Hurtigrute Tag 5: Tromsø unter Wasser mit kaputter Kamera

Der Tagesplan

Neuer Morgen, neues Glück? Eher nicht – bei meiner Panasonic hat sich nicht das Objektiv verabschiedet, sondern der kamerainterne Bildstabilisator, der den Sensor an der Stelle halten soll. Mit anderen Worten: Der Sensor zittert, egal was ich mache. Für den Rest der Reise wird es also wohl keine Bilder in der gewohnten Qualität geben, sondern entweder Handybilder (die bei Tag doch stark bearbeitet aus der Kamera kommen), oder welche mit meiner Polarlichtkamera und Objektiv – also 16mm Weitwinkel an der Nikon D7100. Mal sehen, was mein Fachhändler meint, schließlich ist die Panasonic G91 noch keine zwei Jahre alt (damals hatten -28° in Kirkenes den Vorgänger gekillt).

Blick zurück auf Harstad

Immerhin sollte das mit dem Polarlicht jetzt perfekt klappen, wenn mir schon eine Kamera ausfällt und wir am Polarkreis Njørd so schön geopfert haben. Ihr Götter, was wollt ihr noch?

Mit dem Blick zurück auf Harstad (links) ist das Handy jedenfalls leicht überfordert, aber ich habe es nicht rechtzeitig aus der Koje geschafft, um nachzuschauen, wie weit die Baustelle am Hafen jetzt fortgeschritten ist und Bilder aus der Nähe zu machen oder die Schiffsbegegnung anzuschauen. Aber das Wetter ist auch unfreundlich-regnerisch. Südgehend sind wir ja wieder hier, dann ist es vielleicht trockener.

Leider wird der Tag nicht besser: Wir tuckern auf Finnsnes zu, das wir kurz vor 11 Uhr erreichen, vorher findet noch das tägliche Treffen mit dem Expeditionsteam statt – wahrscheinlich kommt deshalb keiner zu unserer vormittäglichen Reiseleiter-Sprechstunde. Mittlerweile ist es trotz Polarnacht hell geworden, allerdings sorgen tiefhängende Wolken und Regen nicht dafür, dass einem die Polarnacht so sympathisch wird, wie sie es sein kann. Mir gelingen ein paar Bilder vom Ort und dem markanten Haus mit der Schoko-Werbung am Hafen; die Insel Senja gegenüber ist bei dem Wetter kein Fotomotiv. Sie ist etwas abgelegen, aber reizvoll – und Finnsnes ist größer als man denkt, das Städtchen mit rund 5000 Einwohnern erstreckt sich bis zu der langen Brücke, die nach Senja führt, wo der bereits nächste Ort anschließt.

Nach dem vollgepackten Tagesprogramm gestern lassen wir es heute ruhig angehen. Außer Mittagessen und einem Film über das Nordlicht auf Norwegisch steht nichts auf dem Programm – Zeit genug, um zu quatschen. Nordlichtversprechen und Bauernproteste in Deutschland sind da ebenso Themen wie die Geschichte von Hurtigruten und Havila, während draußen das mystische Norwegen vorbei zieht. Kurz vor Tromsø gibt es dann schlechte Nachrichten: Aufgrund des Wetters muss die Hundeschlittentour abgesagt werden – Zu viel Wasser, zu wenig Schnee. Wer gebucht hat, kann auf Kirkenes umbuchen oder sein Geld zurückbekommen. Fairerweise: Bei dem Wetter wäre das auch kein Spaß, selbst wenn es möglich wäre. Und Kirkenes soll zumindest trocken sein.

So erkunden also ein paar Leute mehr Tromsø, und man merkt auch den Einsatz der Hurtigrute als Fähre: Die Autobesitzer werden gebeten, aufs Autodeck zu gehen, einige Passagiere verlassen uns, und ein paar Engländer kommen an Bord, wohl für den Kurztrip Tromsø-Kirkenes-Tromsø. Auch Tromsø selbst ist recht voll mit Touristen – weit mehr, als auf unserem Schiff sind.

Und was macht Tromsø? Ist ja eigentlich meine Lieblingsstadt, aber sie macht es einem in letzter Zeit nicht leicht, sie zu mögen. Das Preisniveau für Hotels hat extrem angezogen, und das Wetter wird immer schlechter. Mit Polarlicht ist gerade auch nichts los.

Das Weltraumwetter ist tot, dafür ist in Tromsø Land unter. Bei leichten Plusgraden regnet es, während auf den Straßen die aufgetürmten Schneehaufen wegschmelzen und Sturzbäche und Seen speisen. Gut dass unser Schiff schwimmt… Da wo ich herkomme, gibt es ein Wort dafür: Sauwetter, elendiges. Aber da wo ich herkomme gibt es auch gerade Sonnenschein und Frost.

Trotzdem mache ich mich auf eine kleine Fotorunde durch den Ort. Man sieht, dass die Gehwege teilweise beheizt sind: Knapp 10 Zentimeter hohe Schneedecken wechseln sich mit knapp 10 Zentimeter tiefen Seen ab. Da muss man schon aufpassen, dass das Wasser nicht von oben in die Schuhe läuft, wenn man einen falschen Tritt macht.

In der Storgate wird immer noch gebaut, aber sie kommen gut voran – auch wenn die großen Bagger aktuell eher den Schnee wegschieben, wenn der nicht gerade von selber taut. Die Fotorunde ist nicht sehr ergiebig, der graue Himmel und der Schneeregen sorgen für verschärfte Bedingungen.

Dann ab zum Schiff, die Kamera ins Trockene bringen, Leergut holen und die Wocheneinkäufe erledigen. Dazu der Süßkram, der mit nach Hause soll. Kai hat schon Einkaufsvorschläge rumgeschickt, ich würde das noch um die heiße Schokolade “Rett-i-Koppen” von Toro ergänzen, sowie die Schokotherapie-Kekse. Außerdem kann ich meine Einkaufsliste fast vollständig abarbeiten. Fehlt noch ein hübscher Husky, mal sehen was der Kiosk am Hafen von Kirkenes zu bieten hat.

Zurück ins Schiff, und dann noch eine kurze Runde zum Nerstranda-Einkaufszentrum und durch die Souvenirshops – Tromsøs Greatest Souvenir-Shop an der Domkirche ist zwar mittlerweile der kleinste, aber immer noch der mit dem hochwertigsten Angebot. Die Nach-Corona-Leerstände in der Innenstadt sind weitestgehed wieder vermietet, dafür ist im Prostneset-Hafencenter immer noch Platz. Bergans ist noch da, der andere, (noch) teurere Outdoor-Laden ist schon wieder weg.

Nach drei Stunden kehre ich dann auch schon endgültig auf das Schiff zurück. Winterwunderland geht anders, ich hänge meine Jacke wieder zum Trocknen in die Dusche. Nach zehn Jahren wird es vielleicht doch mal Zeit für eine neue, aber Helly Hansen hat gerade nichts hübsches im Angebot, und Bergans nichts vergleichbar robustes und warmes. Vielleicht in der nächsten Saison, wenn nach der Kamerareparatur noch Geld übrig ist…

So habe ich noch etwas Zeit, bevor das Restaurant ruft. Heute gibt es Buffet – das ursprüngliche Nordkap-Buffet wurde schon vor einiger Zeit auf Tromsø vorverlegt, und dementsprechend wenig Meeresfrüchte gibt es heute. Der Rentiereintopf enttäuscht auch – der Geschmack ist diesmal wieder gut, dafür fehlt irgendwie das Rentier. Ich wollte eigentlich nicht vegetarisch essen… also gibt es noch ein Brot mit Schinken und eins mit Rentierwurst zum Abschluss. Auch nicht schlecht.

Was auffällt: Der neue Antrieb der Nordkap ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch leise. Wir legen etwas später ab als geplant, weil Teile der Besatzung wechseln. Der neue Kapitän ist bereits an Bord, aber ein weiteres Crew-Mitglied reist mit dem Flugzeug an, das Verspätung hat. Früher hatte beim Ablegen die ganze Decke im Restaurant vibriert und gewackelt, sodass man sich Tischgespräche sparen konnte; heute merke ich gar nicht, wann wir ablegen.

Der Vorteil beim Buffet ist ja, dass man die Geschwindigkeit selbst bestimmen kann. Wer will, kann also um 19:30 den deutschen Film über das Polarlicht anschauen, bevor ich um 20 Uhr etwas über den Sternenhimmel und die griechischen Sagen erzähle. Die Begegnung mit der Vesterålen verpasse ich daher – um 21 Uhr bin ich zwar fertig, räume aber noch ein bisschen auf.

Skjervøy

Wer will, kann sich im Anschluss noch einen Vortrag über die Sami anhören, ich nutze die Zeit lieber, um noch ein wenig Bilder zu sortieren und Blog zu schreiben.

In Skjervøy werfe ich noch einen kurzen Blick raus: Es schneit bei etwa fünf Grad, und sporadisch hält meine Kamera noch still, sodass ich doch ein Foto hinbekomme. Das wird anstrengend – aus einer Serie mit 5-15 Bildern das brauchbare heraussuchen…

Das war es aber auch für diesen Abend an Ereignissen – noch ein bisschen am PC, und Schluss für heute. Kurz nach 23 Uhr kommen wir auch auf offene See, und es fängt an etwas zu schaukeln. Zeit für Feierabend.

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