Der Tag fängt mit einem dramatischen Himmel an: Ungewöhnlich strukturierte Wolken hängen tief über uns und verhüllen einige Berggipfel. Immerhin prophezeit die Wetterprognose praktisch keine Wellen.
Der dramatische Himmel erscheint fast wie ein Omen für den heutigen Tag: Während des Frühstücks wird dringend nach einem Arzt gerufen – ein medizinischer Notfall. Das ist auf einer Seereise nichts ungewöhnliches, aber auch nichts erfreuliches. Der Kapitän gibt Gas, und wir erreichen Finnsnes 20 Minuten vor der Zeit, rechtzeitig um die Landung des Rettungshubschraubers am Kai zu sehen.
Auf dem Schiff selbst kann kein Hubschrauber landen, es gibt nur Platz für eine Winde. Gelegentlich werden auch solche Rettungseinsätze geübt, aber es ist für alle einfacher, wenn Patienten an Land übergeben werden können. Manchmal kommt auch ein Arzt per Schnellboot an Bord, was die meisten Passagieren dann nicht mitbekommen – vor allem, wenn es nachts passiert. Auch wenn das kein Anblick ist, den man sehen will, ist es doch gut zu sehen, dass das System funktioniert (soweit das in einem dünn besiedelten Land wie Nordnorwegen möglich ist).
Die Außendecks werden gesperrt, bis der Patient im Hubschrauber ist und der Hubschrauber in der Luft ist. Es ist schon eindrucksvoll, wenn er sich wenige Meter vor dem Panoramasalon in die Luft erhebt. Später gab es noch ein Lob vom Kapitän: Die Decks waren frei und die Arbeit der Sanitäter wurde nicht behindert. Alle Schaulustigen drängten sich an den Fenstern – wann kann man schon einen Hubschrauber aus nächster Nähe starten sehen? Und es ist möglich, das zu Fotografieren, ohne die Betroffenen auf dem Bild zu haben.
Später kommt auch die Meldung, dass es dem Patienten den Umständen entsprechend gut geht. Mehr muss man dazu nicht wissen.
Zu schöneren Dingen: Damit die Ambulanz arbeiten konnte, durfte erst einmal niemand vom Schiff, aber für einen Blick auf Finnsnes von Deck aus langt es. Das Denkmal für Ottar von Hålogaland ist auch von Deck aus zu sehen, ebenso die Brücke und die Schokoladenwerbung am Kai.
Als wir Finnsnes mit doch eher nachdenklicher Stimmung verlassen, wird auch das Wetter nicht besser: Nebel bedeckt die eigentlich reizvolle Landschaft. Und dann, irgendwo vor Tromsø, halten wir an: Befehl der Küstenwache. Ein Schiff in der Nähe hat Probleme, und wir sollen uns bereit halten, um falls nötig zu helfen. Ein paar Minuten später geht es dann weiter: Es ist zum Glück keine Hilfe nötig. Nur die Frage: Was ist denn heute los?
Gegen 14 Uhr taucht dann Tromsø aus dem Nebel aus. Meine Lieblingsstadt macht so nicht viel her. Ein Ausflug auf den Hausberg Storsteinen erscheint da auch nicht sehr reizvoll, also wird es ein Shopping-Tag. Kurz vor dem Anlanden dann die Frage: Was hängt denn da für eine Rauchwolke hinter der Tromsø-Brücke? Ein russischer Trawler brennt, wie wir nachher in den News herausfinden. Den Rest des Brandes haben wir gerade noch gesehen.
Das Tromsø-Schlechtwetter-Programm: Hoch zur Marineschule für einen Blick auf Tromsø, dann ein paar Läden abklappern. Outdoorsachen sind in Norwegen günstig und vor allem von guter Qualität. Vor dem Shopping geht es bei noch trockenem Wetter zu dem kleinen Aussichtspunkt, anschließend zurück in die Fußgängerzone, die Kreditkarte plündern. Viel hat sich nicht geändert seit meinem letzten Besuch, aber der Platz vor der Domkirche ist nun fertig und ganz schmuck geworden. Allmählich fängt es an zu regnen, und um 18:30 ruft auch schon das Abendessen. Es war ein kurzer Besuch in Tromsø, und bei dem Wetter können wir uns auch die Polarlichtwache sparen.
Während des Abendessens kommt dann der Aufruf, dass alle Besucher das Schiff verlassen sollen, weil wir endlich ablegen wollen – was wir mit einer halben Stunde Verspätung dann auch tun. Die Überfahrt nach Skjervøy wird mit Thomas’ Vortrag über das Sonnensystem gefüllt, draußen regnet es – perfekt für einen Vortragsabend. In Skjervøy ist es auch nur nass. Eine gute Gelegenheit, früh Feierabend zu machen, bevor noch etwas passiert.