Ich bleibe dabei: Kein Frühstück für mich; Mittagessen gibt’s ja auch schon recht früh. Die Passage an der Trondenes-Kirche entgeht mir somit, und Finnsnes ebenso, macht aber nichts: Das Mittagessen wird zum Frühstück, und auf der Strecke nach Tromsø treibt es einige nach draußen auf das Umlaufdeck, sodass sich ein paar Gespräche ergeben. Die Whirlpools auf Deck 7 werden auch schon fleißig genutzt, nur was auf Deck 8 abgeht, entgeht mir irgendwie – das ist zu weit abseits; bislang übersehe ich das Deck tagsüber komplett. Und nachts ist es zu hell erleuchtet, um für die Nordlichtsuche interessant zu sein.
Es lohnt sich, die Reise an Deck zu verbringen, auch weil das Wetter noch schön ist: Nur ein paar Wolken stehen am Himmel, außerdem die schmale Mondsichel. Die Anfahrt auf Tromsø ist immer wieder toll: Rechts der rund 400 m hohe Storsteinen, dessen Seilbahn noch bis Februar oder März renoviert wird, daneben die Eismeerkathedrale, dann die Tromsøbrücke und natürlich Tromsø selbst. Da war ich ja erst letzte Woche, daher klappern wir nur kurz ein paar Highlights ab, um aktuelle Fotos zu haben, anschließend geht es in die Buchhandlung, meine Bestellung abholen, in Tromsø’s Greatest Gift Shop (der muss einfach sein) und ausnahmsweise sogar in die Domkirke: Die Türe steht offen und man kann sie besichtigen. Diesmal ist nicht einmal eine Veranstaltung, bei der Spenden gesammelt werden – letzte Woche konnten wir hier unser Kleingeld für die Flüchtlingshilfe spenden. Wenn Tromsø das Paris des Nordens ist, ist die Domkirke wohl Notre Dame. Die helle Inneneinrichtung des Holzbaus ist schön warm und beeindruckt mich immer wieder – so etwas gefällt mir noch mehr als ein überbordender Prachtbau.
Anschließend geht es in eine Pizzeria: Zwecks Polarlichtwache lassen wir das Abendessen ausfallen, die Prognose sah nicht so schlecht aus, auch wenn mittlerweile Wolken aufgezogen sind. Während des Abendessens gibt es statt klarem Himmel immer wieder Schneefall, die Prognose hat sich mittlerweile geändert. Wenn es heute mit Polarlicht klappt, dann vor Skjervøj – da erwarten wir etwa eine Stunde lang klaren Himmel, bevor es wieder zuzieht. Um 20 Uhr – zwischen den beiden Sitzungen des Abendessens – serviert Kapitän Einarsen Stockfisch auf Deck 8, während es draußen schneit. Dazu werden benötigt: Ein Stockfisch und eine Axt, um ihn kleinzuhauen. Stockfisch-Chips hatte ich letzte Woche schon probiert: Durchaus genießbar, aber es hat seinen Grund, dass er die Vorführung im Freien macht.
Zum Essen komme ich aber auch nicht: Da ist was helles an steuerbord. Die Kamera zeigt nur eine Wolke, aber das ist Motivation genug, um an den Bug zu gehen, wo Volker ausharrt. Die Probebilder zeigen: Da ist schon ein Grünschimmer, der in Fahrtrichtung zwischen den Wolken durchscheint. Es wird besser, ist aber noch nicht gut. Was tun?
Um halb neun entscheiden wir uns, das Schiff um eine Durchsage zu bitten. Das ist natürlich ideal, um sich die Crew zum Feind zu machen – direkt vor der zweiten Essenssitzung… Nachdem er sich die Lage angeschaut hat, macht Tourguide Heinz auch eine vorsichtige Durchsage (unsere Astro-Spezialisten meinen…), damit zumindest alle in Hab-Acht-Stellung gehen können.
Und ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, den wir vorhergesagt haben, verlassen wir Schnee und Wolken, der Himmel klart auf, und ein Stück vor Skjervøy liefert die Aurora eine hervorragende Show: Einfach nur Wow! Was als geisterhaftes Schimmern begann, wird zu mehreren Bögen und tanzt am Ende hell über den Himmel. Das Wetter ist freundlich, und auch über Skjervøy ist das Polarlicht perfekt zu sehen, trotz der Beleuchtung von Schiff und Stadt. Meine große Kamera läuft für Zeitrafferfilme mal wieder durch, während Volker mit seiner Kamera flexibel ist. Und meine kleine Panasonic schlägt sich auch wacker; ich will gar nicht wissen, wie viele Bilder an diesem Abend entstehen. Die Berge rundrum geben einen angenehmen Windschutz, sodass wir es auch am Bug aushalten können.
Nach Skjervøj verfolgen wir das Schauspiel noch etwa eine halbe Stunde, aber es wird diesiger und wir fahren in eine Wolkenbank hinein – Zeit, den erfolgreichen Abend an der Bar ausklingen zu lassen. Ab jetzt beginnt der entspannte Teil der Reise: Alle haben das Polarlicht gesehen, und der Erfolgsdruck ist weg.
Ein letzter Blick gegen 1 Uhr morgens zeigt immer noch grünen Himmel, aber ohne Strukturen – dafür wecken wir niemanden, nicht nach dieser Show.