Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Das Tagesprogramm

Die Wetterprognose für heute ist zum glück schlechter als die Realität: Für Trondheim ist starker Dauerregen und überfrierende Nässe angesagt, stattdessen ist es zwar trüb und stellenweise glatt, aber bis auf einen paar Tropfen Nieselregen trocken. Eher deutscher als norwegischer Winter…

Die Fahrt durch den langen Trondheimfjord ist erwartungsgemäß unspektakulär, und als wir Munkholmen gegen halb 10 passieren, liegt die Trollfjord gerade noch an unserem Platz am Kai. Ich hätte mir beinahe endlich mal wieder einen Interessenspunkt angehört, um zu sehen, was das Expedition Team über Munkholmen erzählt, lande aber dann doch wieder auf Deck 5, wo man einen besseren Blick hat. Auf Deck 7 drängt sich alles an der kurzen Reling, auf Deck 5 ist Platz.

Mittlerweile hat sich auch rumgesprochen, dass ich die Tour schon ein paar Mal gemacht habe und ein paar gute Fotospots kenne, ich bin nicht allein:-) Wenig später fährt die Trolfjord dicht an uns vorbei und zwischen der Richard With und Munkholmen hindurch. Schöne Fotogelegenheit, auch wenn das schöne Wetter aus Ålesund leider hinter uns liegt – und ich kein Bild der Trollfjord mehr brauche, da sie mittlerweile nur noch aushilfsweise im Liniendienst ist. Wer weiß, ob ich noch einmal eine Gelegenheit habe, auf ihr zu fahren? In Zukunft soll sie für Hurtigruten Expeditions fahren und wie schon die Ex-Finnmarken (jetzt Otto Sverdrup) und die Ex-Midnatsol (jetzt Maude) vor allem touristisch geprägtere Reisen ab Deutschland oder England machen, mit längeren Stops in den größeren norwegischen Häfen.

Für uns bleibt nur ein viel zu kurzer Halt in der alten Königsstadt Trondheim, schließlich muss der lange Tag in Ålesund wieder reingeholt werden… drei Stunden abzüglich einer Viertelstunde für das Anlegen (mit Rückwärts einparken auf der richtigen Höhe für den Flüssiggas-Turm, und die Gangway ausfahren) und 10-15 Minuten vor Ablegen wieder an Bord sein reichen nur für einen zügigen Gang durch das alte Industrieviertel Nedre Elvehavn mit dem Solsiden-Einkaufszentrum und danach durch Bakklandet, wo sich dann die Diskussion ergibt, welches Café den besten Kaffee hat: Arno und Robert haben die Stadtrunde in umgekehrter Richtung gemacht, hier treffen wir uns. Hat das CAfe auf der rechten oder der linken Straßenseite den besten Kaffee der Route, ach was sag ich, der Welt? Ich klinke mich da aus und stimme einfach mal für Senja Roasters, weiter im Norden:-) Für einen gemütlichen Kaffee bleibt ohnehin keine Zeit.

Stattdessen nur ein kurzer Blick zum Fahrradlift und dann ab zu dem Panorama-Ausguck auf Dom, Fluss und alte Brücke, bevor es weiter zum Nidaros-Dom geht. Ein paar Fotos, ein Blick auf die Uhr: Keine Zeit mehr für einen Blick in den Trondheim Torg oder die Vare Frue Kirke.

Also hurtig weiter am Burger King vorbei zu Norwegens größtem Holzhaus, dem Stadthaus der Königsfamilie in Trondheim, und dann stracks zurück zum Schiff.

Die Zeit reicht nur noch für einen kurzen Stop im REMA 1000, und dann bin ich wieder auf der Richard With. 10-15 Minuten hätte ich noch gehabt, aber das Wetter wird auch zusehends unangenehmer: Es tröpfelt immer wieder.

Die Fahrt durch den Trondheim-Fjord geht größtenteils für Verwaltung drauf: Die letzten Vortragstermine abklären, Vortrag vorbereiten, und ein bisschen Flagge zeigen, bevor um 15:20 der nächste Interessenspunkt auf dem Programm steht: Kjeungskjærfyr, der berühmte achteckige, rote Leuchtturm. Im Dezember fiel er aus, weil er saniert wurde und noch in Planen verhült war, jetzt präsentiert er sich dunkelrot vor kontrastarm-grauem Himmel. Aber immerhin ist er wieder zu sehen. Es tröpfelt, sodass sich alle für den Interessieen-Punkt auf Deck 7 unter dem Vordach vom Sonnendach sammeln. Ich bin vorne auf Deck 5 am Bug und werde mit Robert und Arno eingesperrt: Im Lauf des Vormittags war schon der hintere Teil des Umlaufdecks mit Flatterband abgesperrt worden, und auf einmal wird auch vorne abgesperrt. Dass vorne schon Leute standen: Egal… Also bleibe ich einfach da, bis wir das Leuchtfeuer passieren.

Nicht meine stimmungsvollsten Bilder des Leuchtturms, aber immerhin.

Danach heißt es Einsatz: Unser erster Vortrag. Den halten wir zu zweit: Ich erkläre die Physik des Nordlichts, und Robert erzählt über Fotografie und Beobachtung. Den Wetterbericht sparen wir uns bei der Prognose allerdings: Wolken, Wolken, Wolken…

Gathering mit dem Expedition Team im Nachbar-Konferenzraum

Wir bleiben unter einer Stunde, danach noch ein paar Kameras einstellen und dann ist auch schon 17 Uhr: Das Expeditionsteam macht wieder Tagesrückblick. Nett: Sie nutzen beide Vortragsräume, per Videoübertragung von einem Raum in den anderen. Eine Videokonferenz, ganz wie im Homeoffice:-)

So ist es im zweiten Raum schön leer, und ich höre mir das auch einmal an. Was ich lerne: Ich habe nie verstanden, was dieses Haschewu eigentlich bedeutet, das man so oft hört. Es wird Vær so gud geschrieben und bedeutet War scho’ gut. Ich sag’s ja: Norwegisch ist fast wie Schwedisch, und Schwedisch fast wie Schwäbisch. (Na gut: Offiziell wird die Redewendung eher mit “Gern geschehen” übersetzt.) Bei zwei Sprachen und rund 40 Dialekten ist man da recht flexibel bei der Aussprache.

Mittlerweile regnet es sich draußen ein, und nach dem Abendessen (wir haben wieder die Sitzung um 18 Uhr) geht es auf die Folda: Es kommt gut Bewegung ins Schiff, und die meisten suchen sich schwankend einen ruhigen Platz. Raus gehen macht da eh keinen Spaß, Sauwetter. Aber der Sturm, der im Norden tobt und die MS Nordlys Richtung Alta treibt, verschont uns so weit. Es schaukelt, aber recht gleichmäßig. Für mich ist das die Gelegenheit, die Bilder des Tages zu sichten und am Blog zu arbeiten – im Multe auf Deck 7 ist es ruhig, und ich bin fast alleine. Eine Stunde vor Rørvik ist die See dann ruhiger.

Kurs Rørvik

In leichtem Regen erreichen wir Rørvik, wo die Vesterålen noch den Kai belegt, während wir unter der markanten Brücke hindurch fahren. Rørvik ist einer der Häfen, die ich kaum kenne – wir halten hier nur kurz, und als wir früher noch einen längeren Aufenthalt von einer Stunde hatten, war ich auch nur selten mehr als ein paar Schritte im Ort. Damals gab es nämlich in Trondheim und Rørvik noch Schiffsbegegnungen im Hafen mit der Möglichkeit, das andere Schiff zu besichtigen. Die Chance hatte ich Anfangs genutzt, um einmal alle Schiffe kennenzulernen, und später, um ggf. alte Bekannte zu besuchen, die dort gerade fuhren. Die Schiffsbesuche waren immer schön: Jedesmal gingen alle in dem Bewusstsein auf das eigene Schiff zurück, dass das eigene Schiff viel schöner ist. Dazu muss man sagen, dass früher auch jedes Schiff seinen eigenen Stil hatte; heute unterscheidet sich die Inneneinrichtung nur noch in Details.

Nach der Brücke vor Rørvik sehen wir dann die Vesterålen ablegen, wenden und an dicht an unserer steuerbord-rechten Seite vorbeifahren. Um die Uhrzeit beschränkt sich der Gruß auf die Lichthupe. Die Vesterålen dürfte das einzige Schiff sein, das noch die ursprüngliche Inneneinrichtung hat – 80er-Jahre-Chic mit Linoleum, aber auch sie hat ihre Freunde.

Rørvik mit dem Küstenmuseum
Rørvik mit dem Küstenmuseum

Dann können wir anlegen. Das auffällige Gebäude kurz vor dem Anleger ist übrigens das Küstenmuseum. Dafür ist natürlich keine Zeit, selbst wenn es kurz vor 22 Uhr noch offen hätte – dafür kann man dem Gabelstapler beim Be- und Entladen zusehen. Zwei Paletten mit leeren Särgen verlassen das Schiff, andere Fracht kommt an Bord, ebenso ein größerer Van – die Hurtigrute wird weiterhin auch als Autofähre genutzt. Die Schiffe der Havila-Reederei, die vier der elf Abfahrten ab Bergen bedienen, nimmt nur noch Autos von Bergen nach Kirkenes oder zurück mit und nicht mehr auf der Teilstrecke, und überhaupt keine Elektroautos. Da ist Hurtigruten noch näher am alten Transportauftrag, und gerade im Norden ist der wichtig. Die lukrativen Strecken im Süden bedienen andere Reedereien; im Norden verdienen sich die Hurtigrutenschiffe die staatlichen Subventionen, indem sie jeden kleinen Hafen auf dem Plan anfahren.

Nach Rørvik tut sich nicht mehr viel – das Wetter bleibt regnerisch-bedeckt, und an Bord ist nur noch der Polarkreis-Wettbewerb interessant: Irgendwann zwischen 7:30 und 8:30 passieren wir morgen früh den Polarkreis und die Insel Vikingen. Wer die richtige Zeit tippt, kann etwas gewinnen. Für mich heißt das, dass morgen früh der Wecker klingelt…

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