündung des nur wenige Meter breiten, langen Fjords, der von hohen Bergen umsäumt ist. Im Winter können wir leider nicht hineinfahren, da das Schiff dann Lawinen auslösen könnte – die machen dem Schiff zwar nichts aus, aber den Passagieren an Deck… Daher fahren wir nur bis zur Mündung des Trollfjords, die mit Scheinwerfern beleuchtet wird. Diesmal sind die besten Plätze vorne am Bug, obwohl hinten auf Deck 7 der Trollknerz verkauft wird. Andere Schiffe fahren mit dem Heck voraus zur Mündung, da steckt kein System dahinter. Aber auch von der seitlichen Reling ist er gut genug zu sehen. Mein iPhone macht mal wieder bessere Bilder als meine “richtige” Kamera. Eigentlich eine Unverschämtheit.

Dann geht nach Svolvær. Heute Abend gibt es schon ab 17:30 Buffet, damit alle, die an Ausflügen teilnehmen, vorher etwas essen können. Das hat nur einen Nachteil: Ich überfresse mich am Nachtischbuffet. Süßkram können die Norweger wirklich.

Danach ist ein kurzer Gang in den Ort Pflicht. Das Gebäude direkt am Hafen hat auf einer Seite die Leuchtfeuer und Seefahrtsmarkierungen der Gegend aufgezeichnet. Danach komme ich immerhin zur Kirche mit den Skulpturen dahinter: Eine überlebensgroße schreitende Frau und das Auge des Nordens – letzteres schuf Jeppe Hein, während der Ursprung der Frau ungeklärt ist… Viel weiter gehe ich heute aber nicht.

Sehr frustrierend: Über uns leuchten trotz angesagten 99% Bewölkung der schöne Halbmond und zahlreiche Sterne, nur von Polarlicht ist keine Spur zu erahnen. Soviel zu Svolvær als Hauptstadt des Lichts – das Polarlichtoval gibt heute einfach nichts her. Daran ändert sich leider auch nichts, als wir später nach Stamsund weiterfahren und uns dann auf die Überfahrt über den Westfjord nach Bodø machen: Kein Grün in Sicht, jedenfalls nicht mit dem bloßen Auge. Am Heck stehen noch einige hoffnungsvolle Polarlichtjäger. Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt*.

Stamsund

Irgendwie ist diese Saison sehr zäh. Auch bei meinen beiden privaten Urlauben im Oktober und über Silvester gab es entweder schönes Polarlicht hinter dichten Wolken, oder klaren Himmel ohne Polarlicht, oder nur ein kameragrünes Band, das nur mit etwas Glück und nach langer Wartezeit die Show abgeliefert hat, die wir sehen wollen.

Wie dem auch sei, für heute mache ich Schluss. Die Überfahrt über den Westfjord dürfte nicht zu sehr wackeln, aber Polarlicht erwarte ich auch keines mehr.

Und wie es sich gehört, kommt dann kurz nach 23 Uhr noch eine WhatsApp: Polarlicht achtern. Tja… da ist tatsächlich was, die Kamera bestätigt es. Für das Auge: Sehr schwach. Wenn man weiß, dass es da ist… Um halb zwölf ist da kaum mehr als bei meinem letzten Rundgang um 22 Uhr, da kann ich endgültig Feierabend machen. Irgendwann zwischen 22 und 23 Uhr war noch etwas mehr zu sehen, aber das habe ich verpasst. Nun, zum Abschluss hier noch die magere Ausbeute:

*aber sie stirbt…

Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

Das Tagesprogramm

Wir haben gewendet und sind jetzt die südgehende Hurtigrute – nachdem wir gestern von Kirkenes erst einmal nach Nordosten gefahren waren, dann bei Vardø abdrehten und irgendwann in der Nacht mit Mehamn den nördlichsten Hafen passiert haben, stimmt das sogar.

Der erste Hafen, den wohl die meisten mitbekommen, ist Havøysund. Schon aus der Ferne ist das gleichmäßige rote Blinken der Windräder zu sehen, die über dem Ort stehen. Wir haben gute 20 Minuten Verspätung, sodass es schon recht hell ist, als wir in dem kleinen Hafen anlegen. An Land sieht es ziemlich glatt aus, aber zum Aussteigen langt die Zeit ohnehin nicht.

Jetzt ist es auch einmal weitestgehend klar, sodass die Blaue Stunde ihre volle Wirkung zeigt. Und ein Stück weiter ist es ebenfalls blau: Die Havila Capella mit ihrem typischen blauen Rumpf zieht ihre Kreise und wartet darauf, dass wir endlich den Anleger frei machen. Die Zeit, die wir hier verplempern, geht von deren Liegezeit in Honningsvåg ab. So macht man sich Freunde…

Unser Konkurrent Marktbegleiter hat ebenfalls schöne Schiffe, und hoffentlich bald auch alle vier Schiffe am Start. Dann teilen sich Hurtigruten und Havila die elf Abfahrten ab Bergen auf der Kystrute (wie die Hurtigrute jetzt heißt, weil Hurtigruten AS die Namensrechte hat). In Tromsø konnte ich neulich einen Blick in eines davon werfen – wenn die Schiffe längere Zeit im Hafen liegen, kann man auch als “Port Guest” an Bord gehen und sich umschauen. Chic, allerdings gibt es kein Umlaufdeck. Wer am Bug stehen will, steht ganz oben über der Brücke vor dem Panoramasalon, und das Sonnendeck ist etwas zerklüftet. Nicht ganz optimal zum Nordlicht-Gucken.

Verglichen mit den letzten Tagen ist die anschließende Fahrt nach Hammerfest richtig ruhig. Und das Wetter? Wenn schon kontrastarm, dann richtig…

Aber manchmal klappt das mit dem berühmten wechselhaften norwegischen Wetter, und innerhalb von zehn Minuten wird aus einer trüben Suppe ein hübscher Himmel.

Melkøya

Mit 20 Minuten Verspätung passieren wir kurz vor elf die Flüssiggasanlage Melkøya. Roman vom Expeditionsteam macht wieder den Interessepunkt, und ich mache ein paar Fotos. Same procedure as every time… Mittlerweile ist die Anlage nach dem Brand von 2022 längst wieder in Betrieb (seit Mai ’22) und verflüssig das Gas aus dem 160 km entfernten Bohrfeld Schneewittchen für den Transport in alle Welt. Einiges dürfte jetzt auch in Deutschland landen.

Wir umrunden die “Milchinsel” und die Fuglenes-Halbinsel, an der wir auch anlegen. Noch bis “voraussichtlich 2023” wird der Hafen neu gestaltet, bis dahin legen wir fern vom Stadtzentrum an. Das Industriegebiet ist optisch wenig ansprechend, und aus der Ferne ist das Stadtzentrum mit der Kirche zu erkennen. Neben ihr ist die Rutsche, an der der Schnee entsorgt wird – aber viel Schnee liegt nicht.

Für 100 NOK fährt ein einzelner (rasch ausgebuchter) Shuttlebus ins Stadtzentrum, wobei wir heute wegen unserer Verspätung einen verkürzten Aufenthalt haben.

Ich verzichte auf die Fahrt in den Ort und überlasse den Platz gerne den Reisenden, die noch nicht in Hammerfest waren. Vielleicht kann ich nächstes Jahr wieder mein übliches Bild auf der Bank am Musikpavillon machen und den Eisbärenclub an seinem neuen Standort besuchen. Stattdessen geht es mit Arno zur Meridiansäule, die an Struves Vermessungsarbeit erinnert. Hammerfest hat zwar extrem wenig Schnee, aber der Weg ist gut vereist – wohl dem, der Spikes dabei hat.

Die Schanze

Da die Insel Industriegebiet ist, gibt es keinen direkten Weg zur Meridiansäule, und man muss ein paar Minuten einplanen, um die Werksgelände zu umrunden. Nach der Säule gibt es einen Wellenbrecher, von dem man einen netten Blick auf das Schiff hat, sowie die Spitze der Halbinsel mit einem kleinen Leuchtturm und einigen Gebäuden, die ursprünglich auf Melkøya standen und nun als kleines Freilichtmuseum wieder aufgebaut wurden.

Am “Gipfel” des Hügels liegt außerdem Skansen, die kleine Schanze mit einer Kanone, die einst zur Verteidigung der Stadt errichtet wurde (nach einem Überfall der Engländer 1809) und jetzt eher einer Eislaufbahn gleicht.

Und dann müssen wir auch schon zurück aufs Schiff, das seinen Aufenthalt natürlich nicht verlängert. Der nächste Hafen ist Øksfjord, und die Fahrt ist schon unruhiger: Wir haben wieder etwas Seegang. Um 14:30 bietet das Schiff Vorträge an, und um 16 Uhr bin ich dann exklusiv für unsere Nordlicht-und-Sterne-Gruppe dran. Ich erzähle wieder einmal Märchen und mache einen Streifzug durch die Entstehungsgeschichte der Sternbilder, soweit diese bekannt ist. Der Vortrag fällt mit Øksfjord zusammen, damit wir währenddessen möglichst ruhiges Wasser haben. Eine Dreiviertelstunde brauche ich, und dann wird es auf der Loppa auch schon wieder wackliger. Loppa macht Hoppa…

Im Anschluss hat das Expetionsteam wieder seine tägliche Versammlung, und Robert bietet eine kurze Sternführung am Nachthimmel an – die wegen Dunst aber ausfällt. Mist. Für Skjervøy ist die einzige größere Wolkenlücke für den Rest unserer Zeit nördlich des Polarkreises angesagt, gegen 20 Uhr soll es schon wieder zuziehen. Das wäre unsere beste Chance für Polarlicht; morgen bei Svolvær ist die Bewölkung eher 50/50. Übermorgen in Rørvik sind wir für die aktuelle, eher schwache Polarlichtaktivität schon wieder ziemlich weit im Süden, und uns erwarten ordentliche Wellen…

Zum Abendessen kommt dann die Info (danke an unsere Gruppe), dass es achtern schwaches Polarlicht gibt. Ich schaue mir das an: Ja, es schimmert hinter den Wolken… ich gönne mir noch den Nachtisch, Arno schickt eine Info-WhatsApp an unsere Gruppe, und dann gehe ich raus. Da ist ein schwacher Bogen, aber sehr flach am Horizont und in einem hoffnungslosen Kampf gegen die Wolken. Die halbe Stunde bis Skjervøy bleiben wir am Heck, dann gebe ich auf. Das Schiff macht auch noch eine Durchsage, aber da ist es schon fast völlig zugezogen.

Etwas Polarlicht vor Skjervøy

Immerhin, im Zeitraffer schaut es ganz hübsch aus. Aber eine richtige Show fehlt doch noch…

Die Trollfjord

Nun, so habe ich Zeit zum Bloggen und Bilder bearbeiten, bis wir gegen Mitternacht Tromsø erreichen. Gelegentliche Schneeschauer vor dem Fenster machen deutlich, dass es sich auch nicht lohnt, rauszugehen. Nur für die Begegnung der nordgehenden MS Trollfjord gehen wir doch kurz raus – ein lausig-kalter, starker Wind weht. Gut, dass wir hier eine recht geschützte Seestrecke haben.

Tromsø im Schneeregen

Tromsø erreichen wir pünklich, leider zeigt es sich wie in letzter Zeit allzu oft nicht von seiner besten Seite: Schneeregen bei leichten Plusgraden und Wind. Ich habe das Gefühl, dass wir durch die Regenwolken fahren statt darunter weg.

Und was macht man an so einem Samstagabend in Tromsø? Man geht in den Pub und genießt die gut Stunde Aufenthalt, die uns bleibt. In diesem Sinne: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes

Tagesprogramm

Das war’s – wir sind in Kirkenes, und gefühlt ist das nicht die Halbzeit der Reise, sondern fast schon das Ende. Ab heute Mittag geht es in Riesenschritten gen Süden. Das Gefühl liegt wohl vor allem daran, dass keine großen Häfen mehr kommen, und der letzte Tag ist die Anfahrt auf Bergen, also die Gegend tief im Süden. Was so natürlich auch nicht stimmt: Bergen liegt auch für Norwegen schon recht weit nördlich, wenn man sich die Bevölkerungsverteilung ansieht (und auf der Höhe der Shetland-Inseln), aber die Schiffe der Postlinie kommen nur für Werftaufenthalte noch weiter in den Süden.

Wie dem auch sei: Effektiv haben wir erst Tag 7, da kommt noch einiges auf uns zu – zu allererst wunderschöne Farbenspiele am Morgenhimmel des Varanger-Fjords. Vadsø, das wir als einzigen Hafen nur auf der nordgehenden Route anlaufen, verschlafe ich fast, aber als ich wenig später mit dem Frühstück fertig bin und raus schaue, lohnt sich der Griff zur Kamera.

Morgenstimmung vor Kirkenes

Kirkenes klingt immer so nach Sehnsuchtsort am Ende der Welt, und nach einer großen Stadt. Mit rund 3400 Einwohnern ist Kirkenes trotzdem gerade mal so groß wie mein Heimatdorf, hat aber immerhin eine Werft (auf der noch nie ein Schiff gebaut, aber schon viele repariert wurden), eine Eisenerzverschiffungsanlage (für die stillgelegte Eisenerzmine, zu der auch eine Bahnlinie führt), einen Flughafen und ein russisches Konsulat. Dafür hat mein Dorf die schöneren Weinberge…

Bis wir von Bord gehen können, dauert es. Wir legen mit 20 Minuten Verspätung an, und erst eine Viertelstunde später verlassen die ersten Gäste über die Gangway das Schiff. Derweil wurde schon die halbe Fracht und das Gepäck derjenigen Gäste an Land gebracht, die uns hier verlassen. Wer an Deck wartet, kann zuschauen, wie Norwegen sein Staatsgebiet vergrößert: Am Hafen werden große Steine ins Meer gekippt. Mal sehen, wie das aussieht, wenn ich voraussichtlich nächsten Oktober wieder hier bin.

Der Hafen ist einen guten Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Ich mache auch diesmal wieder keinen Ausflug, obwohl mich der zur russischen Grenze schon reizen würde. Er beinhaltet auch den Besuch der Andersgrotta (einem Luftschutzbunker aus dem zweiten Weltkrieg, den die Bergarbeiter in ihrer “Freizeit” nach der Arbeit gegraben hatten) und eine Stadtrundfahrt. Seit dem Ukrainekrieg heißt der Ausflug 7A allerdings Fahrt zu norwegischen Grenze (oder auf Norwegisch immerhin Den norsk-russiske grensen), mit 1290 NOK ist er noch einer der günstigeren Ausflüge hier im Ort.

Stattdessen gehe ich wieder zu Fuß in den Ort, einmal durch den Hafen. Es liegen wieder einige russische Fischtrawler im Hafen. Fast direkt neben der Richard With liegen zwei fast so große Trawler/Fischverarbeiter, die baugleichen Kapitan Demidenko und die Kapitan Nazin, denen man ihr Alter von fast 30 Jahren nicht ansieht.

Während im Hafen Russen und Norweger nebeneinander liegen, zeigen sich im Ort schon eher die Differenzen. Neben dem Russendenkmal (das an die Vertreibung der deutschen Truppen durch die Russen im 2. Weltkrieg erinnert) ist ein Busch mit Herzen in den ukrainischen Farben geschmückt, und vor dem russischen Konsulat parkt ein blau-gelber Kleinbus mit der klaren Aussage “Stop War!”.

Nebenbei bemerkt: Einer der eindrucksvollsten Orte auf der Hurtigrute war für mich das Wiederaufbaumuseum in Hammerfest, das die Zerstörungen im Weltkrieg in Nordnorwegen darstellt. “Nie wieder Krieg” ist leider ein frommer Wunsch…

Davon abgesehen gibt es in dem Örtchen nicht viel Neues, es ist immer noch meilenweit von überall entfernt. Nur die Schrott-Kunst vor der Kimek-Werft ist neu, oder ich habe sie vorher noch nicht bemerkt.

Was man nicht sehen will…

Nach einem Gang durch das AMFI mit dem Outdoor-Laden gehe ich zurück zum Schiff. Kleine Schrecksekunde: Die Gangway ist oben – aber sie wird nur an den Gezeitenhub angepasst. Das passiert bei längeren Liegezeiten immer wieder, ansonsten würde sie in der Luft schweben, oder sie müsste das komplette Schiff tragen… Trotzdem kein Anblick, den man unerwartet sehen will.

Zurück an Bord warte ich darauf, dass unsere Ausflügler zurück kommen. Normalerweise wartet das Schiff ja auf niemanden, aber bei den offiziellen Hurtigruten-Ausflügen wird eine Ausnahme gemacht. Diesmal legen wir fast eine halbe Stunde zu spät ab – hoffen wir, dass der ein oder andere Ausflug davon profitiert hat, und die Hundeschlittentour nicht zu kurz war.

Das bedeutet natürlich auch, dass wir wieder einmal verspätet in Vardø ankommen werden. Wieder nichts mit dem Steilneset Hexendenkmal…

Die Überfahrt ist recht ruhig und mit Ausflugsinformationen und den Sicherheitsinformationen gefüllt, die alle neuen Passagiere ansehen müssen (nur die Sicherheitsinfos, nicht die Ausflüge, versteht sich). Um 15 Uhr ist dann Robert mit seinem nächsten Vortrag dran: Populäre Irrtümer in der Astronomie. Mal was anderes, aber auch unterhaltsam und interessant.

Make the North Great Again!

Anschließend erreichen wir Vardø mit nur einer Viertelstunde Verspätung. Von den Graffiti, die den Ort während meiner ersten Tour geprägt hatten, ist nicht mehr viel zu sehen. Da steht kein “Cod is great” mehr an abbruchreifen Häusern, stattdessen leuchtet uns ein “Make the North Great Again” entgegen.

Abzüglich der Zeit, die man vor dem Ablegen wieder am Schiff sein muss, bleibt eine knappe halbe Stunde für Vardø. Das ist für Steilneset wie erwartet zu knapp, langt aber für einen Kurzbesuch in der Festung Vardøhus. Es gibt doch einige glatte Stellen auf dem Weg, und hohe Schneehaufen…

Ebbe

Aktuell ist übrigens wohl Ebbe: Die Gangway ist jetzt eher eine Brücke, die hinab ins Schiff führt, und von den Bullaugen auf Deck 2 ist von Land aus nichts zu sehen. Direkt nach dem Ablegen macht das Expeditionsteam wieder sein Gathering, und dann gibt es Abendessen. Die See ist nur kurz nach dem Ablegen unruhig, sodass die meisten wohl das reguläre Drei-Gänge-Menü genießen können. Es gibt Rentier, während aus dem Bistro mittschiffs die Pizza lockt…

Båtsfjord als nächsten erreichen wir planmäßig nach recht ruhiger Fahrt, und die Wolkenprognose bestätigt sich: Es gibt nichts zu sehen. Heute haben wir wohl wirklich frei und Zeit, die Bilder der letzten Tage zu sichten.

Wolken über Båtsfjord

Die Schiffsbegegnung mit der Nordnorge vor Berlevåg verpasse ich, weil es keine Durchsage kurz vorher gibt. Als ich zehn Minuten vorher draußen war, war es bedeckt bis regnerisch, und ich hatte das Treffen komplett vergessen. Immerhin: Es gibt nicht nur für die Begegnungen mit den Schiffen von Havila keine Durchsage, sondern auch keine für die Hurtigrutenschiffe. Dafür begrüßen sich die beiden Schiffe mit etwas mehr Gehupe, wobei früher vor Berlevåg deutlich mehr Halligalli war. Aber irgendwann war es den Anwohnern wohl zu viel.

Von Berlevåg selbst ist nicht viel zu sehen. Der kleine Anleger, an den immer nur ein Hurtigrutenschiff passt, ist am anderen Ufer des Hafens. Anschließend geht die Fahrt weiter, aber wir können wohl getrost Feierabend machen. Das leichte Schneetreiben an Deck macht keine Hoffnung auf Wolkenlücken, und das Polarlichtoval gibt auch nicht viel her. Aber mit etwas Glück haben wir morgen Abend bei Skjervøy klaren Himmel, und für Svolvær stehen die Chancen 50/50. Let’s hope for the best but expect the worst. Wir haben ja noch ein paar Tage.

Hurtigrute Tag 6 – Honningsvåg (ohne Nordkapp)

Der Tagesplan

Heute kommt der höchste Norden: Nach einer unruhigen Nacht mit ordentlichem, aber gleichmäßigem Seegang (es ist noch alles in den Regalen) erreichen wir Havøysund in der Morgendämmerung. Hier erwartet uns ausnahmsweise kein südgehendes Schiff (die Havila Polaris soll im Februar einsteigen, die Havila Pollux ist noch nicht fertig gestellt, und Hurtigruten fehlen gerade die Polarlys, die in Polen in der Werft liegt, und die Kong Harald, die immerhin durch die Trollfjord ersetzt wird), aber dafür gibt es fantastsiches Morgenlicht. Mittlerweile gibt es hier oben schon drei Stunden Sonnenschein, die Polarnacht ist vorbei. Das heißt natürlich nicht, dass die Sonne es auch über die Berge am Horizont schafft, aber wenn keine Wolken stören, gibt es eine schöne lange Blaue Stunde. Die Temperaturen liegen nur um den Gefrierpunkt, mit winddichter Kleidung kann man es gut aushalten. Havøysund gehört auch zu den wenigen Orten, an denen man hier an der Küste Windräder sieht.

Von Havøysund geht es in den windgeschützten Magerøyasund, der die Insel mit Honningsvåg und dem Nordkapp vom Festland trennt. Die Wellen sehen immer noch eindrucksvoll aus, aber wir liegen ruhig im Wasser, bei wechselhaftem Wetter. Bei der Einfahrt in den Sund gibt es blauen Himmel, und als Roman den Interessepunkt Magerøyasund macht und unter anderem über den Tunnel redet, die die Insel mittlerweile mit dem Rest Norwegens verbindet, lässt der starke Graupelschauer nur eine Blickrichtung zu – weg vom Wind. Unangenehm.

Als Honningsvåg in Sicht kommt, sieht das Wetter wieder gut aus, aber das muss hier nichts heißen. Ich hatte schon oft Schneesturm im Ort, während am Nordkap auf der anderen Seite der Insel bestes Wetter war – und umgekehrt. Diesmal ist es umgekehrt: Das Wetter ist zu schlecht, die Busse fahren nicht. Stattdessen gibt es ein Alternativprogramm mit Gesang im Kulturhaus von Honningsvåg für alle, die nicht auf eigene Faust durch Honningsvåg wollen.

Kurs Honningsvåg

Es ist im Winter gar nicht so selten, dass das Nordkap abgeschnitten ist: Auf den letzten Kilometern der Zufahrtsstraße herrscht Kolonnenpflicht, und alle fahren im Konvoi dem Schneepflug hinterher. Trotzdem passieren immer wieder Unfälle – vor nicht allzu langer Zeit war ein polnischer Bus mit abgefahrenen Reifen (oder Sommerreifen?) umgekippt war. Auch wenn unsere Ausflugsbusse in besserem Zustand sind: Wenn ein anderes Fahrzeug auf der Straße liegt, geht halt nichts mehr. Und im Schneegestöber zum Nordkapp zu fahren, um dann nichts zu sehen oder den Souvenirshop nicht verlassen zu können, bringt dann auch nichts.

Trotzdem ist die Enttäuschung natürlich groß. Und Nordlicht gab es auch schon, also keine Chance auf eine billigere Ersatzreise durch die Nordlichtgalerie…

Während der Liegezeit in Honningsvåg mache ich mit Arno, Robert und Sabina einen Rundgang durch den Ort. Die Straßen sind überraschend gut, der Schnee ist griffig, sodass Spikes nicht unbedingt nötig sind. Am Hafen entlang gibt es einige Kunstwerke (die Infotafel dazu finde ich vor lauter Schnee allerdings nicht) und das Kulturhaus mit der Trash Art – die gesammelten Gummistiefel aus dem Meer sind hier ebenfalls zu Kunstwerken verarbeitet worden. Außerdem gibt es hier noch eine kleine Mikrobrauerei.

Wir lassen die Kultur zurück und peilen den Aussichtspunkt über dem Ort an – diesmal soll es nicht zum Denkmal für den Regisseur am Friedhof gehen, sondern noch ein Stück weiter, um einen Blick über den Berg auf den nächsten Ort zu werfen.

Wir kommen überraschend weit, bevor uns die drohenden Wolkenberge zum umkehren veranlassen – und auf der Höhe der Schützhütte ist dann auch nicht mehr viel vom Ort zu sehen. So viel zum Thema Ausblick…

Auf den Berg und wieder zurück

Schnee räumen

Also zurück zum Schiff, noch einmal um den Hafen, um die Richard With von der anderen Seite zu fotografieren, und dann zurück – der Schneegraupel macht keinen Spaß. Immerhin sehen wir den örtlichen Schneeräumer im Einsatz.

Kurz vor dem Schiff wird es wieder schön, aber für mich war es das dann mit Honningsvåg für dieses Mal. Robert hatte noch was neues im Hafen entdeckt: Seesterne. In dem klaren Wasser sind sie gut zu sehen.

Nachdem ich erst einmal wieder auf dem Schiff bin, bleibe ich auch da. Zu tun und sehen gibt es ohnehin nicht viel. Bis 13 Uhr gibt es Mittagessen, was mir gerade noch für eine Kleinigkeit reicht; um 14:30 gäbe es dann Apfelkuchen und heiße Schokolade, womit eigentlich die Nordkap-Heimkehrer begrüßt werden sollten. So legen wir einfach so planmäßig ab, während draußen bereits die Abenddämmerung einbricht.

Abendliches Honningsvåg

Die Überfahrt nach Kjøllefjord ist etwas unruhig und weitestgehend ereignislos. Der angekündigte Vortrag des Expeditionsteams über norwegische Mythologie wird durch einen Vortrag über das Nordkap ersetzt. Schade, den Mythologie-Vortrag hätte ich mir angehört. So mache ich es mir bequem, bis wir uns Kjøllefjord nähern. Für die Felsformation der Finnkirche ist es zu dunkel, sie könnte allenfalls aus der Ferne mit den Scheinwerfern des Schiffs angestrahlt werden. Stattdessen lassen wir sie rechts liegen und steuern direkt das Örtchen am Ende des Fjords an.

Schieflage beim Anlegen in Kjøllefjord

Als wir den Kai erreichen und wenden, legen wir uns ganz schön in den Wind. Das Gathering mit dem Expedition Team wurde auf die Ankunft in Kjøllefjord um 16:45 vorverlegt, um die ruhige See im Fjord auszunutzen. Dadurch verpasse ich das eigentliche Anlegemanöver, das sich wohl schwierig gestaltet: Erst 20 Minuten später liegen wir endlich am Kai.

Die See bleibt unruhig, und irgendwann wird gebeten, nicht raus an Deck zu gehen – das Deck wird aber nicht gesperrt, die Norweger sind da ziemlich entspannt und vertrauen noch auf den gesunden Menschenverstand.

Bereit zum Abendessen

Das Abendessen gibt es heute wieder als Buffet, ein Service für alle, die mit Seekrankheit zu kämpfen haben. In den nächsten Stunden sind wir immer wieder auf unruhiger offener See und haben nur kurze Pausen, wenn wir anlegen – wir planen unser Abendessen für die Zeit rund um Mehamn, den nördlichsten Hafen, den die Hurtigrute anläuft. Effektiv sind wir zu früh im Restaurant, da wir Verspätung haben. Dafür ist das Restaurant ziemlich leer…

Erinnern Sie sich noch an die Aufforderung, im Schiff zu bleiben? Gegen 19 Uhr kommt die Meldung, dass wir Nordlicht haben… Fairerweise erreichen wir Mehamn um 19:25, sind also schon wieder in ruhigerem Fahrwasser, als die Meldung kommt. An Backbord gibt es tatsächlich einen schönen Bogen zu sehen, bevor ihn die Wolken verschlucken. In Mehamn ist dann schon wieder Schneegestöber.

Nach Mehamn schraube ich meine Kamera noch einmal an die Reling und hoffe auf das beste. Die schmale Mondsichel scheint durch die Wolken, und etwas Polarlicht ist auch zu sehen, aber die starke Bewegung des Schiffs, die Gischt, die mir auch hinter den Rettungsbooten vor die Linse spritzt, und das Wetter machen aus der Beobachtung kein Vergnügen. Bald schieben sich die Wolken vor das Polarlicht, und ich breche ab.

Polarlicht nach Mehamn

Auf dem Zeitraffer sieht man dann auch, warum ich immer sage, in Fahrtrichtung oder nach hinten zu fotografieren, wenn möglich – was für ein Gewackel. Aber ich kann meine Kamera leider nicht am Bug der Richard With befestigen, und hinten war nichts zu sehen.

Um 20 Uhr breche ich ab und gehe wieder ins Schiff, Bilder bearbeiten und nachschauen, ob noch irgendwer unterwegs ist. Ein paar bekannte Gesichter sind auf Deck 7, aber die Hoffnung auf weiteres Polarlicht erfüllt sich nicht: Es bleibt bis auf ein paar größere Wolkenlücken bedeckt, und die Polarlichtaktivität endet ebenfalls – es gibt nichts mehr zu sehen, was bei dem Seegang auch gar nicht so schlecht ist.

Das Berlevåg-Maneuver

Berlevåg ist der letzte Hafen, den ich noch mitmachen will. Ich bin ohnehin verwundert, dass der Kapitän ihn bei dem Wetter anläuft. Also ich kurz vor dem Hafen runter auf Deck 5 will, zieht er aber die Handbremse an, macht eine scharfe 120°-Kehre (und ich einen Abstecher zur Seite), die einige Regale abräumt, und wir brechen ab – die Fahrt geht weiter Richtung Båtsfjord. Auf MArinetraffic war das Manöver auch schön zu sehen… Also Feierabend, kein Besuch in Berlevåg. Irgendwann in der Nacht lässt der Seegang auch etwas nach, bis wir schließlich die Kurve Richtung Vardø, Vadsø und Kirkenes nehmen. So lässt sich gut schlafen.

Hurtigrute Tag 5: Tromsø

Der Tagesplan

Der erste Hafen des Tages ist Harstad, das wir kurz vor acht wieder verlassen. Wer den Hafen verschläft, verpasst nicht viel: Es ist dunkel, es schneit, und die Baustelle am Hafen wächst munter weiter.

Südgehend beginnt hier der Vestrålen-Busausflug, und wenn es etwas heller ist, kann man am Ufer in der Ferne die alte Trondenes-Kirche erspähen, genau wie die Wasserfontaine, die vor dem Hafenbecken installiert ist. Jetzt ist davon nichts zu sehen, und das Wetter verleitet auch nicht dazu, länger draußen zu bleiben. Also: Ab zum Frühstücksbuffet, bevor zu viel los ist.

Das Frühstücksbuffet bietet ein englisch angehauchtes Frühstück mit Spiegelei, Würstchen und Bohnen, aber auch viel Fisch, Wurst und Käse inklusive des Brunøst. Da findet man eigentlich immer etwas. Interessant finde ich, dass auf den Monitoren des Schiffs (die das gedruckte Tagesprogramm ersetzt haben und dafür sorgen, dass ich nichts mehr mitkriege) auch das Schiffsbistro beworben wird – und da mit Hausmannskost in Form von Burgern geworben wird. Interessante Definition, aber eine nette Alternative zum eher gehobenen abendlichen A-la-carte-Menu im Restaurant.

Die See ist ruhig, das Wetter ist schlecht – da passt es ganz gut, dass um zehn Uhr unser zweiter Vortrag ansteht: Ich erzähle etwas über den aktuellen Sternenhimmel und die griechischen Sagen, die sich dort verbergen. Was ich vergessen habe zu erwähnen: Es gibt wunderbare Apps für das Handy, mit denen man auf dem Smartphone den aktuellen Sternenhimmel sieht, wenn man es nach oben hält. Celestron SkyPortal ist so eine kostenlose Möglichkeit, um sich einfach am Himmel zurechtzufinden.

Danach gibt es nichts zu sehen: Wir nähern uns Finnsnes, und der Blick aus dem Fenster zeigt nur weißen Nebel. Auch Finnsnes selbst zeigt sich betont kontrastarm, und die benachbarte Insel Senja ist nur zu erahnen. Ich statte Ottar fra Hålogaland einen Besuch ab – seine Statue steht am Hafenbecken und ist vom Heck des Schiffs bereits zu sehen; bei einer halben Stunde Aufenthalt langt das, um sich kurz die Füße zu vertreten. Ich muss ja nicht immer nur das Haus mit der Schokoladenwerbung direkt am Anleger fotografieren. Dafür fallen mir erstmals die Flaggen von Hurtigruten und Havila an dem Gebäude auf. Am Hafen gibt es neben dem Gabelstaplerballet auch die Versuche zu sehen, einen LKW zu entladen. Das klappt nur mäßig, als die Ladung vom Stapler zurück in den LKW kippt, klingt das nach Bruch…

Dann geht die Tour weiter nach Tromsø. Kurz vor dem “Tor zur Arktis” liegt noch ein Interessenspunkt: Der Rystraumen bei der Insel Ryøya. Hier verengt sich das Fahrwasser, und durch die Gezeiten gibt es starke Strömungen. Viel merkt man davon nicht, auch wenn die Maschinen des Schiffs mehr arbeiten müssen: Ein paar Änderungen an der Wasseroberfläche sind alles, was man sieht. Unter uns liegt mindestens ein Schiffswarack, und auf der Insel gab es bis 2014 versuchsweise Moschusochsen. Seit der letzte gestorben ist, steht die Insel zum Verkauf, wie Roman vom Expeditionsteam auf Deck 7 erklärt.

Das Wetter bessert sich – bislang haben wir echt Glück: Der Sturm ist uns etwas voraus, sodass wir zwar durchaus Wellengang haben, aber man konnte praktisch in jedem Hafen von Bord gehen, ohne im Regen zu stehen. Über Tromsø gibt es Wolkenlücken und somit noch eine gute Stunde Helligkeit, um ein paar schöne Fotos zu schießen. Robert macht schon Hoffnung, weil für heute Abend nur rund 60% Bewölkung angesagt sind. Und ziemlich bald kommt die Bewölkung dann auch in Form von dichtem Schneefall herunter…

Über Tromsø will ich gar nicht viel schreiben – ich war zuletzt über Silvester hier und arbeite meine Einkaufsliste ab, das Touri-Programm beschränkt sich daher auf einen kleinen Stadtrundgang. Tromsø ist nicht umsonst als Paris des Nordens bekannt, ich bin hier öfter einkaufen als in der Innenstadt von Karlsruhe…

Wir haben bis 18:15 insgesamt vier Stunden Aufenthalt, aber um 18 Uhr gibt es bereits Essen: Nordkap-Buffet. Also, Tromsø-Buffet, das wurde vorverlegt, aber es gibt trotzdem eine reichhaltige Auswahl vor allem an Meeresfrüchten. Wenn die Wetteraussichten besser sind, lasse ich das Essen auf dem Schiff gerne ausfallen und gönne mir eine Pizza in Tromsø (es könnte ja schon zur Essenszeit Polarlicht geben), aber diesmal sieht es schlecht aus – also doch Buffet. Danach steht erst einmal nichts an – Sauwetter. Kurz nach 21 Uhr sollten wir der Havila Castor begegnen. Eine Durchsage dazu macht das Schiff nicht, und als ich um 21:10 an Deck will, sehe ich nur eine Wand aus dichtem Schneefall. Na toll.

Sieben Minuten später fährt sie an uns vorbei, und aus der Türe heraus mache ich doch einen Schnappschuss von ihr. Da kann ich guten Gewissens zur Auktion um 21:30 gehen: Um die Hurtigruten-Foundation zu unterstützen, gibt es eine Auktion, deren Gewinne in Umwelt- und Bildungsorientierte Projekte fließen. Sie läuft so lala. Die Bilanz:

  • Eine gebrauchte Seekarte der Region um Tromsø (signiert) wechselt für 800 NOK den Besitzer.
  • Die Postflagge, die hinten am Schiff weht, bringt 2400 NOK.
  • Für 2200 NOK gibt es eine Backstage-Führung für vier Personen: Mit Blick auf die Brücke, in den Maschinenraum und in die Kombüse.
  • Dann warten noch ein Kurs in Getränkemixen mit dem Barkeeper sowie ein Essen für zwei Personen mit den Offizieren auf Gebote – das Mindestgebot liegt bei 1000 NOK und wird in beiden Fällen nicht erreicht. Auf einem Kreuzfahrtschiff wäre das wohl erfolgreicher gewesen… Gelohnt hätte es sich aber, zwei Personen lassen für ein Essen im Kysten-Restaurant an Bord auch gerne 1000 NOK liegen.
Skjervøy

Der letzte Hafen des Tages ist Skjervøy, wo wir pünktlich zum Ende der Auktion anlegen. Skjervøy geht immer, wie es unter Nordlichtjägern heißt, aber diesmal sieht es wieder bedeckt aus über der Stadt, als ich einen Blick von der Backbordseite auf den Ort werfe.

Bis ich auf die andere Seite des Schiffs gehe, wo es klar ist und ein Nordlichtbogen über dem Schiff steht. Schnell eine SMS an Robert, der sich das auch ansieht und dem Expeditionsteam Bescheid sagt. Bis die zum Überprüfen an Deck sind, ist es aber schon wieder zugezogen. Hoffentlich haben wir die Nordlichtgarantie jetz nicht verspielt… beim Ablegen habe ich meine Kamera aufgebaut und festgestellt, dass das wohl meine letzte Fahrt mit der Richard With ist: An der Reling am Bug kann ich meine Kamera nicht festschrauben. Ich kann so nicht arbeiten. Also klemme ich sie an die Backbord-Seite und lasse sie arbeiten. Ein Stück nach Skjervøy reißt der Himmel dann wieder auf, Robert informiert alle Gruppenmitglieder, die in der Whatsapp-Gruppe sind, und durch die Wolkenlücken bietet sich ein nicht besonders helles, aber schönes Polarlicht: An der Steuerbordseite ist es besonders gut zu sehen und tanzt auch einige Minuten. Sehr schön. Durch den Dunst wirkt es zwar etwas blass, aber das ist schon gar nicht schlecht. Zum Glück habe ich noch meine zweite Kamera mit Stativ dabei, die Steuerbord abdecken konnte und eine bessere Ausbeute hatte.

Etwa zwei Minuten Polarlicht hinter Skjervøy, Blick Backbord

Etwa eine halbe bis Dreiviertelstunde gab es eine Chance; und als auch das Schiff eine Durchsage macht, ist das Schauspiel so gut wie vorbei. Um Viertel nach elf hole ich meine klatschnasse Kamera wieder an Bord, Robert demonstriert noch einmal seinen Kamera-Gimbal, und das war es für diese Nacht dann auch: Wir haben ordentlich Seegang, aber auch als die Wolken nach Mitternacht noch einmal aufreißen, gibt es kein schönes Licht mehr – allenfalls ein schwaches Hintergrundschimmern. Also: Feierabend.

Ach ja, besonders fies: Später sehen wir einige Handy-Bilder, die während der Auktion entstanden waren und ebenfalls sehr schönes Polarlicht zeigten – aber die Auktion war wohl wichtiger, da hat auf der Brücke keiner Meldung gemacht. Grmpf.