Ein ruhiger Tag auf der Hurtigrute: Wo wir auf meiner letzten Fahrt noch medizinische Notfälle, Aufrufe zur Seenotrettung und einen Brand in Tromsø hatten, bleibt es heute erfreulich ruhig. Ich verfalle in meinen alten Trott und verschlafe Harstad, aber in der Polarnacht kann ich mir das wohl gönnen. Nach dem Frühstück ist es um halb zehn ist es schon deutlich heller, auch wenn von der Sonne nichts zu sehen ist. Dafür hängen dramatische Wolkenberge über den Bergen.
Den halbstündigen Stop in Finnsnes nutze ich, um kurz von Bord zu gehen und das Denkmal für Ottar von Hålogaland zu besuchen, der das Hafenbecken überwacht. Der Händler aus dieser Gegend traf 890 in England auf Alfred den Großen und berichtete von seiner Heimat und seinen Reisen. Die Straßen sind vereist, aber gut mit Split versehen.
Nachdem wir den Hafen wieder verlassen, hält Thomas seinen Vortrag über das Sonnensystem. Morgen bin ich dann dran, mit einem Überblick über den Sternenhimmel, sobald wir vom Nordkapp zurück sind. Der heutige Vortrag fällt zwar ausgerechnet in die wenigen hellen Stunden, aber in dieser Region ist es ohnehin oft neblig, und nach dem Mittagessen bleibt genug Zeit für die Anfahrt auf Tromsø.
Um 13:30 ist das Expeditionsteam vom Schiff wieder dran: Auf Deck 7 gibt Jan Infos über den Rystraumen. Kleinere Schiffe müssen hier ziemlich kämpfen, weil die Insel Ryøya die Fahrstrecke verengt – unser großer Dampfer braucht nur etwas mehr Sprit. Die Uni Tromsø hatte in den 1980ern 20 Moschusochsen auf der Insel ausgesetzt, um zu sehen, ob sie hier heimisch werden könnten, aber es war den Tieren wohl zu warm. Der letzte starb 2018, seitdem steht die Insel zum Verkauf.
Und dann kommt Tromsø in Sicht! Die Stadt, die Brücke über den Sund und die Eismeerkathedrale sind hell erleuchtet und heben sich schön gegen die Abenddämmerung ab – schließlich legen wir erst um 14:15 an, und da der Himmel komplett zugezogen hat, ist auch nichts mit blauer Stunde. Entgegen der Wettervorhersage beginnt es während unseres Aufenthalts auch zu regnen. Manchmal macht es Tromsø einem nicht leicht, es zu mögen… Von wegen “Tromsø geht immer”, aber die Stadt hat ja viel zu bieten, nicht nur die Lage im Polarlichtoval.
Diesmal besuche ich aber keines der vielen Museen, die Eismeerkathedrale oder die Aussichtspunkte, sondern erledige meine Einkäufe für das nächste Jahr. Schließlich dauert es wahrscheinlich ein Jahr, bis ich wieder hier bin. Für eine Fotorunde langt es aber: Der neugestaltete Platz vor der Domkirche ist hübsch geworden, und die alten Gebäude an der Hauptstraße und am Hafen sind immer einen Blick wert. Das Wetter wäre eigentlich ideal für einen Besuch im Polarhistorischen Museum oder in den Ølhallen, aber das ist wie mit der Heimatstadt: Die Sehenswürdigkeiten kommen zu kurz.
Eines fällt mir bei der Einkaufstour aber wieder auf: Die Recycling-Stelle im Coop im Kystens Hus, die ein Extra-Fach für Handies hat. Wie viele Mobiltelefoner verbraucht der typische Norweger eigentlich so pro Jahr?
Wir sind dieses Mal in der zweiten Essensgruppe, so dass unsere Essenszeit um 18:30 ist – zeitgleich mit dem Ablegen, wir haben also maximalen Aufenthalt. Wirklich schade, dass das Wetter sich nicht an die Wettervorhersage hält…
Der restliche Abend ist entspannt: Wir fahren durch die dunkle Nacht, auch die Begegnung mit der südgehenden Nordlys ist unspektakulär: Um diese Uhrzeit (und in Stadtnähe) begrüßen die beiden Schiffe sich nur mit der Lichthupe.
Das letzte Schiffsevent bleibt mir verwehrt: Ladies Night, rund um skandinavisches Design. Ich versuche gar nicht erst, mich unter dem Deckmantel “Presse” reinzumogeln, sondern lasse den Damen ihren Spaß. A propos Damen: Einen Tag vor uns ist die Finnmarken gestartet, auf der Moni und Steffi eine Nordlicht-und-Sterne-Tour betreuen. Ihre Ergebnisse gibt’s auf https://www.astronomie-maintz.de/hurtigruten. Heute Abend machen sie Wolken-Pusten auf der Barentssee – hoffentlich nicht in unsere Richtung.
Unser letzter Halt für heute ist Skjervøy, wo wir für eine Viertelstunde stoppen. Jetzt scheint sich auch Schnee unter den Regen zu mischen – ein guter Zeitpunkt für frühen Feierabend. Morgen gibt es schon ab 6:30 Essen, weil das Restaurant einen neuen Teppich erhält, und mit etwas Glück reißt die Wolkendecke am Abend auf. Da heißt es, fit sein und nicht nur die Kamera-Akkus aufladen..