Es gibt ja die Theorie, dass die südgehende Route die entspannendere ist, weil es weniger zu tun gibt und weniger große Häfen gibt. Ich kann guten Gewissens sagen: Das ist falsch, zumindest bei gutem Wetter. Wobei wir gerade auch mit der Helgelandküste an einem besonders schönen Stückchen Norwegen entlang fahren.
Der Tag ging wieder recht früh los: Um 8:20 begegneten wir der nordgehenden Nordlys, wo natürlich die Kollegen gegrüßt werden mussten, die gerade auf dem Schiff sind, und um 8:45 stand dann auch schon die südgehende Polarkreisüberquerung auf dem Programm. Um die Zeit ist die Kugel auf der Insel Vikingen auch deutlich besser zu sehen als noch vor wenigen Tagen.
Direkt im Anschluss fand die Polarkreiszeremonie statt: Lebertran für alle. Noch einen Löffel für die Sammlung. Hurtigruten sollte sich noch etwas einfallen lassen, um auch Messer und Gabeln zu verteilen, dann habe ich irgendwann ein komplettes Service:-)
Dann bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, denn um 10 Uhr steht unser nächster und letzter Vortrag an: Robert zeigt seine Astrofotos und wie sie entstanden sind. Bei der Gelegenheit: Wer einmal selbst auf einer Volkssternwarte durch ein Teleskop schauen will, findet unter https://sternklar.de/gad/ eine Liste mit Sternwarten und Vereinen, oder auf Astrotreff.de eine Karte. Lohnt sich – seine Heimatsternwarte ist die Sternwarte Hannover, meine die Robert-Mayer-Sternwarte in Heilbronn am Neckar. Und mein Astrofotobuch ist links in der Seitenleiste verlinkt:-)
Anschließend: Signierstunde durch die Offiziere; ich biete natürlich auch an, mein Begleitbuch zur Reise zu signieren, was gut genutzt wird. Und dann sind wir auch schon in Sandnessjøen. Die halbe Stunde Liegezeit langt leider kaum, um von Bord zu gehen – eine halbe Stunde sollte man schon an Land haben. Aber es gibt ja auch noch das Mittagessen, um das man sich kümmern muss.
Und weiter geht es: Um 12:15 legen wir ab, knapp 20 Minuten später kann man die Gipfel der Sieben Schwestern gerade so unter den Wolken erahnen, und pünktlich zum Interessenspunkt um 12:45 schneeschauert es schon wieder.
Der Rest der Helgelandküste gibt dafür sein bestes: Das Wetter bessert sich, und Norwegen zeigt sich so, wie man es erwartet: Hohe, verschneite Berge, und eine Sonne tief im Süden. Wunderschön. Die Fahrzeit bis Brønnøysund vergeht wie im Fluge, und damit erreichen wir auch schon die Mitte Norwegens: Von hier ist es bis zum Nordkap genauso weit wie bis zur Südspitze. Südnorwegen fehlt mir noch komplett, da war ich noch nie…
Bei der Anfahrt auf Brønnøysund gibt es noch ein paar Minuten mit perfektem Licht, bevor die Sonne abrupt hinter den Wolken verschwindet. Ich nutze die Zeit in Brønnøysund für einen Gang zum Stein in der Mitte Norwegens (die Schlange, die auf eine Fotogelegenheit wartet, ist ihrerseits auch ein Foto wert), dann zum Einkaufszentrum und schließlich zu den Kletterwänden ein Stück weiter das Ufer entlang. Im Coop werde ich daran erinnert, dass ich gerade auf Entzug bin und noch gar keine Sjokoladeterapi auf dieser Reise gemacht habe… Als ich wieder auf dem Schiff bin, hat uns die drohend aufgetürmte Wolke erreicht, es fängt an zu regnen, und ich spare mir den kurzen Ausflug zum besten Softeis der Küste. Wofür habe ich meine Sjokoladeterapi.
Aber ich muss meine Therapie sanft dosieren: Die Reise neigt sich dem Ende entgegen, und heute Abend gibt es schon das “Diner de Adieu”, wie das Abschiedsessen/Captain’s Dinner für unsere französischen Passagiere angekündigt wurde. Anlässlich des 130jährigen Bestehens der Hurtigrute gibt es heute ein Fünf-Gänge-Menü, wie üblich schon in Brønnøysund, da viele bereits in Trondheim aussteigen. Das spart die zweite Fahrt um das oft stürmische Westkap, und man erwischt einen früheren Flug nach Hause. Auch die Nordlicht-und-Sterne-Touren endeten noch in Trondheim, als ich damit angefangen hatte. Aber bei gutem Wetter sind die letzten eineinhalb Tage nach Trondheim schön, wenn auch weitestgehend ereignislos und ohne größere Häfen.
Ungewöhnlich heute Abend: Der Sekt zum Anstoßen wird im Panoramasalon auf Deck 7 verteilt – für die Gruppe, die um 18 Uhr zu Abend isst, gibt es ihn dann um 20:30; die spätere Essensgruppe kann zuerst anstoßen.
Das Menü ist vorgegeben, wobei ich es interessant finde, dass beim Hauptgang mit Seelachs gewarnt wird, dass er Spuren von Schalentieren und Fisch enthalten kann. Letzteres hoffe ich doch bei Lachs…
Nach dem Essen hören wir, wie Graupel gegen die Scheiben schlägt. Aber so schwach wie das Polarlichtoval gerade ist, brauchen wir auch nicht nach Polarlicht Ausschau halten. Sehr, sehr schade.
Um 20:30 gibt es dann den Sekt im Panoramasalon sowie eine Urkunde dafür, das man im Jubiläumsjahr “130 Jahre Hurtigrute” auf dem Schiff war. Der Kapitän hält eine kurze Ansprache, die unsere Bordreiseleiterin Rebecka übersetzt, dann gehen Offiziere und Expeditionsteam einmal durch den Panoramasalon, und der “Festakt” ist beendet.
Bleiben nur noch der Halt in Rørvik und die anschließende Begegnung mit der nordgehenden Nordkapp, die etwas Verspätung hat. Sieht nach einer interessanten Fahrt über die Folda aus, Windy meint etwas von 3-4 Meter Wellengang. Und tatsächlich ist gut Bewegung im Schiff. Gut, dass ich nicht zu Seekrankheit neige…