Hurtigrute Tag 5: Tromsø

Der Tag beginnt recht früh: Um 10 Uhr habe ich meinen ersten Vortrag. Damit findet er statt, noch bevor wir Finnsnes erreichen. Wie Günter ihn so schön ankündigt: Es geht um das, was wir gerade nicht sehen können – die Sonne. Rechtzeitig vor dem Halt in Finnsnes bin ich fertig; bei der halben Stunde Aufenthalt lohnt es sich auch kaum, von Bord zu gehen. Das einzige erreichbare Ziel wäre das Denkmal für den Wikinger-Reisenden Othar, das auch vom Heck des Schiffs am Hafenbecken zu sehen ist. Heute begnüge ich mich mit dem Rundblick vom Schiff: Die Brücke nach Senja, das Haus mit der Schoko-Werbung und das Hafenbecken.

Die Nordlicht-Lieferung?

Hoffnung macht immerhin ein LKW, der am Hafen entlang fährt – bringt der die ersehnte Nordlicht-Lieferung? Langsam wird es Zeit. Allerdings hält er nicht am Schiff.

Mist.

Die Fahrt von Finnsnes nach Tromsø ist ruhig, und das Wetter ist prinzipiell gut, aber bewölkt. Ich hatte hier auch schon dichten Nebel. Die schneebedeckten Berge bieten daher eine immer wieder schöne Kulisse, und kurz vor Tromsø ruft das Expeditionsteam zum nächsten Point of Interest: Dem Rystraumen bei der Insel Ryøya. Wir merken davon nur wenig, das Wasser ist lediglich etwas aufgewühlter. Ein Projekt, hier Turbinen zur Stromgewinnung zu installieren, ist mittlerweile Geschichte, auch wenn es die Häuser in der Umgebung mit Strom versorgen konnte.

Ebenso Geschichte ist der Versuch der Uni Tromsø, 1981 auf der Insel wieder Moschusochsen anzusiedeln – das letzte Tier starb 2018.

Kurz darauf laufen wir in Tromsø ein, wo das Schwesterschiff der Trollfjord, die Midnatsol, bereits angelegt hat. Immerhin: Das neue Prostneset-Gebäude passt wenigstens zur Trollfjord. Bei den anderen Schiffen liegt die Gangway links von dem Treppenturm, sodass man einen kleinen Irrweg vor sich hat, um endlich zur Rolltreppe und in die Stadt zu gelangen. Von der Gangway der Trollfjord kommen wir direkt zur Rolltreppe.

In Tromsø steht Shopping an – es wäre zwar nett gewesen, mal wieder auf den Storsteinen zu fahren, aber das Wetter ist nicht optimal, und später erfahre ich, dass aktuell auch nur Gruppen hochgedurft hätten – warum auch immer. So sammel ich Kassenzettel für die Tax Free Mehrwertsteuerrückerstattung. Eine gute Regenjacke für die britischen Inseln ist fällig…

Danach geht es einmal durch die Stadt: Über den Hafen rauf auf den Aussichtspunkt bei der Marineschule, und dann zurück ins Stadtzentrum. Beim Abstieg kommt uns wohl eine Ausflugsgruppe der Midnatsol entgegen: Alle uniform in rot gekleidet. Da lobe ich mir doch unsere Gruppenreise, bei der wir nur Angebote machen, aber jeder ganz individuell unterwegs sein kann, wenn er will.

Tromsø selbst erholt sich langsam wieder von der Pandemie, es gibt weniger Leerstände als noch vor einem halben Jahr. In den Souvenirshops und Buchhandlungen werde ich trotzdem fast nicht fündig. Nur ein Elch muss mit, man hat ja noch nicht genug…

Ansonsten präsenstiert sich Tromsø bei Tauwetter nicht von seiner besten Seite.

Unsere Abendessensitzung um 18:30 ist theoretisch kurz nach der Abfahrt aus Tromsø, aber wir haben Verspätung. Anscheinend ist die Hundeschlittentour zu spät. Aber wir haben ja vorhin auch eine Viertelstunde beim Anlegen vertrödelt…

Die Überfahrt nach Skjervøy ist frustrierend: Es gibt tatsächlich ein paar Wolkenlücken, aber es nichts zu sehen außer etwas grauem Dunst, der auf der Kamera einen Hauch von Grün zeigt. Das könnte mal Polarlicht geben, wenn es sich etwas Mühe gibt. Nicht mal der alte Trick funktioniert, dass ich aufgebe und ins Schiff gehe, um dann von den Draußengebliebenen zu hören, dass ich die Show verpasst hätte. Ich wäre ja sogar zu Opfern bereit. Als wir Skjervøy erreichen, kommentiert das einer der Leute am Bug treffend: “Ein Gutes hat der Wind: Wir gehen jetzt rein.”

Über Skjervøy ist eine größere Wolkenlücke, und tatsächlich werden die grauen Wolken kurz heller – für etwa eine Minute gibt es tatsächlich einen kleinen hellen Streifen, den die Kamera deutlich grün sieht. Aber der Spuk ist fast sofort wieder vorbei. Zum Glück bin ich nicht gleich zur Rezeption gerannt, um Bescheid zu sagen. Es war nur ein kurzer Teaser, danach kann nur noch die Kamera Grün nachweisen, das bald hinter den Wolken verschwindet, während wir die offene Seestrecke der Loppa ansteuern.

Eigentlich mag ich meinen Job ja. Aber das ist frustrierend. Immerhin ist für Morgen Polarlys angesagt: Da treffen wir die südgehende Hurtigrute MS Polarlys, die in dieser Nacht in der Barentssee ihr erstes Erfolgserlebnis haben wird. Und ich? Mache Feierabend, als wir auf die Loppa einbiegen und die Wolkendecke sich schließt. Falls der Captain doch was sieht: Die Infotaste am Telefon ist an.

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