Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

Der Tagesplan

Südwärts geht es immer schneller als nordwärts. Ob das daran liegt, dass man alle Häfen ja schon kennt, oder daran, dass wir mittags an Tag 7 der 12 Tage unserer 11-tägigen Reise umkehren und an Tag 12 eh nichts mehr los ist, keine Ahnung. Ich bin verwirrt…

Wie dem auch sei, heute früh halten wir kurz in Havøysund, ein paar Schnappschüsse später gehe ich frühstücken, und dann steht die Begegnung mit der Havila Pollux auf dem Plan. Gefühlt begegnen wir (bei gutem Licht) vor allem den Havila-Schiffen…

Wobei das mit dem guten Licht relativ ist: Die Berge rund um Havøysund liegen unter tief hängenden Wolken, und mit der Havila Pollux im Vordergrund sieht man erst, wie tief die Wolken heute hängen. Das verleiht Norwegen etwas mystisches und wird uns den Tag über begleiten. Wer will bezweifeln, dass es hier Trolle gibt?

Gut, dass wir auf der Kong Harald vor Trollen sicher sind. Ungemach droht uns allenfalls von Draugen, Seeschlangen und dem Unwillen von welchen Götter auch immer hier für Wetter ung Weltraumwetter zuständig sind. Schließlich war das Polarlichtoval heute früh um 7 Uhr ganz passabel – perfekt für Beobachter in Kanada. Ich kann so nicht arbeiten.

Melkøya

Nun, jedenfalls fahren wir entlang der wolkenverhangenen Küste weiter südwärts, bis wir am Vormittag Hammerfest erreichen. Der erste Vorbote ist wieder die Erdgasverflüssigungsanlage auf der vorgelagerten Insel Melkøya, die das Gas des 143 km entfernten Bohrfelds Snøhvitfeltet (Schneewittchen) verflüssigt, in den Tanker verlädt, der schon wartet und es höchstwahrscheinlich nach Deutschland bringen wird, um unsere Tanks für den Winter aufzufüllen. Dank des Russland-Embargos sind wir nun Großabnehmer, wie das Expeditionsteam beim Point of Interest erzählt. Außerdem gibt es wieder den berühmt-berüchtigten Energiekaffee – diesmal werden diverse Zutaten aufgezählt, aber die Reaktion der Kaffeefreunde zeigt mir, dass er wohl weiterhin zu 50% aus Zucker und 50% aus Schweröl besteht. Ich verzichte.

Hammerfest

Der Hafen von Hammerfest wird immer noch umgebaut, sodass wir auf der falschen Hafenseite anlegen, 2,5 km vom Zentrum entfernt. Das Schiff hatte Shuttlebusse angekündigt, wenn auch zu wenige, sodass Peter noch ein Sammeltaxi für und organisiert hatte – zumindest mit 16 Plätzen sollte das für Entspannung sorgen. Für mich war kein Platz mehr (bzw. ich überließ ihn gerne jemandem, der seltener hier ist), daher war mein Plan die Meridiansäule. Das Taxi war dann auch nicht teurer als die Plätze um Bus, nur kam es nicht. Genauer gesagt, kam nicht der geplante 16-Sitzer, sondern drei Taxis, die dann alle in das Stadtzentrum und auf den Berg brachten. Von Hammerfest kann ich daher nur vom Hörensagen berichten, dass Eisbärenclub und Touri-Info zu hatten (an einem Samstagmittag, warum auch nicht), die Straßen für einen Laufwettbewerb mit Gittern abgesperrt waren und zumindest die Kirche beeindruckt hatte. Für mich blieb es diesmal bei Panoramen und Fotos durch das Tele-Objektiv.

Dafür fiel mir auf, dass hier bei der Post auch die Warenausgabe von IKEA ist… Schwedenmöbel für alle.

Mein Weg führte mich wieder zu Struves Meridiansäule, einem Messpunkt von Struves Erdvermessungsprojekt Mitte des 19. Jahrhunderts. Sowohl auf der markanten Insel Håja (oder Norwegens größtem Stein, je nachdem wem man glaubt) als auch auf dem Berg Tyven hinter Hammerfest auf der anderen Hafenseite wären Peilpunkte zu sehen, wenn man die Spitzen der Berge sehen würde.

Vom Schiff aus ist es etwa eine Viertelstunde, ich komme rechtzeitig an, um einer Reisegruppe kurz zuzuhören und ein paar Bilder zu machen, bevor der Bus der Stadtrundfahrt sowie der Hike des Expeditionsteams mit noch mehr Besuchern kommen – Zeit, weiterzuziehen und die Schanze (Skansen) an der Spitze der Halbinsel Fuglenes zu besuchen. Der viereckige Wall wurde nach der Plünderung Hammerfests durch englische Kriegsschiffe während der Napoleonischen Kriege errichtet und beherbergte einst mehrere Geschütze, heute steht hier wieder eine Kanone. Ein Stück weiter ist ein kleiner Leuchtturm und linkerhand ein paar Gebäude, die nach dem zweiten Weltkrieg auf Melkøya standen und heute ein Freilichtmuseum bilden.

Bald wird es auch hier voll, und ich gehe wieder auf’s Schiff, zu meinem ersten Mittagessen an Bord. Da wenig los ist, nutze ich die Chance für ein paar Fotos vom Mittagsbuffet, wird ja doch immer wieder nachgefragt.

Versteigerung

Die Hurtigrutenfondation ist übrigens auch wieder aktiv: Gegen eine Spende von 200 NOK hat man Chancen auf eine Brückenbesichtigung (die ersten Termine fanden heute schon statt), und im Rahmen einer stillen Versteigerung hat man an Tag 10 die Chance auf eine Postflagge und eine Seekarte.

Bevor die Shuttlebusse wiederkommen, mache ich es mir auf Deck 7 im Multe bequem und bereite meinen Vortrag um 14 Uhr vor. Es geht um die Sonne, die sich in letzter Zeit hier ja doch etwas rar gemacht hat.

Erdgastanker

Nach dem Vortrag (der parallel zu einem englischsprachigen Vortrag von Giske stattfindet) gibt es noch eine Sicherheitsübung für die Crew, und ich mache es mir wieder auf 7 bequem – Bilder sortieren und Bücher signieren.

Für Øksfjord gehe ich noch einmal an Deck: Der Ort liegt am Fuß einer riesigen Felswand und hat ein wunderbares Echo, wenn das Schiffstyphoon die Ankunft der Hurtigrute ankündigt. Immer wieder toll. Zur Abwechslung sehe ich den Ort einmal bei Tageslicht mit buntbewaldeten Bäumen an den Berghängen, die dann in den Wolken verschwinden. Magisch.

Øksfjord

Danach geht es die Loppa. Von der offenen Seestrecke ist nichts zu merken – von wegen “Loppa macht hoppa”. Ein Ententeich – wegen Seegang können wir uns bislang echt nicht beschweren. Nach dem Abendessen kommt der entspannte Teil des Abends, wer will, kann um 21;30 am Musikquiz im Panoramasalon teilnehmen (der Hauptgewinn geht an unsere Gruppe). Zeit dafür ist: Es ist und bleibt bewölkt, für Tromsø ist Regen angesagt. Peter und ich nutzen die Zeit, und noch ein bisschen zu schaffen…

Auf den Pub-Besuch und das Nightlife von Tromsø verzichten wir. Morgen gibt es Chancen für besseres Wetter in Svolvær, und hoffentlich macht das Polarlicht endlich, endlich mit…

Kurz nach halb zwölf nehme ich noch die Einfahrt nach Tromsø mit, dann widme ich mich wieder meinem Blog. Tromsø zeigt sich zur Abwechslung mal neblig…

Tromsø im Nebel

Da ich morgen nicht auf die Vesterålenrundfahrt gehe, kann ich eventuell ausschlafen. Noch ein bisschen Blog pflegen, und dann ist Feierabend.

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes

Der Tagesplan

Und schon ist Halbzeit: Als ich aufwache, verlassen wir gerade Vadsø, den einzigen Hafen, den wir nur auf der nordgehenden Route besuchen – von hier ist es nur ein Katzensprung bis Kirkenes, dem Endpunkt (aber nicht dem nördlichsten Punkt) der nordgehenden Route. Ein Blick auf’s Handy, den Wecker ausschalten: Um ein Uhr gab es noch eine Nordlichtsichtung. Toll. Zwar auch nur Kp 3, aber immerhin mit etwas mehr Wolkenlücken. Das muss doch nochmal klappen…

Vadsø

Wie dem auch sei, ich gehe kurz an Deck, einen Blick zurück auf Vadsø werfen: Es liegt unter mächtigen Wolken. Dafür ist die Fahrt durch den Varangerfjord ruhig: Kaum Wellen, und bald kommt das herbstlich-farbenfrohe Ufer wieder in Sicht, das mit gelben Buchen sowie grünen Büschen und Flechten auf dem grauen Stein einen hübschen Anblick bietet.

Kirkenes

Kirkenes erreichen wir pünktlich, zusammen mit (sehr) leichtem Nieselregen. Peter will die große Runde zum Grenzlandmuseum drehen, ich will im Amfi und dem Outdoorladen vorbeischauen. Wir gehen ein Stück zusammen, und einige Gäste machen sich gemeinsam mit uns auf den Weg – aber jeder geht auf eigene Faust, da ist nur Gruppendynamik, kein Gruppenzwang. Das ist auch gut so: Ich arbeite meine Einkaufsliste ab, und wer sich mir an die Fersen heftet könnte eventuell glauben, eine Butterfahrt gebucht zu haben. Aber nach Kirkenes steht nur noch Rentierwurst in einem der letzten Coops auf der Liste, die Fahrt wird billig:-)

Der Gang durch das herbstliche Kirkenes bietet eine Neuheit: Die Türe der Anders-Grotte steht offen, der Ausflug zur russischen Grenze macht hier gerade einen Zwischenstop. Wir können diesen alten Schutzbunker zwar nicht besichtigen, aber es langt für einen schnellen Blick hinein.

Ansonsten gibt es in Kirkenes nicht viel Neues, und an diesem Freitagmorgen sind die Straßen wieder wie ausgestorben. Die Kirche hat zu, das Amfi-Einkaufszentrum offen: Viel finde ich diesmal nicht, aber ein bisschen Shoppen muss sein. Danach verlasse ich unsere Gäste und mache mich auf den Rückweg – es sieht nach Regen aus, und das Grenzlandmuseum oder der berühmte Aussichtspunkt – die Straßenkurve über dem Ort – reizen mich heute nicht.

Kirkenes ist Grenzstadt zu Russland, und den Konflikt merkt man hier auch. Einerseite ist man mit dem Nachbar doch anders verbunden als die fernen Hauptstädte, und die Erinnerung an den 2. Weltkrieg ist noch wach: Damals hatten die Russen die deutsche Wehrmacht vertrieben und blieben als Befreier in Erinnerung, während die Deutschen verbrannte Erde hinterließen.

An einer Stelle im Ort steht das Russenmonument und erinnert an die einstigen Befreier, das Kriegsmütterdenkmal erinnert an das Leid der Bevölkerung, und ein Kleinbus erinnert an den Ukrainekrieg. Die Kimek-Werft treffen die aktuellen Spannungen besonders: Sie lebt unter anderem davon, russische Fischtrawler über Wasser zu halten. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und Sanktionen hat sich ihr Umsatz mehr als halbiert.

Zuletzt mache ich noch einen Abstecher in den Sparemarkt im Hafen. Es gibt Dirndl und Sonnencreme im Angebot. Was man halt so braucht…

Und dann: Zurück auf Schiff. Wir legen mit ein paar Minuten Verspätung ab, die Überfahrt nach Vardø wird durch das Treffen mit dem Expeditonsteam um 14 aufgelockert, sonst geschieht nicht viel.

Vardøhus
Hornøya & Vardø Fyr

Während auf backbord die großen Radarkuppeln die Blicke auf sich ziehen, erhebt sich vor uns das Vogelparadies Hornøya mit dem Leuchtturm von Vardø. Die Info-Durchsage verstehe ich am Bug leider nur schlecht, aber anscheinend hat die Vogelgrippe in der Kolonie ordentlich gewütet. Mal sehen, ob die Bestände sich erholen – jetzt ist die Vogelsaison ohnehin vorbei.

Vardø erreichen wir trotz unserer verspäteten Abfahrt rechtzeitig, damit bleibt ausreichend Zeit für einen raschen Gang zum Hexendenkmal – bei Tageslicht und mit bald 50 Passagieren. Die kleine Festung Vardøhus lasse ich also rechts liegen und gehe quer über den Acker, jetzt sieht man den Weg mal. Das Denkmal besteht aus einem langgestreckten Gang, in dem 91 Glühbirnen an die Männer und Frauen erinnern, die hier im 17. Jahrhundert als Hexen verbrannt wurden.

So eindrucksvoll das auch ist: Wenn 50 Leute in fünf Minuten durch das Gebäude hetzen, hat man nicht viel davon. Zum Glück war ich unter den letzten, die hier ankamen – aber eindrucksvollsten war mein erster Besuch hier: In finsterer Nacht mit Taschenlampe den Weg gesucht und alleine in dem sturmumtosten Bauwerk gewesen… Heute konnte es seine bedrückende Atmosphäre kaum entfalten.

Zurück an Schiff bleibt vor dem Abendessen um 18 Uhr noch etwas Zeit für Gespräche. Es geht natürlich um das Wetter – die Polarlichtprognose ist gar nicht so mies, und irgendwo ist – je nach Wettermodell – auch eine Wolkenlücke. Es könnte klappen.

Silberstreif am Horizont…

Nach dem Abendessen der Blick nach draußen: Tiefschwarze, drohende Wolkenberge über dem Festland, ein kleiner heller Streifen über der See. Puh… und das Polarlichtoval ist fast ganz weg.

Bis Båtsfjord tut sich nicht viel, dann klart es langsam auf, nur von Polarlicht keine Spur, dafür beleuchtet der Vollmond die Wolken ganz hübsch. (A propos es tut sich nicht viel: Die Kong Harald ist musikalisch, sowohl Giske als auch Johan unterhalten abends im Panoramasalon gerne mit Gesang – und zwar richtig gut.)

Berlevåg gegen 22 Uhr: Man sieht sogar ein paar Sterne, das Wetter würde mitspielen – nur das Weltraumwetter nicht. Da oben ist tote Hose, nichts zu merken von dem Schuss, der von von der Sonne erreichen soll. Dafür gibt es eine nette Schiffsbegegnung mit der MS Vesterålen.

MS Versterålen

Langsam werde ich ungeduldig, und die ersten Gäste geben auf: Morgen für um 5 klingelt der Wecker für alle, die das Frühstück am Nordkap gebucht haben. Ich halte bis Mitternacht durch: Jetzt fahren wir wieder in eine dichte Wolkendecke hinein, das war es dann für diese Nacht. Außer Mond nichts los – aber immerhin hat der ein paar schöne Bilder ermöglicht.

Also Feierabend…

Hurtigrute Tag 6: Honningsvåg und Nordkap

Der Tagesplan

Es geht, mal wieder, viel zu schnell: Wir sind im hohen Norden und fahren heute eher ost- als nordwärts. Hawaiisund Havøysund ist der erste Hafen, den man normalerweise mitkriegt. Das Wetter: Leichter Nieselregen bei geschlossener Wolkendecke. Sieht nicht gut aus für das Nordkap heute… Hier oben ist nicht nur das Wetter, sondern auch die Landschaft trist. Viel wächst hier nicht, nur etwas “Birkenwolle” sorgt für gelbe Farbtupfer – das sieht aus der Entfernung mehr nach Flechten aus, sind aber wohl kleine Birken, die hier ums Überleben kämpfen und hoffen, nicht von Rentieren gefressen zu werden. Immerhin sorgen sie für Farbe zwischen den grünen Flechten und grauen Steinen.

Kurs Havøysund

Havøysund ist einer dieser kleinen Häfen, in denen nur ein Schiff Platz hat. Wir sind ziemlich beide ziemlich pünktlich, und bald taucht südgehende Nordnorge hinter den Felsen auf. Also lassen wir sie passieren, bevor wir anlegen und ich mich dem Frühstück widme. Immerhin sind diese dramatischen Wolkenberge besser für Fotos als strahlendblauer Himmel. Zumindest erzählen einem das immer die Landschaftsfotografen… Ich bin da flexibler und würde mich auch über klaren Himmel freuen.

Havøysund

In Havøysund lohnt es sich nicht von Bord zu gehen. Es ist ein kleines Fischerörtchen mit knapp 1000 Einwohnern, und wir halten planmäßig ohnehin nur eine Viertelstunde – und zehn Minuten vor Abfahrt soll man wieder an Bord sein.

Anschließend führt uns die Fahrt durch den Magerøya-Sund. Die Strecke ist durchaus schön, aber im tiefsten Winter, schneebedeckt und in der tiefstehenden Sonne, macht sie noch mehr her. Als das Expedition Team den Interessepunkt Magerøya-Sund macht, regnet es, und mindestens so viele Zuhörer suchen bei den überdachten Sitzplätzen Schutz, wie es Zuschauer direkt bei Johan und Are gibt. Wir überqueren den Tunnel zum Nordkap, dessen Mautgebühr von den Touristenmassen im Sommer mittlerweile abbezahlt ist und der somit keine Maut mehr kostet; neben Touristen wird er von den Rentierherden genutzt, die im Frühjahr auf die Insel kommen – im LKW, das kostet wohl weniger als wenn jedes Rentier Maut zahlt, und es gibt weniger Verlust als früher, als sie noch ausgehungert schwimmen mussten. Was es hier nicht gibt: Internet. Gab’s nicht, gibt’s nicht, wird’s nie geben – wir sind frei! (meint zumindest Johan). Der Schiffsverkehr hat auch abgenommen, seit die norwegische Seegrenze erweitert wurde und die meisten Schiffe außen um Magerøya herum fahren.

Interessepunkt Magerøya-Sund

Etwa zwei Stunden brauchen wir bis Honningsvåg, das Anlaufen verpasse ich diesmal fast.

Es gibt fotografisch aber auch nicht viel her: Es soll noch bis Mittag regnen, und tiefhängende Wolken verhüllen die Bergspitzen und reichen fast bis zu dem alten Friedhof über dem Ort, von dem aus man normalerweise einen schönen Blick auf den Ort hat.

Nachdem die Ausflugsbusse zum Nordkap abgefahren sind (ich habe gar nicht darauf geachtet, ob es wieder Taxis gibt, die auf Einzelreisende warten, die auf eigene Faust billiger zum Nordkap wollen), kehrt Ruhe auf dem Schiff ein.

Gegen Mittag hört der Regen tatsächlich auf, und ich mache eine kleine Runde entlang des Hafenbeckens. Den Aussichtspunkt über dem Ort schenke ich mir…

Viel neues gibt es nicht,aber mit dem Wolkenhintergund wirkt das alles etwas mystisch. Am Perleporten Kulturhaus hängt weiterhin die TrashArt aus angeschwemmten Gummistiefeln. Donnerstags haben die Läden offen, also mache ich noch einen Abstecher in das Weihnachtshaus direkt am Anleger. Vielleicht hätte ich eher in das Nordkapmuseum gehen sollen, aber da war ich einmal drin und nicht so begeistert. Dafür steigen jetzt zwei Nisse ein, ist ja bald Weihnachten, und ich bin erst im Januar wieder hier.

An Bord komme ich gerade rechtzeitig für die Rettungsübung: Es wird Evakuierung geübt, und die Brandschutztüren gehen zu. Aber das gilt nur für die Besatzung, wir kommen trotzem noch in unsere Kabinen.

Und dann ist auch schon kurz nach zwei, die Ausflugsbusse kommen zurück, und anstelle des früher zum Nordkapp üblichen heißen Apfelkuchens gibt es schottische Scones im Multe-Café. Heute war ja der harte Tag, an dem es 15 Minuten lang (zwischen Frühstück bis 9:45 und Mittagessen von 10-13 Uhr) nichts zu essen gibt. Ich mag die schottische Küche ja (nicht gesund, aber lecker), nur die Scones sind eher schwäbischer Hefezopf als schottische Scones. Was an sich nichts schlechtes ist! Nur kenne ich das aus Schottland anders…

Am Nordkap war das Wetter leider ähnlich bescheiden wie in Honningsvåg, dafür waren die Guides gut, sodass es eine unterhaltsame Fahrt hinauf auf die Nordkapklippe am Nordende von Magerøya war. Pretty Pictures sind ein anderes Problem.

Dann geht die Fahrt weiter, wir haben nur 1,5 Meter Wellen, die aber auf der Überfahrt nach Kjøllefjord mehr Bewegung ins Schiff bringen als die vier Meter auf dem Westfjord. Kommentar eines Gasts aus dem Schwäbischen: “Muss der denn durch jede Welle durchfahrn?” Da wir die Küste entlang fahren und nicht die letzten Kilometer zum Nordpol weiter, muss er das wohl…

Kurs Kjøllefjord, links die Finnkjerka

Zwei Stunden später ist Land in Sicht, wir nähern uns dem Örtchen Kjøllefjord und damit auch der Felsformation der Finnkjerka am Eingang des Fjords. Sie wird im Winter seit langem nicht mehr beleuchtet, wenn die Hurtigrute an ihr vorbei fährt, aber jetzt ist es noch hell, und sie hebt sich deutlich vor dem grauen Hintergrund ab. Am deutlichsten ist sie von vorne oder hinten zu erkennen; wenn wir direkt neben ihr sind, sind es nur zwei Felsnadeln. Dafür sind die geologischen Schichten in den Felsen deutlich zu sehen, die den Fjord infassen. Geologe sollte man sein, dann könnte man mehr darüber erzählen, wie weit wir hier in die Erdgeschichte blicken…

Kjøllefjord

Kjøllefjord ist im Winter ein herrlicher Anblick: Umgeben von tief verschneiten Bergen liegt das Örtchen am Ende eines Fjords. Im Herbst sieht man schon eher, wie abgelegen das Ganze hier ist. Hier oben hat die Hurtigrute noch wirklich Versorgungsdienst, gerade im Winter sind die Straßen öfter mal gesperrt, und Flugzeuge fliegen auch nicht immer.

Einige Ausflüge starten hier heute, die im Winter nicht stattfinden, und bei denen die Teilnehmer dann im nächsten Hafen wieder an Bord kommen. Für uns auf dem Schiff heißt es jetzt erstmal: Rein in die Barentssee, raus aus der Barentssee. Wir fahren von Fjord zu Fjord und haben zwischendrin immer wieder offene Seestrecken, die Bewegung in das Schiff bringen können – aber heute ist die Barentssee harmlos.

Berlevåg

Einige Wettermodelle machen sogar Hoffnung auf Wolkenlücken bei Berlevåg, während das Polarlichtoval sehr zurückhaltend ist. Ich gehe zwar immer wieder raus auf Deck 5, aber erst gibt es nur Wolken, nach Berlevåg dann Wolkenlücken und den tiefstehenden Vollmond – aber kein Nordlicht.

Um halb zwölf gebe ich auf und mache Feierabend.

Am nächsten Morgen lese ich in der Whatsapp-Gruppe dann, dass es um 1 Uhr doch noch Polarlicht gegeben hatte – die Aktivität war etwas besser als beim letzten mal, mit Kp 3 aber immer noch wenig – wobei wir natürlich mittendrin sind. Die Handy-Fotos zeigen ein paar schöne Bänder. Abwarten – für die Rückfahrt halten mehr Wettermodelle Wolkenlücken um Berlevåg für möglich, und es dürfte auch mehr Aktivität geben. Zeit wird’s.

Hurtigrute Tag 5: Tromsø

Der Tagesplan

Wenn ich mir meine Bildausbeute anschauen, könnte man meinen, dass heute gar nicht so viel los war. Unsere Reise geht heute durch die wunderschönen Vesterålen (der Raftsund gestern um Mitternacht bildet die Grenze zwischen Lofoten und Vesterålen) bis Tromsø und dann weiter nordwärts. Der erste Hafen ist Harstad morgens um kurz nach 7. Die Baustelle nähert sich langsam dem Abschluss, und bald sieht man von dem Ort gar nichts mehr: Es entstehen wohl einige Wohnungen in dem neuen Hafenkomplex, wen ich das durch die großen Scheiben richtig erkenne.

Dafür gibt es noch freien Blick auf die Trondenes-Kirche, Norwegens älteste Steinkirche. Es ist hell und klar (können wir das Wetter bitte mal nachts haben?), sodass sie gut zu sehen ist. Das Foto ist der Hauptgrund, warum ich mein Teleobjektiv dabei habe. Auf der südgehenden Route führt der Vesterålen-Busausflug an ihr vorbei. Die Wasserfontaine, die hier vor einigen Jahren installiert wurde, ist aus.

Aber wesentlich eindruckvoller als die Kirche ist der Morgenhimmel auf der anderen Seite vom Schiff. Wow.

Das nächste Highlight kommt gleich darauf, nachdem wir abgelegt haben: Die südgehende Havila Polaris steuert Harstad an und übernimmt unseren Liegeplatz. Auch ein schöner Anblick in der tiefstehenden Morgensonne. Die Polaris tutet, wir tuten nicht, als wir an ihr vorbeifahren. Ist es zu früh zum Grüßen, oder mag der Kapitän die andere Reederei nicht? Fragen über Fragen…

Dann steht für mich Frühstück an, und Vortrag vorbereiten – wegen einer Konferenzgruppe hatte Johan den Termin von 11:30 auf 10:15 vorverlegt. Dann kommt die Durchsage, dass das tägliche Treffen mit dem Expeditionsteam heute schon um 10:15 stattfindet?

Der Schiffshund hat es sich bequem gemacht

Ab zu Johan, der meint, mein Vortrag wäre nun doch um 11:30 was wegen der Konferenz aber wohl nicht klappt. 13:00 bleibt als einzige Möglichkeit übrig, was suboptimal ist. Es passt halbwegs, wenn alle früh um 12 essen gehen, dann bleibt noch genug Zeit, um sich auf Tromsø vorzubereiten.

Andere brauchbare Termine sind erst einmal nicht frei. Mist.

Also nehme ich mir ein Beispiel an unserem Schiffshund und mache es mir nach dem Daily Gathering bequem und genieße die Landschaft, bevor ich dann die Technik teste. Meine Präsentation läuft auf Umwegen wieder auf meinem Laptop, und der Vortrag findet im zweiten, offenen Konferenzraum statt. Öfter mal was neues.

Vorher laufen wir noch Finnsnes an. Die leichte Wolkendecke sorgt für eine wunderbare Lichtstimmung; im Hafen verquatsche ich mich und gehe daher für die halbe Stunde Liegezeit nicht von Bord. Es bleibt bei Bildern vom Schiff aus, vom Heck sieht man auch das Denkmal für Ottar von Hålogaland, der als Händler anno 890 in England aus dem Reich der Winkinger berichtete.

Von Finnsnes führt eine Brücke auf die Insel Senja – auch hübsch da. Als bei meinem letzten Norwegen-Urlaub die Lufthansa meinen Rückflug um einige Tage verschoben hatte, durfte ich da den Wintereinbruch erleben. Gut, wenn der Mietwagen Spikes hat…

Um 13 Uhr halte ich dann endlich meinen bereits dritten Vortrag, vor verkleinerter Mannschaft. Feeding Time… ich fasse mich kurz, damit alle noch Zeit haben, sich auf Tromsø vorzubereiten. Aber wie heißt es so schön: Man kann über alles reden, außer über eine Stunde. Wer mehr wissen will, kann mich jederzeit danach fragen. Ist ja ein Vollzeitjob:-)

Kurs Tromsø

Tromsø zeigt sich ausnahmsweise von seiner schönen Seite und nicht wie so oft unter dichten Wolken oder im Regen. Rechts schimmert die Eismeerkathedrale unter dem Hausberg Storsteinen, der wie die anderen Berge schon in Herbstfarben da steht – ein deutlicher Kontrast zu den grünen Bäumen vor ein paar Tagen. Die lange Brücke verbindet sie mit der Insel Tromsøya, auf der die Stadt Tromsø liegt.

So früh im Jahr und ohne Schnee gibt es natürlich keine Hundeschlittenfahrt, aber das Schiff kündigt den Ausflug Whisky-Visit an – gibt dann aber doch nur einen Husky-Visit, also “Gassi mit Husky” – Hundeknuddeln. Schade eigentlich, aber die nördlichste Whisky-Brauerei Aurora Spirit ist doch ein Stück zu weit in den Lyngen-Alpen.

Für mich steht kein Ausflug an, ich gehe wieder zu Füß nach Tromsø.

Oder besser nach Trrrrrrrrromsø: Die Storgata, die Hauptstraße, wird neu gemacht. Mal sehen, wie das im Januar aussieht, wenn ich das nächste Mla hier bin. Jetzt bietet die Stadt erstmal mit Herbstfarben und blauem Himmel einen ungewohnten Anblick. Ich drehe meine Runde hoch zum Ausguck an der Marineschule, wo die Jacke im Rucksack verschwindet – es ist warm!

Abseits der Baustellen finden sich immer noch schöne Fleckchen, auch wenn mein geplanter Rückweg ebenfalls eine Baustelle ist. Aber es findet sich ein Weg zurück ins Stadtzentrum, und ich kann in Ruhe shoppen gehen. In der Buchhandlung werde ich fündig, und im Nerstranda fängt die Halloween-Saison an. Was es alles für Kram gibt…

Das Wetter bleibt heiter-bis-wolkig – ich will mir noch keine Hoffnung machen, aber vielleicht, vielleicht… Erst einmal zurück auf Schiff, wo ich über die Sicherheitshinweise für die beiden Whirlpools stoße – für die habe ich eh nie Zeit, aber jetzt lese ich sie einmal:

Es gibt keine Rettungsschwimmer, und Tauchen ist auch verboten. Klingt gefährlich. Dann lieber ins Restaurant…

Offensichtlich wurde das Nordkapp-Buffet wieder vorgezogen; Freunde von Schalentieren kommen auf ihre Kosten. Der Nachteil beim Buffet: Alle stürzen sich gleich an den Trog, also warte ich etwas, bis Ruhe eingekehrt ist. Ich muss mich ja nicht ums Essen prügeln, gibt genug für alle.

Skjervøy

Und dann: Immer wieder rausschauen, nachdem es dunkel genug geworden ist. Um halb acht ist noch alles bedeckt, eine halbe oder dreiviertel Stunde später will ich noch einmal nachschauen, als mir schon die ersten Gäste entgegenkommen, dass da was auf der Kamera zu sehen wäre. 20:20: Ich stehe am Bug und mache das erste Testfoto: Ja, der blasse Grauschimmer ist Polarlicht. Kurz darauf kommt auch schon die Durchsage vom Schiff: Vi har Nordlys, Polarlichtversprechen erfüllt. Licht ist Licht – der Kp-Index für Tromsø lag in dieser Nacht gerade mal bei 3, aber das langt, um hinter der Wolkendecke das Licht schimmern zu sehen, und im Lauf der Zeit auch Bewegung wahrzunehmen. Bei der ruhigen See ist das ideal, um mit der Kamera zu üben.

Eine halbe Stunde vor Skjervøy packe ich dann zusammen: Vorne am Bug sind nur noch Wolken zu sehen, kaum ein Stern und kein Polarlicht kann sich mehr durchsetzen. Aber für ein nettes Filmchen im Zeitraffer hat es doch gelangt. Knapp 800 Aufnahmen sind zusammengekommen, die meinen Rechner bis weit nach Mitternacht beschäftigen. Das Ergebnis:

Generalprobe bestanden, jetzt bitte noch eine tolle Show für’s Auge!

Hurtigrute Tag 4: Bodø

Der Tagesplan

Jetzt geht es in den hohen Norden: Wir überqueren den Polarkreis. Das bedeutet: Der Wecker klingelt um kurz nach 7, weil wir ja irgendwann so grob zwischen 7 und 8:45 den Polarkreis bzw. das Polarkreismonument auf der Insel Vikingen passieren.

Gegen halb acht kommt dann die Durchsage, dass es in zehn Minuten so weit ist. Also ab in die Klamotten und auf das Umlaufdeck. Im September ist es schließlich noch hell genug, dass die Bilder der Kugel was werden können.

Ein Blick zurück in den “sonnigen” Süden

Was gegen schöne Bilder spricht: Das etwas kontrastarme Wetter. Der Blick zurück nach Süden sieht nicht nach sonnigem Süden aus, auch wenn die Temperaturen durchaus angenehm sind. “Dramatisch” beschreibt den Himmel eher.

Überraschenderweise passieren wir die Insel Vikingen in größerem Abstand und sehen sie zur Abwechslung an unserer rechten Seite vorbeiziehen statt wie gewohnt an der backbord-linken Seite. Und ich dachte schon, ich hätte mich bei der Durchsage verhört.

Als wir uns nähern, kommt noch ein kleiner Regenschauer runter – aber das ist nicht die Polarkreistaufe, die kommt später. Jetzt müssen wir erst mal rüber! Der angekündigte Holperer am Polarkreis fällt mal wieder aus, stattdessen segeln wir ruhig an der Insel vorbei, bis der Schiffstyphoon die morgendliche Idylle beendet. Der Regen hat auch schon wieder aufgehört: Willkommen im Norden!

Bei dem respektvollen Abstand, den wir halten, hätte ich gerne ein stärkeres (und lichtstärkeres) Zoom an der Kamera statt meinem Allround-Objektiv…

Dann bin ich kurz in der Kabine, meinen Vortrag vorbereiten (mit der aktuellen Wetterprognose), werfe einen Blick ins Restaurant (immer noch zu voll zum Frühstücken) und gehe nicht duschen, weil just in diesem Moment die südgehende Havila Castor angekündigt wird. Also ab auf Deck, Schiffchen knipsen und winken, und an Deck ein paar Infos zur Geschichte der Hurtigrute und über unseren “Marktbegleiter” geben, und dann entscheide ich mich doch noch für ein schnelles Frühstück.

Und dann ist auch schon fast 9:30, und mein kurzer Vortrag zum Mond steht an. Eigentlich hatte ich wegen dem Termin ja fast ein schlechtes Gewissen, weil er direkt vor Ørnes ist, einem der schönsten Häfen – insbesondere im Winter, wenn das Örtchen als Postkartenidylle zwischen hohen, verschneiten Bergen in seinem kleinen Fjord liegt. Aber bei diesem Wetter ist das okay, und ich brauche nur eine knappe halbe Stunde, sodass alle rechtzeitig an Deck können, um einen Blick zu erhaschen und eine Naturdusche zu nehmen, bevor die Polarkreiszeremonie ansteht.

Minimalistisch fotografieren

Die Berge sind von Wolken verhüllt, und man merkt, dass man im Land der Trolle ist – da kann der Meeresgott Njørd, der hier statt Neptun die Polarkreistaufe durchführt, nicht mehr weit sein. Bis es soweit ist, kann man sich in minimalistischer Fotografie üben. Thomas Heaton (dem ich auf Youtube folge, auch wenn seine Landschaftsfotos langsam ins abstrakte abdriften und immer weniger Motiv zeigen) würde sich hier wohlfühlen; ich hätte im Herbst gerne etwas mehr Farbe im Bild. Aber so hat das Naturerlebnis, die raue Wildnis Nordnorwegens.

Kurz nachdem wir Ørnes verlassen haben und das Wetter wieder lieblicher wird, hat Johan auf dem Sonnendeck Eis, Aquavit und Lautsprecher aufgebaut: Die Gewinnerin der Polarkreiszeremonie wird verkündet, die Schätzung lag nur 8 Sekunden neben der offiziellen Zeit von 7:54:24.

Vor der Preisverleihung muss natürlich noch Njørd herbeigerufen werden – diesmal kommt er von den Whirlpools auf Deck 6 zu uns herauf. Die Gewinnerin kriegt eine Hurtigrutenfahne und die erste Portion Eis in den Nacken, danach wird jeder getauft, der will – zuletzt und mit dem ganzen Rest auch noch das neueste Crewmitglied.

Kaum ist das erledigt, steht der nächste Termin an: Um 11 Uhr kommt der Polarkreisstempel auf Briefe (und anderes) – schließlich sind wir immer noch Postschiff und haben irgendwo einen Briefkasten, auch wenn die Post im nächsten großen Hafen an Land gebracht wird und so schneller ihren Empfänger erreicht.

Nach diesem Terminstress bleiben noch knapp zwei Stunden, in denen Peter und ich auf Deck 7 sind, Reiseleitersprechstunde mit Ausflugstipps, Buch signieren und ganz allgemein Gesprächen. In Bodø trennen sich unsere Wege: Er geht Essen, ich lasse das Mittagessen ausfallen (ein Kvik Lunsj langt) und gehe in den Ort.

Bodø erinnert mich immer etwas an Heilbronn: Eine Stadt, die im Krieg völlig zerstört und viel zu schnell wieder aufgebaut wurde. Es braucht etwas Zeit, um den Charme der Stadt zu entdecken; manche schaffen es nie…

Der Hafen selbst ist überraschend leer, auch die Gamle Salten liegt aktuell nicht in Bodø, sondern ein paar Häfen weiter. Schön, dass sie noch fährt, schade, dass ich sie heute nicht sehe.

Es gibt wie immer einige Baustellen im Ort, aber immerhin bleibt mir der angekündigte Starkregen erspart. Nach einem erfolglosen Besuch im Einkaufszentrum (meine gesuchten Bücher gibt es nicht) gehe ich einmal eine neue Strecke, am Hafen entlang zur Mole Richtung Yachthafen und dann zurück. Es gibt hier viele Neubauten, ein paar hübsche kleinere Häuser, und nicht viele Sehenswürdigkeiten – nur einen neuen Blickwinkel auf die Hochhäuser, die das Stadtbild prägen. Noch ein Blick in die Domkirche (hübscher als von außen, und sie hat Dienstag bis Freitag von 9-14:30 für Besucher geöffnet) und zum Nordlandmuseum, das gerade einen Anbau erhält, und abschließend ein Blick auf den Rathausplatz. Das Walross dort kommt mir auch neu vor…

Dann gehe ich zurück zum Schiff. Über die Bordsprechanlage kommt die Warnung, dass wir bis zu vier Meter hohe Wellen erwarten, was für den Durchschnittsgast jenseits der Komfortzone liegen dürfte, und dass es Anti-Seekrankheit-Mittel im Shop gibt. Na dann Prost…

Ich schnappe mir meinen Rechner und arbeite noch etwas vor, außerdem erhalte ich die endgültigen Vortragstermine – morgen früh steht der nächste an. Als wir den Leuchtturm Landegode passieren, gehe ich noch einmal raus. Eigentlich ist er ein schönes Fotomotiv; so können die Bergans-Sachen zeigen, was Wassersäule 20.000 bedeutet. Die Kleidung hält, nur fotografisch hat sich diese Dusche eher nicht gelohnt. Egal.

Landegode Fyr

Die Passage über den Westfjord ist überraschend ruhig, das habe ich schon schlimmer erlebt. Es ist Bewegung im Schiff, aber recht gleichmäßig. Zum Abendessen um 18 Uhr ist der Speisesaal nicht ganz so voll wie üblich, wobei die Teilnehmer des Wikingerausflugs natürlich ebenfalls fehlen. Zumindest vorerst, während des Essens kommt die Durchsage, dass der Ausflug wetterbedingt ausfällt.

Und noch etwas später die Info, dass für die Passagiere, die in Stamsund aussteigen wollen, ein Transferbus ab Svolvær organisiert ist. Im Gegensatz zu Stamsund will unser Kapitän den Hafen nicht auch noch ausfallen lassen. Dafür kommt uns die Polarlys wenig später entgegen, die Svolvær gestrichen hat. Ich traue mich auf Deck – man sieht den Hub, den unser Schiff macht, aber es ist warm (15 Grad oder so) und kaum Wind. Genauer gesagt haben wir wohl Rückenwind, der nur etwas schneller ist als unser Schiff. Die Polarlys hat Gegenwind, da sieht das schon heftiger aus – da hätte ich mich wohl nicht an Deck getraut.

Verständlich, dass diese Schiffsbegegnung nicht durchgesagt wurde…

Svolvær erreichen wir etwas zu früh, aber bei dem Wetter verzichte ich auf einen Gang durch den Ort. Stattdessen leichte Panik: Keynote, mein Präsentationsprogramm, öffnet meine nächsten Vorträge nicht mehr. Aber ich kann sie auf das Handy übertragen, dort in Powerpoint umwandeln und so doch auf dem Mac wiedergeben. Keine Ahnung, was der Blödsinn wieder soll, aber immerhin kann ich so morgen doch arbeiten.

Svolvær

Nachdem wir Svolvær verlassen, kommt noch die Durchsage, dass der Halt am Trollfjord wetterbedingt gestrichen ist. Als ich um kurz nach elf noch einmal rausschaue, ist zwar pechschwarze Nacht, aber von Wind und Wellen ist nichts zu spüren. Naja, mache ich halt auch Feierabend und schreibe mein Blog. Für irgendwas müssen die bedeckten Nächte ja gut sein, auch wenn ich jetzt lieber was anderes machen würde…

Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Der Tagesplan

Der Tag beginnt erfrischend. Die Kong Harald ist ja mittlerweile auf Hybrid-Antrieb umgerüstet, um Treibstoff zu sparen und in den Häfen mit Landstrom versorgt zu werden. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Temperatur in meiner Kabine recht frisch ist und beim Duschen Island-Feeling aufkommt. Wer schon mal in Island war: Das heiße Wasser kommt von der nächsten heißen Quelle, die schon mal ein paar Kilometer entfernt sein kann. Vielleicht fehlt mit dem Hybridantrieb Abwärme vom Motor für die Heizung?

Der Schiffshund

Aber ich will nicht jammern. Wenn jemand Mitleid verdient hat, dann der Schiffshund, dem seit Jahren ein Auge fehlt und den niemand verarztet.

Früher hatten die Schiffe eine dedizierte Spielecke, aber die wurde im Lauf der Jahre wegrenoviert. Auf der Kong Harald gibt es im Multe immerhin noch eine Spielzeugkiste und -ecke. Nur um den armen halbblinden Schiffshund kümmert sich keiner und spendiert ihm mal eine Augen-OP.

Dafür zeigt sich das norwegische Wetter heute früh erst einmal halbwegs freundlich, aber wir fahren in die Regenfront hinein, die den Vormittag über über Trondheim hängt. Bei leichtem Regen begrüßt uns eine kontrastarme Insel Munkholmen, dann begegnen wir der Nordlys, die den Platz am Kai für uns frei macht. Das macht nur wenig Lust auf den Gang durch Trondheim, aber wenn man schon einmal hier ist…

Die drei Stunden Liegezeit von 9:45 bis 12:45 reichen wie immer nur für einen kurzen Gang durch die Stadt. 20-30 Minuten benötigt man durch das Industriegebiet bis zum Stadtzentrum. Ich nehme meine übliche Route durch das renovierte Werftviertel Nedre Elvehavn und Bakklandet zum Dom.

Die Backsteinhäuser des Werfviertels bieten einen hübschen Kontrast zu den Holzhäusern von Bakklandet und den hölzernen Lagerhäusern am Fluss. Der Fahrradlift wird gerade saniert, und ich gehe noch ein paar Meter weiter zu dem Aussichtspunkt am Fluss, von dem aus man normalerweise Dom und alte Stadtbrücke sieht. Aber ich bin zu früh: Es gibt zu viel Grün, das den Blick versperrt.

Nidelv-Panorama

Nur die Spitze vom Dom ragt über die Bäume heraus. Also weiter über die Gamle Bybro, das übliche Foto, und ab zum Dom, wo ich Peter und einige aus unserer Gruppe treffe. Auf dem Domplatz ist gut was los, und um elf Uhr höre ich das Glockenspiel des Doms: Hübsch, melodisch und nicht zu laut. Wenn ich das mit mancher Dorfkirche bei uns vergleiche, die einfach nur penetrant laut ist – das hat der Nidaros-Dom nicht nötig…

Der Dom selbst ist nicht einfach zu fotografieren, seine Rückseite steckt hinter Bäumen, und für die Vorderseite braucht man ein Weitwinkel – außer für die Details der Fassade. Irgendwann muss ich mal ein Fernglas mitnehmen und schauen, wo Bob Dylan hier von den Steinmetzen verewigt wurde (kein Witz).

Ein Blick auf die Uhr: Noch etwa eine halbe Stunde für Sightseeing, Shopping (wobei mich die Buchhandlungen enttäuschen), bevor der Rückweg ansteht. Der Aufenthalt in Trondheim ist wirlkich zu kurz. Also ein Blick zur Vare Fru Kirke (die wieder offen hätte) und in das Shopping-Center mit den in das Gebäude integrierten alten Häuschen, zum Bummeln bleibt keine Zeit. Interessant ist das rote Lasten-Fahrrad der Post, das vor dem Torg steht.

Auf dem Rückweg noch eine Stipvisite am Stiftsgården, Norwegens größtem Holzhaus, dessen schöne Rückseite durch den blühenden Park auch nur schwer zu sehen ist. Ist so aber auch hübsch.

Stiftsgården

Und dann zurück zum Schiff. Eine knappe halbe Stunde hätte ich noch gehabt, aber auf den letzten Drücker muss man auch nicht zurückkommen. Derweil klingelt mein Handy: Margit von der Nordstjernen ist dran, wir würden ihr um 17:45 begegnen. Mist – da läuft mein Vortrag noch, aber ich gebe schon einmal dem Schiff bescheid, dass sie eine Durchsage machen. Wann sieht man heute noch eines der Schiffe, die jahrzehntelang das Bild der Postschiffroute prägten – kleine Schiffe mit schwarzem Rumpf und weißen Aufbauten?

Gesagt getan, und dann ab auf Deck 7, Flagge zeigen, Vortrag vorbereiten, Kameras für Polarlicht einstellen und auf die Abfahrt aus Trondheim warten.

Und warten.

Und warten.

Bestes Wetter im Trondheimfjord

Mit fast einer Stunde Verspätung legen wir dann ab, es gab wohl ein technisches Problem samt kurzem Stromausfall. Aber seitdem funktioniert meine Heizung wieder…

Durch die späte Abfahrt verschiebt sich auch das Tagesprogramm: Das tägliche Treffen mit dem Expeditionsteam (auf Deutsch) samt Kurzvortrag über die Wikinger wird vorverlegt, das Treffen englische leicht verschoben, und den Kjeungskjærfyr erreichen wir erst gehen 16 Uhr. Damit kann ich meinen Vortrag eine halbe Stunde früher beginnen, die Nordstjernen treffen wir später – ist ja geradezu ideal.

Die Fahrt durch den Trondheimfjord zurück machen wir bei schönstem Wetter, und auch beim berühmten roten Leuchtturm könnte die See kaum ruhiger sein. Kurz vor 16 Uhr macht das Expeditionsteam auf Deck 7 den Interessepunkt zum Kjeungskjærfyr, während ich mit der Kamera auf Deck 5 stehe. Chic.

Danach rede ich noch einmal mit Johan wegen der Nordstjernen und mache meinen Vortrag über das Polarlicht (samt der nicht so tollen Wolkenprognose), und kurz vor 18 Uhr begegnen wir der alten Dame dann auch schon. Sehr chic.

Das Schiff hat nicht nur die längste Zeit auf der Hurtigrute gehabt, sondern wurde auch so oft außer Dienst gestellt wie kein anderes. Mehr zum Schiff gibt’s auf Nostalgische-Postschiffreisen.de. Sie fährt und fährt und fährt. (Kurzer Werbeblock: Wer mal richtige Seefahrt erleben will, kann auch da Reisen buchen).

Für uns stand dann Abendessen auf dem Programm und noch etwas Zeit, bis Giske vom Expeditionsteam einen Gesangsabend im Panoramasalon gibt. Bis dahin begegnen wir noch der Otto Sverdrup (Ex MS Finnmarken, die jetzt für Hurtigruten Expeditions unterwegs ist) und der Nordkapp, die kurz vor unserer Ankunft in Rørvik den Hafen verlässt. Die Sverdrup wird per Durchsage angekündigt; die Nordkapp ist ein stummes Treffen – es ist schon spät, als wir ihr um 21:35 begegnen, daher gibt es weder eine Durchsage noch ein Hupkonzert, die beiden Schiffen grüßen einander nur mit den Scheinwerfern.

Rørvik erreichen wir fast pünktlich, der Kapitän hat einiges an Verspätung wieder reingefahren. Über uns: Überraschend viele Sterne dafür, dass wir in eine dunkle Wolkenfront gefahren waren und 85% Bewölkung vorhergesagt waren. Allerdings keine Spur von Polarlicht. Und gestern war sogar in Deutschland noch Polarlicht zu sehen, aber wir hatten Wolken… Heute klappt es jedenfalls nicht.

In Rørvik werfe ich noch einen Blick auf den Hafen (das Gebäude ist neu, wenn ich mich richtig erinnere) und verbringe den Rest des Abends im Panoramasalon, wo Giske singt, und warte auf die Abfahrt.

Und warte.

Und warte.

Erst um 22:44 legen wir ab, mit einer Dreiviertelstunde Verspätung. Seltsam, aber gut für alle, die schätzen, dass wir den Polarkreis eher später als früher überqueren, irgendwann zwischen 7 und 9 Uhr. In diesem Sinne: Gute Nacht, morgen früh klingelt der Wecker.

Hurtigrute Tag 2: Hjørundfjord

Das Tagesprogramm

Mein Tag beginnt früh: Die Kabine wird von rotgoldenem Licht durchflutet, und ich wache mit dem Gedanken auf, dass es schon spät am Tag sein muss. Naja… wir haben kurz vor drei Uhr morgens und liegen im Hafen von Florø, dessen Flutlichter sich an den Rettungsbooten in meine Kabine reflektieren und mir eine falsche goldene Stunde bescheren… aber damit bin ich wach genug, um die Stadhavet und die Passage des Westkaps mitzubekommen. Wäre jetzt auch nicht unbedingt nötig gewesen, aber so bekomme ich den Wellengang mit: Spürbar, aber gleichmäßig. Das war schon schlimmer, aber auch ruhiger – und es war immer schön, als wir im Winter noch später in Bergen losgefahren waren und das Westkap mit dem ersten Frühstück der Reise zusammenfiel. Heute können es die meisten verschlafen – auch wenn zumindest auf Deck 6 irgendwann gegen 5 Uhr wohl der Generalalarm ertönte, weil einige Fernseher den Sicherheitsfilm abspielten. Davon blieb ich verschont.

Mein Wecker klingelt um halb acht – nach der Nacht und der durchaus stressigen Anreise bin ich da zwar nicht wirklich wach, aber der Blick aus dem Fenster zeigt, dass sich Aufstehen doch lohnt.

Schöne Morgenstimmung, bei zweistelligen Temperaturen. Wenig später erreichen wir Torvik – die paar Häuser lassen einen rasch übersehen, dass am gegenüberliegenden Ufer ien deutlich größerer Ort liegt. So sehen wir nur ein paar Häuser und einige Ruinen…

Nach Torvik gönne ich mir das Frühstück, wobei ich nicht der einzige bin, der die Idee hatte. Knapp 290 Passagiere sind an Bord, was eigentlich entspannt ist, solange nicht alle gleichzeitig an das Buffet wollen.

Danach habe ich ein Rendezvouz mit Johan, Vortragstermine abklären (vier von fünf stehen – ein Termin fällt wegen potentiellem Wellengang schon einmal flach, aber da findet sich noch was), und den Rechner pflegen: Seit der letzten Tour laufen einige Programme nicht mehr, also kurz wa sneu installieren, solange wir schnelles Internet haben. Uff. Dann kurz Ålesund gucken, wo wir von 9:45 bis 10:00 sind.

Ålesund

Der Grund für unseren hektischen Aufbruch aus Bergen gestern Abend ist, dass die Schiffe im Sommer in den Geirangerfjord fahren und in September und Oktober in den Hjørundfjord. Im Winter gilt mittlerweile leider der selbe Fahrplan, nur dass das Schiff dann den ganzen Tag in Ålesund liegt und dementsprechend wenig Zeit für die Städte auf der nordgehenden Route bleibt… Aber immerhin hatte ich keine Probleme bei der Anreise, der Frankfurter Flughafen hat wohl mal wieder Chaos veranstaltet, mit überlasteten Sicherheitskontrollen und einem sehr gemütlichen Check-In bei KLM. Dann doch lieber zu viel Zeit in Stuttgart…

Im Herbst profitieren wir aber prinzipiell von dem Fahrplan und nehmen nach einem kurzen Stop Kurs auf den Fjord. Um 11:30 haben Peter und ich noch den Welcome-Drink mit ein paar Informationen rund um die Tour, bevor die ersten Gäste auch schon zum Mittagessen müssen, bevor sie auf Ausflug gehen.

Für alle anderen soll das Shuttleboot ab 13:15 bereit stehen. Hjørund- und Geirangerfjord sind die beiden einzigen Stationen der Hurtigrute, an denen unser Schiff nicht anlegen kann – Urke hat ein paar Dutzend Einwohner, da ist der Kai für die großen Schiffe viel zu klein. Also fährt ein Shuttleboot, das ketzte fährt 15:15 zurück.

Sonnenuntergang in Urke

Bleiben also zwei Stunden, um bei bestem Wetter erstmals in Ruhe norwegischen Boden unter den Füßen zu spüren. Am Kai werden wir freundlich begrüßt und erhalten den Stadtplan Ortsplan. Keine Ahnung, ob sich das rechnet – Geld werden die wenigsten Besucher hier lassen, obwohl es den Urke Landhandel gibt. Nett ist es auf jeden Fall, und vielleicht kommt ja der ein oder andere mal wieder, zum Campen oder Wandern.

Ich habe Glück und erwische noch vor 13 Uhr eine Abfahrt, so bleibt mehr als genug Zeit für den Rundgang. Ich komme so zwar genau zu Sonnenuntergang an Land, aber das liegt nur an den hohen Bergen. Viel gibt es über Urke nicht zu sagen, Bilder sagen da mehr:

Nach etwas über einer Stunde bin ich wieder am Kai und nehme das Boot zurück – das meiste habe ich gesehen, und das Bett ruft nach der kurzen Nacht… Die Crew nutzt die Zeit für Übungen und setzt ein Rettungsboot nach dem anderen aus, um eine Runde zu drehen.

Ålesund im Regen

Kurz nach 15 Uhr nehmen wir wieder Fahrt auf, und das letzte Tenderboot legt an, während die Kong Harald wendet. Dann geht es gemütlich nach Ålesund, mit dem Gathering mit dem Expedition Team (bzw. nur mit Johan) als Unterhaltungsprogramm, während draußen das Wetter schlechter wird.

Als wir Ålesund erreichen, begrüßt uns ein trüber Himmel mit Nieselregen. Die nach dem Stadtbrand 1904 im Jugendstil wieder aufgebaute Stadt lädt daher nicht wirklich zu einem ausgedehnten Rundgang ein, aber für einen kurzen Spaziergang entlang des Brosundes und zurück langt es – den Aksla mit seinen 418 Stufen lasse ich diesmal aus, und beim Denkmal für die Englands-Farten (die Fluchtfahrten im 2. Weltkrieg) kommt der Gedanke auf, was ein englischer Muttersprachler bei dem Begriff assoziiert:-)

Mich irritiert viel mehr, dass es hier Kebabpølse gibt – Kebab-Würstchen? Was zum Geier sind Kebab-Würstchen? Aber der Kiosk hat am Sonntagabend zu, vorerst werde ich das nicht erfahren.

Ambassador-“Obstkorb”

Mit einer Stunde Stadtrundgang bleibt genug Zeit, um gegen 19 Uhr wieder auf dem Schiff zu sein und das Buffet zu genießen, mit Lamm statt Kebab. Die Nachtische sind tödlich – gut, dass es morgen Menü gibt und ich meiner Methode treu bleibe, eine Mahlzeit am Tag ausfallen zu lassen. Sonst ist das doch die Themenreise 11 Tage, 11 Kilo.

A propos: Auf den früheren Reisen gab es für Ambassador-Mitglieder – also Vielfahrer, die sich registrieren lassen – einen Obstkorb auf der Kabine. Jetzt stehen hier drei hübsch verpackte Pralinen – auch wenn ein bisschen Obst seinen Reiz hat, wenn man nicht jede Mahlzeit mitnimmt.

Molde

Nach dem Abendessen steht heute nichts mehr auf dem Programm – noch einmal auf Deck 7 sehen lassen für diverse Fragen und ein Blick auf Molde um 22:35. Dabei verpasse ich die Begegnung mit der südgehenden Havila Pollux, die ich nur aus dem Multe-Café auf Deck 7 leise voebeiziehen sehe.

Molde gönne ich auch nur einen kurzen Blick. Letzten Winter lag hier noch die Nordstjernen im Winterschlaf, der wir morgen begegnen – dummerweise während meine Vortrag, sodass ich Margit nicht winken, die mit dem alten Postschiff gerade unterwegs ist. Schade – das waren noch die Hurtigrutenschiffe, wie man sie sich vorstellt. Wir sind ja doch recht luxuriös unterwegs heutzutage.

Und dann: Ab an den Laptop, Vortrag vorbereiten, bloggen und Bilder sichten. Allen anderen: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 1: Bergen

Stuttgart bei Tag…

Das ist irgendwie surreal: Zuhause war gestern noch T-Shirt-Wetter, und ich packe meine Winterjacke (und zusätzlich die Regenjacke) ein, um zur Nordlichtjagd nach Norwegen zu gehen. Als ich zum Stuttgarter Flughafen fahre, ist es schon hell (obwohl ich viel zu früh aufbreche), und die Regenjacke verschwindet im Handgepack. Es ist kaum zu glauben: Wir haben Herbstbeginn (23. September 2023), und Polarlichter gab es in den letzten Tagen schon einige. Ebenso wie eine Flutwarnung für Bergen, zumindest für heute Vormittag – bis ich endlich in Bergen sein werde, wird das Wasser schon wieder abgelaufen sein…

Bordverpflegung

Ein Vorteil von Touren, die Samstags starten, ist die freie Autobahn, daher habe ich noch einige Zeit, um am Flughafen Däumchen zu drehen, bevor es nach Amsterdam weitergeht, nochmal zweieinhalb Stunden totschlagen und dann ab in den leicht verspäteten Flieger nach Bergen. Bilder vom Anflug gibt’s keine: Ich habe beide Male Gangplätze. Daher müsst ihr euch mit einem Foto der Bordverpflegung begnügen. Aber Bergen ist ohnehin ziemlich wolkig – was ich gut finde, denn meistens war das Wetter entweder in Bergen oder dem Rest von Norwegen schön. Hoffen wir das Beste.

Am Flughafen habe ich Glück, mein Koffer ist als einer der ersten auf dem Band, und ich kann rasch raus, unseren Reiseleiter Peter begrüßen und beim Empfang der Gäste helfen. Diesmal sind wir nur zu zweit, mit 26 haben wir eine kuschlig kleine Gruppe. Auch mal eine nette Abwechslung, auch wenn das bedeutet, dass ich wieder keine Fahrt mit Ingrid als Co-Lektorin machen kann (nachdem ich sie schon auf der ersten Nach-Corona-Tour verpasst hatte, weil mein Flugzeug in Amsterdam kaputt gegangen war.) Diesmal ging alles glatt, und uns ist auch keiner entwischt.

Also ab in den Bus, und direkt zum Schiff. Bei Ankunft um 17 Uhr und leichter Verspätung bleibt keine Zeit, um eine kleine Rundfahrt durch Bergen zu machen – aber viel wäre eh nicht zu sehen, die Hausberge stecken in den Wolken. Also ab auf die Kong Harald, bzw. zuerst ins Jekteviktenterminalen, die Kabinenkarten und meine Bücher verteilen. Anschließend müssen wir uns auch noch Kabinen besorgen  – endlich klappt es mal wieder, ich bekomme die Rettungsbootkabine auf Deck 5. Dann zum Sicherheitsfilm, und im Bistro davor gibt es sogar noch Kaffee und Teilchen – das ist neu, normalerweise haben die schon immer zu, wenn wir ankommen.

Danach endlich aufs Schiff zu bekannten Gesichtern: Das Expeditionsteam besteht aus Johan, Giske und (neu dabei) Are. Kurz die Verwaltung erledigen (Wann ich Vorträge machen kann, erfahre ich morgen, dafür können auf der Kong Harald wieder Aushänge gemacht werden, und noch den Welcome-Drink organisieren) und die erste Infoveranstaltung vom Schiff um 19 Uhr oder so sausen lassen, um was zu essen, bevor wir um 20:30 schon im leichten Nieselregen ablegen. Um 21 Uhr macht Johan die zweite Infoveranstaltung, zu der nur der Koch als Special Guest erscheint – die Offiziere müssen arbeiten, schließlich legen wir gerade ab. Dann noch ein paar Gespräche und zeigen, wo unser Infozettel hängt, und dann ist endlich Zeit, den Koffer auszupacken und die ersten Bilder zu sortieren, während wir schon langsam Richtung Meer schaukeln. Uff, was für ein Tag – die Hurtigrute macht ihrem Namen wieder alle Ehre.

Viel los auf der Sonne

Nur mal wieder ein Lebenszeichen: In den letzten, warmen Wochen gab es einige Chancen für einen Blick auf die Sonne. Unter anderem konnte ich die neue 4x Telezentrik (TZ4S) von Baader ausprobieren, auch an der Sonne im Weißlicht. Kombiniert mit der guten Sonnenaktivität kam das hier raus:

Das dürfte schon recht nah am Maximum dessen sein, was man aus einem kleinen ED80/600 rausholen kann. Mir gefällt es jedenfalls:-)

Reducer visuell eingesetzt

Ein Reducer am Teleskop ist eine feine Sache – für die Fotografie. Er reduziert die Brennweite und erhöht somit die Lichtstärke. Das hat zwei Vorteile: Auf einen gegebenen Sensor passt am selben Teleskop ein größerer Himmelsausschnitt, und die Belichtungszeit sinkt, weil das ganze Licht auf eine kleinere Fläche projiziert wird.

Aber die Technik hat Grenzen: Der Bildausschnitt, den ein Teleskop zeigt, wird spätestens durch die Linsenfassungen und die Steckhülsen begrenzt. Ein Reducer lohnt sich also in erster Linie, wenn man einen kleinen Kamerasensor hat. Bei einem großen Vollformatsensor werden die Bildränder rasch im Dunkeln liegen, und man hat nur noch einen Bildkreis.

Und wie ist das jetzt mit einem Okular? Die Frage taucht in den Foren immer wieder auf. Auch hier begrenzt die Steckhülse (und im Okular dann die Feldblende) das nutzbare Bildfeld. Solange die Feldblende deutlich kleiner ist als das Steckmaß, bringt ein Reducer einen Effekt – allerdings hat ein längerbrennweitiges Okular den selben Effekt, und in der Regel auch eine bessere Abbildung.

Wenn ich das Steckmaß ausreize, sieht das schon anders aus: Ein 32mm-Okular kann eine Feldblende von etwa 26mm haben – mehr ist kaum machbar, da die Steckhülse ein M28,5-Gewinde hat. Es passt also schlicht nicht mehr Feld in die Steckhülse. Ein Okular ist ja im Prinzip nichts anderes als eine Lupe, die das Bild in der Ebene der Feldblende vergrößert.

Ein Reducer verkleinert also das in der Steckhülse vorhandene Bild, ohne mehr zeigen zu können – und die rund 50° Eigengesichtsfeld eines Okulars werden kleiner, es gibt einen Tunnelblick.

Die Testokulare

Da das immer wieder bezweifelt wird, habe ich das einmal ausprobiert – mit einem 30mm Eudiaskopischen Okular von Baader, einem 32mm Classic Plössl Okular (beide von Baader Planetarium) und einem 25mm Silber-Plössl von Celestron.

Dazu kam ein billiger Einschraub-Reducer für das 1,25″ Filtergewinde, der unter den verschiedensten Markennamen erhältlich ist.

Die drei Okulare setzte ich an meinen ED80/600 und fotografierte mit dem Handy durch das Okular, um den Gesichtsfeldrand mit abzubilden und so zu dokumentieren, ob man mit Reducer mehr sieht. Die Helligkeitsunterschiede gehen dabei unter, weil das Handy natürlich im Automatik-Modus die Belichtungszeit anpasst.

Den Anfang macht das Classic Plössl – mit dem Reducer ist das reale Bildfeld sogar noch kleiner, was wohl an der Linsenfassung des Reducers liegt. Links jeweils ohne Reducer, rechts mit.

Nächstes Testbild: Das 30mm Eudiaskopische Okular.

Selbes Ergebnis, nur etwas schwerer zu fotografieren, daher der abgeschnittene Rand.

Und das 25mm Silber-Plössl?

Hier ist die Feldblende kleiner als die Steckhülse, und der Reducer zeigt tatsächlich einen größeren Bildausschnitt – aber auch nicht mehr als die langbrennweitigen Okulare. Dafür ist das Bild trüber.

Wie erwartet bringt ein Reducer visuell also nichts, was ein gutes Okular mit maximalem Feldlinsendurchmesser nicht auch kann. Übrigens gibt es ja auch 40mm-Okulare mit 1,25″ – die funktionieren ähnlich und zeigen den selben Ausschnitt wie ein 32mm-Okular, nur weniger stark vergrößert. Statt etwa 50° Bildfeld haben sie nur noch etwa 43° und den berühmten Tunnelblick, den auch der Reducer produziert. Wer wirklich mehr Feld will, muss zu 2″-Okularen greifen. Damit ist bei 32mm ein größeres wahres Feld am Himmel möglich, bei selber Vergrößerung.