Hurtigrute Tag 4: Bodø

Der Tagesplan

Jetzt geht es in den hohen Norden: Wir überqueren den Polarkreis. Das bedeutet: Der Wecker klingelt um kurz nach 7, weil wir ja irgendwann so grob zwischen 7 und 8:45 den Polarkreis bzw. das Polarkreismonument auf der Insel Vikingen passieren.

Gegen halb acht kommt dann die Durchsage, dass es in zehn Minuten so weit ist. Also ab in die Klamotten und auf das Umlaufdeck. Im September ist es schließlich noch hell genug, dass die Bilder der Kugel was werden können.

Ein Blick zurück in den “sonnigen” Süden

Was gegen schöne Bilder spricht: Das etwas kontrastarme Wetter. Der Blick zurück nach Süden sieht nicht nach sonnigem Süden aus, auch wenn die Temperaturen durchaus angenehm sind. “Dramatisch” beschreibt den Himmel eher.

Überraschenderweise passieren wir die Insel Vikingen in größerem Abstand und sehen sie zur Abwechslung an unserer rechten Seite vorbeiziehen statt wie gewohnt an der backbord-linken Seite. Und ich dachte schon, ich hätte mich bei der Durchsage verhört.

Als wir uns nähern, kommt noch ein kleiner Regenschauer runter – aber das ist nicht die Polarkreistaufe, die kommt später. Jetzt müssen wir erst mal rüber! Der angekündigte Holperer am Polarkreis fällt mal wieder aus, stattdessen segeln wir ruhig an der Insel vorbei, bis der Schiffstyphoon die morgendliche Idylle beendet. Der Regen hat auch schon wieder aufgehört: Willkommen im Norden!

Bei dem respektvollen Abstand, den wir halten, hätte ich gerne ein stärkeres (und lichtstärkeres) Zoom an der Kamera statt meinem Allround-Objektiv…

Dann bin ich kurz in der Kabine, meinen Vortrag vorbereiten (mit der aktuellen Wetterprognose), werfe einen Blick ins Restaurant (immer noch zu voll zum Frühstücken) und gehe nicht duschen, weil just in diesem Moment die südgehende Havila Castor angekündigt wird. Also ab auf Deck, Schiffchen knipsen und winken, und an Deck ein paar Infos zur Geschichte der Hurtigrute und über unseren “Marktbegleiter” geben, und dann entscheide ich mich doch noch für ein schnelles Frühstück.

Und dann ist auch schon fast 9:30, und mein kurzer Vortrag zum Mond steht an. Eigentlich hatte ich wegen dem Termin ja fast ein schlechtes Gewissen, weil er direkt vor Ørnes ist, einem der schönsten Häfen – insbesondere im Winter, wenn das Örtchen als Postkartenidylle zwischen hohen, verschneiten Bergen in seinem kleinen Fjord liegt. Aber bei diesem Wetter ist das okay, und ich brauche nur eine knappe halbe Stunde, sodass alle rechtzeitig an Deck können, um einen Blick zu erhaschen und eine Naturdusche zu nehmen, bevor die Polarkreiszeremonie ansteht.

Minimalistisch fotografieren

Die Berge sind von Wolken verhüllt, und man merkt, dass man im Land der Trolle ist – da kann der Meeresgott Njørd, der hier statt Neptun die Polarkreistaufe durchführt, nicht mehr weit sein. Bis es soweit ist, kann man sich in minimalistischer Fotografie üben. Thomas Heaton (dem ich auf Youtube folge, auch wenn seine Landschaftsfotos langsam ins abstrakte abdriften und immer weniger Motiv zeigen) würde sich hier wohlfühlen; ich hätte im Herbst gerne etwas mehr Farbe im Bild. Aber so hat das Naturerlebnis, die raue Wildnis Nordnorwegens.

Kurz nachdem wir Ørnes verlassen haben und das Wetter wieder lieblicher wird, hat Johan auf dem Sonnendeck Eis, Aquavit und Lautsprecher aufgebaut: Die Gewinnerin der Polarkreiszeremonie wird verkündet, die Schätzung lag nur 8 Sekunden neben der offiziellen Zeit von 7:54:24.

Vor der Preisverleihung muss natürlich noch Njørd herbeigerufen werden – diesmal kommt er von den Whirlpools auf Deck 6 zu uns herauf. Die Gewinnerin kriegt eine Hurtigrutenfahne und die erste Portion Eis in den Nacken, danach wird jeder getauft, der will – zuletzt und mit dem ganzen Rest auch noch das neueste Crewmitglied.

Kaum ist das erledigt, steht der nächste Termin an: Um 11 Uhr kommt der Polarkreisstempel auf Briefe (und anderes) – schließlich sind wir immer noch Postschiff und haben irgendwo einen Briefkasten, auch wenn die Post im nächsten großen Hafen an Land gebracht wird und so schneller ihren Empfänger erreicht.

Nach diesem Terminstress bleiben noch knapp zwei Stunden, in denen Peter und ich auf Deck 7 sind, Reiseleitersprechstunde mit Ausflugstipps, Buch signieren und ganz allgemein Gesprächen. In Bodø trennen sich unsere Wege: Er geht Essen, ich lasse das Mittagessen ausfallen (ein Kvik Lunsj langt) und gehe in den Ort.

Bodø erinnert mich immer etwas an Heilbronn: Eine Stadt, die im Krieg völlig zerstört und viel zu schnell wieder aufgebaut wurde. Es braucht etwas Zeit, um den Charme der Stadt zu entdecken; manche schaffen es nie…

Der Hafen selbst ist überraschend leer, auch die Gamle Salten liegt aktuell nicht in Bodø, sondern ein paar Häfen weiter. Schön, dass sie noch fährt, schade, dass ich sie heute nicht sehe.

Es gibt wie immer einige Baustellen im Ort, aber immerhin bleibt mir der angekündigte Starkregen erspart. Nach einem erfolglosen Besuch im Einkaufszentrum (meine gesuchten Bücher gibt es nicht) gehe ich einmal eine neue Strecke, am Hafen entlang zur Mole Richtung Yachthafen und dann zurück. Es gibt hier viele Neubauten, ein paar hübsche kleinere Häuser, und nicht viele Sehenswürdigkeiten – nur einen neuen Blickwinkel auf die Hochhäuser, die das Stadtbild prägen. Noch ein Blick in die Domkirche (hübscher als von außen, und sie hat Dienstag bis Freitag von 9-14:30 für Besucher geöffnet) und zum Nordlandmuseum, das gerade einen Anbau erhält, und abschließend ein Blick auf den Rathausplatz. Das Walross dort kommt mir auch neu vor…

Dann gehe ich zurück zum Schiff. Über die Bordsprechanlage kommt die Warnung, dass wir bis zu vier Meter hohe Wellen erwarten, was für den Durchschnittsgast jenseits der Komfortzone liegen dürfte, und dass es Anti-Seekrankheit-Mittel im Shop gibt. Na dann Prost…

Ich schnappe mir meinen Rechner und arbeite noch etwas vor, außerdem erhalte ich die endgültigen Vortragstermine – morgen früh steht der nächste an. Als wir den Leuchtturm Landegode passieren, gehe ich noch einmal raus. Eigentlich ist er ein schönes Fotomotiv; so können die Bergans-Sachen zeigen, was Wassersäule 20.000 bedeutet. Die Kleidung hält, nur fotografisch hat sich diese Dusche eher nicht gelohnt. Egal.

Landegode Fyr

Die Passage über den Westfjord ist überraschend ruhig, das habe ich schon schlimmer erlebt. Es ist Bewegung im Schiff, aber recht gleichmäßig. Zum Abendessen um 18 Uhr ist der Speisesaal nicht ganz so voll wie üblich, wobei die Teilnehmer des Wikingerausflugs natürlich ebenfalls fehlen. Zumindest vorerst, während des Essens kommt die Durchsage, dass der Ausflug wetterbedingt ausfällt.

Und noch etwas später die Info, dass für die Passagiere, die in Stamsund aussteigen wollen, ein Transferbus ab Svolvær organisiert ist. Im Gegensatz zu Stamsund will unser Kapitän den Hafen nicht auch noch ausfallen lassen. Dafür kommt uns die Polarlys wenig später entgegen, die Svolvær gestrichen hat. Ich traue mich auf Deck – man sieht den Hub, den unser Schiff macht, aber es ist warm (15 Grad oder so) und kaum Wind. Genauer gesagt haben wir wohl Rückenwind, der nur etwas schneller ist als unser Schiff. Die Polarlys hat Gegenwind, da sieht das schon heftiger aus – da hätte ich mich wohl nicht an Deck getraut.

Verständlich, dass diese Schiffsbegegnung nicht durchgesagt wurde…

Svolvær erreichen wir etwas zu früh, aber bei dem Wetter verzichte ich auf einen Gang durch den Ort. Stattdessen leichte Panik: Keynote, mein Präsentationsprogramm, öffnet meine nächsten Vorträge nicht mehr. Aber ich kann sie auf das Handy übertragen, dort in Powerpoint umwandeln und so doch auf dem Mac wiedergeben. Keine Ahnung, was der Blödsinn wieder soll, aber immerhin kann ich so morgen doch arbeiten.

Svolvær

Nachdem wir Svolvær verlassen, kommt noch die Durchsage, dass der Halt am Trollfjord wetterbedingt gestrichen ist. Als ich um kurz nach elf noch einmal rausschaue, ist zwar pechschwarze Nacht, aber von Wind und Wellen ist nichts zu spüren. Naja, mache ich halt auch Feierabend und schreibe mein Blog. Für irgendwas müssen die bedeckten Nächte ja gut sein, auch wenn ich jetzt lieber was anderes machen würde…

Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Der Tagesplan

Der Tag beginnt erfrischend. Die Kong Harald ist ja mittlerweile auf Hybrid-Antrieb umgerüstet, um Treibstoff zu sparen und in den Häfen mit Landstrom versorgt zu werden. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Temperatur in meiner Kabine recht frisch ist und beim Duschen Island-Feeling aufkommt. Wer schon mal in Island war: Das heiße Wasser kommt von der nächsten heißen Quelle, die schon mal ein paar Kilometer entfernt sein kann. Vielleicht fehlt mit dem Hybridantrieb Abwärme vom Motor für die Heizung?

Der Schiffshund

Aber ich will nicht jammern. Wenn jemand Mitleid verdient hat, dann der Schiffshund, dem seit Jahren ein Auge fehlt und den niemand verarztet.

Früher hatten die Schiffe eine dedizierte Spielecke, aber die wurde im Lauf der Jahre wegrenoviert. Auf der Kong Harald gibt es im Multe immerhin noch eine Spielzeugkiste und -ecke. Nur um den armen halbblinden Schiffshund kümmert sich keiner und spendiert ihm mal eine Augen-OP.

Dafür zeigt sich das norwegische Wetter heute früh erst einmal halbwegs freundlich, aber wir fahren in die Regenfront hinein, die den Vormittag über über Trondheim hängt. Bei leichtem Regen begrüßt uns eine kontrastarme Insel Munkholmen, dann begegnen wir der Nordlys, die den Platz am Kai für uns frei macht. Das macht nur wenig Lust auf den Gang durch Trondheim, aber wenn man schon einmal hier ist…

Die drei Stunden Liegezeit von 9:45 bis 12:45 reichen wie immer nur für einen kurzen Gang durch die Stadt. 20-30 Minuten benötigt man durch das Industriegebiet bis zum Stadtzentrum. Ich nehme meine übliche Route durch das renovierte Werftviertel Nedre Elvehavn und Bakklandet zum Dom.

Die Backsteinhäuser des Werfviertels bieten einen hübschen Kontrast zu den Holzhäusern von Bakklandet und den hölzernen Lagerhäusern am Fluss. Der Fahrradlift wird gerade saniert, und ich gehe noch ein paar Meter weiter zu dem Aussichtspunkt am Fluss, von dem aus man normalerweise Dom und alte Stadtbrücke sieht. Aber ich bin zu früh: Es gibt zu viel Grün, das den Blick versperrt.

Nidelv-Panorama

Nur die Spitze vom Dom ragt über die Bäume heraus. Also weiter über die Gamle Bybro, das übliche Foto, und ab zum Dom, wo ich Peter und einige aus unserer Gruppe treffe. Auf dem Domplatz ist gut was los, und um elf Uhr höre ich das Glockenspiel des Doms: Hübsch, melodisch und nicht zu laut. Wenn ich das mit mancher Dorfkirche bei uns vergleiche, die einfach nur penetrant laut ist – das hat der Nidaros-Dom nicht nötig…

Der Dom selbst ist nicht einfach zu fotografieren, seine Rückseite steckt hinter Bäumen, und für die Vorderseite braucht man ein Weitwinkel – außer für die Details der Fassade. Irgendwann muss ich mal ein Fernglas mitnehmen und schauen, wo Bob Dylan hier von den Steinmetzen verewigt wurde (kein Witz).

Ein Blick auf die Uhr: Noch etwa eine halbe Stunde für Sightseeing, Shopping (wobei mich die Buchhandlungen enttäuschen), bevor der Rückweg ansteht. Der Aufenthalt in Trondheim ist wirlkich zu kurz. Also ein Blick zur Vare Fru Kirke (die wieder offen hätte) und in das Shopping-Center mit den in das Gebäude integrierten alten Häuschen, zum Bummeln bleibt keine Zeit. Interessant ist das rote Lasten-Fahrrad der Post, das vor dem Torg steht.

Auf dem Rückweg noch eine Stipvisite am Stiftsgården, Norwegens größtem Holzhaus, dessen schöne Rückseite durch den blühenden Park auch nur schwer zu sehen ist. Ist so aber auch hübsch.

Stiftsgården

Und dann zurück zum Schiff. Eine knappe halbe Stunde hätte ich noch gehabt, aber auf den letzten Drücker muss man auch nicht zurückkommen. Derweil klingelt mein Handy: Margit von der Nordstjernen ist dran, wir würden ihr um 17:45 begegnen. Mist – da läuft mein Vortrag noch, aber ich gebe schon einmal dem Schiff bescheid, dass sie eine Durchsage machen. Wann sieht man heute noch eines der Schiffe, die jahrzehntelang das Bild der Postschiffroute prägten – kleine Schiffe mit schwarzem Rumpf und weißen Aufbauten?

Gesagt getan, und dann ab auf Deck 7, Flagge zeigen, Vortrag vorbereiten, Kameras für Polarlicht einstellen und auf die Abfahrt aus Trondheim warten.

Und warten.

Und warten.

Bestes Wetter im Trondheimfjord

Mit fast einer Stunde Verspätung legen wir dann ab, es gab wohl ein technisches Problem samt kurzem Stromausfall. Aber seitdem funktioniert meine Heizung wieder…

Durch die späte Abfahrt verschiebt sich auch das Tagesprogramm: Das tägliche Treffen mit dem Expeditionsteam (auf Deutsch) samt Kurzvortrag über die Wikinger wird vorverlegt, das Treffen englische leicht verschoben, und den Kjeungskjærfyr erreichen wir erst gehen 16 Uhr. Damit kann ich meinen Vortrag eine halbe Stunde früher beginnen, die Nordstjernen treffen wir später – ist ja geradezu ideal.

Die Fahrt durch den Trondheimfjord zurück machen wir bei schönstem Wetter, und auch beim berühmten roten Leuchtturm könnte die See kaum ruhiger sein. Kurz vor 16 Uhr macht das Expeditionsteam auf Deck 7 den Interessepunkt zum Kjeungskjærfyr, während ich mit der Kamera auf Deck 5 stehe. Chic.

Danach rede ich noch einmal mit Johan wegen der Nordstjernen und mache meinen Vortrag über das Polarlicht (samt der nicht so tollen Wolkenprognose), und kurz vor 18 Uhr begegnen wir der alten Dame dann auch schon. Sehr chic.

Das Schiff hat nicht nur die längste Zeit auf der Hurtigrute gehabt, sondern wurde auch so oft außer Dienst gestellt wie kein anderes. Mehr zum Schiff gibt’s auf Nostalgische-Postschiffreisen.de. Sie fährt und fährt und fährt. (Kurzer Werbeblock: Wer mal richtige Seefahrt erleben will, kann auch da Reisen buchen).

Für uns stand dann Abendessen auf dem Programm und noch etwas Zeit, bis Giske vom Expeditionsteam einen Gesangsabend im Panoramasalon gibt. Bis dahin begegnen wir noch der Otto Sverdrup (Ex MS Finnmarken, die jetzt für Hurtigruten Expeditions unterwegs ist) und der Nordkapp, die kurz vor unserer Ankunft in Rørvik den Hafen verlässt. Die Sverdrup wird per Durchsage angekündigt; die Nordkapp ist ein stummes Treffen – es ist schon spät, als wir ihr um 21:35 begegnen, daher gibt es weder eine Durchsage noch ein Hupkonzert, die beiden Schiffen grüßen einander nur mit den Scheinwerfern.

Rørvik erreichen wir fast pünktlich, der Kapitän hat einiges an Verspätung wieder reingefahren. Über uns: Überraschend viele Sterne dafür, dass wir in eine dunkle Wolkenfront gefahren waren und 85% Bewölkung vorhergesagt waren. Allerdings keine Spur von Polarlicht. Und gestern war sogar in Deutschland noch Polarlicht zu sehen, aber wir hatten Wolken… Heute klappt es jedenfalls nicht.

In Rørvik werfe ich noch einen Blick auf den Hafen (das Gebäude ist neu, wenn ich mich richtig erinnere) und verbringe den Rest des Abends im Panoramasalon, wo Giske singt, und warte auf die Abfahrt.

Und warte.

Und warte.

Erst um 22:44 legen wir ab, mit einer Dreiviertelstunde Verspätung. Seltsam, aber gut für alle, die schätzen, dass wir den Polarkreis eher später als früher überqueren, irgendwann zwischen 7 und 9 Uhr. In diesem Sinne: Gute Nacht, morgen früh klingelt der Wecker.

Hurtigrute Tag 2: Hjørundfjord

Das Tagesprogramm

Mein Tag beginnt früh: Die Kabine wird von rotgoldenem Licht durchflutet, und ich wache mit dem Gedanken auf, dass es schon spät am Tag sein muss. Naja… wir haben kurz vor drei Uhr morgens und liegen im Hafen von Florø, dessen Flutlichter sich an den Rettungsbooten in meine Kabine reflektieren und mir eine falsche goldene Stunde bescheren… aber damit bin ich wach genug, um die Stadhavet und die Passage des Westkaps mitzubekommen. Wäre jetzt auch nicht unbedingt nötig gewesen, aber so bekomme ich den Wellengang mit: Spürbar, aber gleichmäßig. Das war schon schlimmer, aber auch ruhiger – und es war immer schön, als wir im Winter noch später in Bergen losgefahren waren und das Westkap mit dem ersten Frühstück der Reise zusammenfiel. Heute können es die meisten verschlafen – auch wenn zumindest auf Deck 6 irgendwann gegen 5 Uhr wohl der Generalalarm ertönte, weil einige Fernseher den Sicherheitsfilm abspielten. Davon blieb ich verschont.

Mein Wecker klingelt um halb acht – nach der Nacht und der durchaus stressigen Anreise bin ich da zwar nicht wirklich wach, aber der Blick aus dem Fenster zeigt, dass sich Aufstehen doch lohnt.

Schöne Morgenstimmung, bei zweistelligen Temperaturen. Wenig später erreichen wir Torvik – die paar Häuser lassen einen rasch übersehen, dass am gegenüberliegenden Ufer ien deutlich größerer Ort liegt. So sehen wir nur ein paar Häuser und einige Ruinen…

Nach Torvik gönne ich mir das Frühstück, wobei ich nicht der einzige bin, der die Idee hatte. Knapp 290 Passagiere sind an Bord, was eigentlich entspannt ist, solange nicht alle gleichzeitig an das Buffet wollen.

Danach habe ich ein Rendezvouz mit Johan, Vortragstermine abklären (vier von fünf stehen – ein Termin fällt wegen potentiellem Wellengang schon einmal flach, aber da findet sich noch was), und den Rechner pflegen: Seit der letzten Tour laufen einige Programme nicht mehr, also kurz wa sneu installieren, solange wir schnelles Internet haben. Uff. Dann kurz Ålesund gucken, wo wir von 9:45 bis 10:00 sind.

Ålesund

Der Grund für unseren hektischen Aufbruch aus Bergen gestern Abend ist, dass die Schiffe im Sommer in den Geirangerfjord fahren und in September und Oktober in den Hjørundfjord. Im Winter gilt mittlerweile leider der selbe Fahrplan, nur dass das Schiff dann den ganzen Tag in Ålesund liegt und dementsprechend wenig Zeit für die Städte auf der nordgehenden Route bleibt… Aber immerhin hatte ich keine Probleme bei der Anreise, der Frankfurter Flughafen hat wohl mal wieder Chaos veranstaltet, mit überlasteten Sicherheitskontrollen und einem sehr gemütlichen Check-In bei KLM. Dann doch lieber zu viel Zeit in Stuttgart…

Im Herbst profitieren wir aber prinzipiell von dem Fahrplan und nehmen nach einem kurzen Stop Kurs auf den Fjord. Um 11:30 haben Peter und ich noch den Welcome-Drink mit ein paar Informationen rund um die Tour, bevor die ersten Gäste auch schon zum Mittagessen müssen, bevor sie auf Ausflug gehen.

Für alle anderen soll das Shuttleboot ab 13:15 bereit stehen. Hjørund- und Geirangerfjord sind die beiden einzigen Stationen der Hurtigrute, an denen unser Schiff nicht anlegen kann – Urke hat ein paar Dutzend Einwohner, da ist der Kai für die großen Schiffe viel zu klein. Also fährt ein Shuttleboot, das ketzte fährt 15:15 zurück.

Sonnenuntergang in Urke

Bleiben also zwei Stunden, um bei bestem Wetter erstmals in Ruhe norwegischen Boden unter den Füßen zu spüren. Am Kai werden wir freundlich begrüßt und erhalten den Stadtplan Ortsplan. Keine Ahnung, ob sich das rechnet – Geld werden die wenigsten Besucher hier lassen, obwohl es den Urke Landhandel gibt. Nett ist es auf jeden Fall, und vielleicht kommt ja der ein oder andere mal wieder, zum Campen oder Wandern.

Ich habe Glück und erwische noch vor 13 Uhr eine Abfahrt, so bleibt mehr als genug Zeit für den Rundgang. Ich komme so zwar genau zu Sonnenuntergang an Land, aber das liegt nur an den hohen Bergen. Viel gibt es über Urke nicht zu sagen, Bilder sagen da mehr:

Nach etwas über einer Stunde bin ich wieder am Kai und nehme das Boot zurück – das meiste habe ich gesehen, und das Bett ruft nach der kurzen Nacht… Die Crew nutzt die Zeit für Übungen und setzt ein Rettungsboot nach dem anderen aus, um eine Runde zu drehen.

Ålesund im Regen

Kurz nach 15 Uhr nehmen wir wieder Fahrt auf, und das letzte Tenderboot legt an, während die Kong Harald wendet. Dann geht es gemütlich nach Ålesund, mit dem Gathering mit dem Expedition Team (bzw. nur mit Johan) als Unterhaltungsprogramm, während draußen das Wetter schlechter wird.

Als wir Ålesund erreichen, begrüßt uns ein trüber Himmel mit Nieselregen. Die nach dem Stadtbrand 1904 im Jugendstil wieder aufgebaute Stadt lädt daher nicht wirklich zu einem ausgedehnten Rundgang ein, aber für einen kurzen Spaziergang entlang des Brosundes und zurück langt es – den Aksla mit seinen 418 Stufen lasse ich diesmal aus, und beim Denkmal für die Englands-Farten (die Fluchtfahrten im 2. Weltkrieg) kommt der Gedanke auf, was ein englischer Muttersprachler bei dem Begriff assoziiert:-)

Mich irritiert viel mehr, dass es hier Kebabpølse gibt – Kebab-Würstchen? Was zum Geier sind Kebab-Würstchen? Aber der Kiosk hat am Sonntagabend zu, vorerst werde ich das nicht erfahren.

Ambassador-“Obstkorb”

Mit einer Stunde Stadtrundgang bleibt genug Zeit, um gegen 19 Uhr wieder auf dem Schiff zu sein und das Buffet zu genießen, mit Lamm statt Kebab. Die Nachtische sind tödlich – gut, dass es morgen Menü gibt und ich meiner Methode treu bleibe, eine Mahlzeit am Tag ausfallen zu lassen. Sonst ist das doch die Themenreise 11 Tage, 11 Kilo.

A propos: Auf den früheren Reisen gab es für Ambassador-Mitglieder – also Vielfahrer, die sich registrieren lassen – einen Obstkorb auf der Kabine. Jetzt stehen hier drei hübsch verpackte Pralinen – auch wenn ein bisschen Obst seinen Reiz hat, wenn man nicht jede Mahlzeit mitnimmt.

Molde

Nach dem Abendessen steht heute nichts mehr auf dem Programm – noch einmal auf Deck 7 sehen lassen für diverse Fragen und ein Blick auf Molde um 22:35. Dabei verpasse ich die Begegnung mit der südgehenden Havila Pollux, die ich nur aus dem Multe-Café auf Deck 7 leise voebeiziehen sehe.

Molde gönne ich auch nur einen kurzen Blick. Letzten Winter lag hier noch die Nordstjernen im Winterschlaf, der wir morgen begegnen – dummerweise während meine Vortrag, sodass ich Margit nicht winken, die mit dem alten Postschiff gerade unterwegs ist. Schade – das waren noch die Hurtigrutenschiffe, wie man sie sich vorstellt. Wir sind ja doch recht luxuriös unterwegs heutzutage.

Und dann: Ab an den Laptop, Vortrag vorbereiten, bloggen und Bilder sichten. Allen anderen: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 1: Bergen

Stuttgart bei Tag…

Das ist irgendwie surreal: Zuhause war gestern noch T-Shirt-Wetter, und ich packe meine Winterjacke (und zusätzlich die Regenjacke) ein, um zur Nordlichtjagd nach Norwegen zu gehen. Als ich zum Stuttgarter Flughafen fahre, ist es schon hell (obwohl ich viel zu früh aufbreche), und die Regenjacke verschwindet im Handgepack. Es ist kaum zu glauben: Wir haben Herbstbeginn (23. September 2023), und Polarlichter gab es in den letzten Tagen schon einige. Ebenso wie eine Flutwarnung für Bergen, zumindest für heute Vormittag – bis ich endlich in Bergen sein werde, wird das Wasser schon wieder abgelaufen sein…

Bordverpflegung

Ein Vorteil von Touren, die Samstags starten, ist die freie Autobahn, daher habe ich noch einige Zeit, um am Flughafen Däumchen zu drehen, bevor es nach Amsterdam weitergeht, nochmal zweieinhalb Stunden totschlagen und dann ab in den leicht verspäteten Flieger nach Bergen. Bilder vom Anflug gibt’s keine: Ich habe beide Male Gangplätze. Daher müsst ihr euch mit einem Foto der Bordverpflegung begnügen. Aber Bergen ist ohnehin ziemlich wolkig – was ich gut finde, denn meistens war das Wetter entweder in Bergen oder dem Rest von Norwegen schön. Hoffen wir das Beste.

Am Flughafen habe ich Glück, mein Koffer ist als einer der ersten auf dem Band, und ich kann rasch raus, unseren Reiseleiter Peter begrüßen und beim Empfang der Gäste helfen. Diesmal sind wir nur zu zweit, mit 26 haben wir eine kuschlig kleine Gruppe. Auch mal eine nette Abwechslung, auch wenn das bedeutet, dass ich wieder keine Fahrt mit Ingrid als Co-Lektorin machen kann (nachdem ich sie schon auf der ersten Nach-Corona-Tour verpasst hatte, weil mein Flugzeug in Amsterdam kaputt gegangen war.) Diesmal ging alles glatt, und uns ist auch keiner entwischt.

Also ab in den Bus, und direkt zum Schiff. Bei Ankunft um 17 Uhr und leichter Verspätung bleibt keine Zeit, um eine kleine Rundfahrt durch Bergen zu machen – aber viel wäre eh nicht zu sehen, die Hausberge stecken in den Wolken. Also ab auf die Kong Harald, bzw. zuerst ins Jekteviktenterminalen, die Kabinenkarten und meine Bücher verteilen. Anschließend müssen wir uns auch noch Kabinen besorgen  – endlich klappt es mal wieder, ich bekomme die Rettungsbootkabine auf Deck 5. Dann zum Sicherheitsfilm, und im Bistro davor gibt es sogar noch Kaffee und Teilchen – das ist neu, normalerweise haben die schon immer zu, wenn wir ankommen.

Danach endlich aufs Schiff zu bekannten Gesichtern: Das Expeditionsteam besteht aus Johan, Giske und (neu dabei) Are. Kurz die Verwaltung erledigen (Wann ich Vorträge machen kann, erfahre ich morgen, dafür können auf der Kong Harald wieder Aushänge gemacht werden, und noch den Welcome-Drink organisieren) und die erste Infoveranstaltung vom Schiff um 19 Uhr oder so sausen lassen, um was zu essen, bevor wir um 20:30 schon im leichten Nieselregen ablegen. Um 21 Uhr macht Johan die zweite Infoveranstaltung, zu der nur der Koch als Special Guest erscheint – die Offiziere müssen arbeiten, schließlich legen wir gerade ab. Dann noch ein paar Gespräche und zeigen, wo unser Infozettel hängt, und dann ist endlich Zeit, den Koffer auszupacken und die ersten Bilder zu sortieren, während wir schon langsam Richtung Meer schaukeln. Uff, was für ein Tag – die Hurtigrute macht ihrem Namen wieder alle Ehre.

Viel los auf der Sonne

Nur mal wieder ein Lebenszeichen: In den letzten, warmen Wochen gab es einige Chancen für einen Blick auf die Sonne. Unter anderem konnte ich die neue 4x Telezentrik (TZ4S) von Baader ausprobieren, auch an der Sonne im Weißlicht. Kombiniert mit der guten Sonnenaktivität kam das hier raus:

Das dürfte schon recht nah am Maximum dessen sein, was man aus einem kleinen ED80/600 rausholen kann. Mir gefällt es jedenfalls:-)

Reducer visuell eingesetzt

Ein Reducer am Teleskop ist eine feine Sache – für die Fotografie. Er reduziert die Brennweite und erhöht somit die Lichtstärke. Das hat zwei Vorteile: Auf einen gegebenen Sensor passt am selben Teleskop ein größerer Himmelsausschnitt, und die Belichtungszeit sinkt, weil das ganze Licht auf eine kleinere Fläche projiziert wird.

Aber die Technik hat Grenzen: Der Bildausschnitt, den ein Teleskop zeigt, wird spätestens durch die Linsenfassungen und die Steckhülsen begrenzt. Ein Reducer lohnt sich also in erster Linie, wenn man einen kleinen Kamerasensor hat. Bei einem großen Vollformatsensor werden die Bildränder rasch im Dunkeln liegen, und man hat nur noch einen Bildkreis.

Und wie ist das jetzt mit einem Okular? Die Frage taucht in den Foren immer wieder auf. Auch hier begrenzt die Steckhülse (und im Okular dann die Feldblende) das nutzbare Bildfeld. Solange die Feldblende deutlich kleiner ist als das Steckmaß, bringt ein Reducer einen Effekt – allerdings hat ein längerbrennweitiges Okular den selben Effekt, und in der Regel auch eine bessere Abbildung.

Wenn ich das Steckmaß ausreize, sieht das schon anders aus: Ein 32mm-Okular kann eine Feldblende von etwa 26mm haben – mehr ist kaum machbar, da die Steckhülse ein M28,5-Gewinde hat. Es passt also schlicht nicht mehr Feld in die Steckhülse. Ein Okular ist ja im Prinzip nichts anderes als eine Lupe, die das Bild in der Ebene der Feldblende vergrößert.

Ein Reducer verkleinert also das in der Steckhülse vorhandene Bild, ohne mehr zeigen zu können – und die rund 50° Eigengesichtsfeld eines Okulars werden kleiner, es gibt einen Tunnelblick.

Die Testokulare

Da das immer wieder bezweifelt wird, habe ich das einmal ausprobiert – mit einem 30mm Eudiaskopischen Okular von Baader, einem 32mm Classic Plössl Okular (beide von Baader Planetarium) und einem 25mm Silber-Plössl von Celestron.

Dazu kam ein billiger Einschraub-Reducer für das 1,25″ Filtergewinde, der unter den verschiedensten Markennamen erhältlich ist.

Die drei Okulare setzte ich an meinen ED80/600 und fotografierte mit dem Handy durch das Okular, um den Gesichtsfeldrand mit abzubilden und so zu dokumentieren, ob man mit Reducer mehr sieht. Die Helligkeitsunterschiede gehen dabei unter, weil das Handy natürlich im Automatik-Modus die Belichtungszeit anpasst.

Den Anfang macht das Classic Plössl – mit dem Reducer ist das reale Bildfeld sogar noch kleiner, was wohl an der Linsenfassung des Reducers liegt. Links jeweils ohne Reducer, rechts mit.

Nächstes Testbild: Das 30mm Eudiaskopische Okular.

Selbes Ergebnis, nur etwas schwerer zu fotografieren, daher der abgeschnittene Rand.

Und das 25mm Silber-Plössl?

Hier ist die Feldblende kleiner als die Steckhülse, und der Reducer zeigt tatsächlich einen größeren Bildausschnitt – aber auch nicht mehr als die langbrennweitigen Okulare. Dafür ist das Bild trüber.

Wie erwartet bringt ein Reducer visuell also nichts, was ein gutes Okular mit maximalem Feldlinsendurchmesser nicht auch kann. Übrigens gibt es ja auch 40mm-Okulare mit 1,25″ – die funktionieren ähnlich und zeigen den selben Ausschnitt wie ein 32mm-Okular, nur weniger stark vergrößert. Statt etwa 50° Bildfeld haben sie nur noch etwa 43° und den berühmten Tunnelblick, den auch der Reducer produziert. Wer wirklich mehr Feld will, muss zu 2″-Okularen greifen. Damit ist bei 32mm ein größeres wahres Feld am Himmel möglich, bei selber Vergrößerung.

Hurtigrute Tag 12: Zurück nach Bergen

Das Tagesprogramm

This is the end – ein letztes Mal klingelt der Wecker, ein letztes Mal Duschen im schwankenden Bad, und ein letztes Mal Frühstück. Die Nacht war dann doch recht kurz: Irgendwann so um drei Uhr ging es um das Westkapp, und irgendwer hat den Schleudergang angeschaltet. Da war doch gut Bewegung im Schiff. Aber auch hier geht noch mehr, und es war ohnehin schon alles an beweglichen Teilen vom Schrank in den Koffer gewandert.

Kurs Florø

Ich bin früh genug wach, um noch vor Florø mit dem Frühstück fertig zu sein: Ein wunderschöner Morgen mit ruhiger See und einigen Wolkenlücken. Ich bin sogar früh genug an Deck, um nicht das übliche Foto vom Containerstapel am Anleger zu schießen, sondern sehe die Lichter des Örtchens am Horizont, während wir uns dem Hafen nähern.

Nach Florø dann die Herausforderung des Tages: Den Koffer zukriegen, bevor die Kabine um 10 Uhr geräumt werden muss. Warum zum Geier bin ich schon wieder bei 22,8 kg (zzgl. Kofferwaage)? So viel habe ich doch gar nicht eingekauft… Aber egal, 23 kg darf ich ja, und ich habe ein paar Sachen aus dem Handgepäck in den Koffer ausgelagert. Also ab damit vor die Türe, damit er bis Bergen im Rumpf des Schiffes verstaut wird und nicht stört. Am Terminal in Bergen werde ich ihn wieder kriegen. Ein letzter Blick in die Kabine, und dann ab ins “Reiseleiterbüro”, unsere lange Tafel auf Deck 3. Viele Tipps für den letzten Tag können wir zwar nicht geben, aber hier gibt es Steckdosen. Nicht, dass das Handy mit der Bordkarte leer ist, wenn man es später braucht.

Nachdem wir Florø verlassen haben, kommen etwas ungeschütztere Seestrecken. Durch die Dünung geht es für die Richard With auf und ab – langsam, aber beständig. Programm gibt es für heute keines mehr, nur um 10:30 gibt es noch einen Film mit einem Blick hinter die Kulissen des Schiffs für alle, die bei der Versteigerung leer ausgegangen sind.

Zum Glück spielt das Wetter mit, und man hat noch etwas vom letzten Tag. Bei Regen ist das letzte Stück extrem nervig, aber so kann man Norwegen noch einmal genießen. Ein schönes Stück Strecke ist der Steinsund, den wir gegen halb zwölf durchfahren; aber wir kommen der Küste auch so immer wieder nahe genug für schöne Fotos – Norwegen ist fast zum Greifen nah, und man kann es bei Plusgraden auch gut an Deck aushalten.

An Deck gibt es noch einige Gespräche. Da gefragt wurde: Wer mal in Tromsø auf Polarlichtjagd gehen will, dem kann ich Dan Steinbakk von Arcticx.no sehr empfehlen. Und nein, ich kriege keine Provision – er ist einfach gut, und vor allem ist er mit kleinen Gruppen in einem VW-Bus unterwegs und nicht mit dem vollgestopften großen Reisebus. Aber Vorsicht: Das Wetter, das wir in Tromsø hatten, ist durchaus typisch, und die Nordlichtjäger dort fahren öfter rüber nach Finnland. Also den Reisepass/Perso nicht vergessen. Nordlichtjagd ist nicht immer so komfortabel wie auf der Hurtigrute, dafür ist man an Land und ohne festen Fahrplan flexibler. Und wer selber fahren will: Hertz montiert eher Spikereifen als Europcar. Norwegische Winterstraßen können eine interessante Fahrerfahrung bieten, vor allem im Sturm. Da wurde schon mal dem ein oder anderen Kleinbus die offene Türe abgerissen, und es ging ohne Seitentüre zurück durch den Schneesturm. Da haben wir es schon angenehmer:-)

Ansonsten dümpelt der Tag vor sich hin, und wer dem Gehuste im Schiff ausweichen will, geht an Deck. Immer wieder gibt es Leuchtfeuer mit Wellen zu sehen. Eine andere Sehenswürdigkeit: Die Deepsea Yantai kommt uns entgegen, eine Bohrinsel – ich wusste gar nicht, dass es die mit eigenem Antrieb gibt, aber sie bewegt sich wohl aus eigener Kraft fort. Laut Marinetraffic hat sie die Segel gesetzt…

Bergen

Bergen erreichen wir schließlich fast auf die Minute genau, dann dauert es nur noch ein bisschen, bis wir aussteigen können, unser Gepäck wiederkriegen und in die Busse steigen. Das gibt noch einmal etwas Chaos: Zwischen unseren beiden Bussen steht der Bus der französischen Gruppe, und da auf einem unserer Busse nur Airport steht, wollen noch einige andere Passagiere einsteigen. Aber schließlich ist alles sortiert, die Passagieranzahl stimmt, alle an Bord gehören auch zu uns, und es geht schnellstmöglich zum Flughafen, eine gute halbe Stunde nach unserer Ankunft am Jekteviksterminal in Bergen. Die Self-Checkin-Terminals für KLM funktionieren mal wieder so lala (am besten mit Reisepass), aber die Schalter sind besetzt, sodass alle rechtzeitig ihr Gepäck aufgeben und durch die Security kommen. Noch fast eine Stunde bleibt für die Shops vor und in dem Duty-Free-Bereich, sogar eine kleine Pølser ist noch drin, bevor es in den Flieger nach Amsterdam geht.

In Amsterdam sind wir pünktlich und haben für die meisten Anschlussflieger etwa eineinhalb Stunden Zeit – nicht zu viel unnötiges Rumgesitze also. Aber der letzte Tag zieht sich wie Kaugummi… und das ist das erste Mal, dass ich gefragt werde, ob ich nicht jemanden vom Flughafen nach Karlsruhe mitnehmen könnte, weil es keine vernünftige Verbindung nach Hause mehr gibt. Hat sich dann zwar erledigt (das Hotel in Frankfurt war schon gebucht), aber es lässt doch an die Anfangszeit meiner Nordlicht-und-Sterne-Touren denken, als noch ein Anreisetag in Bergen dabei war, und die Tour dafür schon in Trondheim endete. Da waren alle auch mit Umsteigen noch am selben Abend zuhause. Gute alte Zeit, auch wenn es nach Kirkenes dann noch schneller dem Ende zu ging.

Gate closed

Ebenfalls interessant: Am Flughafen wurde ich von anderen Passagieren angesprochen, wie man diese Gruppenreise überhaupt buchen könne, da sie das weder im Reisebüro noch auf der Webseite gefunden hatten. Interessant – meist haben wir eher den Fall, dass jemand nicht weiß, dass er eine Gruppenreise hat. Wenn das Reisebüre es nicht findet, hier kann direkt bei Hurtigruten Deutschland gebucht werden: https://www.hurtigruten.de/hurtigruten-gruppenreisen.

Vor lauter Gequatsche bekomme ich fast nicht mit, dass das Boarding pünktlich beginnt, und werde mit einem freundlichen “Gate closed” begrüßt – aber ich bin nicht alleine, der halbe Flieger muss warten, bis ein zweiter Transferbus kommt. Nur der erste Bus war voll, uff.

Ach ja, weil gefragt wurde, warum ich auf der Rückreise Maske trug: Wenn im Schiff irgendwas rumgeht, hat man eh kaum eine Chance, aber ich gehe davon aus, dass ich mir auf der Tour nichts eingefangen habe – der Coronatest vor dem Rückflug war jedenfalls negativ. Aber auf den Flughäfen wird die Luft aus aller Herren Länder doch noch gut gemischt, und auf einem meiner letzten Flüge saß ich direkt hinter jemanden, der drei Stunden lang gerotzt und geschnieft hat. Da schadet eine Maske nicht, auch wenn KLM die Sicherheitseinweisung vom Band durch den Hinweis ergänzen muss, dass man die Maske natürlich abnehmen muss, falls die Sauerstoffmasken von der Decke fallen. Aber ganz alleine bin ich damit nicht im Flieger.

Im Flugzeug gibt es dann eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Es gibt vorne und hinten eine Toilette, aber vorne darf nur die Business-Class ihr Geschäft verrichten. Das ist alles, was vom Glanz der Flugreisen übrig geblieben ist. Käsebrötchen und getrennte Toiletten.

Mit ordentlich Rückenwind bin ich eine gute Stunde später in Frankfurt, dann noch Gepäck holen, kurz was Essen, und ab auf die Autobahn – gegen ein Uhr morgens bin ich zuhause. Ich weiß, warum ich Direktflüge mag… es ist ein seltsames Gefühl, jetzt einen Tag später das Blog abzuschließen und die Bilder hochzuladen, noch bevor alle Gäste zuhause sind.

Aber ich muss nochmal sagen: Danke – es hat wirklich Spaß gemacht mit euch! Tusen takk, und alltid god tur!

Hurtigrute Tag 11: Von Trondheim südwärts

Der Tagesplan

Der südgehende Trondheimtag ist so ein Tag, über den es nicht viel zu berichten gibt, weil nicht viel passiert. Zwischen Trondheim am morgen und Kristiansund am Nachmittag liegt eine lange Seestrecke ohne weitere Häfen. Man könnte die Seele baumeln lassen, wenn nicht eigentlich doch so viel passieren würde…

Der Tag fängt eigentlich ganz entspannt an – zumindest, wenn man nicht noch einmal frühmorgens nach Trondheim will, wo wir von 6:30-9:30 liegen. Aber da haben die meisten Läden eh noch zu, und ich schlafe lieber etwas länger, als in aller Herrgottsfrühe noch einmal durch die Stadt zu joggen oder einen Ausflug zu machen. Da gehe ich lieber um kurz nach acht entspannt frühstücken.

Trondheim

Damit bin ich auch an Deck, als wir um 9:30 Trondheim verlassen, um den Kai für die nordgehende Havila Castor freizumachen. Sie dümpelt bereits im Hafenbecken und war anscheinend zu früh: Als ich sie zum ersten Mal sehe, liegt ein Rettungsboot neben ihr, das mit jedem Foto etwas weiter hochgezogen wird. Die Crew hat die Wartezeit wohl für eine Rettungsübung genutzt.

Bei unserer Abfahrt ergeben sich noch ein paar nette Blicke auf das Schiff und die Insel Munkholmen, dann beginnen wir unsere ruhige Reise durch den Trondheimfjord, bis wir an seinem Ende nach Süden abbiegen.

Der an sich ruhige Vormittag wird durch einige Veranstaltungen unterbrochen. Um 11 Uhr zeigt Roman vom Expeditionsteam den Tourfilm des Schiffs, der auch zum Verkauf angeboten wird. Diese Filme gehören mittlerweile zum üblichen Angebot der Schiffe, die Musikauswahl finde ich interessant. Rund eine Dreiviertelstunde dauert dieser Reiserückblick.

Coastal Kitchen: Lachs

Um 14 Uhr, also fast im Anschluss an das Mittagessen, präsentiert das Küchenteam dann, wie man einen Lachs filettiert. Bis zur anschließenden Verköstigung kann ich allerdings nicht bleiben: Um 14:30 haben wir unsere Abschlussveranstaltung inklusive Informationen zur Ausschiffung. Für unsere Gäste gibt es ja ein eigenes Arrangement, wie sie zum Flughafen kommen – wofür hat man eine Gruppenreise. Die ersten haben wir schon vorher eingecheckt, der Rest folgt im Lauf des Nachmittags. Besonderes Highlight: Robert zeigt seinen Tourfilm, anschließend präsentiert Arno auch noch einen Reiserückblick. Und meine Bilder gibt’s es natürlich auch noch – viele wurden schon im Blog präsentiert, den Rest gibt es in hoher Auflösung exklusiv zum Download oder auf USB-Stick. Wir bieten da Full-Service und nicht nur das vertragliche Minimum:-) Und für mich war es auch ganz entspannend, mal keinen Reisefilm zusammenzustellen. Es war schon interessant, die drei Filme nebeneinander zu sehen. Und, natürlich: Unsere waren um Welten besser als der vom Schiff:-) Bei der Gelegenheit noch ein Link: Ich verwende immer ganz gerne das Album Fjörður von Alexander Nakarada – wieder was anderes.

Im Anschluss an unsere Veranstaltung beginnt das letzte Treffen mit dem Expeditionsteam, und bis wir Kristiansund gegen halb Fünf erreichen, sind eigentlich alle für den Flieger eingecheckt. Jetzt muss nur noch gepackt werden…

In Kristiansund gibt es die letzte Chance für einen Landgang, nachdem die Richard With mit Schiffstyphon und wunderbarem Echo die nachmittägliche Stille des Orts durchbrochen hat. Ein bisschen hat das was von Venedig, wenn wir mit dem Schiff durch den Ort fahren.

Noch einmal geht es zu den Statuen am Anleger, der Klippfiskkjerringa und dem Heringsjungen, sowie einer alten (modernisierten) Fähre, die noch heute Hafenrundfahrten unternimmt.

Bei einer Stunde Liegezeit bleibt natürlich nicht viel Zeit, aber dieser kleine Abstecher ist doch immer wieder drin. Und dann ist auch schon fast wieder Abendessenzeit – ich entscheide mich für das Roastbeef und bereue die Entscheidung nicht.

Molde

Nach dem Abendessen machen wir es uns auf Deck 7 bequem und lassen die Reise ausklingen – Molde und die Nordstjernen verpasse ich daher fast und komme nur zu einem Schnappschuss von Deck 7. Das in Planen eingehüllte Thon-Hotel ist jetzt nicht so das tolle Fotomotiv. Viel wichtiger ist, dass hier die Teilnehmer des Ausflugs ins Bergtatt-Marmorbergwerk wieder an Bord kommen. Vom Atlantikweg werden sie trotz Mondschein nicht viel gesehen haben, aber ich habe das Bergwerk als durchaus sehenswert in Erinnerung.

Nacht über Norwegen

Wir bleiben noch ein bisschen auf Deck 7 und genießen die ruhige See, dann ist irgendwann doch das fast finale Packen angesagt. Kurz nach Mitternacht mache ich dann auch Feierabend – noch ein letzter Rundgang um das Umlaufdeck auf Deck 5, und das war es – die letzte Nacht auf der Richard With. Morgen früh um 10 Uhr muss die Kabine geräumt sein.

Hurtigrute Tag 10: Die Helgelandküste

Der Tagesplan

Es gibt ja die Theorie, dass die südgehende Route die entspannendere ist, weil es weniger zu tun gibt und weniger große Häfen gibt. Ich kann guten Gewissens sagen: Das ist falsch, zumindest bei gutem Wetter. Wobei wir gerade auch mit der Helgelandküste an einem besonders schönen Stückchen Norwegen entlang fahren.

Der Tag ging wieder recht früh los: Um 8:20 begegneten wir der nordgehenden Nordlys, wo natürlich die Kollegen gegrüßt werden mussten, die gerade auf dem Schiff sind, und um 8:45 stand dann auch schon die südgehende Polarkreisüberquerung auf dem Programm. Um die Zeit ist die Kugel auf der Insel Vikingen auch deutlich besser zu sehen als noch vor wenigen Tagen.

Polarkreiszeremonie

Direkt im Anschluss fand die Polarkreiszeremonie statt: Lebertran für alle. Noch einen Löffel für die Sammlung. Hurtigruten sollte sich noch etwas einfallen lassen, um auch Messer und Gabeln zu verteilen, dann habe ich irgendwann ein komplettes Service:-)

Dann bleibt nur eine kurze Verschnaufpause, denn um 10 Uhr steht unser nächster und letzter Vortrag an: Robert zeigt seine Astrofotos und wie sie entstanden sind. Bei der Gelegenheit: Wer einmal selbst auf einer Volkssternwarte durch ein Teleskop schauen will, findet unter https://sternklar.de/gad/ eine Liste mit Sternwarten und Vereinen, oder auf Astrotreff.de eine Karte. Lohnt sich – seine Heimatsternwarte ist die Sternwarte Hannover, meine die Robert-Mayer-Sternwarte in Heilbronn am Neckar. Und mein Astrofotobuch ist links in der Seitenleiste verlinkt:-)

Anschließend: Signierstunde durch die Offiziere; ich biete natürlich auch an, mein Begleitbuch zur Reise zu signieren, was gut genutzt wird. Und dann sind wir auch schon in Sandnessjøen. Die halbe Stunde Liegezeit langt leider kaum, um von Bord zu gehen – eine halbe Stunde sollte man schon an Land haben. Aber es gibt ja auch noch das Mittagessen, um das man sich kümmern muss.

Und weiter geht es: Um 12:15 legen wir ab, knapp 20 Minuten später kann man die Gipfel der Sieben Schwestern gerade so unter den Wolken erahnen, und pünktlich zum Interessenspunkt um 12:45 schneeschauert es schon wieder.

Der Rest der Helgelandküste gibt dafür sein bestes: Das Wetter bessert sich, und Norwegen zeigt sich so, wie man es erwartet: Hohe, verschneite Berge, und eine Sonne tief im Süden. Wunderschön. Die Fahrzeit bis Brønnøysund vergeht wie im Fluge, und damit erreichen wir auch schon die Mitte Norwegens: Von hier ist es bis zum Nordkap genauso weit wie bis zur Südspitze. Südnorwegen fehlt mir noch komplett, da war ich noch nie…

Bei der Anfahrt auf Brønnøysund gibt es noch ein paar Minuten mit perfektem Licht, bevor die Sonne abrupt hinter den Wolken verschwindet. Ich nutze die Zeit in Brønnøysund für einen Gang zum Stein in der Mitte Norwegens (die Schlange, die auf eine Fotogelegenheit wartet, ist ihrerseits auch ein Foto wert), dann zum Einkaufszentrum und schließlich zu den Kletterwänden ein Stück weiter das Ufer entlang. Im Coop werde ich daran erinnert, dass ich gerade auf Entzug bin und noch gar keine Sjokoladeterapi auf dieser Reise gemacht habe… Als ich wieder auf dem Schiff bin, hat uns die drohend aufgetürmte Wolke erreicht, es fängt an zu regnen, und ich spare mir den kurzen Ausflug zum besten Softeis der Küste. Wofür habe ich meine Sjokoladeterapi.

Aber ich muss meine Therapie sanft dosieren: Die Reise neigt sich dem Ende entgegen, und heute Abend gibt es schon das “Diner de Adieu”, wie das Abschiedsessen/Captain’s Dinner für unsere französischen Passagiere angekündigt wurde. Anlässlich des 130jährigen Bestehens der Hurtigrute gibt es heute ein Fünf-Gänge-Menü, wie üblich schon in Brønnøysund, da viele bereits in Trondheim aussteigen. Das spart die zweite Fahrt um das oft stürmische Westkap, und man erwischt einen früheren Flug nach Hause. Auch die Nordlicht-und-Sterne-Touren endeten noch in Trondheim, als ich damit angefangen hatte. Aber bei gutem Wetter sind die letzten eineinhalb Tage nach Trondheim schön, wenn auch weitestgehend ereignislos und ohne größere Häfen.

Ungewöhnlich heute Abend: Der Sekt zum Anstoßen wird im Panoramasalon auf Deck 7 verteilt – für die Gruppe, die um 18 Uhr zu Abend isst, gibt es ihn dann um 20:30; die spätere Essensgruppe kann zuerst anstoßen.

Das Menü ist vorgegeben, wobei ich es interessant finde, dass beim Hauptgang mit Seelachs gewarnt wird, dass er Spuren von Schalentieren und Fisch enthalten kann. Letzteres hoffe ich doch bei Lachs…

Nach dem Essen hören wir, wie Graupel gegen die Scheiben schlägt. Aber so schwach wie das Polarlichtoval gerade ist, brauchen wir auch nicht nach Polarlicht Ausschau halten. Sehr, sehr schade.

Um 20:30 gibt es dann den Sekt im Panoramasalon sowie eine Urkunde dafür, das man im Jubiläumsjahr “130 Jahre Hurtigrute” auf dem Schiff war. Der Kapitän hält eine kurze Ansprache, die unsere Bordreiseleiterin Rebecka übersetzt, dann gehen Offiziere und Expeditionsteam einmal durch den Panoramasalon, und der “Festakt” ist beendet.

Bleiben nur noch der Halt in Rørvik und die anschließende Begegnung mit der nordgehenden Nordkapp, die etwas Verspätung hat. Sieht nach einer interessanten Fahrt über die Folda aus, Windy meint etwas von 3-4 Meter Wellengang. Und tatsächlich ist gut Bewegung im Schiff. Gut, dass ich nicht zu Seekrankheit neige…

Hurtigrute Tag 9: Die Vesterålen

Das Tagesprogramm

Zwei Dinge gibt es zum gestrigen Abend noch zu ergänzen. Erstens kostet der Rørbua Pub jetzt wieder 50 NOK Eintritt, wenn abends wie üblich eine Band spielt. Immerhin bin ich so mal einen 50-NOK-Schein losgeworden, in einem Land, das Kreditkarte optimiert ist. Sogar das Toilettenhäuschen am Hafen von Tromsø hat mittlerweile auf Kartenzahlung umgestellt.

Und irgendwann lerne ich es vielleicht, vor Harstad den Infokanal am Telefon auszuschalten, vor allem, wenn das Wetter eh schlecht ist (sodass kein Nordlicht-Alarm droht) und es am Tromsø-Abend spät wird. So kam kurz vor 8 die Durchsage, dass wir Harstad erreichen, und um 8:15 die Mahnung, dass der Vesterålen-Ausflug jetzt beginnt und die Teilnehmer sich doch bitte am Bus einfinden sollen. Na gut, dann kann ich auch aufstehen…

Der Himmel schwankt zwischen pechschwarz und klar, und ich mache noch die Hafenausfahrt mit. Wir passieren nämlich die Trondenes-Kirche, das erste Ziel der Vesterålen-Busrundreise. Vom Schiff aus sind ein paar schöne Bilder möglich, auch wenn die Berge im Hintergrund schon in den Wolken verschwinden. Auch die Fontaine im Hafenbecken, die vor ein paar Jahren installiert wurde, ist wieder aktiv.

Während ich mich dem Frühstück widme, fahren wir durch die Wolken, die die Inselwelt der Vesterålen verbergen. Schade – eigentlich ist das eine sehr schöne Passage. Kurz vor der der Risøyrinne ist gar nichts mehr zu sehen, und am Bug steht man dann mitten im Schneesturm. Zum Glück klart es kurz vorher auf, sodass die Fahrbahnmarkierungen zu erkennen sind. Auf Deck 7 beim Interessepunkt von Roman zur Risøyrinne lässt es sich deutlich besser aushalten.

Was mir neu war: Der Sand, der die Fahrrinne immer wieder auffüllt, wird regelmäßig ausgebaggert (klar soweit – schließlich ist die Rinne nur unwesentlich tiefer als die größten Hurtigrutenschitte) und dann verkauft – teils als Dünger und teils für Wasserfilter. Wieder was gelernt, auch für alte Hasen gibt es noch neue Informationen.

Und auf den letzten Metern vor Risøyhamn bietet sich uns doch noch ein schönes Farbenspiel, die Sonne kommt durch.

Der kurze Halt in Risøyhamn reicht Arno für einen kurzen Spurt zum Königsstein auf der anderen Straßenseite, ich verfolge das von Bord aus. Über Risøyhamn selbst mit seinen gut 200 Einwohnern gibt es nicht viel zu sagen, außer dass es schön liegt.

Als wir um 11 Uhr schon wieder ablegen, wird im Konferenzraum der englische Vortrag über die nordische Mythologie nachgeholt. Hat sich gelohnt: Es geht nicht nur um die alten Götter rund um Odin, sondern auch um die Legenden der Sami rund um Stallu sowie Seemonster (und was wahrscheinlich hinter den Sichtungen steckte) und Aberglaube. Gingen einige Seeschlangensichtungen eventuell auf tote Exemplare der Gattung Giant Oarfish / Regalecus glesne zurück, die im Sturm auf den Wellen trieben und deren Verwesungsgestank auch den bestialischen Geruch erklären würde, der mit Monstern in Verbing gebracht wird? Es wäre möglich. Mir völlig neu war die Geschichte um den Trollmannen, einen Sami-Schamanen, der vor 90 oder 100 Jahren ein Hurtigrutenschiff gestoppt haben soll. Der Legende nach war er aus dem Norden und hatte schlechte Manieren, sodass der Kapitän ihn nach einem Auftritt im Speisesaal vom Schiff werfen wollte. Daraufhin ließ sich das Schiff nicht mehr steuern, obwohl die Motoren einwandfrei funktionierten. Erst als er wieder an Bord war/bleiben durfte, konnte die Fahrt weiter gehen. Und dann scheiterte der Kapitän daran, ihm zur Entschuldigung eine Flasche Bier zu spendieren – erst bekam er die Flasche nicht auf, dann konnte er nicht einschenken. Karben hieß der Trollmannen wohl. Nur mit Google finde ich nichts dazu – ein Trollmannen ist ein Zauberer, und meine erste Suche lieferte vor allem den Trollmannen frå Oz, also den Zauberer von Oz. Und der war das wohl doch nicht…

Ach doch, da ist was – Johan Kaaven, Trollmannen som stoppet Hurtigruten, der wohl von ca. 1860-1918 lebte.

Nach dem Vortrag kommt auch schon Sortland in Sicht. Der Ort wurde schon 1370 als Suortaland erwähnt und verdankt seinen Namen wohl dem Fluss Svarta. Trotzdem ist “Schwarzland” heute als blaue Stadt bekannt: Ende der 90er Jahre kam die Idee auf, Sortland zur “Blauen Stadt” zu machen und möglichst viele Häuser blau zu streichen. Die Fördermittel wurden dann vor allem von der Industrie aufgegriffen, um den Lagergebäuden einen neuen Anstrich zu verpassen.

Für uns ins Sortland vor allem deshalb interessant, weil hier die Busse der Vesterålen-Rundfahrt auf uns stoßen – und zwar schon auf der Sortlandbrua, die sie überqueren, wenn wir darunter hindurch fahren.

Zum Glück gehört die Richard With zu den Schiffen, die hier zum Winken aufrufen. Es ist immer ein großer Spaß, wenn viele vorne am Bug stehen und mit Norweger-Fahnen den Bussen zuwinken, die dann genau über uns hinweg fahren. It’s Fun!

Im Hafen sammeln wir die Ausflügler dann wieder ein, Arno und ich haben uns noch zwei Fahnen gekrallt, um auch beim Anlegen winken zu können.

Danach ist eine gute Stunde Ruhe und Zeit zum Essen, bis der nächste Hafen kommt. Die südgehende Route hat zwar keine großen Städte, aber langweilig wird es vorerst trotzdem nicht. Selbst wenn sonst nichts wäre: Auf dem Busausflug war das Wetter besser als auf dem Schiff, wir sehen Bilder von Elchen und dem Teil der Vesterålen, den man sonst nicht sieht.

In Stokmarknes ist das neue Hurtigrutenmuseum, hier ist der Gründungsort der Hurtigrute. Das Museum wird privat betrieben, Hurtigruten macht nur den Kartenvorverkauf, damit man schneller hinein kommt. Früher hat die Zeit entweder für die alte Finnmarken gelangt, oder für das Museum, und der Eintritt war deutlich günstiger. Jetzt steht das Schiff zum Glück vor weiterem Verfall geschützt in einem Schutzbau, dafür ist der Eintritt deutlich teurer geworden. Es gibt aber auch einen Hurtigruten-Ausflug mit Busfahrt, der einen längeren Museumsbesuch beinhaltet – vielleicht klappt das mal, dass ich da mitfahre.

Bei der Anfahrt liegt ein schöner Wolkenbogen über dem Museum, und im Hafen bemerke ich erstmals bewusst das große Hinweisschild an dem grauen Lagergebäude, das auf das Hurtigrutenmuseum hinweist.

Stokmarknes hat außer dem Museum nicht viel zu bieten (Sonntags erst recht nicht), und wir gehen kurz auf die nahe Straßenbrücke, um einen Blick auf Ort und Hafen zu werfen. Aus dieser Perspektive liegt die Richard With direkt neben dem Museumsgebäude. Die eine Stunde Aufenthalt langt gut für diesen Abstecher, aber nicht für wesentlich mehr.

Und dann: Eine halbe Stunde Pause! So lange dauert es nämlich bis zum Eingang des Raftsunds, der Vesterålen und Lofoten voneinander trennt. Mit dem Schnee ist das wie eine Fahrt mit dem Schiff durch die Alpen, wenn rechts und links die hohen, verschneiten Berggipfel der Inselgruppen an einem vorbei ziehen.

Bis zuletzt wird es spannend gemacht, ob wir in den Trollfjord fahren, aber abgesehen von den dicken Wolken Richtung Svolvær sind die Bedingungen optimal. Und gegen 16:30 dann die erlösende Meldung: Ja, wir machen den Abstecher zur Mündung des nur wenige Meter breiten, langen Fjords, der von hohen Bergen umsäumt ist. Im Winter können wir leider nicht hineinfahren, da das Schiff dann Lawinen auslösen könnte – die machen dem Schiff zwar nichts aus, aber den Passagieren an Deck… Daher fahren wir nur bis zur Mündung des Trollfjords, die mit Scheinwerfern beleuchtet wird. Diesmal sind die besten Plätze vorne am Bug, obwohl hinten auf Deck 7 der Trollknerz verkauft wird. Andere Schiffe fahren mit dem Heck voraus zur Mündung, da steckt kein System dahinter. Aber auch von der seitlichen Reling ist er gut genug zu sehen. Mein iPhone macht mal wieder bessere Bilder als meine “richtige” Kamera. Eigentlich eine Unverschämtheit.

Dann geht nach Svolvær. Heute Abend gibt es schon ab 17:30 Buffet, damit alle, die an Ausflügen teilnehmen, vorher etwas essen können. Das hat nur einen Nachteil: Ich überfresse mich am Nachtischbuffet. Süßkram können die Norweger wirklich.

Danach ist ein kurzer Gang in den Ort Pflicht. Das Gebäude direkt am Hafen hat auf einer Seite die Leuchtfeuer und Seefahrtsmarkierungen der Gegend aufgezeichnet. Danach komme ich immerhin zur Kirche mit den Skulpturen dahinter: Eine überlebensgroße schreitende Frau und das Auge des Nordens – letzteres schuf Jeppe Hein, während der Ursprung der Frau ungeklärt ist… Viel weiter gehe ich heute aber nicht.

Sehr frustrierend: Über uns leuchten trotz angesagten 99% Bewölkung der schöne Halbmond und zahlreiche Sterne, nur von Polarlicht ist keine Spur zu erahnen. Soviel zu Svolvær als Hauptstadt des Lichts – das Polarlichtoval gibt heute einfach nichts her. Daran ändert sich leider auch nichts, als wir später nach Stamsund weiterfahren und uns dann auf die Überfahrt über den Westfjord nach Bodø machen: Kein Grün in Sicht, jedenfalls nicht mit dem bloßen Auge. Am Heck stehen noch einige hoffnungsvolle Polarlichtjäger. Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt*.

Stamsund

Irgendwie ist diese Saison sehr zäh. Auch bei meinen beiden privaten Urlauben im Oktober und über Silvester gab es entweder schönes Polarlicht hinter dichten Wolken, oder klaren Himmel ohne Polarlicht, oder nur ein kameragrünes Band, das nur mit etwas Glück und nach langer Wartezeit die Show abgeliefert hat, die wir sehen wollen.

Wie dem auch sei, für heute mache ich Schluss. Die Überfahrt über den Westfjord dürfte nicht zu sehr wackeln, aber Polarlicht erwarte ich auch keines mehr.

Und wie es sich gehört, kommt dann kurz nach 23 Uhr noch eine WhatsApp: Polarlicht achtern. Tja… da ist tatsächlich was, die Kamera bestätigt es. Für das Auge: Sehr schwach. Wenn man weiß, dass es da ist… Um halb zwölf ist da kaum mehr als bei meinem letzten Rundgang um 22 Uhr, da kann ich endgültig Feierabend machen. Irgendwann zwischen 22 und 23 Uhr war noch etwas mehr zu sehen, aber das habe ich verpasst. Nun, zum Abschluss hier noch die magere Ausbeute:

*aber sie stirbt…