Es ist schon wieder soweit: Wir überqueren den Polarkreis südgehend. Damit verlassen wir die Gegend, wo es schön ist – von der Landschaft ist nicht viel zu sehen.
Kurz vor dem Polarkreis begegnen wir der nordgehenden Havila Capella, ich gehe kurz an Deck zum Winken. Ein eisiger Wind begrüßt mich…
Kurz darauf ruft das Expeditionsteam zur arktischen Zeremonie um 8:40 auf Deck 7, und das Wetter ist sehr kontrastarm. Also so, wie man das im November erwartet und nicht so, wie wir das von der Polarnacht mittlerweile gewöhnt sind. Aber es geht ja auch in den sonnigen Süden, wo es die wärmende Sonne über den Horizont schafft. Das Außenthermometer der Nordkapp zeigt unverändert -2°C an.


Die Insel Vikingen taucht ziemlich unvermittelt aus dem Nebel auf, und kurz darauf gibt das Schiffshorn die Polarkreisüberquerung bekannt. Mittlerweile schneit es wieder leicht, aber einiges an Schnee auf dem Deck ist schon wieder weg und hat das Glatteis darunter freigegeben.



Wir kommen der Insel nahe genug, um die Kugel zu sehen, und dann verlasse ich meinen Platz am Bug und gehe hoch auf Deck 7. Es gibt wieder Lebertran – gar nicht mal so schlecht, aber ich habe mittlerweile genug Löffel und brauche nicht noch mehr. Also lasse ich anderen das Vergnügen.
Anschließend kann man Stempeln gehen: Zur Polarkreisüberquerung hat das Schiff einen eigenen Stempel, der auch gut genutzt wird. Zeitgleich gibt es noch einmal ein Treffen mit dem Expeditionsteam, während draußen wahrscheinlich die Landschaft an uns vorbeizieht – viel mehr als Weiß mit ein paar Schneeflocken sehe ich nicht von unserem “Büro” auf Deck 5.
Als wir Nesna erreichen, bin ich ganz dankbar für das kleine rote Hafengebäude – sonst glaubt mir keiner, dass ich den Farbfilm eingelegt habe…


Das hat aber auch seinen ganz besonderen Reiz und ist weniger düster, als es auf den Bildern rüberkommt..
Heute ist mal wieder ein Tag ohne besondere Ereignisse, der aber ständig von kleinen Häfen unterbrochen wird. Zur Mittagszeit erreichen wir Sandnessjøen. Über uns ist wohl irgendwo klar, wir kämpfen eher mit Nebel als mit Wolken. Die halbe Stunde, die wir hier liegen, langt für eine Besichtigung der Brücke vom Schiff – seit kurzem ist das wieder möglich, wenn auch nur für wenige Passagiere. Für einen Gang durch die hübsche Fußgängerzone mit einigen Skulpturen reicht die Zeit aber nicht.
Nach dem Ablegen gibt es den Interessepunkt zu den Sieben Schwestern – den Berggipfeln, an denen wir kurz nach dem Ablegen vorbeifahren und die Teil einer Sage sind, die die ganze Helgelandküste umspannt. Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Nach dem Ablegen verschwindet der Nebel, und weite Teile der sieben Schwestern tauchen auf.
Respekt, mit denen hatte ich gar nicht mehr gerechnet. Und in Fahrtrichtung blitzt etwas Sonne auf!
Eine knappe Stunde habe ich jetzt frei, bis der nächste Programmpunkt kommt: Der Farewell-Drink vom Schiff. Auf der Nordkapp gibt es den zurzeit nicht zum Captain’s Dinner heute Abend, sondern schon um 14 Uhr. Mit einem Gläschen Sekt und einer kleinen Rede wird auf die fast vollendete Reise angestoßen, da viele Reisende schon in Trondheim aussteigen.
Wir sind kein Kreuzfahrtschiff, daher wird die Rede schnell verlesen, dann skål und back to work. Schließlich steht der nächste Hafen bald an, um 15 Uhr sollen wir Brønnøysund erreichen. Ich mache es mir endlich mal draußen auf Deck 7 bequem, in dem überdachten Bereich. Einfach mal die schwarzweiße Landschaft genießen, die da an uns vorbei zieht. Die Temperatur ist mittlerweile auf etwa 5° geklettert, Schnee und Eis auf dem Schiff tauen, und es ist richtig angenehm. Einmal Norwegen genießen!
Langsam kommt Brønnøysund in Sicht, und wir werden langsamer: Auf der Trollfjord gab es einen Notfall, und die muss an unserer Stelle an den Anleger. Unsere geplante Ankunftszeit verschiebt sich um etwa eine Stunde. Damit hat sich der Hike durch den Ort erledigt.



Was trotzdem stattfinden soll: Seit zwei Tagen liegen Flyer aus, mit denen wir zu einem Mini-Konzert in der Kirche von Brønnøysund eingeladen werden. Die Pfadfindergruppe “De Makalause” lädt zu einem kostenlosen Konzert ein und bittet um Spenden für eine Behindertenschule in Sri Lanka. Da das Expeditionsteam mitgeht, ist auch sicher, dass das Schiff wartet – was gut ist, denn es dauert etwas länger, und die ersten Konzertbesucher kommen erst zur geplanten Abfahrtszeit zurück auf die Nordkapp.
Aber erst einmal muss die Trollfjord unseren Anleger freigeben. Kurz nach 16 Uhr ist es soweit, sie dampft ab, und wir legen an. Es ist glatt im Ort: Der Schnee schmilzt und gibt das tieferliegende Eis frei. Bei nicht ganz eineinhalb Stunden Aufenthalt gehe ich kurz zum Kiwi, die letzten Einkäufe erledigen. Endlich finde ich die Mørketidsboller – eine Art Berliner, aber etwas fester, mit Schokoüberzug und Vanillefüllung. Lecker.
Dann noch kurz zur Mitte Norwegens (dem Stein am Hafenbecken) und einen Blick ins Einkaufszentrum werfen, bevor ich auf das Schiff zurückkehre und auf die Konzertbesucher warte.



Um halb sechs verlassen wir dann Brønnøysund, und was ist: Polarlicht am Horizont. Immerhin gelingt mir das (verwackelte) Traumbild von einem Wal mit Polarlicht (auch wenn Kai der festen Überzeugung ist, dass die Insel im Hafen keinen Wal, sondern einen Seeteufel darstellt – aber bei dem verwackelten Bild kann das eh keiner widerlegen. Wenn ich das nicht besser wüsste, könnte das auch Nessie auf Norwegenurlaub sein, wenn es ihr im Loch Ness mal wieder zu viel Trubel ist).
Ich hole kurz meine Kamera, aber bis dahin ist alles wieder zugezogen, und dem Captain’s Dinner steht nichts im Wege. Es gibt ein Vier-Gänge-Menü, man hat nur die Wahl zwischen Fisch und Fleisch. Schmecken tut es allemal.
Wir fahren laut Prognose wieder in die Wolken, und prompt kommt gegen 20:30 die Meldung “Nordlicht!” Also ab ans Heck, Kamera laufen lassen: Ja, nicht schlecht. Ich probiere meinen alten Trick und gehe kurz ins Schiff, Handschuhe holen, meistens klappt das, damit es währenddessen eine gute Show gibt. Und ja, die Aurora wird auf alle Fälle besser. Dann kommt nach einer halben Stunde auch schon Rørvik. Ich gehe kurz nach backbord, das Anlegen filmen, und prompt gibt es in meinem Rücken trotz Hafenbeleuchtung die Show, die wir alle wollen, mit Rot und Bewegung. Klappt doch immer wieder – ich habe meine Bilder vom Hafen…
Was tut man nicht alles für die Gäste:-)
Wer draußen war, hat die große Show gesehen, dann kommen Wolken und Schneegraupel. Bis zur Abfahrt wird das Wetter wieder etwas besser (es ist klar und schneit), wir begegnen der Kong Harald, und dann heißt es abwarten. Wird es nochmal besser? Jein – Wolkenlücken ja, Polarlicht nein, Zeit, meinen Polarlichtfilm für die Gäste abzuschließen. Hier nur die Ausbeute von diesem Abend:
Wenn nicht noch mehr kommt, ist das ein schöner Tagesabschluss.







