Trüber Himmel über Torvik
Ein trüber Tag in Norwegen: Nachdem es in der Nacht noch ein wenig geschaukelt hat (am Bug war’s echt schön, wenn auch etwas dunkel), hatte auch das Westkap zum Frühstück mit mäßigem Wellengang angedeutet, was es kann. Oder, wie unser Tourguide so schön meinte: Der Seegang war zwischen Esel- und Kamelreiten; aber noch kein Bullenreiten. Also relativ harmlos… Dem ein oder anderen unserer Gäste hat es den Appetit trotzdem vermiest, aber ein leerer Magen ist der falsche Ansatz bei aufkommender Seekrankheit (genau wie Tabletten schlucken – die müssen vorher genommen werden. Tipp von unserer Reiseleiterin: Ein Waldspaziergang hilft). Zum Glück bin ich da unanfällig, auch wenn es schon beeindruckend ist zu sehen, wie der Horizont zwischen oberem und unterem Fensterrand hin- und herpendelt.
Aber die offene See geht ja nie lange, und gegen 10:30 erreichen wir Torvik. Von Bord gehen lohnt sich aber nicht: Einerseits sind wir nur kurz da, und andererseits macht das Wetter auch keine Lust darauf. Grauer Himmel, graue See – wenn es so bleibt, dann mal gute Nacht.
Eine Infoveranstaltung jagt die andere.
Was sind die Alternativen? Um 10:15 wird der Polarlichtfilm von Hurtigruten gezeigt, der wieder einmal meinen morgigen Vortrag vorwegnimmt. Im Anschluss, um 11:00, halten wir unsere Infoveranstaltung: Allen Gästen sagen, wo es die Infos gibt, was wir machen, wer wir sind, wo es die Vorträge gibt und dass morgen in Trondheim die letzte sinnvolle Möglichkeit ist, fehlendes Foto-Equipment nachzurüsten (da wir Sonntags in Tromsø sind). Außerdem: Gäste kennenlernen. Und um 11:30 gab’s schon Mittagessen, da wir ab 12:00 in Ålesund sind – wer an den Landausflügen teilnehmen will, hat so auch die Gelegenheit, etwas zu Essen. Bei uns ist es entspannter, und vor allem: Die Warnhinweise bezüglich Kamera haben funktioniert, die ersten Kameraeinstellungen konnten wir schon vornehmen. Jetzt habe ich auch mal eine Sony Alpha in der Hand gehabt, wieder ein neues Kameramodell kennengelernt:-)
Nach der Shoppingtour letztes Mal stand heute wieder der Aksla auf dem Programm, der Hausberg von Ålesund. Die reguläre Treppe ist wegen Bauarbeiten gesperrt, aber es gibt eine Alternative, die allerdings einen Umweg beinhaltet und somit etwas länger dauert. Durch ein Winterwunderland geht es jetzt über verschneite Treppen hoch auf den Aksla – besseres Schuhwerk wäre kein Fehler gewesen, aber mit dem Aufstieg hat man sich immerhin des Mittagessen verdient (ach Blödsinn – ich werde für die Tour bezahlt, da ist das Essen inclusive). Die Mühe lohnt sich auf jeden Fall: Wir haben einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt.
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Ålesund vom Aksla
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Winterwunderland
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Schönes Wetter
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Such die Lofoten
Das Wetter wird immer besser, die vorhandenen Wolken sind geradezu malerisch, und es ist sogar klarer Himmel zu sehen. Der Wetterbericht hat anderes versprochen, aber damit können wir sehr gut leben. Vom Aksla aus sehen wir sogar die MS Lofoten, die gerade auf Werft liegt – wenn auch nur klein am Horizont; auf dem Foto ist sie rechts in der Bucht zu erahnen. Und der größte Lofotenfan an Bord war nicht auf dem Aksla und musste sich mit Fotos begnügen:-)
Alt und neu.
Auf dem Rückweg zum Schiff bemerke ich zum ersten mal so richtig, was sich eigentlich in dem Bau am Kai verbirgt: Hier wird ein altes Boot nachgebaut. Das Projekt nennt sich Bankskøyta – hier wird ein Sunnmore Bank Fischerboot nachgebaut, da alle Originale verloren gegangen sind. Zwischen 1860 und etwa 1900 wurden über 300 dieser Schiffe gebaut und ab etwa 1910 durch Motorboote ersetzt. Das Blog dazu gibt’s unter http://bankskoyta.no. Im Herbst 2015 soll das Schiff fertig sein. Man findet doch auf jeder Reise etwas neues.
Die Polarlichtvorhersage für heute Abend war so lala, aber bei Sonnenschein ließen wir Ålesund hinter uns. Für Volker und mich war es Zeit, uns trotzdem in die Kabine zu verziehen: Morgen steht der erste Vortrag an, und das muss ja einmal durchgespielt werden. Kurz vor 18 Uhr dann eine Durchsage: Johan Pearson, unser Tourguide, lädt zu einer Recap (auf Englisch) ein. Auch was neues für mich… Dahinter verbirgt sich ein unterhaltsamer Ausblick auf Wetter und Reise von heute und Morgen, ein Polarlichtausblick der optimistischer ist als meine Prognose, und der Blick auf die Weinkarte. Es ist interessant zu sehen, wie jeder Tourguide seinen eigenen Stil hat. Er trägt das ganze sehr ruhig und unterhaltsam vor – gut gemacht, Respekt.
Lecker Lamm zum Abendessen.
Da wir erste Essenssitzung haben, geht’s direkt im Anschluss in das Restaurant. Da nach Essensbildern gefragt wurde: Es gab Lamm mit Gemüse und Kartoffeln, als Vorspeise Dorsch und als Nachtisch Eis mit Obst. Das ganze mit leichtem Zeitdruck wegen der zweiten Essenssitzung um 20:30 und abgerundet durch drei Geburtstage, die mit Gesang gefeiert wurden.
First Light – mit bloßem Auge als Grauschimmer am Horizont.
Der Plan für den Abend war ein gemütlicher Tagesausklang in der Bar. Tja, der Blick nach draußen hat eine Vielzahl Sterne gezeigt. So viel zur Wettervorhersage. Der Gang zum Bug zeigte etwas Nebel, also ab in die Kabine, Kamera holen, und: Grün fotografiert. Heute schon das erste, schwache (“kameragrüne”) Polarlicht. Also ab zum Tourguide, eine Durchsage machen lassen, und ab auf Deck 7, Kamera aufbauen und schauen, wer von den Gästen die Durchsage gehört hat. Immerhin ein Viertel der Gruppe konnte das graue Band am Horizont bestaunen und bestätigen, dass die Kamera grün sieht. Die Gelegenheit, schon einmal mit den Kameraeinstellungen zu spielen, unseren Pflichtteil (Polarlicht zeigen) abzuhaken, zu bestätigen, dass da noch mehr geht, wenn man weiter im Norden ist, und die Sternbilder zu zeigen. Nach etwa einer Stunde waren dann alle überzeugt, dass sich da heute nicht mehr viel tut, und auch meine Bilderserie wollte ich nicht weiterführen: Das Licht war weitestgehend statisch, bis auf ein paar Andeutungen von Strukturen. Aber da es mittlerweile seitlich vom Schiff war und vor Kristiansund zunehmender Seegang war, gaben wir auf. Die nächsten Tage würden hoffentlich mehr bringen, und die Voraussage ist im Augenblick gar nicht so schlecht. Für Sonntagabend (wenn wir Tromsø verlassen) wird mehr Materie vorhergesagt, und das Wetter könnte sogar mitspielen (statt dem bislang vorhergesagten Orkan). Schaun wir mal – vor allem haben wir so eine Chance, uns morgen Trondheim in wachem Zustand anzusehen.
In Kristiansund verzichteten wir darauf, von Bord zu gehen, stattdessen genossen wir noch das Konzert, das Johann mit der Gitarre gab (einen Musiker haben wir in diesem Jahr nicht an Bord, aber Johann ist gut). Und jetzt gegen halb 12 ist die Bar praktisch leer, die meisten Gäste sind wohl schon im Bett, und ich habe mein Blog fertig – jetzt noch ein wenig am Vortrag feilen, und dann heißt es auch für mich Feierabend.
So schnell ändern sich Pläne: Kaum hatte ich den letzten Absatz getippt und gespeichert, kommt die Polarlichtmeldung über den Lautsprecher. Also ab auf Deck 5, wo das Polarlicht etwas deutlicher ist als vor Kristiansund, und die Kamera noch einmal auf Dauerfeuer gestellt, zumindest für rund eine Stunde und 221 Bilder. Rund 30-40 Passagiere dürften sich auf dem Umlaufdeck versammelt haben, einigen kann ich dann auch den Bogen des Nordlichts erklären, und auch weitere Fototipps gibt es: Blende 22 ist nicht mit kleiner Blende gemeint, da haben die Infoflyer vom Schiff verwirrt. Es ist erwartungsgemäß nicht die große Show, aber hey: So weit im Süden die ersten Polarlichter, und das, obwohl der Wetterbericht Wolken angesagt hat? Nicht schlecht. Sogar etwas Bewegung ist gelegentlich zu sehen. Das ist besser als erwartet und lässt für die nächsten Tage hoffen.
Also fast in Echtzeit: Das Mitternachtspolarlicht:
Und jetzt doch gute Nacht; morgen um acht ist Frühstück und anschließend Trondheim angesagt. Diesmal will ich wirklich in die Stadt!