Mein Tag beginnt gegen 8 Uhr – allerdings in Honningsvåg und nicht wie geplant in Havøysund. Irgendwie haben wir es geschafft, in der Nacht ordentlich Verspätung einzufahren. Zugegeben: Die Barentssee hatte einiges an Wellen, aber vor allem waren wir deutlich länger als geplant in Båtsfjord und Berlevåg gelegen. Theorie: Der eine Arbeiter, der in Oslo immer eine Ewigkeit braucht, um die Flugzeuge zu entladen, hat auf die Trollfjord gewechselt. Zumindest ist von der üblichen betriebsamen Entladetätigkeit in den Häfen nichts zu merken, schon auf der nordgehenden Route gab es statt des üblichen Gabelstapler-Ballets eher einen langsamen Gabelstapler-Blues.
In Honningsvåg schaffe ich es nicht an Deck, und der Magerøyasund präsentiert sich wieder kontrastarm und bietet eher wenig Fotomotive. Um halb neun lege ich dann einen Spurt an Deck hin: Eine Schiffsbegegnung wird durchgesagt, die Havila Capella – das erste Schiff von Havila Kystruten, das seit Dezember im Dienst ist und sich den Fährbetrieb mit der Hurtigrute teilt. Wenn die Reederei Hurtigruten AS nicht die Namensrechte an der Bezeichnung Hurtigruten für den norwegischen Riksvei Nr. 1 (die „Reichsstraße Nr. 1“) von Bergen nach Kirkenes übernommen hätte, würden sie gemeinsam mit Hurtigruten die Hurtigrute befahren – der Fahrplan ist der selbe, nur der Name ist anders. Schade, dass der Fahrplan vor einigen Jahren so geändert wurde, dass es keine Schiffsbegegnungen mehr in den Häfen gibt. Früher konnte man so einen Blick in das andere Schiff werfen – jetzt müsste ich bei Havila buchen, um mal einen Blick ins Schiff zu werfen…
Mit zwei Stunden Verspätung erreichen wir Havøysund – mittlerweile sehe ich für den Aufenthalt in Hammerfest ziemlich schwarz. Irgendwie muss die Zeit ja reingeholt werden. Nun, so bleibt noch einmal die Zeit, einen letzten Blick auf Norwegens höchsten Norden zu werfen. Mit etwas Geschaukel geht es dann südwärts.
Um 12:45 gibt es endlich den Interessepunkt Melkøya. Die Insel liegt direkt vor Hammerfest und beherbergt eine große Industrieanlage zur Flüssiggasgewinnung. Von hier führen 140 km lange Pipelines zu unterseeischen Bohrplattformen in 300 Meter Tiefe; das dort geförderte Gas wird hier tiefgekühlt und mit Tankern in alle Welt verschifft. Norwegen gewinnt seine Energie aus Wind- und Wasserkraft und verkauft die fossilen Brennstoffe lieber. Niri, der in den letzten Tagen krank war, ist nun wieder fit und moderiert den Point of Interest, zusammen mit dem französischen Reiseleiter (den jeder mittlerweile kennt: Nach den Schiffsdurchsagen kommt eine weitere von ihm auf Französich. Kontakt zu den Französischen Passagieren habe ich aber keinen: Ich kann Deutsch, Englisch und ein paar Brocken Norwegisch anbieten, aber kein Französisch, und die Franzosen nur Französisch).
Für Hammerfst ist nur ein “Short Stay” angekündigt, von 13:05 bis 13:45. Bis wir angelegt haben, vergeht eine weitere Viertelstunde. Damit bleiben vielleicht 20-25 Minuten für einen Landgang – ich verzichte. Sehr schade, denn wir haben einen neuen Anleger an der anderen Seite des Hafens. Damit haben wir leider maximalen Abstand zum Stadtzentrum mit Eisbärenclub, Wiederaufbaumuseum, Kirche und Rathausplatz – es wird immer wieder diskutiert, ob es einen Shuttlebus ins Zentrum gibt und ob er etwas kostet, aber das hat sich für uns bei dieser Liegezeit eh erledigt. Der Grund für den Ortswechsel ist, dass der Anleger umgebaut wird.
Das wäre die Gelegenheit gewesen, einmal die Meridiansäule zu besuchen, die an Struves Landvermessung erinnert und normalerweise außer Reichweite ist. So wäre es ein Ausflug von etwa 40 Minuten Gehzeit zu Meridiansäule, der Fuglenesodden-Landspitze mit dem kleinen Leuchtturm und Resten einer Befestigung aus den napoleonischen Kriegen (der “Schanze” – Hammerfest Skansen) und zurück zum Schiff gewesen. Günter wagt den Spurt und ist in knapp 10 Minuten an der Säule – Touch-and-Go, er ist gerade rechtzeitig zur Abfahrtszeit wieder im Schiff. Ich mache nur ein paar Fotos von Deck 6 und Deck 9 aus.
Die Meridiansäule ist links neben dem kuppelüberdachten Gebäude zu finden, leider führt kein direkter Weg dorthin. Und wie es sich für einen Industriehafen gehört, gibt es hier auch sonst nicht viel zu sehen.
Um 14:30 gibt es auf dem Schiff einen englischen Vortrag, und um 15 Uhr beginne ich meinen über Sternbilder und ihre Mythen – und diesmal stört kein Wellengang. Wir liegen nämlich immer noch im Hafen, der Unmut wächst. Das ist kein Short Stay, sondern wäre die Gelegenheit gewesen, doch noch etwas von Hammerfest zu sehen. Stattdessen liegen wir ohne jegliche Info im Hafen. Erst um 15:45 heißt es “Leinen los”.
Dementsprechend gut besucht ist auch das Gathering mit dem Expedition Team um 17:15, man will wissen, was los ist. Anscheinend war ein Elektriker an Bord, um auf der Brücke eine Reparatur durchzuführen. Das ist ja schön – aber hat wirklich jemand geglaubt, dass das in einer halben Stunde erledigt ist? Etwas mehr offizielle Liegezeit, und alles wäre gut gewesen…
Die Wettervorhersage für heute besteht aus Wolken und etwas Schnee. Ich schaue sporadisch raus, kann das aber nur bestätign: Keine Chance auf Sicht auf Polarlicht. Immerhin haben wir mittlerweile so viel Verspätung, dass wir Øksfjord zum Abendessen erreichen. Damit sieht man zwar nichts von dem Örtchen, das von eindrucksvollen Bergen umrahmt ist, aber es schaukelt nicht beim Abendessen. Kurz vor 19 Uhr verlassen wir Øksford, sodass es erst zum Dessert auf die unruhige Loppa geht.
Skjervøy erreichen wir um 22 Uhr statt um 19:30, und damit ist der Tag dann auch gelaufen. Noch vier Stunden aufbleiben, bis wir Tromsø erreichen, bringt es nicht – und für einen Kneipenbummel wird die Zeit eh nicht reichen.
Also noch kurz die Hafenabfahrt mitnehmen und der Kong Harald zuwinken, die darauf wartet, dass wir den Kai freimachen, und dann Feierabend. Unsere Ankunft für Harstad morgen früh wird auf 9 Uhr geschätzt, der Vesterålen-Busausflug wird wohl etwas kürzer werden als geplant.