Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Das Tagesprogramm

Die Wetterprognose für heute ist zum glück schlechter als die Realität: Für Trondheim ist starker Dauerregen und überfrierende Nässe angesagt, stattdessen ist es zwar trüb und stellenweise glatt, aber bis auf einen paar Tropfen Nieselregen trocken. Eher deutscher als norwegischer Winter…

Die Fahrt durch den langen Trondheimfjord ist erwartungsgemäß unspektakulär, und als wir Munkholmen gegen halb 10 passieren, liegt die Trollfjord gerade noch an unserem Platz am Kai. Ich hätte mir beinahe endlich mal wieder einen Interessenspunkt angehört, um zu sehen, was das Expedition Team über Munkholmen erzählt, lande aber dann doch wieder auf Deck 5, wo man einen besseren Blick hat. Auf Deck 7 drängt sich alles an der kurzen Reling, auf Deck 5 ist Platz.

Mittlerweile hat sich auch rumgesprochen, dass ich die Tour schon ein paar Mal gemacht habe und ein paar gute Fotospots kenne, ich bin nicht allein:-) Wenig später fährt die Trolfjord dicht an uns vorbei und zwischen der Richard With und Munkholmen hindurch. Schöne Fotogelegenheit, auch wenn das schöne Wetter aus Ålesund leider hinter uns liegt – und ich kein Bild der Trollfjord mehr brauche, da sie mittlerweile nur noch aushilfsweise im Liniendienst ist. Wer weiß, ob ich noch einmal eine Gelegenheit habe, auf ihr zu fahren? In Zukunft soll sie für Hurtigruten Expeditions fahren und wie schon die Ex-Finnmarken (jetzt Otto Sverdrup) und die Ex-Midnatsol (jetzt Maude) vor allem touristisch geprägtere Reisen ab Deutschland oder England machen, mit längeren Stops in den größeren norwegischen Häfen.

Für uns bleibt nur ein viel zu kurzer Halt in der alten Königsstadt Trondheim, schließlich muss der lange Tag in Ålesund wieder reingeholt werden… drei Stunden abzüglich einer Viertelstunde für das Anlegen (mit Rückwärts einparken auf der richtigen Höhe für den Flüssiggas-Turm, und die Gangway ausfahren) und 10-15 Minuten vor Ablegen wieder an Bord sein reichen nur für einen zügigen Gang durch das alte Industrieviertel Nedre Elvehavn mit dem Solsiden-Einkaufszentrum und danach durch Bakklandet, wo sich dann die Diskussion ergibt, welches Café den besten Kaffee hat: Arno und Robert haben die Stadtrunde in umgekehrter Richtung gemacht, hier treffen wir uns. Hat das CAfe auf der rechten oder der linken Straßenseite den besten Kaffee der Route, ach was sag ich, der Welt? Ich klinke mich da aus und stimme einfach mal für Senja Roasters, weiter im Norden:-) Für einen gemütlichen Kaffee bleibt ohnehin keine Zeit.

Stattdessen nur ein kurzer Blick zum Fahrradlift und dann ab zu dem Panorama-Ausguck auf Dom, Fluss und alte Brücke, bevor es weiter zum Nidaros-Dom geht. Ein paar Fotos, ein Blick auf die Uhr: Keine Zeit mehr für einen Blick in den Trondheim Torg oder die Vare Frue Kirke.

Also hurtig weiter am Burger King vorbei zu Norwegens größtem Holzhaus, dem Stadthaus der Königsfamilie in Trondheim, und dann stracks zurück zum Schiff.

Die Zeit reicht nur noch für einen kurzen Stop im REMA 1000, und dann bin ich wieder auf der Richard With. 10-15 Minuten hätte ich noch gehabt, aber das Wetter wird auch zusehends unangenehmer: Es tröpfelt immer wieder.

Die Fahrt durch den Trondheim-Fjord geht größtenteils für Verwaltung drauf: Die letzten Vortragstermine abklären, Vortrag vorbereiten, und ein bisschen Flagge zeigen, bevor um 15:20 der nächste Interessenspunkt auf dem Programm steht: Kjeungskjærfyr, der berühmte achteckige, rote Leuchtturm. Im Dezember fiel er aus, weil er saniert wurde und noch in Planen verhült war, jetzt präsentiert er sich dunkelrot vor kontrastarm-grauem Himmel. Aber immerhin ist er wieder zu sehen. Es tröpfelt, sodass sich alle für den Interessieen-Punkt auf Deck 7 unter dem Vordach vom Sonnendach sammeln. Ich bin vorne auf Deck 5 am Bug und werde mit Robert und Arno eingesperrt: Im Lauf des Vormittags war schon der hintere Teil des Umlaufdecks mit Flatterband abgesperrt worden, und auf einmal wird auch vorne abgesperrt. Dass vorne schon Leute standen: Egal… Also bleibe ich einfach da, bis wir das Leuchtfeuer passieren.

Nicht meine stimmungsvollsten Bilder des Leuchtturms, aber immerhin.

Danach heißt es Einsatz: Unser erster Vortrag. Den halten wir zu zweit: Ich erkläre die Physik des Nordlichts, und Robert erzählt über Fotografie und Beobachtung. Den Wetterbericht sparen wir uns bei der Prognose allerdings: Wolken, Wolken, Wolken…

Gathering mit dem Expedition Team im Nachbar-Konferenzraum

Wir bleiben unter einer Stunde, danach noch ein paar Kameras einstellen und dann ist auch schon 17 Uhr: Das Expeditionsteam macht wieder Tagesrückblick. Nett: Sie nutzen beide Vortragsräume, per Videoübertragung von einem Raum in den anderen. Eine Videokonferenz, ganz wie im Homeoffice:-)

So ist es im zweiten Raum schön leer, und ich höre mir das auch einmal an. Was ich lerne: Ich habe nie verstanden, was dieses Haschewu eigentlich bedeutet, das man so oft hört. Es wird Vær so gud geschrieben und bedeutet War scho’ gut. Ich sag’s ja: Norwegisch ist fast wie Schwedisch, und Schwedisch fast wie Schwäbisch. (Na gut: Offiziell wird die Redewendung eher mit “Gern geschehen” übersetzt.) Bei zwei Sprachen und rund 40 Dialekten ist man da recht flexibel bei der Aussprache.

Mittlerweile regnet es sich draußen ein, und nach dem Abendessen (wir haben wieder die Sitzung um 18 Uhr) geht es auf die Folda: Es kommt gut Bewegung ins Schiff, und die meisten suchen sich schwankend einen ruhigen Platz. Raus gehen macht da eh keinen Spaß, Sauwetter. Aber der Sturm, der im Norden tobt und die MS Nordlys Richtung Alta treibt, verschont uns so weit. Es schaukelt, aber recht gleichmäßig. Für mich ist das die Gelegenheit, die Bilder des Tages zu sichten und am Blog zu arbeiten – im Multe auf Deck 7 ist es ruhig, und ich bin fast alleine. Eine Stunde vor Rørvik ist die See dann ruhiger.

Kurs Rørvik

In leichtem Regen erreichen wir Rørvik, wo die Vesterålen noch den Kai belegt, während wir unter der markanten Brücke hindurch fahren. Rørvik ist einer der Häfen, die ich kaum kenne – wir halten hier nur kurz, und als wir früher noch einen längeren Aufenthalt von einer Stunde hatten, war ich auch nur selten mehr als ein paar Schritte im Ort. Damals gab es nämlich in Trondheim und Rørvik noch Schiffsbegegnungen im Hafen mit der Möglichkeit, das andere Schiff zu besichtigen. Die Chance hatte ich Anfangs genutzt, um einmal alle Schiffe kennenzulernen, und später, um ggf. alte Bekannte zu besuchen, die dort gerade fuhren. Die Schiffsbesuche waren immer schön: Jedesmal gingen alle in dem Bewusstsein auf das eigene Schiff zurück, dass das eigene Schiff viel schöner ist. Dazu muss man sagen, dass früher auch jedes Schiff seinen eigenen Stil hatte; heute unterscheidet sich die Inneneinrichtung nur noch in Details.

Nach der Brücke vor Rørvik sehen wir dann die Vesterålen ablegen, wenden und an dicht an unserer steuerbord-rechten Seite vorbeifahren. Um die Uhrzeit beschränkt sich der Gruß auf die Lichthupe. Die Vesterålen dürfte das einzige Schiff sein, das noch die ursprüngliche Inneneinrichtung hat – 80er-Jahre-Chic mit Linoleum, aber auch sie hat ihre Freunde.

Rørvik mit dem Küstenmuseum
Rørvik mit dem Küstenmuseum

Dann können wir anlegen. Das auffällige Gebäude kurz vor dem Anleger ist übrigens das Küstenmuseum. Dafür ist natürlich keine Zeit, selbst wenn es kurz vor 22 Uhr noch offen hätte – dafür kann man dem Gabelstapler beim Be- und Entladen zusehen. Zwei Paletten mit leeren Särgen verlassen das Schiff, andere Fracht kommt an Bord, ebenso ein größerer Van – die Hurtigrute wird weiterhin auch als Autofähre genutzt. Die Schiffe der Havila-Reederei, die vier der elf Abfahrten ab Bergen bedienen, nimmt nur noch Autos von Bergen nach Kirkenes oder zurück mit und nicht mehr auf der Teilstrecke, und überhaupt keine Elektroautos. Da ist Hurtigruten noch näher am alten Transportauftrag, und gerade im Norden ist der wichtig. Die lukrativen Strecken im Süden bedienen andere Reedereien; im Norden verdienen sich die Hurtigrutenschiffe die staatlichen Subventionen, indem sie jeden kleinen Hafen auf dem Plan anfahren.

Nach Rørvik tut sich nicht mehr viel – das Wetter bleibt regnerisch-bedeckt, und an Bord ist nur noch der Polarkreis-Wettbewerb interessant: Irgendwann zwischen 7:30 und 8:30 passieren wir morgen früh den Polarkreis und die Insel Vikingen. Wer die richtige Zeit tippt, kann etwas gewinnen. Für mich heißt das, dass morgen früh der Wecker klingelt…

Hurtigrute Tag 2: Ålesund

Das Tagesprogramm

Hui – wir passieren das Westkap in den frühen Morgenstunden, und es ist doch etwas Bewegung im Schiff. Das ist vielleicht der größte Vorteil des aktuellen Winterfahrplans mit der frühen Abfahrt aus Bergen: Die meisten liegen noch im Bett, als wir das Westkap passieren und die Richard With auf den Wellen reitet. Irgendwas um die drei bis vier Meter Wellengang war es wohl, wobei ich nicht weiß, wie hoch sie wirkklich da waren, wo wir entlang langfuhren. Mein Wecker stand auf 7 Uhr, und da war das meiste schon vorbei – wach war ich aber vorher schon. Aber arg schlimm kann es nicht gewesen sein, alles ist noch sauber im Regal.

Von der Polarnacht sind wir noch ein gutes Stück entfernt, und um zwanzig vor acht sind wir nicht nur in ruhigeren Gewässern kurz vor Torvik, sondern sehen auch schon die Morgendämmerung blau schimmern.

Blaue Stunde kurz nach halb acht

In Torvik machen wir nur kurz Station, sodass ich ohne Bedenken erst zum Frühstück und dann zur Reiseleitersprechstunde gehen kann. Wir nehmen die lange Tafel auf Deck 4 in Beschlag und stehen für Fragen zur Verfügung.

Draußen ist es aber auch schön: Die tiefstehende Sonne beleuchtet einige Wolken und gibt der schneearmen Winterlandschaft Farbe. Bei leichten Plusgraden kommt noch keine Winterstimmung auf.

Morgenwolken

Ålesund erreichen wir fast pünktlich, und da bleiben wir auch erst einmal. Von 9:45 bis 20 Uhr liegen wir hier. Die wenigen Wolken erinnern fast an UFOs…

Wer spontan genug war, kann mit der alten Bruvik in den Hjørundfjord fahren – kein billiger, aber ein schöner Ausflug; ansonsten gibt es ein paar kürzere Hikes, Stadtrundgänge und das Aquarium als Ausflüge. Das ist vor allem für die interessant, die schon von Deutschland aus Ausflüge vorgebucht haben, der Einschiffungsabend ist doch etwas hektisch, um sich da noch mit dem Ausflugsprogramm zu beschäftigen.

Ich mache meine übliche Runde erst auf den Aksla und dann auf den Storhaugen auf der anderen Seite des Jugendstilzentrums. Den Abstieg vom Aksla durch den Wald ersparen wir uns: Es liegt praktisch kein Schnee, aber schon auf den Treppen hoch auf den Aksla gab es ein paar schön vereiste Stellen. Der Aufstieg hat sich gelohnt, auch wenn der Ausblick fast der selbe war wie im November. Sogar die Normand Maximus, das große Vielzweckschiff, liegt noch links im Hafen.

Der Storhaugen ist deutlich leichter zu ersteigen, nur der direkte Weg zum Hafenbecken ist dann wieder etwas rutschig. Hier stehen auch noch viele alte Holzhäuser, die den Stadtbrand von 1904 überlebt haben, der damals über 800 Häuser vernichtete.

Panorama vom Storhaugen

Und dann? Einmal durch das Jugendstilzentrum für die üblichen Fotos. Ich habe keine Ahnung, warum Landschaftsfotografen meinen, dass die Mittagszeit nichts für Fotos ist – die Sonne kommt gerade so über die gepuderten Berge und taucht die Stadt in ein hübsches Licht. Der Zufluchtstunnel unter der Stadt ist heute mit einem Gitter verschlossen

Dann mache ich noch einen Abstecher in den Bunnpris-Supermarkt, der auch am Sonntag offen hat, und decke mich mit Getränken für die Kabine ein. Das Leitungswasser ist zwar Trinkwasser, aber etwas mit Geschmack darf es dann doch ab und zu sein. Wir haben mit unserer Gruppenreise Kaffee und Tee frei, aber ich nehme mein Koffein lieber in kühler Form zu mir.

Und das war es dann eigentlich auch schon. Das Mittagessen lasse ich ausfallen und mache mir einen ruhigen Nachmittag, den ich nutze, um meinen nächsten Vortrag noch einmal durchzugehen – morgen geht das Programm los.

Abendessen gibt es auch noch im Hafen, erst um 20 Uhr legen wir ab. Um 19:45 gibt es dann den Welcome-Drink, bei dem wir Reiseleiter und Lektoren uns kurz vorstellen und ein paar Tips geben; Arno hat mittlerweile eine WhatsApp-Gruppe organisiert, über die sich alle mit Infos versorgen lassen können, die wollen.

Corona ist beendet

Bis zum nächsten Programmpunkt ist noch etwas Zeit, um Spikes anzupreisen (nein, wir kriegen keine Provision) und einen Blick in den Shop zu werfen. Corona ist in Norwegen wohl offiziell endgültig vorbei: Masken und Desinfektionstücher gibt’s zum halben Preis.

Aber ganz vorbei ist es noch nicht, auch wenn es in Norwegen keinen mehr kümmert. Ein paar Fälle gibt es immer wieder. Zum Glück verläuft sich auf dem Schiff das meiste, und wenn es doch eng wird, bleibt immer noch die Option, eine Maske aufzusetzen. Schaden tut es nicht, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass ich im Flugzeug so ziemlich der einzige mit Maske war. Es herrscht fast wieder Normalität im hohen Norden.

Um 21:45 wird zu Norwegens Coastal Kitchen eingeladen, im Panoramasalon kann man Lamm-Häppchen probieren und Aquavit kaufen. Um 22:10 begegnen wir der Havila Capella. Die Schiffsbegegnungen mit der zweiten Reederei auf der Kystruten steht nicht im Tagesprogramm, aber die Schiffe begrüßen einander mit Lichthupe – kein Wunder, schließlich sind viele Crewmitglieder von Hurtigruten zu Havila gewechselt. Man kennt sich. Da 22 Uhr vorbei ist, wird aber nicht mehr gehupt, auch nicht, als wir endlich Molder erreichen. Die Gangway ist dann zehn Minuten nach der offiziellen Ankunft offen – das langt mir nicht, um noch einmal bei der alten Nordstjernen vorbeizuschauen. Das alte Hurtigrutenschiff überwintert gerade in Molde, aber wenn nur zehn Minten für einen Besuch bleiben, grüße ich sie doch lieber nur vom Deck der Richard With aus. Wer mal mit ihr fahren will: Mehr Infos gibt es auf Nostalgische-Postschiffreisen.de. So ein klassisches Schiff würde mich auch mal reizen, auch wenn ich den Luxus der aktuellen Hurtigrutenschiffe durchaus genieße.

Und damit endet unser erster ganzer Tag, und die richtige Seereise beginnt – es geht auf in den Norden, mit irgendwas um die drei Meter Wellen. Zeit für Feierabend.

Hurtigrute Tag 1: Bergen

Wie die Zeit vergeht – ich bin noch nicht einmal dazu gekommen, meinen Silvesterurlaub in Tromsø zu verbloggen, da steht schon die nächste Hurtigrute auf dem Programm – vom 21.1.-1.2.2023, diesmal auf der Richard With. Das ist für mich tatsächlich eine Premiere: Auf dem Schiff war ich noch nicht.

Deutsches Winterwunderland

Mein Flug ab Frankfurt geht heute zu einer sehr humanen Zeit: 11:50 ab Frankfurt mit KLM. Da bleibt sogar noch Zeit, um auf der Fahrt anzuhalten und die frisch verschneiten Bäume zu knipsen. Richtung Rheinland-Pfalz war wohl leichtes Schneechaos; von einem querstehenden LKW mal abgesehen (nein, von dem habe ich keine Bilder) merke ich davon aber wenig – nur die linke Spur sieht stellenweise etwas trügerisch aus. Aber kein Vergleich zu Norwegen neulich (dafür habe ich auch keine Spikes-Reifen).

70 Kilo???

KLM ab Frankfurt heißt Terminal 2: Also ab in P8 statt P2/3 und von den kurzen Wegen überrascht sein. Sollte das etwa ein entspannter Tag am Flughafen werden? Naja, für KLM ist das keine Herausforderung. Denksportaufgabe: Wenn KLM 15 Minuten braucht, um einen Koffer einzuchecken, wie viele Tage früher muss ich dann bei einer ausgebuchten Maschine am Schalter sein? Das Gepäckband streikt, aber zum Glück ist die Schlange noch kurz, und ich werde mein Köfferchen doch noch los. Auch wenn die Gepäckwaage eindeutig spinnt. Die Security geht ausnahmsweise ebenfalls mal schnell, und dann heißt es eineinhalb Stunden in Terminal 2 totschlagen.

Und dann nochmal eine knappe Stunde: Der Flieger hat Verspätung, was in der App angezeigt wird, aber nicht am Gate. Daher beginnt das Boarding pünktlich um 11:25, und um kurz nach 12 kommen die ersten dann auch wirklich durch das Tor. Bis dahin stehen die meisten brav in der Schlange…

In Amsterdam bleibt dann noch eine gute Stunde Zeit, um einmal quer durch den Flughafen zum nächsten Gate zu gehen, alles ganz entspannt. Dort treffe ich auch Robert, meinen Co-Lektor, und die meisten der Nordlicht-und-Sterne-Gruppe sind ebenfalls da – aber diesmal füllen wir nicht den ganzen Flieger, wir sind nur etwas über dem Teiler für zwei Lektoren und Reiseleiter. Arno und Sabina erwarten uns schon am Flughafen, nehmen die Gruppe in Empfang, dann geht es ab in die beiden Busse, noch einmal abzählen – alle sind da – und stracks zum Hurtigruten Jektevikts-Terminal, wo die Richard With schon wartet. Seit Havila ebenfalls die Kystruten fährt, trägt das Terminalgebäude ja einen neuen Namen.

Und während der Fahrt klingelt mein Telefon: Robert sucht uns, wir sind ohne ihn abgefahren. Dank Taxi ist er wenige Minuten nach uns und 65 Euro ärmer ebenfalls am Terminal. Tja, wir sind nicht die US Marines: Wir lassen Leute zurück. Die Hurtigrute hält sich an ihren Fahrplan und legt pünktlich ab. Besser, man übt das in Bergen als anderswo…

Tagesprogramm
Das Tagesprogramm

Aber wie immer bleibt auf dem Schiff nicht viel Zeit: Kurz die Kabine beziehen, dann beim Expeditionsteam vorsprechen, um Termine abzuklären, Abendessen, die Crew-Vorstellung besuchen, das Auslaufen um 20:30 mitmachen, kurz eine Runde durch’s Schiff drehen, den Koffer auspacken, und das war’s dann auch für heute. Der Tag in Bergen ist mit dem neuen Fahrplan immer etwas hektisch, aber es finden doch einige Passagiere die Zeit, um auf Deck 7 das Ablegen mitzuerleben. Da bietet sich auch die Gelegenheit für erste Gespräche. Könnte eine angenehme Fahrt werden:-) Etwas über 300 Passagiere sind an Bord, damit ist es nicht zu voll, auch wenn das Schiff ganz gut belegt ist. Auf Deck 7 wird auch Sekt verkauft, um auf das Ablegen anzustoßen – auf jeden Fall bleibt er kalt.

Bei der Abfahrt in Bergen war es trocken, auch wenn die Wolken tief über der Stadt hingen. Mit knapp über 0° war es gar nicht mal so kalt, aber ein lausiger Wind bereitet einen schon mal auf die nächsten Tage vor: Windy verspricht für die nächsten Tage einiges an Wind und Wellen. Hoffen wir, dass auch ein paar Wolken weggeblasen werden… zwei Stunden später, nachdem wir Bergen längst hinter uns gelassen habe, ist jedenfalls schon etwas gemütliche Bewegung im Schiff. Mal schauen,w as das Westkapp morgen früh zu bieten hat!

Hurtigrute Tag 12&13: Bergen

Die Nacht war ruhig, das Westkap hat sich von seiner zahmsten Seite gezeigt. Überhaupt hatte man auf dieser Tour kaum das Gefühl, auf einem Schiff zu sein, zumindest was den Seegang anging.

Kurz nach acht erreichen wir den vorletzten Hafen der Route: Florø. Normalerweise bekomme ich von Florø entweder gar nichts mit oder nur die großen Mauern aus Schiffscontainern am Anleger; diesmal bin ich ein paar Minuten vorher draußen und stelle fest, dass das Örtchen eigentlich doch ganz hübsch ist.

Florø

Um 10 Uhr muss die Kabine geräumt werden, damit bleibt noch Zeit für ein kurzes Frühstück und das restliche Packen – der Koffer wird wie üblich an den Fahrstühlen abgestellt und dann im Schiffsbauch verstaut.

Dann beziehen wir wieder Position an unserem üblichen Tisch, die letzten Check-In-Probleme aus dem Weg räumen. Um elf Uhr haben wir unsere Abschiedsveranstaltung, so habe ich praktisch keine Chance, den sonnigen Tag zu genießen – wir sind auch am letzten Tag noch gut ausgelastet. Zum Abschied stoßen wir noch einmal an, Margit erzählt über das Temperaturempfinden der Norweger, ich zeige meinen Tourfilm, und Andreas kommentiert ihn. Vielleicht sollte ich noch einmal darauf hinweisen, dass dieses Blog und die Bilder, die Thomas und ich für unsere Gäste bereitstellen, unser reines Privatvergnügen sind und wir dafür nicht von Hurtigruten bezahlt werde. Das ist alles trinkgeldfinanziert; wir könnten uns auch auf die Vorträge und das gemeinsame Polarlicht-Beobachten beschränken. Auch die Vorträge unserer beiden Reiseleiter sind Bonus-Programm. Da steckt viel Leidenschaft drin:-)

Anschließend gibt es noch ein letztes Mittagessen und für mich eine kurze Chance, doch mal an Deck zu kommen. Hübsch hier, so bei Sonnenschein.

Derweil bereitet die Crew das Schiff schon auf die nächsten Gäste vor. Heute Abend startet die Nordlys ja schon wieder gen Norden.

Bergen erreichen wir sogar etwas zu früh, und dann ab in die Busse und zum Flughafen. Dann noch einigen beim Ausdrucken der Gepäckaufkleber helfen (KLM ist da als etwas komplizierter), während andere direkt am KLM-Schalter ihr Gepäck abgeben, und dann endet unser Job auch schon.

Feierabend

Für uns Reiseleiter und Lektoren war kein Platz mehr im Flugzeug, daher können wir erst am Sonntag zurückfliegen. Also ab ins Flughafenhotel, und dann die Bybanen ausprobieren: Für 40 NOK kommen wir in die Stadt, rund 40 Minuten dauert die Fahrt – das zieht sich ganz schön und ging mit unserem Direkt-Bus für die Gruppe doch schneller.

Das Ziel ist der Weihnachtsmarkt, der ziemlich voll ist. Es gibt German Bratwurst, German Döner und natürlich die Möglichkeit, an einigen Ständen online zu bestellen statt in der Schlange anzustehen. Willkommen im 21. Jahrhundert.

Gourmet-Grill Burger King

Obwohl es nur um die 0° sind, kommt es einem kälter vor. Es fehlt wohl das wärmende Nordlicht, also suchen wir etwas zum Reinsitzen für das Abendessen.

Pepes Pizza ist voll, wie auch manch anderes Restaurant, also landen wir beim örtlichen Gourmet-Grill in der Nähe von Bryggen – dem Burger King. Hier verbrate ich einen nennenswerten Teil vom Trinkgeld für einen Burger mit kalten Tomaten (als großes Menu). Aber für eine Flasche Aquavit im Duty Free wird’s noch reichen… Ein letztes Skål mit Cola (Free Refill, immerhin), und dann geht es zurück. Morgen früh ist die Nacht vorbei.

Florida

So viel hat man von dem Abend in Bergen letztlich nicht; die Hurtigrute ist kein Erholungsurlaub. Jetzt, wo wor auch endlich entspannen und durchatmen könne, schlägt die Müdigkeit zu. Und die Rückfahrt zum Flughafen dauert auch wieder ihre Zeit, schließlich kommen wir unter anderem an Florida und dem Paradis vorbei. Nett: Jede Haltestelle wird mit einem eigenen Ton angekündigt.

Und dann: Ab ins Hotel mit den norwegen-typischen superweichen Betten, in denen man fast bis zum Bauchnabel versinkt.

Viel mehr gibt es eigentlich auch nicht zu erzählen, der Rückreise-Sonntag sollte keine Überraschungen mehr bringen. Der Sonntag beginnt mit einem hervorragenden Frühstücksbuffet im Clarion Hotel am Flughafen, dann den Koffer packen, die Info kriegen, dass unser Flieger mittlerweile 40 Minten Verspätung hat, bei herrlichem Wetter rüber zum Flughafen gehen, das Gepäck aufs Band legen, mit 22,8kg eine Fehlermeldung kriegen, ab zum Lufthansa-Schalter, wo sogar noch jemand ist, dort den Koffer mit auf einmal 23,4 kg ohne Probleme einchecken, und dann in aller Ruhe am Flughafen abhängen, Blog aktualisieren und auf den Flieger warten. Es gibt bessere Möglichkeiten, um den Sonntag zu verbringen, aber was soll’s. Ende der Reise, im Januar steht die nächste Tour an.

Falls wir uns nicht mehr lesen: Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!

Hurtigrute Tag 11: Von Trondheim südwärts

Der Tagesplan

Ich weiß ja, dass die Hurtigruten-Schiffe Arbeitsschiffe sind. Aber warum um 5 Uhr in der Früh der Dachdecker kam, weiß ich auch nicht. Zumindest klang es so, als ob gleichzeitig das Dach gedeckt würde und die Rohre durchgepustet… aber so bin ich immerhin früh genug wach, um den Nordlichtfilm von gestern fertig zu bearbeiten und als einer der ersten zum Frühstück zu gehen – 6:45 eröffnet das Buffet, viel ist noch nicht los.

Leif Erikson

Zwischen 6:30 und 9:30 liegen wir in Trondheim, sodass sich ein Besuch in der Stadt nicht lohnt. Die meisten Läden machen eh erst um 10 Uhr auf. Ich begnüge mich mit einem kurzen Besuch beim Rema 1000 ums Eck (der macht schon um 6 Uhr auf, nur am Samstag erst um 9), bringe das letzte Leergut weg und packe noch ein bisschen Verpflegung ein. Auf dem Rückweg bietet sich noch ein kurzer Besuch bei der Statue von Leif Erikson an, dem ersten Europäer, der Amerika erreichte. Viel mehr Sehenswürdigkeiten gibt es hier in direkter Umgebung auch nicht, und Munkholmen liegt noch weitestgehend in der Dunkelheit. Die Alternative wäre die Stadtrundfahrt, und ausnahmsweise hätte wohl auch der Ausflug in die dunklen, geheimen Gemächer des Nidaros-Doms stattgefunden. Der reizt mich schon immer, aber das mache ich mal, wenn ich auf der Rückfahrt mehr schlechtes Wetter habe und morgens wacher bin.

Die Trollfjord vor Munkholmen

Bei der Abfahrt um 9:30 wartet schon die große Trollfjord darauf, dass wir den Kai frei machen. Schiffsbegegnungen im Hafen gibt es mit dem aktuellen Fahrplan leider nicht mehr, früher hatte man die Chance, kurz einen Blick in das Innere des anderen Hurtigrutenschiffs zu werfen.

Wenig später haben wir unsere Ausschiffungs-Info-Veranstaltung: Wie kommen alle nach Hause, wo können wir helfen, was ist zu beachten, und bitte bitte nehmt alle, die zu unserer Gruppe gehören, auch einen unserer beiden Busse. Anschließend signiere ich noch ein paar meiner Bücher, und dann planen wir die morgigen Abschlussveranstaltung, bevor Mittagessen und Check-In für die Flüge ansteht.

Davon abgesehen haben wir heute Sehtag Seetag: Bei bestem Wetter geht es die schöne Küste entlang. Bei schlechtem Wetter oder gar Sturm zieht sich die Strecke von Trondheim bis Bergen, da wir tagsüber keine Häfen mehr haben; bei diesem Wetter kann man noch einmal die Seele baumeln lassen und Norwegen genießen. Irgendwann muss ich das mal wieder ohne Tour machen, wenn ich frei habe und mir an Deck den Wind um die Ohren blasen lassen kann… tja, arbeiten, wo andere Urlaub machen. Ich will mich nicht beschweren:-)

Während Margit und Andreas sich um den Check-In kümmern, nehme ich mir die Zeit, um doch einmal die Landschaft zu genießen, dabei zu versuchen, unsere Postflagge zu erwischen, und einen der unzähligen Leuchttürme im Bild festzuhalten.

Der Blick nach vorne lohnt sich auch: Es gibt mal wieder Fata Morganas zu sehen. Eigentlich verbinde ich die mit der Wüste, aber ich habe auch in Norwegen schon einige schwebende Inseln gesehen. Sieht schon seltsam aus…

Es haben in Trondheim wohl einige Gäste das Schiff verlassen, und nun sind nur noch Gäste im Select-Tarif an Bord: Das Schiff hat am Internet rumgebastelt, und um 14 Uhr wird das neue Passwort einfach für alle über die Bordsprechanlage bekannt gegeben. Norwegisch-pragmatisch für die letzten 24 Stunden:-)

Viertel nach vier dümpeln wir vor Kristiansund herum und witzeln, ob der Kapitän die Abfahrt verpasst hat, neulich die falsche Seekarte in die Stille Verlosung gebracht hat, oder wieder der Strom ausgefallen ist. Aber wir warten wohl nur darauf, dass ein entgegenkommendes Schiff die Fahrrinne frei macht.

Die Einfahrt nach Kristiansund ist immer sehenswert, da wir eine enge Passage unter einer Brücke durchfahren und dann den ganzen Ort mit dem Schiffstyphon aufwecken. Eine Stunde haben wir Aufenthalt, abzüglich der 10 Minuten, die wir vor Abfahrt an Bord sein müssen, und abzüglich der Zeit für das Anlegen bleibt ein kleines Zeitfenster, um kurz in den Ort zu gehen. Bei der Statue links vom Anleger war ich letztes Mal, diesmal gibt es einen kleinen Abstecher in den Yachthafen rechterhand. Dort soll ein Schiffsmuseum sein, immerhin finden wir ein Boot als Vordach und hübsche Häuser. Und dann: Schon wieder zurück zu Schiff, zum letzten Abendmahl. Unter anderem steht Rinderlende zur Auswahl, angeblich mit Bratkartoffeln. Die Bratkartoffel erinnert eher an gepresste Rösti…

Danach setze ich mich noch ein bisschen an meinen Rechner, den Abschied morgen vorbereiten, bis um 21:15 endlich Margits Höhepunkt der Reise kommt: Der Besuch in Molde, wo die MS Nordstjernen in Rufweite des Hurtigrutenanlegers liegt. Da darf ein kurzer Besuch nicht fehlen, also geht es zügigen Schrittes zum Anleger des Hurtigrutenschiffs, das nicht nur am längsten im Dienst war (56 Jahre), sondern auch die meisten Abschiedsfahrten gemacht hat. Wer heute mit ihr fahren will, wendet sich am besten direkt an Margit unter Nostalgische-Postschiffreisen.de. Und wer weiß, vielleicht kriegen wir auch noch eines Tages eine Nordlicht-und-Sterne-Expeditionsreise auf der Nordstjernen hin, mit freierem Fahrplan als auf der Hurtigrute!

Und das war es dann auch schon fast – kaum zu glauben, dass es jetzt Koffer packen heißt, weil die Kabine morgen um 10 Uhr geräumt werden muss und wir am Nachmittag bereits auf dem Weg zum Flughafen in Bergen sein werden.

Die Reise verging wie im Flug, mit traumhaftem Wetter und viel Polarlicht.

Hurtigrute Tag 10: Helgelandküste

Tagesplan #1

Um die Frage von gestern aufzulösen, die mir auf dem Schiff auch schon ein paar Mal gestellt wurde: Ich bin kurz vor Ørnes aufgewacht. Wir liegen knapp zwei Stunden hinter dem Fahrplan – nicht ganz schlecht, wenn man bedenkt, dass wir letztlich mit über sechs Stunden Verspätung aus Stokmarnes gestartet sind.

Im Raftsund haben wir in der Nacht die nordgehende Richard With verpasst: Die waren gerade am Trollfjord, als wir an ihnen vorbei fuhren…

Für Frühaufsteher gab es dafür um sechs Uhr auch noch einmal Polarlicht; wer einen (für Astronomen) normalen Tagesrhythmus hat, kann nach Sonnenaufgang immerhin einen wunderbar klaren Morgen genießen.

Um 9:20 begegnen wir der nordgehenden Hurtigrute MS Nordnorge und rätseln, wann wir den Polarkreis wieder überqueren werden. Etwas später gibt es ein aktualisiertes Tagesprogramm: Um 10:30 ist die südgehende Polarkreiszeremonie geplant, und wenig später überqueren wir den Polarkreis tatsächlich. Immerhin ist es jetzt deutlich heller als auf der nordgehenden Route. Auf Deck 7 gibt es wieder Spektakel und Lebertran, auf Deck 5 treffen sich die Fotografen und sehen die Insel Vikingen mit der Kugel auf der steuerbord-rechten Seite vorbeiziehen. Das ist jetzt natürlich genau während unserer Reiseleitersprechstunde, aber viele Ausflugstipps können wir heute eh nicht geben – und zur Heimreise (die ist ja auch schon übermorgen) machen wir morgen eine separate Info-Veranstaltung.

Eine Stunde später gibt es wieder den offiziellen Post-Stempel für die Polarkreisüberquerung, und um 13 Uhr die Info, dass der Ausflug in Brønnøysund gestrichen ist. Das heißt dann wohl, dass wir keinen verlängerten Aufenthalt in Brønnøysund haben, sondern ab dort wieder im Fahrplan sein werden. Da schlägt unsere Aufgabe als Fährschiff im Linienschiff voll durch, Tourismus ist ja nur “Nebennutzen” der Postschiffe.

Wer will, kann den Tag damit verbringen, Nisse und Weihnachtsmänner zu suchen: Wir haben den 1. Dezember, und auf dem Schiff gab es eine regelrechte Invasion.

Ansonsten ist der Tag recht ereignislos: Wir fahren die Helgelandküste an und erreichen Nesna um Viertel nach 12. In dem kleinen Hafen liegt noch kein Schnee, aber je weiter wir nach Süden kommen, desto mehr Schnee liegt auf den Bergen.

Die ruhige Fahrt geht weiter bis Sandnessjøen, wo der Fahrplan es auch seit Jahren nicht mehr erlaubt, kurz von Bord zu gehen und die Fußgängerzone mit ihren zahlreichen Statuen zu besichtigen. Dafür gibt der Himmel sich alle Mühe, und die Bergkette der Sieben Schwestern präsentiert sich in den tollsten Farben. Ist die Verspätung doch für was gut…

Die Sieben Schwestern im Abendrot
Torghatten

Auch der Torghatten bei Brønnøysund ist schon zu erspähen. Bis wir den berühmten Berg mit Loch erreichen, wird es aber schon dunkel sein. Um 15 Uhr ruft das Expeditionsteam wieder zum täglichen Gathering – eigentlich wollte ich endlich mal reinhören, ob etwas zu unserem technischen Problem bekannt gegeben wird, aber es ist mir zu voll. Jetzt beginnen die Tage der Reise, in denen schon immer vermehrt gehustet wurde…

Um 16:30 kommen wir endlich in Brønnøysund an. Bleibt also etwas weniger als eine Dreiviertelstunde, was gerade für einen Besuch bei dem Stein in der Mitte Norwegens ausreicht, und einen raschen Gang durch das Einkaufszentrum. Heute früh hat mein Fön den Geist aufgegeben, ich habe also überraschend noch etwas Platz im Gepäck…

Norwegens Mitte

Heute Abend gibt es wieder eine Änderung bei den Essenszeiten: Es ist Captain’s Dinner, daher werden je zwei Essensgruppen gleichzeitig bedient. Das Dinner ist wie üblich keine allzu große Sache: Die Crew empfängt uns mit einem Glas Sekt, das Expeditionsteam dankt noch einmal allen, und dann flanieren alle einmal durch das Restaurant, bevor es das übliche Drei-Gänge-Menu gibt. Da einige Gäste immer schon in Trondheim aussteigen, findet das Abschiedsessen immer schon heute statt. Mal sehen, ob das Schiff morgen Mittag deutlich leerer ist.

Drei Programmpunkte gibt es für den Abend noch: Um 22 Uhr erreichen wir Rørvik (wir sind wieder im Zeitplan), um 21:45 signiert der Captain Bücher, und – viel wichtiger – um 19:45 hält Andreas seinen Vortrag über Norwegen von A bis Å. Er hat ja auch abseits der Hurtigrute einiges an Norwegenerfahrung und lässt uns an seinen Erlebnissen teilhaben.

Als wir Rørvik überpünktlich verlassen, taucht auch schon das erste schwache Polarlicht auf. Ab zur Rezeption, Bescheid sagen, kurz darauf kommt die Durchsage und eine kurze, aber wirklich schöne Show – quasi unser Nordlicht-Nachtisch. Und Nachtisch können die Norweger.

Polarlicht nach Rørvik

Ich lasse meine große Kamera noch etwas länger laufen, aber die große Show ist rasch vorbei – aber toll war es noch einmal.

Danach schaukeln wir über die Folda – zum ersten Mal auf dieser Reise ist etwas Bewegung im Schiff. In diesem Sinne: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 9: Vesterålen und viel Stokmarknes

Der Tagesplan

Ausschlafen klappt mal wieder nicht: Ich habe vergessen, die Infotaste auszuschalten und werde kurz vor acht von der Durchsage geweckt, dass wir Harstad erreichen und die Teilnehmer der Vesterålen-Rundfahrt bitte rechtzeitig am Kai sein mögen.

Aber gut, um die Zeit kann man auch mal aufstehen… Die Baustelle am Hafen von Harstad wächst deutlich in die Höhe. Wenn das neue Gebäude fertig ist, werden wir wohl nicht mehr viel von dem Ort sehen. Dafür stehen jede Menge Ausflugsbusse am Kai und warten auf unsere Gäste.

Mit leichter Verspätung verlassen den Hafen und passieren kurz darauf die Trondenes-Kirche, den ersten Halt der Vesterålen-Bustour. Heute ist der Tag, an dem mein Tele-Objektiv die meisten Einsätze hat.

Pünktlich zu unserer Abfahrt sprudelt auch die Fontäne im Hafenbecken los, die dort vor ein paar Jahren installiert wurde. Nachdem wir Harstad verlassen, gehe ich frühstücken, und bleibe danach eher im Schiff: Die Inseln der Vesterålen sind zwar wunderschön, aber wir haben den ersten Niesel-Regentag der Reise. Es ist recht warm, aber ungemütlich. Da macht man gerne Reiseleitersprechstunde im Warmen auf Deck 4.

Gegen halb elf erreichen wir die Risøyrinne, die den Hurtigrutenschiffen die direkte Fahrt nach Stokmarknes ermöglicht. Am besten sieht man die enge Fahrspur zwischen den Markierungen vom Bug, bei dem Nieselregen platziere ich mich aber lieber regengeschützt unter den Rettungsbooten. Ein kurzer Spurt zum Königsstein wäre drin – vom Expeditionsteam scheint es jemand zu machen, wahrscheinlich für den Tourfilm, den das Schiff erstellt und auf USB-Stick anbietet – aber ich bin heute mal faul und bleibe während des kurzen Halts an Bord. Auf dem Stein haben sich drei norwegische Könige verewigt, jeweils zur Einweihung oder Vebreiterung der Risøyrinne.

Von den Vesterålen ist nicht viel zu sehen, die Wolken hängen tief. Kurz vor Sortland kommen zwei Aufrufe über die Bordsprechanlage: Nach Möglichkeit soll man Mittagessen gehen, bevor die Ausflügler in Sortland wieder an Bord kommen, und wer nichts essen will, ist gerne eingeladen, mit dem Expeditionsteam den Bussen zuzuwinken, wenn sie über die Brücke fahren.

Klar, dass ich wieder am Bug stehe, wo sich doch einige versammeln und mit Norwegen-Fahnen ausgestattet werden. Die Busse sind etwas knapp dran, aber es ist immer wieder ein schöner Spaß. Und dann stehen wir noch zu dritt an der Reling und winken den Heimkehrern zu, als wir in Sortland anlegen.

Danach habe ich im Prinzip Pause – wir legen in Sortland um 13 Uhr ab und sollen Stokmarknes um 14:15 erreichen, also eine ganze Stunde ohne Programm. Bei der wolkenverhangenen Aussicht nutze ich die Zeit, um Bilder zu sortieren. Das ist der Vorteil einer Winterreise: Man macht nicht ganz so viele Fotos. Wenn man von den Polarlichtfotos mal absieht.

Bei der Anfahrt nach Stokmarknes haben wir einen schönen Blick auf den von innen beleuchteten Glasbau des Hurtigrutenmuseums, in dem die alte Finnmarken liegt. Wenn es heller ist, spiegelt die Glasfront dafür zu sehr. Man kann die Eintrittskarten für 170 NOK (Wintersaison) auch direkt auf dem Schiff kaufen und so per Fast Lane in das Museum kommen. Der Aufenthalt in Stokmarnes ist ja eher kurz, so bleibt eine gute halbe Stunde für die Besichtigung des Schiffs und einen kleinen Gang durch die restliche Ausstellung. Beim nächsten Mal muss ich mir das Schiff wieder einmal ansehen. Anscheinend ist es jetzt völlig restauriert und zugänglich, und die Bar soll auch in Betrieb sein.

Pünktlich um 16:30 sind alle wieder an Bord – Thomas wurde zwar ausgerufen und sollte sich an der Rezeption melden, und wir waren schon froh, dass er bereits alle seine Vorträge gehalten hatte und unsere Gäste mittlerweile wissen, wie das mit dem Polarlicht geht – aber alles gut, er war an Bord und wurde nur vom Schiffscomputer ignoriert.

Unser Kurs auf Marinetraffic

Eine halbe Stunde später legen wir endlich ab – wenig später kommt die Durchsage, dass wir den Trollfjord ausfallen lassen, um pünktlich in Svolvær zu sein, und dass gerade ein Training der Marine oder Küstenwache stattfindet. Wir sollen uns also nicht wundern, wenn wir seltsame Lichter irgendwo sehen. In der Dunkelheit sind aber keine getarnten Schiffe zu sehen, und Marinetraffic zeigt auch nichts an. Dafür wenden wir kurz vor dem Raftsund…

Kurz vor 17:30 kommt die Durchsage, dass wir ein technisches Problem haben und der Standardprozedur folgend nach Stokmarknes zurückkehren. Mit halber Kraft und maximal 15 km/h tuckern wir zurück nach Stokmarknes, während das Buffet eröffnet. Jetzt fangen die Spekulationen an: Haben wir bei der Marineübung einen Schuss vor (oder durch?) den Bug erhalten? Werden jetzt die Ruder ausgepackt und durch die Bullaugen auf Deck 3 gesteckt? Hat jemand seine ADAC-Mitgliedskarte dabei, um Hilfe kommen zu lassen? Spielt schon eine Band, und wird Alkohol verteilt?

Es heißt abwarten und hoffen – eine Stunde später kommt die Info, dass wir erwarten, um 20:30 wieder abzulegen. Das wäre schön – das kleine Stokmarknes hat keine Werft, nicht einmal einen Autohändler. Wer will, kann in der Zeit von Bord gehen – das hatte ich eigentlich vor, aber es ist doch ziemlich dunkel draußen, und Komoot hat auch keine vernünftigen Tourenvorschläge für diesen Ort. Also bleibe ich doch an Bord und harre der Dinge.

Gegen 20 Uhr kommt der Bus, der organisiert wurde, um die Passagiere weiterzubefördern, die nach Svolvær oder Stamsund wollten.

Im Lauf des Abends wird ein Film über das Nordlicht eingeschoben, etwa zehn vor neun springen die Motoren für etwa 20 Minuten wieder an, und um 21:15 wird ganz regulär der Film “Nördlich der Sonne” gezeigt, über zwei Freunde, die neun Monate auf einer einsamen Lofoteninsel überwintern.

Kurz vor 22 Uhr werden zwei Autos auf das Schiff verladen – erhalten wir Starthilfe? Außerdem ist das Internet langsam – wird ein Software-Update eingespielt? Kurz vor Stokmarknes gab es wohl einen kurzen Stromausfall, was auf einen Elektro-Problem hindeutet. Erinnerungen an meine Tour mit der Finnmarken werden wach – 2016 war das, als wir erst einen Tag in Trondheim lagen und schließlich drei. Den ganzen Tourbericht von damals gibt es hier.

Aber die Stimmung am Reiseleitertisch ist gut, auch wenn unsere Reiseleiter nicht mehr da sind, und gegen 22:20 bewegen sich die Lichter draußen auf einmal langsam. Tatsächlich: Wir nehmen Fahrt auf und bewegen uns Richtung Raftsund. Wurde das Problem gelöst? Oder ist die Marineübung beendet? Waren es doch russische U-Boote? Oder der Rampenisse, von dem Margit gestern erzählt hat? Mittlerweile sind zahlreiche Nisse und Weihnachtsmänner auf dem Schiff aufgetaucht… man weiß es nicht. Reisbrei für die Nisse habe ich im Restaurant jedenfalls nicht gesehen.

Für Bodø ist gerüchtehalber nur ein kurzer Stop geplant, Svolvær und Stamsund fallen aus – so müssten wir morgen wieder ganz gut im Fahrplan liegen.

Damit mache ich Feierabend und bin gespannt, wo ich morgen aufwache:-)

Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

Der Tagesplan

Was es ausmacht, wenn man nur die normalen Schiffsgeräusche hört – ich bin zwar trotzdem viel zu früh wach und kann in Ruhe frühstücken, noch bevor wir gegen acht Uhr Havøysund erreichen, aber das ist in Ordnung – und ich werde mit wunderbarem Morgenlicht begrüßt.

Wir haben etwa eine Viertelstunde Verspätung (wie erwartet gibt es in Honningsvåg wie üblich unerwartet viel Fracht), was sich den Tag über hindurchziehen wird. Nun, so lässt sich immerhin die Morgendämmerung genießen.

Während wir uns bereit zum Ablegen machen, biegt am Horizont auch schon die MS Havila Castor um die Ecke. Sie ist eines von demnächst vier Schiffen der Reederei Havila, die gemeinsam mit den sieben Schiffen der Reederei Hurtigruten die Kystrute bedient – also die Häfen entlang der klassischen Postschiffroute, die jeder als “Hurtigrute” kennt, auch wenn nur Hurtigruten AS die Namensrechte daran hat. Schönes Schiff – ich bin gespannt, ob ich irgendwann auch mal an Bord gehen kann. Die Schiffsbegegnungen im Hafen mit gegenseitiger Bessuchsmöglichkeit gibt es ja nicht mehr.

Von dieser Schiffsbegegnung abgesehen verspricht es ein recht ruhiger Tag zu werden. Die großen Häfen besuchen wir auf der nordgehenden Route, südgehend steht vor allem Landschaft auf dem Programm, soweit man das in der Polarnacht genießen kann – es wird doch recht früh dunkel. Bei perfektem Wetter und extrem ruhiger See fahren wir Richtung Hammerfest.

Mit leichter Verspätung und bei unglaublichen Farben passieren wir die Flüssiggasanlage Melkøya. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ist das ja auch bei uns wieder ein Thema geworden – hier wird das Gas des weiter Offshore-Fördergebiets “Schneewittchen” verflüssigt und in Tanker verladen, wovon natürlich auch das Städtchen Hammerfest profitiert.

Kurz nach Melkøya passieren wir die Halbinsel Fuglenes mit einer alten Schanze – der Skanzen oder Redoubt – die 1810 in den napoleonischen Kriegen nach einem Überfall durch die Engländer errichtet und zum 200-jährigen Stadtjubiläum 1989 restauriert wurde. Die berühmte Kirche sehen wir nur aus der Ferne: Das Hafenbecken wird ausgebaggert und umgestaltet, sodass wir auf Fuglenes anlegen. Ein kostenpflichtiger Shuttlebus fährt in den Ort und wohl auch zum Eisbärenclub (der umgezogen ist); viele andere zieht es mit dem Expeditionsteam zu Struves Meridiansäule.

Sie erinnert daran, dass in Hammerfest das nördliche Ende des Struve-Bogens war – eine 2821 Kilometer langen Vermessungsprojekts, das von Staro-Nekrassowka in der heutigen Ukraine bis Hammerfest reichte. Um 1850 wurde so die Erde vermessen und die Abplattung der Erde an ihren Polen bestätigt. Von der Meridiansäule aus besteht Blickkontakt zu zwei weiteren Messpunkten, auf der Insel Håja und auf dem Seilandstuva. Auch wenn die Säule direkten Blickkontakt zum Schiff hat, muss man einen etwas längeren Umweg durch das Industrieviertel gehen, um zu ihr zu gelangen.

Von der Meridiankreissäule ist es nicht mehr weit bis zur Spitze der Fuglenes-Landzunge, an der ein kleines Freilichtmuseum ist. Da sind einerseits die flachen Erdwälle der kleinen Schanze, in der heute wieder eine Kanone steht, außerdem ein kleines Freilichtmuseum unter anderem mit einem Haus, das einst auf der Insel Melkøya stand und aus Material bestand, das die deutschen in der Region zurückgelassen hatte – nachdem die deutschen Truppen bei ihrem Rückzug aus Nordnorwegen verbrannte Erde hinterlassen hatten, wurde so eine Unterkunft für die Familie errichtet, die auf Melkøya lebte. Als schönes Fotomotiv gibt es noch den kleinen Leuchtturm, den man auch erklimmen kann.

Viel mehr gibt es hier nicht zu sehen – aber normalerweise liegt die Meridiansäule zu weit abseits vom Anleger, daher war sie schon einmal einen Besuch wert. Mein Standard-Foto auf der Bank vor dem Musikpavillon bleibt mir wieder verwehrt. Noch mindestens bis Mitte 2023 dürfte der Hafenumbau dauern.

Øksfjord

Nach Hammerfest fahren wir weiter Richtung Süden, in die Nacht. Um 14:30 hält Thomas seinen zweiten Vortrag über Raumfahrt zum Mond, danach bieten wir noch einmal eine Reiseleitersprechstunde an. Øksfjord erreichen wir mit einer guten Viertelstunde Verspätung; von den mächtigen Bergen rundherum ist nicht viel zu sehen, dafür gibt es immer wieder ein tolles Echo, wenn wir einlaufen.

Kurz vor dem Abendessen wird noch einmal Polarlicht gesichtet. Ich bin um Viertel vor Sechs draußen und sehe noch einen schwachen Bogen, vorher war es wohl etwas besser. Naja, nach den Shows der letzten Tage lasse ich es gut sein und gehe Abendessen – es gibt die Schweinshaxe, die es normalerweise erst bei Molde gibt.

Frohe Norwegische Weihnachten!

Und dann wird es weihnachtlich: Margit hält ihren Weihnachtsvortrag und klärt um kurz vor acht darüber auf, welche Weihnachtsbräuche es in Norwegen gibt, wie man mit Nissen umzugehen hat und was es zu beachten gibt, wenn man zu regionalen Spezialitäten eingeladen wird.

Zwischendrin gibt es noch eine Nordlicht-Durchsage, aber wir halten ihr die Treue. Als ich nach dem Vortrag noch einmal raus schaue, hat es auch zugezogen – kein Stern mehr zu sehen. Sieht nach einem ruhigen Abend aus.

Stille Versteigerung

Um 21 Uhr endet außerdem eine “Stille Versteigerung” einer Seekarte und einer Postflagge – die ist aber so still und heimlich, dass davon kaum einer etwas mitkriegt. Erst eine Stunde vor Ende wird über die Lautsprecher darauf hingewiesen. Allerdings habe ich es auf dieser Tour noch kein einziges Mal zum allabendlichen Treffen mit dem Expeditionsteam geschafft, vielleicht wurde die Veranstaltung dort erklärt und beworben.

Der Rest des Abends ist ruhig: Die Wolken bleiben uns erhalten, wenn ich raus schaue, und ich kann noch ein paar Kleinigkeiten abarbeiten, bis wir Tromsø erreichen.

Eismeerkathedrale bei Nacht

Das Mitternachtskonzert in der Eismeerkathedrale findet weiterhin nicht statt (es gibt wohl Streitigkeiten zwischen dem Chor, der Kirche und Hurtigruten), stattdessen wird ein alternatives Konzert in einem Pub angeboten. Der Ausflug findet aber nicht statt, es gibt zu wenig Interessenten.

Wir planen stattdessen einen kurzen Abstecher in den Rørbua-Pub, der Livemusik anbietet. Gegen Mitternacht erreichen wir mit einer Viertelstunde Verspätung Tromsø, und viel weiter geht es erst einmal nicht: Wir verlassen das Schiff und stehen vor verschlossenen Türen. Die Türe zur Rolltreppe in das Prostneset Hafenzentrum, durch das man in den Ort gelangt, ist abgeschlossen, und der Rest des Hafengeländes ist mit Zäunen abgeriegelt. Das hatte ich auch noch nie – dass der Zugang zu dieser lebhaften Stadt für die Hurtigrute abgeriegelt ist. Vielleicht hatte sich jemand gedacht, dass das Schiff nicht mehr kommt, wenn es nicht pünktlich um 23:45 da ist… Um 0:15 macht uns jemand zumindest den Zaun auf, aber ich breche ab – nur für eine Stunde in die Stadt gehen, lohnt sich dann doch nicht, und das Bett ruft. Soviel zum Nightlife in Tromsø…

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes

Der Tagesplan

Nach der Polarlichtshow gestern Abend beginnt der Tag viel zu früh: Wir erreichen Kirkenes fast planmäßig kurz nach 9 Uhr, um 8 Uhr ist Reiseleitersprechstunde, und etwas vorher klingelt mein Wecker, und mein Rechner hat den ersten Schwung Bilder durchgearbeitet, sodass der erste Zeitraffer fertig ist.

Pünktlich zur Einfahrt bin ich wieder an Deck – und Kirkenes zeigt sich trübe. War es das etwa mit unserer Schönwetterperiode? Immerhin ist es deutlich wärmer als die -28° vom letzten Dezember; diesmal hing das Thermometer die ganze Fahrt über meist um die 0-5 Grad.

Ohne Ausflug gibt es eigentlich nicht viel neues über Kirkenes zu sagen. Die “Fahrt zur russischen Grenze” ist jetzt ein “Ausflug zur norwegischen Grenze”, ansonsten scheint hier alles beim alten zu sein. Ein klein wenig Schnee liegt – gerade genug, um das Braun zu überdecken und für etwas trügerische Glätte zu sorgen – , und die Schlittenhundefahrt soll ebenfalls stattfinden. Ich plane heute aber keinen Ausflug, sondern gehe nur so in das Städtchen. Der erste Besuch gilt wieder dem Kiosk am Anleger, wo der Elch weiter wacker an Corona erinnert – auch wenn es weitestgehend ignoriert wird, und an Bord noch nicht mehr gehustet wird als üblich.

Ich mache heute nur eine kleine Runde in die Stadt, das trübe Wetter lädt nicht dazu ein, den Aussichtspunkt aufzusuchen oder gemütlich rumzuschlendern. Immerhin wirkt die Weihnachtsbeleuchtung hier gleich viel freundlicher.

Kirkenes gehört ja zu den Städten, die im zweiten Weltkrieg gut gelitten haben und in denen die Russen als Befreier willkommen geheißen wurden. Außer während des Kalten Krieges herrschte ein gutes Verhältnis zwischen Russen und Norwegern in dieser Gegend, mit viel Handel – Vardø heute Abend war für den Pomoren-Handel berühmt. Heute gibt es immer noch einen unbürokratischen kleinen Grenzverkehr zwischen Norwegen und Russland, und es sind einige russische Autos im Ort.

Vor allem der zweite Weltkrieg hat Spuren hinterlassen: Der Bunker der Andersgrotta, das Russendenkmal und das Denkmal für die Kriegsmütter haben wieder an Aktualität gewonnen, und einige blau-gelbe Flaggen und Fahrzeuge lassen hoffen, dass zumindest einige Menschen doch aus der Vergangenheit lernen und sie nicht immer und immer wieder wiederholen wollen.

Die Uhren an der Kirche von Kirkenes zeigen immer noch verschiedene Zeiten an, und ich werfe einmal einen Blick hinein – keine Ahnung, wann ich das das letzte Mal getan habe. Die Tür geht eigentlich nur per elektronischem Türöffner aus, und das Innere ist ganz gemütlich. Besonders schnucklig ist die Krippe:-)

Mein Hauptziel ist das AMFI, die letzten Weihnachtseinkäufe erledigen. Vernünftige Spikes stehen auf dem Wunschzettel, und das Outdoor-Outlet hat gute Ware zu sehr guten Preisen. Und Weihnachtsdeko gibt’s auch. Danach mache ich mich auch schon wieder auf den Rückweg. Gut, dass das bis Brønnøysund die letzte große Einkaufsmöglichkeit ist, meine Kreditkarte ist langsam am Ende.

Das Schiff liegt ein Stück außerhalb von Kirkenes, ein paar Minuten ist man schon unterwegs bis in das Industrie- und vor allem Logistik-Viertel am Hafen. Noch ein kurzer Besuch im Spareland: Interessante Sachen haben die da. Immer-feuchter Sand, um Sandburgen zu bauen, und ein ganzes Regal mit Sonnencreme. Das sind nicht ganz die Saisonartikel, die ich hier erwartet hätte…

Noch kurz ein Bild vom Schiff, und das war es mit Kirkenes. Die anschließende Überfahrt nach Vardø ist ruhig, und der Himmel bedeckt. Das Expeditionsteam überbrückt die Zeit mit Vorträgen zu den norwegischen Kulturlandschaften und der Sicherheitsunterweisung für neu zugestiegene Passagiere, und für Thomas und mich gibt es gute Neuigkeiten: Wir können umziehen, weg vom Lärm des Motors bzw. des Bugstrahlruders. Jetzt scheppert jedes Mal im Hafen unter mir die Decke vom Restaurant, aber das ist deutlich erträglicher als das Bugstrahlruder. Die Postschiffe sind letztlich Arbeitsschiffe und keine Kreuzfahrtschiffe, da wird es schon mal etwas lauter.

Vardø erreichen wir mit nur fünf Minuten Verspätung. Mein Weg führt mich mit dem Expeditionsteam zur kleinen Festung, wo Danilo eine überraschende Mitteilung hat: Wer gut zu Fuß ist, kann mit ihm zum Hexendenkmal spurten. Das erleben ich auch zum ersten Mal. Aber mir langt die Zeit nicht, ich muss etwas früher auf dem Schiff sein, Vortrag vorbereiten. Also nur kurz einmal durch die kleine Festung.

Um 17 Uhr halte ich dann meinen zweiten Vortrag, es geht wieder um Sternbilder und ihre Mythen. Irgendwann muss ich das Buch zum Vortrag fertig schreiben. Wenn man nicht immer nebenher noch Geld verdienen müsste, könnte man so viel schaffen… Da der Himmel bedeckt ist, kann ich ihn auch in Ruhe halten. Dann noch die Ankündigungen, morgen haben wir gleich zwei Veranstaltungen: Thomas’ letzter Vortrag über Raumfahrt zum Mond, und Margits Weihnachtsvortrag.

Nach dem Abendessen: Wir tauschen die Kabine, und prompt gibt es Polarlichtalarm. Erst einmal die Kamera wieder auspacken – das Polarlicht vor Båtsfjord genieße ich vor allem mit dem Auge und vom Heck aus, die Kamera kommt später. Ist aber auch mal schön, und ein bisschen was erwische ich noch:-)

Polarlicht vor Båtsfjord
Båtsfjord
Båtsfjord

Die Wolkenlücke kam recht überraschend (YR zeigte immer noch 99% Bewölkung an), aber das Polarlicht nutzt seine Chance.

In Båtsfjord ist eine kurze Pause angesagt, danach geht es etwas ruhiger weiter. Ich richte meine Kamera nach hinten aus, aber das große Spektakel kann ich nicht mehr einfangen. Als ich sie zwei Stunden später kurz vor Berlevåg wieder einsammle, ist sie gut nass – das meiste ist Gischt, aber der Himmel gibt jetzt nichts mehr her.

Den Tag kann ich nun ruhig ausklingen lassen und mich in der neuen Kabine einrichten – sie bietet dank Doppelbett etwas weniger Stauraum, aber so schläft meine Kameraausrüstung halt im Bett neben mir statt auf der Couch. In der alten Kabine gab es zwei Klappbetten, von denen eines zur Couch umgeklappt werden kann – dafür habe ich jetzt einen kleinen Schreibtisch neben dem Bett, auf dem mein Laptoplüfter die Nacht über rauscht: Am nächsten Morgen sind auch die 2000 Bilder durch, die den kleinen Zeitraffer der Fahrt von Båtsfjord Richtung Berlevåg zeigt:

Ein Blick zurück

So viel Polarlicht wie auf dieser Reise hatte ich schon lange nicht mehr – Traumwetter im November.

Hurtigrute Tag 6: Nordkap und Nordlicht

Der Tagesplan

Willkommen in der Polarnacht!

Der morgendliche Blick aus dem Fenster vor Havøysund ist gar nicht mal so finster. Die blaue Stunde dauert hier lange, wenn der Himmel klar ist – und das ist er. Bevor wir in den Magerøya-Sund fahren, steht ein kurzer Halt in “Hawaii-Sund” an, wie Havøysund gerne genannt wird.

Für das Frühstück besteht keine Hetze: Es gibt bis 13 Uhr Brunch, weil heute Nordkap-Tag ist und gegen Mittag die meisten auf Ausflug gehen.

Kurz nach Havøysund, um 9:15, ist der erste Termin an Bord: Da wir immer noch mehr oder weniger Postschiff sind (auch wenn die Briefe, die hier an Bord eingeworfen werden, längst im nächsten Hafen in das Flugzeug umgeladen werden), führen wir weiterhin die Postflagge, und der Postmeister des Schiff stempelt Briefe (und, wenn man lieb fragt, bestimmt auch Bücher und anderes) mit dem Nordkap-Stempel.

Die ruhige Fahrt durch den Magerøya-Sund erlebe ich nur durch die Fenster: Wir haben seit 9 Uhr wieder Sprechstunde und gut zu tun. Den Interessenspunkt des Expeditionsteams zum Magerøyasund, dem Tunnel unter dem Sund und wohl auch zu den Rentierherden verpasse ich, aber kurz vor dem Einlaufen in Honningsvåg schaffe ich es doch auf das Umlaufdeck. Bestes Wetter auf der Insel mit dem Punkt, der als nördlichster Europas verkauft wird – auch wenn es weder der nördlichste Punkt des Festlands ist, noch der nördlichste auf der Insel. Aber Sehnsuchtsort ist das Nordkap auf jeden Fall, und eindrucksvoll auch – selbst, wenn man die Acht-Stunden-Wanderung zur nächsten, noch ein paar Meter nördlicheren Inselspitze nicht macht, sondern sie nur vom Nordkap aus sieht.

Kurz vor elf erreichen wir Honningsvåg, und ich bin von dieser Tour wettertechnisch bislang extrem positiv überrascht: Meine letzte Novembertour war landschaftlich wenig reizvoll, da das Grün bereits weg war, das Weiß noch nicht da war, und gerade der hohe Norden trostloser grau-brauner Boden war. Jetzt hält sich immer noch etwas Grün, und der erste zarte Schnee liegt bereits – eher etwas Puderzucker, aber zusammen mit der langen blauen Stunde hat das was. Von dem Wintereinbruch Ende Oktober ist aber nicht mehr viel zu sehen.

Während fast alle Gäste zu den Bussen zum Nordkap strömen (es gibt auch wieder Taxis, die die etwas Mutigeren auf eigene Rechnung zum Nordkap und retour bringen), steht für mich ein ruhigerer Tag an – ich war ja erst im Februar am Nordkap. Also mache ich mich wieder auf einen kleinen Rundgang durch das sonntägliche Örtchen, erst einmal zur anderen Seite des Hafenbeckens für ein Bild der Steuerbordseite des Schiffs.

Normalerweise kann man ja nur die Backbordseite sehen – die “Packbordseite” mit der Ladeklappe.

Die Nordlys in Honningsvåg

Neu am Hafenbecken ist ein weiteres Kunstwerk aus Treibgut: Gegenüber des Kulturhauses hängt ein weiteres Kunstwerk aus Müll an einer Hausecke; die Gummistiefelsammlung am Kulturhaus gibt es ja schon lange.

Dann gehe ich hoch zum Friedhof, um den Ausblick über den Ort zu genießen. Das ist zwar steil, aber ohne Schnee ein richtig kurzer Ausflug. Der Ausblick ist natürlich nicht ganz so schön wie am Nordkapp… Auf dem Friedhof ist auch die markante Büste für den Regisseur Knut Erik Jensen, der den “Männerchor von Berlevåg” (“Heftig og begeistret”, auf Englisch “Cool and Crazy)” gedreht hat. Wer an Nordweh leidet, kann sich den Film als Kur antun. Ein ernüchternd-deprimierender Streifen über das Leben in Nordnorwegen, und dennoch der vierterfolgreichste norwegische Film.

Zurück auf dem Schiff nutze ich die Gelegenheit, um ein paar Fotos von der Nordlys zu machen, während kaum jemand an Bord ist – wenn auch im Dämmerlicht der Polarnacht. Was gibt es über das Schiffchen zu erzählen? Sie wurde 1994 bei der Volkswerft in Deutschland gebaut und 2019 umgebaut, dabei erhielt sie die heutige Inneneinrichtung, und einige Kabinen auf Deck 6 wurden zu Suiten zusammengelegt und teilweise mit Erkern ausgestattet. Dadurch hat sie jetzt noch 210 Kabinen für bis zu 590 Passagiere – mit Tagesgäste dürfen sogar 691 auf das Schiff. Mit 122 Meter Länge ist sie ganz schön groß, solange man keine Kreuzfahrtschiffe kennt – sie ist etwa genauso groß wie die anderen 90er-Jahre-Schiffe, die Hurtigruten aktuell auf der alten Postschifflinie einsetzt. Da sie recht spät umgebaut wurde, ist der Umbau etwas hübscher gelungen als bei den früher umgebauten Schiffen.

Und dann? Während das Schiff Apfelkuchen und heiße Schokolade für die zurückkehrenden Ausflügler vorbereitet, mache ich noch einmal Powernapping. Irgendwie hat die Tour es in sich… und es gibt heute auch nicht mehr viel zu sehen, als wir Honningsvåg verlassen, dämmert es schon deutlich. Die Überfahrt nach Kjøllefjord ist daher unspektakulär, bei überraschend ruhiger See. Um 15:30 ist Thomas mit seinem Vortrag über das Sonnensystem dran, anschließend gibt es wieder ein Treffen mit dem Expeditionsteam, das von Nordlichtalarm unterbrochen wird – um 17:45, kurz vor dem Abendessen. Also ab an Deck, und die Kamera aufbauen. Ich freunde mich schon mit dem Gedanken an, das Abendessen ausfallen zu lassen (ich hätte mir die Mørketidsboller länger aufheben sollen), aber so toll ist es dann doch noch nicht – ich entscheide mich für das Abendessen, schließlich laufen wir um 18:55 schon wieder Mehamn an. Aber ganz hübsch anzuschauen war es auf jeden Fall:

Etwas Polarlicht vor Mehamn

Soweit ist das Polarlicht also nicht besser als beim letzten Mal, und die Nacht ist noch jung. Da sollte später noch mehr kommen, die Barentssee ist ja mitten im Polarlichtoval.

Nach Mehamn teilen wir uns wieder auf: Thomas ist achtern auf Deck 7, und ich baue meine Kamera vorne am Bug auf. Es beginnt ruhig, und irgendwann wird es mir zu kalt, sodass ich meine zweite Kamera unter Deck bringe.

Polarlicht zwischen Mehamn und Berlevåg

Und es funktioniert immer wieder: Um 20:20 brennt der Himmel für einige Minuten. Mit der Nikon verpasse ich das, weil die weiterhin in Fahrtrichtung ausgerichtet ist, während die große Show über uns und rechts von uns stattfindet – aber das ist auch ganz gut so, da wären ohnehin alle Bilder überbelichtet. Die KAmera ist weit weg auf Deck 3, so bleibt mir nur mein Handy, und mit dem kann ich das sogar filmen. Auf dem Handy-Display sieht das sogar ganz gut aus, nur in groß darf man es nicht anschauen…

Aber: Wow! Das ist die Show, die ich immer zeigen (und vor allem selbst sehen) will. Grün und Rot am Himmel, schnelle Bewegung und tanzendes Licht, Ahs und Ohs an Deck, und später überall lächelnde Gesichter. So macht der Job wirklich Spaß.

Die große Show dauert keine fünf Minuten, aber was für ein Spektakel. Deshalb sind wir alle hier.

Danach wird es wieder ruhiger, ist aber immer noch beeindruckend. Als das Expeditionsteam um 21 Uhr den Interessenspunkt Nordlichtjagd auf Deck 7 veranstaltet, ist nicht mehr viel los – mit den Getränken kann man auf den Erfolg anstoßen, aber die große Show ist vorbei. Feierabend machen lohnt sich trotzdem noch nicht, auch nach dem Halt in Berlevåg gibt es immer wieder etwas zu sehen. Ich streiche gegen Mitternacht die Segel, aber auch um halb drei war noch etwas zu sehen. Aber bis mein Rechner die ganzen Fotos verarbeitet hat, wird es morgen Mittag werden – und viel besser kann es kaum noch werden.