Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

Das Tagesprogramm

Wir haben gewendet und sind jetzt die südgehende Hurtigrute – nachdem wir gestern von Kirkenes erst einmal nach Nordosten gefahren waren, dann bei Vardø abdrehten und irgendwann in der Nacht mit Mehamn den nördlichsten Hafen passiert haben, stimmt das sogar.

Der erste Hafen, den wohl die meisten mitbekommen, ist Havøysund. Schon aus der Ferne ist das gleichmäßige rote Blinken der Windräder zu sehen, die über dem Ort stehen. Wir haben gute 20 Minuten Verspätung, sodass es schon recht hell ist, als wir in dem kleinen Hafen anlegen. An Land sieht es ziemlich glatt aus, aber zum Aussteigen langt die Zeit ohnehin nicht.

Jetzt ist es auch einmal weitestgehend klar, sodass die Blaue Stunde ihre volle Wirkung zeigt. Und ein Stück weiter ist es ebenfalls blau: Die Havila Capella mit ihrem typischen blauen Rumpf zieht ihre Kreise und wartet darauf, dass wir endlich den Anleger frei machen. Die Zeit, die wir hier verplempern, geht von deren Liegezeit in Honningsvåg ab. So macht man sich Freunde…

Unser Konkurrent Marktbegleiter hat ebenfalls schöne Schiffe, und hoffentlich bald auch alle vier Schiffe am Start. Dann teilen sich Hurtigruten und Havila die elf Abfahrten ab Bergen auf der Kystrute (wie die Hurtigrute jetzt heißt, weil Hurtigruten AS die Namensrechte hat). In Tromsø konnte ich neulich einen Blick in eines davon werfen – wenn die Schiffe längere Zeit im Hafen liegen, kann man auch als “Port Guest” an Bord gehen und sich umschauen. Chic, allerdings gibt es kein Umlaufdeck. Wer am Bug stehen will, steht ganz oben über der Brücke vor dem Panoramasalon, und das Sonnendeck ist etwas zerklüftet. Nicht ganz optimal zum Nordlicht-Gucken.

Verglichen mit den letzten Tagen ist die anschließende Fahrt nach Hammerfest richtig ruhig. Und das Wetter? Wenn schon kontrastarm, dann richtig…

Aber manchmal klappt das mit dem berühmten wechselhaften norwegischen Wetter, und innerhalb von zehn Minuten wird aus einer trüben Suppe ein hübscher Himmel.

Melkøya

Mit 20 Minuten Verspätung passieren wir kurz vor elf die Flüssiggasanlage Melkøya. Roman vom Expeditionsteam macht wieder den Interessepunkt, und ich mache ein paar Fotos. Same procedure as every time… Mittlerweile ist die Anlage nach dem Brand von 2022 längst wieder in Betrieb (seit Mai ’22) und verflüssig das Gas aus dem 160 km entfernten Bohrfeld Schneewittchen für den Transport in alle Welt. Einiges dürfte jetzt auch in Deutschland landen.

Wir umrunden die “Milchinsel” und die Fuglenes-Halbinsel, an der wir auch anlegen. Noch bis “voraussichtlich 2023” wird der Hafen neu gestaltet, bis dahin legen wir fern vom Stadtzentrum an. Das Industriegebiet ist optisch wenig ansprechend, und aus der Ferne ist das Stadtzentrum mit der Kirche zu erkennen. Neben ihr ist die Rutsche, an der der Schnee entsorgt wird – aber viel Schnee liegt nicht.

Für 100 NOK fährt ein einzelner (rasch ausgebuchter) Shuttlebus ins Stadtzentrum, wobei wir heute wegen unserer Verspätung einen verkürzten Aufenthalt haben.

Ich verzichte auf die Fahrt in den Ort und überlasse den Platz gerne den Reisenden, die noch nicht in Hammerfest waren. Vielleicht kann ich nächstes Jahr wieder mein übliches Bild auf der Bank am Musikpavillon machen und den Eisbärenclub an seinem neuen Standort besuchen. Stattdessen geht es mit Arno zur Meridiansäule, die an Struves Vermessungsarbeit erinnert. Hammerfest hat zwar extrem wenig Schnee, aber der Weg ist gut vereist – wohl dem, der Spikes dabei hat.

Die Schanze

Da die Insel Industriegebiet ist, gibt es keinen direkten Weg zur Meridiansäule, und man muss ein paar Minuten einplanen, um die Werksgelände zu umrunden. Nach der Säule gibt es einen Wellenbrecher, von dem man einen netten Blick auf das Schiff hat, sowie die Spitze der Halbinsel mit einem kleinen Leuchtturm und einigen Gebäuden, die ursprünglich auf Melkøya standen und nun als kleines Freilichtmuseum wieder aufgebaut wurden.

Am “Gipfel” des Hügels liegt außerdem Skansen, die kleine Schanze mit einer Kanone, die einst zur Verteidigung der Stadt errichtet wurde (nach einem Überfall der Engländer 1809) und jetzt eher einer Eislaufbahn gleicht.

Und dann müssen wir auch schon zurück aufs Schiff, das seinen Aufenthalt natürlich nicht verlängert. Der nächste Hafen ist Øksfjord, und die Fahrt ist schon unruhiger: Wir haben wieder etwas Seegang. Um 14:30 bietet das Schiff Vorträge an, und um 16 Uhr bin ich dann exklusiv für unsere Nordlicht-und-Sterne-Gruppe dran. Ich erzähle wieder einmal Märchen und mache einen Streifzug durch die Entstehungsgeschichte der Sternbilder, soweit diese bekannt ist. Der Vortrag fällt mit Øksfjord zusammen, damit wir währenddessen möglichst ruhiges Wasser haben. Eine Dreiviertelstunde brauche ich, und dann wird es auf der Loppa auch schon wieder wackliger. Loppa macht Hoppa…

Im Anschluss hat das Expetionsteam wieder seine tägliche Versammlung, und Robert bietet eine kurze Sternführung am Nachthimmel an – die wegen Dunst aber ausfällt. Mist. Für Skjervøy ist die einzige größere Wolkenlücke für den Rest unserer Zeit nördlich des Polarkreises angesagt, gegen 20 Uhr soll es schon wieder zuziehen. Das wäre unsere beste Chance für Polarlicht; morgen bei Svolvær ist die Bewölkung eher 50/50. Übermorgen in Rørvik sind wir für die aktuelle, eher schwache Polarlichtaktivität schon wieder ziemlich weit im Süden, und uns erwarten ordentliche Wellen…

Zum Abendessen kommt dann die Info (danke an unsere Gruppe), dass es achtern schwaches Polarlicht gibt. Ich schaue mir das an: Ja, es schimmert hinter den Wolken… ich gönne mir noch den Nachtisch, Arno schickt eine Info-WhatsApp an unsere Gruppe, und dann gehe ich raus. Da ist ein schwacher Bogen, aber sehr flach am Horizont und in einem hoffnungslosen Kampf gegen die Wolken. Die halbe Stunde bis Skjervøy bleiben wir am Heck, dann gebe ich auf. Das Schiff macht auch noch eine Durchsage, aber da ist es schon fast völlig zugezogen.

Etwas Polarlicht vor Skjervøy

Immerhin, im Zeitraffer schaut es ganz hübsch aus. Aber eine richtige Show fehlt doch noch…

Die Trollfjord

Nun, so habe ich Zeit zum Bloggen und Bilder bearbeiten, bis wir gegen Mitternacht Tromsø erreichen. Gelegentliche Schneeschauer vor dem Fenster machen deutlich, dass es sich auch nicht lohnt, rauszugehen. Nur für die Begegnung der nordgehenden MS Trollfjord gehen wir doch kurz raus – ein lausig-kalter, starker Wind weht. Gut, dass wir hier eine recht geschützte Seestrecke haben.

Tromsø im Schneeregen

Tromsø erreichen wir pünklich, leider zeigt es sich wie in letzter Zeit allzu oft nicht von seiner besten Seite: Schneeregen bei leichten Plusgraden und Wind. Ich habe das Gefühl, dass wir durch die Regenwolken fahren statt darunter weg.

Und was macht man an so einem Samstagabend in Tromsø? Man geht in den Pub und genießt die gut Stunde Aufenthalt, die uns bleibt. In diesem Sinne: Gute Nacht!

One thought on “Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

  1. Apropos Pub in Tromsø: Wir gehen immer in die Tromsø Mikrobryggeri, Storgata 78, gute lokale Craft Biere der Bryggeri 13 (und ein paar weitere norwegische). Oder ins Café Sånn im Kulturhaus, recht große Auswahl internationaler Craft Biere. vom Hahn.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert