Die erste Nacht an Bord verging für mich ganz angenehm, andere hatten leichte Probleme: War man Abend noch sanft in den Schlaf gewiegt worden, ging es über Nacht auf offene See, und am Morgen passierten das Westkapp bei Windstärke acht bis neun. An Deck war es ein klasse Gefühl, während die morgendliche Dusche schon etwas anspruchsvoller war.
Zum Frühstück gibt’s wie in den nächsten Tagen üblich ein reichliches, fischlastiges Buffet, bei dem meine Versuche, das dänische Smørebrøt nachzubauen, mir einige seltsame Blicke bescheren. Immerhin weiß ich jetzt, dass Smørebrøt eigentlich nur belegtes Brot bedeutet. Und Norwegisch ist eine nette Sprache: Die Butter heißt Smør, was ich mal frei als Schmiere übersetze. Passend für etwas, das auf’s Brot geschmiert wird.
Kurz nach 10 (Frühstück gibt’s von 7-10 Uhr) machen wir den ersten Halt, von dem ich etwas mitkriege: Ein kurzer Stop in Møre, den man nutzen kann, um kurz das Schiff zu verlassen und ein paar Fotos zu machen, bis das Schiffshorn die Abfahrt ankündigt. Dann bleiben noch ein paar Minuten, um wieder an Bord zu gehen. Mit der Cruise Card meldet man sich immer an und ab – damit klar ist, wer an Bord ist. Gewartet wird aber auf niemanden, wer zu spät kommt, darf sehen, wie er wieder an Bord kommt. Den ersten Landgang spare ich mir aber, den hebe ich mir für Ålesund nach dem Mittagessen auf.
Die Zeit bis Ålesund wird auch genutzt, um sich an Bord mit dem Wichtigsten einzudecken. In Norwegen gibt es nichts umsonst, aber immerhin ist im Reisepreis ein sehr schönes Buch inbegriffen, dass man sich beim Tour Guide abholen kann. Es stellt alle Etappen der Reise vor – zumindest an zwei oder drei Tagen schaffe ich es sogar, die Kapitel zu lesen, bevor wir die Orte passieren.
Die Cruise Card ist ohnehin im Reisepreis inbegriffen. Sie dient als Zimmerschlüssel, zum An- und Abmelden auf dem Schiff und zusammen mit den hinterlegten Kreditkartendaten zum Bezahlen. Und das macht man oft genug, denn der Coffee-Deal, bei dem man einmal den Becher kauft und sich dann das ganze Jahr auf der Nordkapp am Kaffee- und Tee-Automat bedienen kann, gilt nicht während der Essenszeiten im Speisesaal. Ab 12 Tassen Kaffee/Tee hat man den Preis wieder drin – aber das Teewasser ist dermaßen kochend heiß, dass es in dem Isolierbecher ewig braucht, bis es auf Trinktemperatur kommt.
Ebenfalls an diesem Tag gab es eine kleine Infoveranstaltung zum Schiff und einen Film über Polarlichter. Toll. Der Film ist neu, bislang wurden nur schöne Bilder gezeigt (die DVD gibt’s im Schiffsshop) und der neue Film nimmt gleich mal meinen halben Vortrag vorweg. Also immer schön zuhören, damit ich im Vortrag nichts gegenteiliges behaupten werde:-)
Ålesund erreichen wir kurz nach Mittag. Die Stadt wurde nach einem Großbrand Anfang des 20. Jahrhunderts im Jugendstil neu aufgebaut und ist sehenswert – das regnerische Wetter bietet aber keine besonders gute Kulisse. Anstelle der Stadtführung entscheiden wir uns, Ålesund auf eigene Faust zu erkunden, und den Hausberg Aksla zu erklimmen. Anders als beim Fløyen in Bergen gibt es hier keine Bergbahn, sondern eine ganze Reihe von Stufen.
Die über 400 Stufen sind eigentlich kein Problem, aber der heftige Wind machte den Aufstieg zu einem Erlebnis – ich hatte ein paar Mal das Gefühl, gleich weggeblasen zu werden. Immerhin gibt’s meistens ein Geländer…
Oben angekommen bietet sich nicht nur etwas Windschutz, auch von Regenschauern bleiben wir verschont und können den Blick über Ålesund schweifen lassen. Im Hafen versteckt sich auch die Nordkapp: Im Vergleich zu den Häusern schon ganz groß. Zum Glück sind wir nicht während der Kreuzfahrtsaison hier, wenn Riesen-Schiffe wie Aida und Co den Hafen voll machen. So sind wir weitestgehend unter uns und können die Ruhe genießen, bevor der Abstieg beginnt. Dabei kann ich langsam die Albatrosse verstehen, die erst ab Windstärke 8 fliegen können. Ein Mantel bietet zwar guten Schutz gegen Regen, aber auch genug Windangriffsfläche.
Unten angekommen schlendern wir noch ein wenig durch das Städtchen, das am Sonntag nicht viel zu bieten hat – bis wir auf einen Souvenirshop stoßen, der überraschenderweise geöffnet hat. Neben viel Kitsch mit Wikingern und Elchen (bei dem kleinen Bleistiftspitzer in Elchform konnte ich nicht wiederstehen) gab es im Obergeschoss auch Kleidung, teils sogar zu akzeptablen Preisen – die Gelegenheit, um verlorenes Gepäck zu ergänzen oder neue, warme Kleidung anzuschaffen.
Auf dem Rückweg begegnen wir dann noch der Gruppe, die die Stadtführung mitmacht, und da das Wetter weiterhin bedeckt bis regnerisch ist, können wir den Abend leider ruhig ausklingen lassen. Nach Polarlichtern sieht es nicht aus, und wenn, hätten sie keine Chance. Also verbringen wir den Abend in der Bar und dem Panoramasalon auf Deck 7 und holen die Kamera nur raus, um Abends noch ein paar Fotos von Kristiansund und dem Schiff zu machen. Außerdem konnte die Ausbeute des Tages noch einmal verglichen werden – dieser Elch mit Bleistiftspitzer im Popo (Bild bei Twitter) ist wirklich zu bescheuert, der musste einfach sein. Das kleine Hand-Spektroskop hatte ich schon mal als Vorbereitung für meinen Vortrag am nächsten Tag dabei, das war kein Souvenir.