Irgendwie ist dieses Jahr seltsam – viel zu tun, ohne dass es voran geht. Und dann, fast wie aus dem Nichts, ploppt es wieder im Kalender auf: Die Hurtigrute ruft! Meine zweite und – leider – auch schon letzte Tour in dieser Saison. Frühestens nächsten November geht es wieder auf’s Schiff, falls niemand überraschend ausfällt. Die Reise geht vom 21. November bis zum 2. Dezember, Bergen-Kirkenes-Bergen.
Für mich beginnt eine Hurtigrute ja eigentlich immer noch mit SAS, auch wenn meine letzten Flüge alle mit KLM waren. Die Holländer also wieder… KLM neigt dazu, die Flüge zu überbuchen, also sollte man tunlichst vorher einchecken. Ich habe schon einmal eine Sitzplatzverlosung in Amsterdam erlebt, weil die Maschine überbucht war. Mit der KLM-App dann der erste Schock: Geht nicht, ich soll mich an den nächsten Schalter wenden. Über die Webseite geht’s dann einwandfrei, sogar mit Sitzplatzwahl. Tja… an den Schaltern in Bergen muss man auch immer Buchungsnummer, Reisepass und sonstige Identifikationsmethoden ausprobieren, bis es klappt. Dafür fliegt KLM ganz ordentlich.
Am Donnerstag kann ich dann zu einer recht akzeptablen Zeit nach Stuttgart aufbrechen. Um 11:45 geht mein Flieger, und mit zwei Stunden für 75 Kilometer bin ich ganz gut dabei, wenn ich um 7:30 losfahre. Der 11-km-Stau mit 1,5 Stunden Verzögerung ist zum Glück auf der Gegenrichtung der A8, ich staue nur bei Karlsbad, Pforzheim und Leonberg ein bisschen, und in Degerloch noch kurz vor dem Parkhaus des FlyAway-Service, der auf mein Auto aufpasst und mich wieder zuverlässig die letzte Meile zum Flughafen bringt. Am Flughafen geht dann alles glatt, ein Sprengstofftest meiner Kameratasche (da würde sich langsam ein Bonusheft lohnen…), und ich habe noch eine Stunde Zeit totzuschlagen. Die Flasche Cola kostet 2,50-3,55€, das Geld spare ich mir. Ein echter Vorteil von KLM ist, dass es einen Snack (Vormittags ein Stück Rührkuchen, Nachmittags einen gar nicht mal so schlechten, kleinen Wrap) und Getränke gibt.
Der Flug nach Amsterdam verläuft unauffällig (und bei dem Novemberwetter gibt es draußen auch nicht viel zu sehen), am Gate treffe ich auch meinen Co-Lektor Thomas und sehe die ersten meiner Nordlicht-und-Sterne-Bücher. Die ganze Gruppe sitzt in diesem Flieger. Der Anschlussflug nach Bergen zeigt besseres Wetter. Kurz vor der Landung gegen 16:30 sind die Berge rund um Bergen schön in der Abendsonne zu sehen. (Und wer hat sich für einen Gangplatz entschieden, um mehr Platz zu haben? Genau.)
In Bergen kommt mein Koffer fast als erster vom Band, und ich eile in die Ankunftshalle, wo unsere Reiseleiter Arno und Benno warten. Ich übernehme das Hinweisschild, und wir versuchen erfolgreich, alle von unserer Gruppe abzufangen, mit den ersten Infos zu versehen und in unsere Transferbusse zu bringen. Das klappt ziemlich gut, aber ein paar Verluste sind immer…
Der Bergen-Schriftzug begrüßt uns am Flughafen wieder leuchtend-gelb und mit Fragezeichen. Auf der Frankfurter Buchmesse, wo Norwegen dieses Jahr Gastland war, wurde wohl die Deutung verbreitet, dass es zum Nachdenken anregen soll, wo man gerade ist und was man da macht, oder so. Ich glaube ja immer noch, dass einfach Geld für einen weiteren Buchstaben übrig war und die Norweger Humor haben.
Mittlerweile ist es finster in Bergen, aber anders als letztes Mal machen wir doch eine kurze Rundfahrt durch Bryggen, diesmal gegen den Uhrzeigersinn, bevor wir zum Schiff fahren und einchecken. Schlechte Chancen für gute Bilder, dafür habe ich einige verwackelte gamacht, oder mit schmutzigen Busfensterns…
Es ist meine erste Tour auf der Polarlys. Sehr angenehm: Wir konnten die Vortragstermine schon im Voraus ausmachen, und mit der ebenfalls recht großen französischen Reisegruppe an Bord scheint es keine Terminkollisionen zu geben.
Also kurz beim Expeditionsteam vorbeischauen, dann die Sicherheitsbelehrung anhören, dann Abendessen (Bergenbuffet), dann um 20:45 Meet the Crew und Vorstellung des Schiffs durch das Expeditionsteam, dann ein kurzer Stromausfall… ähm… Das geht jetzt dich hoffentlich nicht so los wie meine Finnmarken-Desaster-Tour mit Maschinenschaden? Immerhin ist die Polarlys versuchsweise mit Bio- statt Marine-Diesel gefahren… Aber die Crew ist guter Dinge und fängt nicht gleich an, für Morgen Ausflüge in Bergen statt Ålesund zu verkaufen.
Die Einführungsveranstaltung hat sich für mich gelohnt: Der Captain kam mir gleich bekannt vor, und tatsächlich war er auf meinen ersten Fahrten auf der Nordkapp Captain. Und Jan vom Expeditionsteam stellt fest, dass es eine schlechte Idee ist, auf die begrenzten Plätze bei den Huskytouren hinzuweisen – der Saal leert sich spürbar, als er das erwähnt.
Zur Abfahrt um 21:30 bin ich dann wie viele andere auch – wir haben wohl rund 325 Passagiere, sind also nicht ganz ausgebucht – an Deck am Heck und warte auf die Abfahrt. Gegen 22:10 legen wir dann ab, also fast zur alten Abfahrtszeit. Die neue, frühere Abfahrtszeit und die anderen Liegezeiten werfen meinen gewohnten Rhythmus etwas durcheinander. Danach tut sich nicht mehr viel: Koffer ausräumen, die Kaffeeflatrate ausprobieren (mein Geiz bezüglich überteuerten Getränken an Flughäfen rächt sich nun) und ein bisschen bloggen – Feierabend für heute, war doch ein langer Tag, und Polarlicht gibt’s hier im Süden bestimmt noch nicht.