Nach der Reise ist vor den Reisen

P1050543-GRP100Da der Winter in Deutschland anscheinend ausfällt, ist es an der Zeit, wieder in den hohen Norden zu gehen – am Mittwoch geht es zum Einstimmen über Silvester nach Tromsø, und kurz darauf wieder auf die Hurtigrute: Am 10. Januar legt die Finnmarken in Bergen ab. Ich bin gespannt – nach viermal MS Nordkapp geht’s jetzt also auf das längste Schiff der Flotte, mit Schwimmbad und Whirlpool, und Platz für 1000 Passagiere. Das könnte eine richtige Kreuzfahrt werden – ich seh’s schon kommen, dass ich irgendwann mal auf der Lofoten oder Nordstjernen fahre…

Im Augenblick laufen die letzten Vorbereitungen für den Jahreswechsel (Akkus laden, und zwar nicht nur von der Elektronik) und die ersten für die nächste Hurtigruten-Tour; ein paar Fallstricke gibt’s schon mal: Das Kaffeepaket ist jetzt offiziell tot, stattdessen gibt es eine Bonuskarte zum Stempel-Sammeln, und auf Finnmarken, Trollfjord und Midnatsol ist WLAN ab 2016 kostenpflichtig. Super. Mal sehen, wie oft ich dann Infos zur Polarlichtsichtbarkeit geben kann…

Aber solange ich noch gutes WLAN habe, noch ein kleiner Filmtipp: Die Stockfischschiffe der 1950er (oder Italia Båtene) sind nicht nur ein Zungenbrecher, sondern auch eine nette Episode der Hurtigrutengeschichte. Und prägend dafür, wie man sich so ein Postschiff eigentlich vorstellt.

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Tag 1: Bergen – Anreise mit Hindernissen

Es ist mal wieder so weit: Nordlicht und Sterne steht an, diesmal auf der MS Finnmarken, dem längsten Schiff der Flotte (Midnatsol und Trollfjord sind kürzer, haben aber mehr Bruttoregistertonnen). In Tromsø kürzlich waren wir ja schon zu Besuch auf dem Schiff, wo sie den Spitznamen Titanic erhalten hat: Groß, luxuriös, mit Swimming Pool und zwei Whirlpools, das ganze in stilvoller Art-Deco-Ausstattung. Und da war und auch schon klar, dass es Probleme geben wird: Guinness, Smirnoff Ice und Pepsi Maxx fehlen auf der Speisekarte… Vertraute Rituale abends im Salon werden so wohl nicht stattfinden können.

Freie Bahn an der Security

Freie Bahn an der Security

Aber erst einmal müssen wir hinkommen. Abflug in Frankfurt ist um 10:25, dank der Security müssen wir trotzdem zeitig los. Überraschenderweise geht in Frankfurt alles glatt: Es ist kaum Betrieb und keine Schlange an der Security – wenn es immer so wäre, würde der Flughafen Frankfurt beinahe Spaß machen.

Bis Oslo fliegen Volker und ich zusammen, danach nehmen wir verschiedene Maschinen. Wohl um sicherzustellen, dass zumindest ein Lektor ankommt:-) Bei eineinhalb bis zwei Stunden Umsteigezeit sind die Chancen aber gut, dass in Oslo alles klappt, und tatsächlich erreichen wir den Flughafen pünktlich. Nach einiger Wartezeit am Gepäckband (räumt in Oslo eigentlich nur ein einziger das Gepäck aus den Maschinen?) geht’s durch den Zoll, einen Stock nach oben zum Baggage Drop, dann zum anderen Baggage Drop, weil der Automat die Airline nicht kennt (der SAS-Flug wurde von Lufthansa durchgeführt), das Gepäck abgeben, nochmal durch die Security, dann was zu trinken kaufen und ab zum Gate.

Das Gepäckband in Oslo. Wie ich es hasse.

Das Gepäckband in Oslo. Wie ich es hasse.

Das Boarding läuft schnell und pünktlich ab, 14:45 geht’s auf’s Rollfeld, dann fangen die Probleme an: Wegen technischen Problemen verzögert sich der Start. Eine der Klimaanlagen streikt, nach einem Reset geht’s weiter und mir fallen die Augen zu – die letzte Nacht war kurz. Pünktlich zu Landung um 15:35 wache ich wieder auf. Landung? Wir stehen immer noch in Oslo, bei Schneesturm und -8°C. Von Volker kam vor einer halben Stunde die SMS, dass er auch noch in Oslo wäre (mittlerweile wohl nicht mehr), und erst um 15:55 nach einer Vollwäsche mit Enteiser heben wir ab – sein Maschinchen war komplett zugeschneit gewesen und hatte daher auch Verspätung.

Immerhin: Mit nur einer Stunde Verspätung erreichten wir dann Bergen, wo uns die beiden Reiseleiter Ekkehard und Sabine erwarteten und sogar unser Gepäck den Weg auf Band fand. Der Flughafentransfer um 17:30 war für uns daher kein Problem, nur war mein Flieger der letzte, der Oslo verließ – einige andere Maschinen waren gecancelt, unsere letzten Gäste sollten gegen 21:30 ankommen. Knapp, aber machbar.

Noch mal Security: Die Sicherheitsbelehrung, bevor es auf das Schiff geht.

Noch mal Security: Die Sicherheitsbelehrung, bevor es auf das Schiff geht.

In Bergen geht es nach einer kurzen Orientierungsfahrt durch die Stadt zum Hurtigruten-Terminal, Einchecken, Sicherheitsbelehrung und dann auf’s Schiff.

Erster Eindruck: Groß. Und trotzdem kommen wir nicht ins Restaurant, weil noch umgedeckt wird. Egal: Wir besprechen mit der Reiseleitung und dem Schiff unseren Schlachtplan. Das Ziel ist, den ersten Vortrag und den Begrüßungsumtrunk gleich am ersten Tag zu machen, damit wir die Fototipps abhandeln können – nach Trondheim gibt es keine Fotoläden mehr. Dazu zeigt das Schiff noch den Nordlichtflim (den es jetzt auch im Shop gibt) und macht eine Vorführung zur Zubereitung von Hammelfleisch. Volles Programm, auch weil es wegen Ålesund morgen früher Mittagessen gibt. Uff, aber wir kriegen das hin – Ekkehard ist mittlerweile wieder am Flughafen sammelt alle möglichen Hurtigrutengäste ein: Der Schneesturm hat Oslo ziemlich lahmgelegt.

Um 22:40 sind dann alle an Bord – zehn Minuten nach der geplanten Abfahrt. Wenn 10% der Gäste fehlen, wartet das Schiff wohl doch mal kurz, zumindest wenn der Transferbus schon unterwegs ist.

Als Besonderheit hat die Finnmarken nicht das schöne große Achterdeck (da ist hier der beleuchtete Pool), sondern einen begehbaren Bug. Mal sehen, wie windig das ist, wenn es über der Barentssee Polarlicht gibt – ich bin gespannt. Die Ausfahrt aus Bergen verfolgen wir dort, dann ruft wieder die Pflicht. Irgendwann nach Mitternacht haben wir die Planung dann fertig: Morgen früh beginnt das Programm.

Tag 2: Ålesund

Ruhige See rund um's Westkapp.

Ruhige See rund um’s Westkap.

Der Tag beginnt früh: Kurz nach sieben werde ich wach, wir liegen – etwas vor dem Zeitplan – in Måløy. Damit kriege ich diesen Hafen auch mal mit, dabei wollte ich das gar nicht – aber meine Kabine ist direkt über Ladeluke, und es ist etwas laut. In anderen Kabinen soll es dagegen ruhiger sein, und die Finnmarken ist trotz aller Annehmlichkeiten immer noch ein Hurtigruten- und somit Arbeitsschiff. Immerhin kann ich so ohne Wellengang duschen, wobei auch das Westkapp dieses Mal lieb zu uns ist: Beim Frühstücksbuffet schwankt kaum jemand zu seinem Tisch, die See ist ruhig. Auf dem Umlaufdeck nutzen auch einige die Möglichkeit, Kalorien abzutrainieren und laufen rund um das Schiff, und die Fotografen sind auch schon aktiv – ist ja auch eine schöne Landschaft.

Für unsere Gruppe steht vor Ålesund der erste Vortrag an. So verpassen wir zwar Torvik, aber es gibt noch mehr Häfen, die auch nicht weniger hübsch sind. Der Konferenzraum langt für unsere Gruppe gut aus, und das Headset-Mikrofon hat auch eine gute Qualität. So macht Vortraghalten Spaß. Pünktlich um 11:26 sind wir mit Vortrag und Fototipps durch – rechtzeitig zum nächsten Tageshighlight, dem vorgezogenen Mittagsbuffet um 11:30.

Das Highlight des Tages ist natürlich die Jugendstilstadt Ålesund – immer wieder hübsch und der Grund für das frühe Mittagessen. Das Kaffeepaket mit der berühmten roten Hurtigrutentasse ist seit dem 1. Januar 2016 übrigens Geschichte, dafür gibt es im Restaurant wieder kostenlos Wasser zum Essen dazu, wenn man danach fragt. Auch nicht schlecht; vor einigen Jahren gab es das wohl schon mal. Damit gehören Getränke beim Essen zur Vollpension, wie man es eigentlich erwartet; der kostenlose Kaffee nach dem Essen ist dafür wohl erst einmal Geschichte.

Ganz angenehm auf der Finnmarken: die Kabine ist etwas größer als auf der Nordkapp und hat einen Kühlschrank. (Und einen Fernseher. Wer braucht auf einer Hurtigrutenreise bei der Landschaft einen Fernseher? Okay – er dient als Infokanal für die Durchsagen, die auf anderen Schiffen über das Telefon laufen. Das ist das erste Mal seit Jahren, dass ich wieder einen Fernseher anschalte…) Daher wird Ålesund nicht nur zum Sightseeing genutzt, sondern auch zum Vorräte einkaufen.

Mit Spikes ist auch der Hausberg Aksla kein Problem (ohne ist er trotz der neuen Treppen anspruchsvoll, aber durchaus machbar), und nach der Tour bleibt genug Zeit, um im Kiwi Vorräte zu kaufen. Neben den berühmten Gebäuden hat Ålesund auch einiges an Kunst zu bieten. Die Statuen werden immer wieder gerne fotografiert.

Die Kirche von Ålesund.

Die Kirche von Ålesund.

Diesmal nehmen wir uns auch Zeit, um bei der Kirche vorbeizuschauen, die zusammen mit der Schule das Stadtbild prägt, aber in der entgegengesetzten Richtung zum Aksla liegt. Ein hübscher Bau. Beim Rückweg zu Schiff ist Schnee kein Problem, nur die Regenrinnen der Häuser, die für so manche Eisfläche sorgen.

Der Rückweg führt natürlich auch an dem Bootsbauprojekt vorbei, das ich schon auf den letzten Touren verfolgen konnte. Mittlerweile nimmt der Nachbau eines Fischerbootes echte Formen an. Das Bankskøyta-Projekt rekonstruiert eines der typischen Boote, die noch bis etwa 1900 im Einsatz waren. Neben der Finnmarken wirkt es richtig winzig.

Alt trifft neu: Das Bankskøyta-Projekt nimmt Formen an.

Alt trifft neu: Das Bankskøyta-Projekt nimmt Formen an.

Anschließend bleibt etwas freie Zeit: Den Nordlichtfilm des Schiffs kenne ich ja schon, und er enthält auch keine Widersprüche zu meinem Nordlicht-Vortrag. Im Panoramasalon (“Brotoppen”, also die “Spitze über der Brücke oder so” – auf gut schwäbisch wäre das wohl der (mit einer Bar sehr gut ausgebaute) Dachboden vom Schiff…) ist wenig los, und ich konnte die Zeit für den gestrigen Blogbeitrag nutzen. Das Wetter ist zwar angenehm, aber bedeckt, sodass ich die malerische Abfahrt von Ålesund nicht im Bild festhalten muss.

Das Oberdeck der Finnmarken hat seinen Reiz – und der Sonnenuntergang natürlich auch.

Das Oberdeck der Finnmarken hat seinen Reiz – und der Sonnenuntergang natürlich auch.

Na gut: Ein paar Fotos mache ich doch, wie die Sonne am Horizont noch einmal unter den Wolken hervorlinst. In den Mittagsstunden auf dem Aksla war es schon eindrucksvoll, wie sie knapp über den Berggipfeln hervorschaute.

Aber ich bin ja nicht zum Spaß hier: Um 16:30 stand dann Meet and Greet auf dem Programm. Bei einem Sektempfang stellten wir uns alle vor, und die beiden Reiseleiter informierten über allerhand organisatorisches. Anschließend war Kamerahilfe angesagt: Viele nutzen die Chance, mit uns die besten Kameraeinstellungen durchzugehen. Das ist sehr angenehm, denn noch ist Zeit, um in Ruhe alles zu testen und ggf. in Trondheim Zubehör zu kaufen – weiter nördlich gibt es keine Fotoläden mehr an unserer Route. Und mit etwas Glück klappt dann auch alles, wenn das erste Nordlicht kommt.

Während unserer Infoveranstaltung.

Während unserer Infoveranstaltung.

Dann ging es auch schon weiter zum Abendessen (durchaus lecker – daher stammt wohl der gute Ruf, den die Küche der Finnmarken hat), und das war es dann mit Terminen. Nur noch eine Schiffsbegegnung mit der Vesterålen, die eine überraschend starke Lichthupe hat, und einige Blicke in den Himmel. Jede helle Wolke zog Aufmerksamkeit auf sich, aber noch gibt es kein Polarlicht: Die Wolken sind gelb und werden von den Ortschaften an der Küste angestrahlt. Polarlichtaktivität gibt es zwar, aber sie bleibt hinter den Wolken verborgen.

Hoffen wir auf gutes Wetter in den nächsten Tagen!

Tag 3: Die Königsstadt Trondheim & erstes Licht

Richard With und Finnmarken

Richard With und Finnmarken

Schon um 6:00 legen wir fahrplangemäß in Trondheim an – zumindest glaube ich das; vom Anlegen bekomme ich nichts mit. Man gewöhnt sich doch recht schnell an die Geräusche an Bord. Mein Plan für heute sieht vor, kurz nach acht loszuziehen, um in Trondheim zu frühstücken, und das ziehe ich mit Volker auch gnadenlos durch: Ausflug 3K – Trondheim kulinarisch auf eigene Faust. Das schöne an den norwegischen Städten ist ja, dass man sie problemlos zu Fuß erkunden kann, und die großen Stadtpläne, die normalerweise auf dem Schiff ausliegen, wurden durch kompaktere Pläne ersetzt, in denen gleich Tourenvorschläge eingezeichnet sind. Die mittlere Tour mit 5km deckt das meiste ab; wir machen sie “rückwärts” und ergänzen sie durch Restaurantbesuche. Das erste Ziel ist natürlich die Richard With, die direkt vor der Finnmarken liegt und ein schönes Fotomotiv abgibt.

Über vereiste Anlegeplätze kleinerer Schiffe geht es durch das Bakklandet-Viertel mit seinen wunderschönen kleinen Holzhäusern bis zu Nidaros-Dom.

Im Nidaros-Dom ist die Olaf-Quelle versteckt – ein kleiner Brunnen, in dem es seit einer Ewigkeit kein Wasser mehr gibt, der mit dem Nidaros-Dom aber das Ende einer Pilgerstrecke markiert. Statt einen Blick in den Dom zu werfen, gehen wir einmal in den Hof des angrenzenden Bischoffspalasts: Chic, durchaus einen Abstecher wert. Die Kirchenherren lebten nicht schlecht.

Die Temperaturen sind eisig, durch den Wind kommt es einem deutlich kälter vor als die rund 5° unter Null. Auf dem Weg vom Dom in die Innenstadt treffen wir einige Gäste, die die Stadt erkunden oder sich im Japan-Foto mit fehlenden Kameraequipment ausgestattet haben – vom Ladegerät bis zum Stativ. Ich sollte von dem Laden doch Prozente verlangen… Heute steht aber kein Fotohändler auf meinem Programm, stattdessen geht es in den Starbucks und die angrenzende Buchhandlung, meine Comic-Sammlung vervollständigen. Irgendwie muss das mit dem Norwegisch lernen doch klappen, auch wenn man mit Deutsch und Englisch gerade auf dem Schiff und in den Touri-Zentren problemlos durchkommt.

Da das Schiff schon gegen 12 Uhr wieder ablegt, steht nach einer schönen heißen Schokolade auch schon wieder der Rückweg an. Ein Besuch im Torget Einkaufszentrum muss sein: Einige kleinere Häuser wurden hier einfach überbaut und in das Einkaufszentrum integriert. Ich habe ja immer noch den Verdacht, dass einige einfach nicht verkaufen wollten, als Trondheim Torg errichtet wurde, und das Center einfach über die Häuser gebaut wurde… Von den Ausgrabungen, die im November auf dem Marktplatz waren, ist dafür nichts mehr zu sehen. Den Weg durch den Hafen zum Schiff kenne ich mittlerweile, und einige folgen uns auch – man hat als Astro-Lektor wohl doch eine gewisse Autorität, auch in Norwegen. Dabei sind gar keine Sterne zum Navigieren zu sehen. Macht aber nichts, die Finnmarken ist schon aus einiger Entfernung zu sehen.

Erster Blick auf die MS Spitsbergen

Erster Blick auf die MS Spitsbergen

Im Hafen ist es immer wieder beeindruckend zu sehen, wie ein kleiner Kranwagen mit den Containern jongliert. Zur Abfahrt geht es an den Bug: Es ist zwar windig, aber es haben sich doch einige Passagiere versammelt, um die Fahrt durch den eindrucksvollen Trondheimfjord zu erleben. Sie verzögert sich etwas: Ein Passagier wird mehrmals ausgerufen. Keine Ahnung, ob er es noch an Bord geschafft hat. An Munkholmen vorbei geht es Richtung offenes Meer, und bis der Hunger alle Richtung Restaurant treibt, ergeben sich einige interessante Gespräche.

Während dem Essen bringt Ekkehard das Gespräch auf die Werften am Ufer; dabei kommt heraus, dass wir auch and er Werft vorbei fahren, in der gerade die Spitsbergen umgebaut wird – das neueste Hurtigrutenschiff, das ab Sommer gemeinsam mit der Lofoten fahren soll, aber auf einer touristisch interessanteren Route. Also raus aufs Deck und mit dem Teleobjektiv drauf halten: Neben dem linken Kran müsste sie liegen, die beiden weißen Schornsteine deuten darauf hin. Ein erster Jagderfolg.

Der nächste Jagdaufruf ist weniger erfolgreich: Der Kapitän sagt durch, dass ein paar Wale zu sehen seien. Aber bis ich an Deck bin, sind sie schon weg; Volker hat wenigstens noch eine Schwanzspitze erspähen können. Für seine Kamera waren sie aber doch zu flott.

Unseren zweiten Vortrag verschieben wir etwas, da nach der Passage des berühmten unaussprechlichen Leuchtturms Kjeungskjærfyr um 14:30 wieder lokale Delikatessen an Deck präsentiert werden. Damit jeder eine Chance zum Probieren hat, beginnen wir etwas später. Der Wind am Bug ist eisig, oben auf Deck 8 lässt es sich besser aushalten. Die Gischt des Schiffs hat einen netten Effekt: Da hinter uns die tiefstehende Sonne leuchtet, gibt es unter uns einen Regenbogen neben dem Schiff. Das habe ich so auch noch nicht gesehen.

Nach dem Vortrag bleibt etwas Zeit für den gemütlichen Teil; die Wetterprognosen für diesen Abend sind ja nicht so toll. Vorfreude gibt’s trotzdem: Dan hat aus Tromsø tolle Bilder der letzten Nacht gepostet (und er ist auch erkältet; ich bin bei den Vorträgen ebenfalls froh über das Mikro), und für morgen Abend in Svolvær ist gutes Wetter vorhergesagt. In Rørvik begegnen wir nach dem Abendessen der Nordnorge und nutzen die Gelegenheit für einen Besuch. Ich bekomme leichtes Heimweh – sie ist fast identisch mit “meiner” Nordkapp, nur die Inneneinrichtung ist anders, aber ebenfalls sehr chic. (Jeder hat so seine Vorlieben. Die Finnmarken ist ein schönes, großes und luxuriöses Schiff, aber mein Favorit ist etwas kleiner – so läuft man sich häufiger über den Weg. Aber andere lassen zum Beispiel nichts auf die Lofoten kommen. Es gibt für jeden das richtige Schiff.)

Vom Heck der Nordnorge aus gibt es einen guten Blick auf die Finnmarken, und auf dem Achterdeck ziehen Schneehaufen den Blick auf sich: Im Norden gibt es wohl echten Winter. (Die Lofoten hat aus Kirkenes schöne Grüße bei -25° gepostet.) Schönes Schiff; Volker kann mich trotzdem wieder auf die Finnmarken zerren:-) Bemerkenswert ist übrigens die Schräglage der beiden Schiffe zueinander: Jedes wird so getrimmt, dass es bei Seitenwind die Küste entlang möglichst gerade im Wasser liegt; wenn bei gutem Wind ein nord- und ein südgehendes Schiff nebeneinander liegen, fällt das erst so richtig auf.

Das erste grüne Beweisfoto. Für das Auge war Grau schwarz und Grün grau.

Das erste grüne Beweisfoto. Für das Auge war Grau schwarz und Grün grau.

Der Abend klingt gemütlich in der Bar aus; da die Finnmarken nicht einmal zur Hälfte besetzt ist (die Nordnorge sogar nur zu einem Viertel), hat nur der Ausschank im Panoramasalon offen. Unsere beiden Reiseleiter haben zum gemütlichen Abendtreffen eingeladen, und zwischendurch werfen wir immer wieder einen Blick nach draußen. Am frühen Abend ist ein kameragrüner Lichtstreifen unter den Wolken am Horizont zu sehen, gegen 23 Uhr ein Grünschimmer hinter den Wolken – gegen Mitternacht kann man beruhigt ins Bett gehen, und ich kann den Blogeintrag für diesen Tag beenden. Ein paar grüne Bilder sind immerhin entstanden.

Abgesehen davon, dass um halb zwei, nachdem wir Brønnøysund verlassen haben, die Durchsage kommt, dass es vom Bug aus Polarlicht zu sehen gibt. Also wieder ganz anziehen (zum Glück war ich ja noch am Rechner), Kamera schnappen und ab an den Bug.

Stimmt, da ist Nordlicht – etwa von der Stärke, die man so weit im Süden erwarten kann: Kameragrün, mit bloßem Auge grau, keine starke Bewegung, aber trotzdem ganz schön anzuschauen. Es haben sich doch einige von der Gruppe am Bug versammelt und trotzen dem Wind und der Kälte, auch wenn das natürlich noch nicht die Show ist, auf die wir alle hoffen.

Und noch ein Wort an alle, die schneller Blogeinträge erwarten und dabei das freundliche Augenzwinkern vergessen: Ich mache das zum Spaß und in meiner Freizeit; wer mehr Leistung will, kann ja versuchen, mich mit Bestechungsgeldern zu motivieren:-) Ansonsten gibt’s immer wieder ein paar Impressionen über meinen Twitter-Kanal. Aber keine Echtzeit-Polarlicht-Bilder, so gut ist meine Handy-Kamera auch nicht. Und es gibt auf der Reise viel zu sehen und zu erleben, wer sitzt da schon freiwillig ständig am PC:-)

Tag 4: Bodø

Ørnes

Ørnes

Der 13. Januar führt uns über den Polarkreis und nach Bodø. Von der Polarkreisüberquerung bekomme ich bis auf das Getute des Schiffshorns nichts mit. Keine Ahnung, wann wir das zwischen 6:30 und 8:00 geschafft hatten. Im Januar ist es um diese Uhrzeit aber ohnehin noch dunkel, sodass die Kugel auf der Insel nicht viel hergibt. Wenn ich mir das Tagesprogramm anschaue, wurde auch der Versuch aufgegeben, im Winter im Dunkeln Sekt zu diesem Ereignis anzubieten. Letzten Januar war außer der Crew auch praktisch niemand an Deck.

Ich führe stattdessen eine neue Tradition ein: Ich verschlafe das Frühstück, schließlich bin ich wegen dem Polarlicht hier – da ist die Zeit um Mitternacht am interessantesten. Prinzipiell hätte es sogar noch zum Frühstück gereicht, aber Ørnes ist ein netter kleiner Hafen, den ich immer gerne fotografiere: Hübsche Holzhäuser in einer Postkartenkulisse – der Anblick ist so typisch für Norwegen-Klischees, dass einem das keiner glaubt, der es nicht selbst gesehen hat.

King Neptune (Finnmarken-Version)

King Neptune (Finnmarken-Version)

Kurz darauf steht die Polarkreistaufe an: Eis für alle, aber nur in den Nacken. Zum Auftauen gibt es dann noch einen Grog oder ähnliches hinterher. Das ist immer ein Riesenspaß, diesmal windgeschützt an Deck 8 zwischen Panoramasalon und Schornstein. Wer will, kann sich zu Auftauen auch an die Lüftungsschlitze des Schornsteins stellen – ein praktisches Feature der Finnmarken. King Neptune verkündet den Gewinner des Polarkreiswettbewerbs (wer schätzt die Abfahrtszeit am genauesten?), erledigt seine kalte Pflicht und steht dann für Erinnerungsfotos zur Verfügung. Anschließend beginnt der Poststempel- und Polarkreisbriefmarkenverkauf. Die Hurtigrutenschiffe führen ja immer noch die Postflagge, auch wenn sie schon lange keine Briefe mehr transportieren, aber ein paar Privilegien sind noch erhalten. Dabei merkt man, dass die Finnmarken eher Kreuzfahrtschiff ist als die mittlere Schiffsgeneration: Wo auf der Nordkapp der Postmeister eher einsam Wache hielt, wird er hier fast überrannt.

Beim Mittagessen gibt es schon wieder Zeitdruck: Die 34 Häfen auf der Route wollen abgearbeitet werden, und in Bodø lohnt sich das Aussteigen. Zum Glück ist es nicht ganz so windig wie befürchtet, manchmal ist der Weg vom Hafen in die Stadt sehr unangenehm. Die Stadtverwaltung plant angeblich Wasserkanonen am Hafen, um die Schiffe zu begrüßen – wahrscheinlich wollen die, dass alle im Schiff bleiben, statt sich Bodø anzuschauen… Aber auch ohne Wasserspiele ist die Landschaft vor Bodø einfach grandios, und das Wetter spielt auch mit.

Bodø selbst braucht einige Zeit, um seinen Reiz zu entfalten: Im Krieg weitestgehend zerstört, dominiert moderne Architektur. Aber sie hat ihre schönen Stellen, die Norweger können auch moderne Architektur. Wir machen nur einen Kurzausflug: Das Restaurant auf dem Dach des Scandic-Hotels bietet leckere Heiße Schokolade und einen grandiosen Blick über die Stadt; ein Kellner schließt uns auch die Tür zu dem Rundgang auf.

Der Rückweg führt an der Gamle Salten (“Alte Salten”) vorbei, die direkt am Hotel liegt und einst als Salten auf der Hurtigrute unterwegs war, sowie an Walfängern und dem Coop, einkaufen. Nur ein paar Meter vom Scandic Richtung Schiff liegt auch das Salmon Center mit Informationen zu Lachsfang und -verarbeitung – leider recht gut hinter Bauzäunen verborgen.

Ehrt die Kartoffel!

Ehrt die Kartoffel!

An Bord ist kaum Zeit zum Verschnaufen: Reiseleiter Heinz und der Chefkoch präsentieren um 14:30 – also noch im Hafen – drei der über 5000 Kartoffelarten und fordern auf, sie in Zukunft mit Respekt zu verzehren. Norwegen ist ja eh verrückt nach Kartoffeln, da passt es, dass es einmal Geschmacksproben verschiedener Sorten gibt.

Abfahrt ist um 15:00, eine halbe Stunde steht unser dritter Vortrag an. Wir legen die Vorträge nach Möglichkeit so, dass sie nicht mit Häfen oder Schiffsveranstaltungen kollidieren, aber das ist nicht immer ganz leicht. Die Termine auf Seestrecken werden so gewählt, dass es möglichst wenig Wellengang gibt – wobei wir auf dieser Fahrt wieder einen echten Ententeich haben, so ruhig war die Fahrt bislang selten.

Eine andere Tradition, die ich gerne pflege, ist das Lofotr Wikingerfest. Aber die Wetter- und Polarlichtvorhersage ist vielversprechend, daher lassen wir diese Veranstaltung diesmal ausfallen und besuche den Wikingerkönig hoffentlich im Februar auf der nächsten Tour. Stattdessen legen wir die Strecke zwischen Stamsund und Svolvær mit dem Schiff zurück und können über Svolvær tatsächlich einen schönen, wenn auch nicht zu intensiven Bogen von Polarlicht beobachten. Sehr chic und schon “echtes” Polarlicht, aber noch nicht die große Show, auf die wir alle hoffen.

Nächstes Highlight, kurz vor dem Hafen von Svolvær: Schiffsbegegnung mit der Kong Harald. Wegen Polarlicht sind bei uns einige an Bord, als die Kong Harald an uns vorbei zieht. Eine Vinkekonkuransje ist das aber nicht: Nebenan ist fast niemand an Bord, und kurz nachdem sie an uns vorbei ist, gehen auch alle Lichter aus.

Die Hafeneinfahrt von Svolvær

Die Hafeneinfahrt von Svolvær

Ekkehard nutz die letzten Minuten vor Svolvaer, um uns auf eine ganz berühmte Kirche hinzuweisen (die diesmal im Dunkeln liegt), und versucht es dann mit dem tollen Denkmal von Dagfinn Bakke für die Fischerfrauen das an der Hafeneinfahrt von Svolvær steht und sich ebenfalls im Dunkeln verbirgt. Norwegen spürt den fallenden Ölpreis ja deutlich (eine ganze Reihe von Schiffen wurde stillgelegt, was sich in den Arbeitslosenzahlen bemerkbar macht), vielleicht wird ja jetzt auf einmal Strom gespart?

Egal, im Raftsund gibt es wieder lecker Fiskekake zu essen und heißen Trollfjordknert zu kaufen (und man kann die Tasse behalten!), und der Trollfjord wird schön beleuchtet. Ich muss fairerweise sagen, dass das die beste Show war, die ich bislang hatte: Wir sind ziemlich nah an der Mündung, und der Kapitän leuchtet den Trollfjord gut aus. Dabei hilft natürlich, dass die Finnmarken einen begehbaren Bug hat: Sowohl von dort als auch vom Panoramasalon aus sind die steilen Wände schön zu sehen. Ein schöner Tagesausklang, und einer der Gäste gibt mir auch noch andere Hustenbonbons für meine Stimme – langsam kommt sie wieder.

Polarlichter zeigen sich keine mehr, und so endet der Tag recht früh.

Tag 5: Wieder mal in Tromsø (mit Nordlicht-Feuerwerk)

Ich bleibe dabei: Kein Frühstück für mich; Mittagessen gibt’s ja auch schon recht früh. Die Passage an der Trondenes-Kirche entgeht mir somit, und Finnsnes ebenso, macht aber nichts: Das Mittagessen wird zum Frühstück, und auf der Strecke nach Tromsø treibt es einige nach draußen auf das Umlaufdeck, sodass sich ein paar Gespräche ergeben. Die Whirlpools auf Deck 7 werden auch schon fleißig genutzt, nur was auf Deck 8 abgeht, entgeht mir irgendwie – das ist zu weit abseits; bislang übersehe ich das Deck tagsüber komplett. Und nachts ist es zu hell erleuchtet, um für die Nordlichtsuche interessant zu sein.

Kurz vor Tromsø: Der Mond über der Finnmarken

Kurz vor Tromsø: Der Mond über der Finnmarken

Es lohnt sich, die Reise an Deck zu verbringen, auch weil das Wetter noch schön ist: Nur ein paar Wolken stehen am Himmel, außerdem die schmale Mondsichel. Die Anfahrt auf Tromsø ist immer wieder toll: Rechts der rund 400 m hohe Storsteinen, dessen Seilbahn noch bis Februar oder März renoviert wird, daneben die Eismeerkathedrale, dann die Tromsøbrücke und natürlich Tromsø selbst. Da war ich ja erst letzte Woche, daher klappern wir nur kurz ein paar Highlights ab, um aktuelle Fotos zu haben, anschließend geht es in die Buchhandlung, meine Bestellung abholen, in Tromsø’s Greatest Gift Shop (der muss einfach sein) und ausnahmsweise sogar in die Domkirke: Die Türe steht offen und man kann sie besichtigen. Diesmal ist nicht einmal eine Veranstaltung, bei der Spenden gesammelt werden – letzte Woche konnten wir hier unser Kleingeld für die Flüchtlingshilfe spenden. Wenn Tromsø das Paris des Nordens ist, ist die Domkirke wohl Notre Dame. Die helle Inneneinrichtung des Holzbaus ist schön warm und beeindruckt mich immer wieder – so etwas gefällt mir noch mehr als ein überbordender Prachtbau.

Der Kapitän serviert Stockfisch.

Der Kapitän serviert Stockfisch.

Anschließend geht es in eine Pizzeria: Zwecks Polarlichtwache lassen wir das Abendessen ausfallen, die Prognose sah nicht so schlecht aus, auch wenn mittlerweile Wolken aufgezogen sind. Während des Abendessens gibt es statt klarem Himmel immer wieder Schneefall, die Prognose hat sich mittlerweile geändert. Wenn es heute mit Polarlicht klappt, dann vor Skjervøj – da erwarten wir etwa eine Stunde lang klaren Himmel, bevor es wieder zuzieht. Um 20 Uhr – zwischen den beiden Sitzungen des Abendessens – serviert Kapitän Einarsen Stockfisch auf Deck 8, während es draußen schneit. Dazu werden benötigt: Ein Stockfisch und eine Axt, um ihn kleinzuhauen. Stockfisch-Chips hatte ich letzte Woche schon probiert: Durchaus genießbar, aber es hat seinen Grund, dass er die Vorführung im Freien macht.

Zum Essen komme ich aber auch nicht: Da ist was helles an steuerbord. Die Kamera zeigt nur eine Wolke, aber das ist Motivation genug, um an den Bug zu gehen, wo Volker ausharrt. Die Probebilder zeigen: Da ist schon ein Grünschimmer, der in Fahrtrichtung zwischen den Wolken durchscheint. Es wird besser, ist aber noch nicht gut. Was tun?

Um halb neun entscheiden wir uns, das Schiff um eine Durchsage zu bitten. Das ist natürlich ideal, um sich die Crew zum Feind zu machen – direkt vor der zweiten Essenssitzung… Nachdem er sich die Lage angeschaut hat, macht Tourguide Heinz auch eine vorsichtige Durchsage (unsere Astro-Spezialisten meinen…), damit zumindest alle in Hab-Acht-Stellung gehen können.

Und ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, den wir vorhergesagt haben, verlassen wir Schnee und Wolken, der Himmel klart auf, und ein Stück vor Skjervøy liefert die Aurora eine hervorragende Show: Einfach nur Wow! Was als geisterhaftes Schimmern begann, wird zu mehreren Bögen und tanzt am Ende hell über den Himmel. Das Wetter ist freundlich, und auch über Skjervøy ist das Polarlicht perfekt zu sehen, trotz der Beleuchtung von Schiff und Stadt. Meine große Kamera läuft für Zeitrafferfilme mal wieder durch, während Volker mit seiner Kamera flexibel ist. Und meine kleine Panasonic schlägt sich auch wacker; ich will gar nicht wissen, wie viele Bilder an diesem Abend entstehen. Die Berge rundrum geben einen angenehmen Windschutz, sodass wir es auch am Bug aushalten können.

Nach Skjervøj verfolgen wir das Schauspiel noch etwa eine halbe Stunde, aber es wird diesiger und wir fahren in eine Wolkenbank hinein – Zeit, den erfolgreichen Abend an der Bar ausklingen zu lassen. Ab jetzt beginnt der entspannte Teil der Reise: Alle haben das Polarlicht gesehen, und der Erfolgsdruck ist weg.

Ein letzter Blick gegen 1 Uhr morgens zeigt immer noch grünen Himmel, aber ohne Strukturen – dafür wecken wir niemanden, nicht nach dieser Show.

Tag 6: Rund ums Nordkap

In der MAgerøya-Straße

In der Magerøya-Straße

Tag 6 (der 15.1.) ist ein Wendepunkt der Reise: Wir fahren südlich an der Insel Magerøya vorbei, auf der das Nordkap als nördlichster Punkt Europas liegt. Wobei das Nordkap erst einmal auf einer Insel und nicht auf dem Festland liegt, und der nördlichste Punkt der Insel auch noch das Kap westlich des offiziellen Nordkaps ist. Wie auch immer, die Insel hat ihren rauen Charme, und es wird einem ganz warm ums Herz, wenn Honningsvåg in Sicht kommt. Die Stadt liegt noch nördlicher als Hammerfest, das traditionell den Titel nördlichste Stadt der Welt trägt.

Für die, die die Anfahrt vom Bug aus beobachten, ist ein warmes Herz auch dringend nötig, schließlich sind die Temperaturen frostig… Im Hafen ziehen nicht nur die schneebedeckten Häuser die Blicke auf sich, sondern auch die weiter entfernten Silos, in denen Fisch zu Protein verarbeitet wird, und die rostigen Schiffe, mit denen Krabben gefischt werden. Die Juros Vilkas aus Litauen ist ein vertrauter Anblick.

Der interessanteste Ausflug ist natürlich das Nordkap – vier Busse warten auf Gäste, und wie wir im Nachhinein erfahren, hat der Ausflug sich auch gelohnt: Das Wetter war gut. Für uns steht das Alternativprogramm auf dem Plan: Nordkap kennen wir schon, also geht es nach Honningsvåg. Wir treffen einen unserer Gäste, und gemeinsam geht es nach dem Brunch in den Ort. Tag 6 ist immer der anspruchsvollste, durch den Nordkapbesuch verschieben sich die Essenszeiten, und zwischen 7 und 13 Uhr gibt es eine ganze halbe Stunde lang nichts zu essen (außer im Cafe). Da muss man schon auf seine Kalorienbilanz achten.

Unberührt: Der Weg zum Aussichtspunkt

Unberührt: Der Weg zum Aussichtspunkt

Uns zieht es wieder zu dem Aussichtspunkt am Friedhof über der Stadt, wo eine Büste an einen norwegischen Regisseur erinnert. Ekkehard war der Meinung, dass die Tour kein Problem sei – der Weg über den Berg führt in den nächsten Ortsteil und wäre bestimmt gespurt. Sagen wir so: Nachdem wir da waren, gab es eine Spur im Tiefschnee… Von da oben gibt es einen schönen Überblick über den Ort, auch wenn das Stapfen durch den Schnee in die Beine geht. Zur Abwechslung gibt es aber auch glatte Partien. Das verschneite Honningsvåg wird von drohenden Schlechtwetterwolken eingerahmt, sodass wir bald den Rückzug antreten. Unsere Sorgen um die Nordkap-Busse sind unbegründet (dort herrscht bestes Wetter), aber wir kommen im ersten Schnee im Ort an. Nach einem Abstecher zur Kirche mit dem Weltkriegsdenkmal gehen wir zum Scandic-Hotel, um von der anderen Hafenseite einen Blick auf die Finnmarken zu werfen, die im Schneegestöber sogar zu erahnen ist. Kein gutes Wetter, um die Kunstwerke am Hafenbecken zu besuchen, also gehen wir recht zügig zum Schiff zurück. Rechts am Hafenbecken ist wieder das Musem mit der „Trash Art“: Aus angeschwemmten Badeschlappen und Gummistiefeln entstand hier Kunst. Das Nordkapmuseum am Hafen hinter dem Denkmal für den Seemannshund Bamse ist noch bis Sommer geschlossen, vielleicht kann ich es in der nächsten Saison besuchen.

Da das Mittagessen schon um 13 Uhr endet, bietet das Schiff zur Überbrückung Apfelkuchen und heiße Schokolade an, nachdem die Ausflügler wieder an Bord sind und wir etwa um Viertel vor drei abgelegt haben. Eine halbe Stunde später zeigt die Finnmarken diesmal einen Film über die Geschichte der Sami.

Finnkirka

Finnkirka mit Mond und Beleuchtung

Vor Kjøllefjord erwartet uns wieder die Finnkirka – irgendwie hat meine große Kamera Probleme mit dem Autofokus, aber der Halbmond zwischen Wolken über der Felsformation hat etwas mystisches. Die Finnkirka ist ein alter samischer Opferplatz; die kitschige Beleuchtung mit bunten LEDs ist eigentlich eine Unverschämtheit. Auffällig ist sie aber ohnehin nur in Dezember und Januar, wenn es richtig dunkel ist. Angeblich hat der Kapitän eine Fernbedienung, um die Beleuchtung anzuschalten. Vom Bug aus erspähen wir die Beleuchtung recht bald, und die Kameras klicken. Im Wasser liegt auch schon das Boot des Krabbenfischers, der gleich darauf in voller Fahrt an der Finnmarken anlegt, seinen Kollege absetzt und nach einer Ehrenrunde mit Höchstgeschwindigkeit nach Kjøllefjord rauscht.

Krabbenpräsentation

Krabbenpräsentation

Bis wir in dem hübschen Örtchen anlegen, präsentiert er wieder das Ungeziefer der Meere: Die Königskrabben, die aus Russland kommen und in dieser Gegend praktisch keine natürlichen Feinde haben. Es gibt wieder die Möglichkeit, sich mit den Tieren fotografieren zu lassen und so mit seinem Essen zu spielen…

Als wir in Kjøllefjord anlegen, kommt schon die Durchsage, dass die Hafengäste bitte das Schiff verlassen sollen. Anscheinend haben wir etwas Verspätung, aber die Schneescooter-Fahrer verlassen trotzdem das Schiff, um später in Mehamn wieder zuzusteigen. Wer will, kann also einmal über Land bis zum nächsten Hafen fahren. Alle anderen stellen fest, dass der Himmel langsam aufklart, und wir sehen wieder einen schwachen Bogen Polarlicht – dankenswerterweise am Heck, wo es windgeschützt ist. Sogar in Mehamn ist er noch auszumachen, auch wenn er es gegen die Wolken schwer hat. Um 21 Uhr veranstaltet der Küchenchef die nächste Show: Präsentation und Geschmacksprobe von Rentier auf Deck 8; den Schimmer der Decksbeleuchtung sehen wir auch am Heck.

Die Nordkapp auf Schleichfahrt.

Die Nordkapp auf Schleichfahrt.

Vor Berlevåg kommen wir in einer gemütlichen Runde mit Reiseleitern und einigen Gästen auf das Thema Vinkekonkurannse zu sprechen. Für mich ist das ja eh der Tag der Tage: Vor Berlevåg begegnen wir der MS Nordkapp, da muss ich auf jeden Fall raus, meinem Lieblingsschiff winken. Spontan bildet sich ein Komitee, das Heinz überreden will, eine Vinkekonkurannse zu machen. Das klappt aber nicht – es ist Winter, die Nordkapp will nicht, und Heinz macht somit keine Durchsage. Im November hatte das die Finnmarken aber auch nicht vom Winken abgehalten, also machen wir es selbst und versammeln uns zu siebt oder acht am Bug. Da die Finnmarken Verspätung hat, ist die Nordkapp zuerst im Hafen, und wir müssen auf sie warten. Dann ist es so weit: Eine fast völlig abgedunkelte Nordkapp fährt an der gut getarnten Finnmarken vorbei, und wir versuchen am Bug Aufmerksamkeit zu erwecken. Auf der Nordkapp ist gar keiner zu sehen, daher haben wir wohl gewonnen und können Handtücher und Mülleimer wieder aufräumen… War einen Versuch wert.

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Viel Post für Berlevåg :-)

Viel Post für Berlevåg 🙂

In Berlevåg sehen wir dann noch beim Anlegen zu: Ein einsamer Hafenarbeiter vertäut das Schiff und lädt mit dem Gabelstapler zwei Päckchen aus, ein Reisender verschwindet mit seinem Koffer in der Dunkelheit (der Hafen ist ein gutes Stück außerhalb vom Ort), und immerhin wird sogar ein Auto entladen. Das lohnt sich doch mal.
Da das Wetter kein schönes Nordlicht mehr verspricht, endet der Tag nun weitestgehend. Ein Bierchen im Panoramasalon ist ein schöner Abschluss, für das zweite gehen Uwe und ich ins Cafe, wo wir sogar noch eines bekommen. Der leichte Wellengang des Abends ist einigen Gästen schon zu viel, aber auch ein Kreuzfahrtschiffchen wie die Finnmarken ist eben keine Aida oder Queen Mary, sondern bietet einem noch das Erlebnis Meer. Ich find’s schön.

Das Wellenbad der Finnmarken

Das Wellenbad der Finnmarken

Båtsfjord als letzter Hafen wurde zur Kenntnis genommen, dann ging es ab ins Bett.

Tag 7: Wendepunkt Kirkenes

Sogar Teleskope gibt es an Bord

Sogar Teleskope gibt es an Bord

Tag 7 (der 16. Januar) bedeutet endgültig den Wendepunkt: Kirkenes ist weder der nördlichste Punkt noch der östlichste (die Ehre gebührt Vardø), aber hier kehrt die Hurtigrute um.Ich mag Kirkenes ja: Die Stadt ist recht neu und hat recht wenig zu bieten. Die Tour mit Hundeschlitten und Eishotel habe ich schon mal gemacht, die russische Grenze reizt mich trotz der aktuellen politischen Lage eher wenig, und die Schneemobilsafari macht zwar bestimmt Spaß, aber schnell fahren kann ich auch auf deutschen Autobahnen. Damit habe ich in Kirkenes frei, kann mein Blog auf den aktuellen Stand bringen und Bilder vom Schiff machen. Die Finnmarken ist zwar groß, aber durchaus fotogen, und nachdem praktisch niemand an Bord ist, ist das optimal zum Fotografieren des Schiffs.

Die Finnmarken in Kirkenes

Die Finnmarken in Kirkenes

Das Schiff ist im Art-Deco-Stil gehalten und hat im Gegensatz zur Nordkapp, die komplett von einem Künstler ausgestattet wurde, eine bunte Mischung an Kunstwerken. Einige sind modern und sagen mir nichts, andere sind sehr chic und klassisch.

Ich schaffe es sogar von Bord und gehe rund durch den Hafen, um ein paar schöne Bilder vom Schiff im verschneiten Hafen zu machen. Anscheinend genau das, was Twitter sehen will, selten hat etwas so viele Likes gekriegt wie das Bild links. Da die Hurtigrute im Hafen anlegt, der ein gutes Stück von der Stadt entfernt ist, besuche ich Kirkenes nicht weiter, sondern schaue der Crew bei der Pflege der Rettungsboote zu und verfluche das Schiffs-WLAN: Für rund 40 Euro erhält man einen Zugang, mit dem man zwar ins WLAN kommt, aber nicht mehr raus… Klar: An der Küste gibt es nicht überall LTE, aber wenn ich mit dem Handy im Hafen LTE habe, erwarte ich das eigentlich auch von dem kostenpflichtigen Zugang auf dem Schiff. Keine Verbindung kann ich selber… Daher sitze ich in Kirkenes zwar an meinem Blog, kann aber erst später posten.

Vardø

Vardø

Nachdem alle Ausflugsbusse wieder an Bord sind, geht es weiter Richtung Vardø – eine hübsche kleine Stadt, die früher Zentrum des Handels mit Russland war. Kaum zu glauben, wie viele Schiffe hier einst im Hafen lagen. Irgendwann gönne ich mir vielleicht den Spaß und steige morgens in Vadsø aus, um dann per Bus nach Vardø zu fahren und mir die beiden Orte einmal in Ruhe anzuschauen, bis ich in Vardø wieder zusteige. Das könnte sich lohnen. Ich bin mir nicht sicher, ob wir in Kirkenes rechtzeitig ablegen, jedenfalls ist dir Überfahrt ruhig, und trotzdem kommen wir in Vardø mit einer halben Stunde Verspätung an. Zur Überbrückung gab es an Bord noch eine Präsentation zum alten Pomorhandel zwischen Russland und Norwegen.

Festung Vardøhus

Festung Vardøhus

In Vardø teilen wir uns auf: Volker schaut beim Eismeerbaden zu (aus dem auf der Treppe im Schiff irgendwie ein Eisbärbaden wird – stelle ich mir auch schön vor: Jeder kriegt ein Handtuch, Shampoo und einen Eisbär), ich gehe zur Festung Vardøhus und Ekkehard nimmt das Hexendenkmal in Angriff. Damit ist er mutiger als ich dachte: Der Weg war schon im November sportlich, und wir haben jetzt mehr Schnee und wieder nur 45 Minuten Liegezeit. Auf dem Weg zur Festung verlieren wir uns aus den Augen, und ich mache mich auf die Suche nach den Überresten des Venustransits von 1769. Damals wurde von hier beobachtet, wie unser innerer Nachbarplanet Venus vor der Sonne entlang zog. Es war die nördlichste Beobachtungsposition, James Cook auf Tahiti hatte den südlichsten Beobachtungspunkt. Der Soldat, der die Festung heute bewacht, war zwar sehr bemüht, konnte mir aber auch nicht weiter helfen – kein Wunder, schließlich waren die Gedenktafeln am Rathaus und nicht in der Festung. Mein Fehler… aber Vardøhus ist einen Besuch wert und beherbergt eine kleine Ausstellung mit dem wohl einzigen erhaltenen Kanonenwagen seiner Art sowie einer Reihe Militaria bis hin zur Weltkriegszeit. Von der Eberesche “Rogna” vor dem Haus des Kommandanten sehe ich nichts. Sie gilt als nördlichster Baum und wird im Herbst zum Schutz vor dem Meeressalz eingepackt – Ekkehard hat allerdings gemeint, dass der Baum mittlerweile nicht mehr existiert.

Von der Festung aus rechtzeitig wieder am Schiff zu sein ist kein Problem, auch ein Ausflug in den Supermarkt auf halber Strecke wäre noch möglich gewesen. Die Eismeerbader sind auch wieder auf dem Schiff, und Ekkehard hat es wohl auch geschafft – zumindest legen wir wie angekündigt ab, ohne dass fehlende Gäste ausgerufen werden. Immerhin zehn Mutige waren im Eismeer baden, obwohl die Finnmarken doch den beheizten Pool hat. Respekt. Eine halbe Stunde später gibt Heinz wieder seinen Tagesrückblick (erst deutsch, dann englisch), und die Ankunft in Båtsfjord fällt mit dem Abendessen zusammen.

Ein wenig Licht am Horizont.

Ein wenig Licht am Horizont.

Nach 21 Uhr gibt es ein leichtes Polarlicht, aber zu wenig, um eine Meldung zu rechtfertigen: Ein schwacher Bogen ist immer wieder zu sehen und kämpft an Steuerbord gegen die Wolken. Eher ein Fall für die Kamera als für das Auge. In Berlevåg begegnen wir der Polarlys, der wir den Liegeplatz im Hafen wegnehmen. Mit Winkekonkuranse ist wieder nicht viel – ich habe den Eindruck, dass nicht einmal der Captain an Bord der Polarlys ist.

Daher lassen wir den Tag gemütlich ausklingen, während draußen die Wolken und die Landschaft vorbeiziehen.

Tag 8: Von Hammerfest nach Tromsø

Onkel Heinz serviert den Energiekaffee

Onkel Heinz serviert den Energiekaffee

Auf unserer Rückreise südwärts erwartet uns kurz vor Hammerfest wieder der lecker Energiekaffee. Der Himmel ist bedeckt und die Temperatur frisch, da ist das eine willkommene Abwechslung, sodass sich zahlreiche Passagiere um Tourguide Heinz und den Küchenchef drängen. Neben dem Energiekaffee gibt es auch noch frische Garnelen zum probieren; wer Krabben pulen will, kommt hier auf seine Kosten. Wenig später kommt auch schon der Grund für den Kaffee in Sicht: Die Insel Melkøya mit der Erdgasverflüssigungsanlage „Projekt Schneewittchen“. Vergleiche mit der BASF in Ludwigshafen kommen auf, wir sind nicht die einzigen aus Süddeutschland:-) Die Anlage wurde 2006 errichtet und soll noch bis etwa 2035 Flüssiggas produzieren. Heute liegt kein Schiff vor Anker, vielleicht weil Sonntag ist.

In Hammerfest, das langsam hinter der „Milchinsel“ („Melkøya“) auftaucht, haben jedenfalls die meisten Läden geschlossen. Die Stadt ist gut eingeschneit; den Zickzackweg probieren wir gar nicht erst, und auf „meiner Bank“ liegt diesmal auch zu viel Schnee, als dass ich mich darauf setzen wollte. Unsere kurze Tour führt am Friedhof und der kleinen Kapelle vorbei, die als einzige den Krieg überlebt hat. Neben der mächtigen Kirche von Hammerfest entsorgen zwei Bagger den Schnee im Meer, und wir sind pünktlich zum Glockengeläut am Kirchturm. Viel Zeit bleibt aber nicht, denn wir haben noch eine Termin im Eisbärenklub, Neumitglieder werben. Nur zu unserer Jahreshauptversammlung heute Abend um 18 Uhr können wir nicht bleiben, das Schiff legt bereits um 12:45 wieder ab.

Da keine Restaurants in Hammerfest offen haben (Pepes Pizza öffnet heute erst um 13 Uhr), holen wir am Mittagsbuffet das Frühstück nach, während der Captain stolz an Norwegens größtem Stein vorbeifährt: Die Insel Høja ist angeblich ein einziger großer Findling, der in der letzten Eiszeit durch einen Gletscher hierher kam. Unser örtlicher Geologe bezweifelt das, aber wir fahren zu dicht an Høya vorbei, um einen Überblick zu erhalten, aber doch nicht nah genug für Proben. Tante Google schlägt eher den 30m hohen Skipheller als größten Findling vor… Aber was soll’s: Das wird seit 30 Jahren so in der Schule gelehrt, also muss es stimmen, und eindrucksvoll ist der Felsen allemal.

Um 14:30 ist dann volles Programm: Im Panoramasalon auf Deck zeigt die Schiffsbesatzung, wie man richtige Knoten macht, gleichzeitig gibt es in einem Konferenzraum die Möglichkeit, gebeizten Lachs zuzubereiten. Einen Teil davon kann man am Ende der Reise mitnehmen, diese Aktivität kostet daher 250 NOK. Und um 15:00 haben wir im großen Konferenzraum unseren vierten Vortrag, einen Rundflug durch das Sonnensystem. Er fällt mit der Liegezeit in Øksfjord zusammen, sodass wir ruhige See haben und das Schneetreiben im Hafen durch die Fenster beobachten können. Rechtzeitig bevor wir raus aufs offene Meer fahren und die Lopphavet überqueren, ist der Vortrag somit beendet – aber so ruhig wie die See ist, hätten wir ihn auch während der Überfahrt halten können.

Mondhalo

Mondhalo

Das Abendessen fällt mit Skjervøy zusammen, wo wir auf der Hinfahrt das tolle Polarlicht erleben durften. Heute ist der Himmel zwar relativ klar, aber die Polarlichtaktivität ist gering – immerhin gibt es einen schönen Halo rund um den Halbmond, der (für mich) wesentlich interessanter ist als der Film über die Antarktisreisen, mit denen das Schiff die Zeit bis zum Mitternachtskonzert in Tromsø überbrückt. Auf der Novembertour hatten wir hier tolles Polarlicht, bis nach der Modenschau das Licht auf dem Heck angeschaltet wurde, um Stockfisch vorzuführen – diesmal wären wir am Bug ungestört, aber es gab weder Polarlicht noch Modenschau.

Als kleinen Unterhaltungspunkt gab es noch eine wieder sehr ruhige Schiffsbegegnung mit der nordgehenden Richard With, bevor Tromsø wieder in Sicht kam. Am Hafen warteten schon die Busse für das Mitternachtskonzert, aber die Stadt hat noch mehr zu bieten: Das Kneipenleben lohnt sich. Sogar auf dem Schiff scheint das Jägermeister-Symbol zu prangen – es gehört aber zum Tromsø Filmfest, das komplett an uns vorbei ging. Da der Rørbua-Pub direkt am Schiff keine Live-Musik hat, zieht eine kleine Gruppe von uns in die Innenstadt, und ich kriege endlich mein erstes Guiness auf der Reise.

Eine gute Stunde reicht für ein gemütliches Zusammensein, und wie sind sogar noch vor den Konzertgängern wieder an Bord. Mangels vielversprechender Polarlichtprognose ist halb zwei ein guter Zeitpunkt, um Feierabend zu machen.

Tag 9: Risøyrenna, Stokmarknes & Raftsund

Tageslicht!

Tageslicht!

Nach Tromsø geht es mit Riesenschritten südwärts. Ein besonderes Highlight erfreut viele: Es gibt langsam wieder Tageslicht! Auch wenn es selbst in der Polarnacht nie richtig dunkel wird, sondern in dem Dämmerlicht immer noch genug zu sehen gibt (es ist vergleichbar mit der Zeit kurz vor Sonnenaufgang), ist es doch immer wieder ein schönes Gefühl, wenn man die Sonne langsam erahnen kann. Die hohen Berge entlang der Route verhindern zwar heute noch den direkten Blick auf unser Zentralgestirn, aber es wird doch deutlich, wo hinter den Wolken sie stehen müsste. Was mag das für ein Gefühl sein, hier oben zu wohnen? Kein Wunder, dass Hammerfest ganz schnell dabei war, elektrische Straßenbeleuchtung einzuführen…

Wir tuckern derweil durch die Inselwelt der Vesterålen, da mir die Bustour zu früh war. Auch die Schiffsreise ist wunderschön und führt durch die Risøyrenna. Der 4,5 km lange Kanal ist nur unwesentlich tiefer als unser Schiff, sodass der Kurs genau gehalten werden muss. Als die Schiffe der neuen Generation (Finnmarken, Trollfjord und Midnatsol) in Betrieb genommen wurde, musste die Fahrrinne extra vertieft werden. Für uns sind nur die zahlreichen Leuchtmarkierungen sichtbar, auf denen es sich unzählige Kormorane bequem gemacht haben.

Big Party für den Ausflugsbus

Big Party für den Ausflugsbus

Von Risøyhamn (der Kapitän wendet das Schiff noch vor der Brücke; nur einmal sind wir rückwärts wieder unter der Brücke durch gefahren) geht es weiter nach Sortland, wo traditionell die Ausflugsbusse gegrüßt werden – sie fahren über die Brücke, wenn unser Schiff darunter hindurch fährt. Ideal für Fotos. Die Finnmarken mit ihrem begehbaren Bug ist dafür natürlich perfekt gerüstet, und Tourguide Heinz versorgt uns mit Norwegen-Flaggen und einem großen Transparent.

Für die Ausflügler ist das die Chance, einmal Bilder des Schiffs von oben oder beim Anlegen zu machen; und für die auf dem Schiff gebliebenen ist es die beste Gelegenheit, um als erste am Mittagsbuffet zu sein. In der blauen Stadt halten wir ohnehin nur eine halbe Stunde. Den Name verdankt Sortland der Idee, möglichst viele Häuser blau zu streichen, wozu die Stadt die Farbe kostenlos zur Verfügung stellte – wobei anscheinend vor allem Firmen zugriffen.

Die alte Finnmarken in Stokmarknes

Die alte Finnmarken in Stokmarknes

Das zweite Highlight ist Stokmarknes, die alte Heimat von Richard With, dem Gründer der Hurtigrute. In den letzten Jahren war der Eintritt in das Museum für Reisende auf der Hurtigrute frei, letztes Jahr wurde kurzzeitig Eintritt erhoben, bis er wenig später für Rundreisende wieder entfiel. Seit dem 1. Januar sind wieder 50 NOK fällig. Auch wenn Hurtigrute ASA einen neuen Eigentümer hat (einen britischen Finanzinvestor), wäre es schön, wenn sie sich nicht von ihrer Vergangenheit distanzieren würden. Die fünf Euro ist das Museum allemal wert, und da wäre es besser, eine der mittlerweile zahlreichen Aktivitäten an Deck einzusparen als das Museum. (Heute steht um 15:15 Fischfilettieren auf Deck 8b an.)

Da ich aber auch schon einige Male im Museum war, gehe ich – wie zahlreiche andere Passagiere – in Richtung Ortszentrum. Wir kommen verspätet an, aber eine Dreiviertelstunde bleibt uns trotzdem bis zur angekündigten Abfahrt. Stokmarknes hat ein hübsches Stadtzentrum (wenn man bei einem 3300-Einwohner-Ort von Stadt reden will), und die alte Finnmarken bietet auch von außen einen hübschen Anblick. Die Rettungsboote, die unter ihrem Rumpf liegen, waren mir noch nie vorher aufgefallen.

Pünktlich zur angekündigten Abfahrt sind alle wieder an Bord, trotzdem fahren wir erst eine weitere halbe Stunde später ab – mein Verdacht ist ja, dass der Kapitän den 50%-Verkauf eines Outdoor-Ladens genutzt hat; auf wen sonst würde das Schiff so lange warten, ohne ihn auszurufen?

Egal, irgendwann setzen wir uns in Bewegung und rauschen durch die Nacht. Da wir nicht mehr am Trollfjord halten, der in dieser Jahreszeit ohne Beleuchtung ohnehin unsichtbar bleibt, kommen wir mit nur leichter Verspätung in Svolvær an. Die Zwischenzeit hatten wir eigentlich für unseren Abschlussvortrag nutzen wollen, aber wie das bei einer Seereise ist, können Unwetter oder andere Katastrophen den Reiseverlauf durcheinander bringen. In diesem Fall waren es Unternehmensberater, die die Konferenzräume in Beschlag nahmen und auch sonst an Bord nicht gerade durch freundliches Verhalten auffielen…

Bei knapp zwei Stunden Aufenthalt und verfrühtem Abendessen bleibt genug Zeit, um entweder zur Magic Ice Galerie zu gehen oder einen Spaziergang durch die hübsche Stadt zu unternehmen. Mit Ekkehard machen wir einen kleinen Stadtrundgang, durch das hübsche Scandic-Hotel (der Anker hat heute geschlossen) und an einigen Galerien vorbei. Dagfinn Bakke, der die Karikaturen an Bord der Finnmarken geschaffen hat, war heute sogar in seiner Galerie, wir kommen allerdings zu spät an ihr vorbei. Die Lofotposten hat seine Zeichnungen übrigens als Bildergalerie im Netz.

Ikke lys:-(

Ikke lys i Norge 🙁

Die Wolkenlücke über uns hat im Lauf der Nacht zwar einige Lücken, aber die Aurora-Aktivität ist deprimierend gering – daher lassen wir den Abend gemütlich im Panorama-Salon ausklingen und nutzen die Zeit auch, um schon einmal zu packen – wegen der Planänderung heute ist morgen Nachmittag ist volles Programm, neben unserem Vortrag steht noch einiges mehr auf der To-Do-Liste.

Die Fahrt über den Westfjord verläuft wieder sehr ruhig, nur für den Whirlpool bleibt vor lauter Geselligkeit wieder keine Zeit. Vielleicht morgen…