Hurtigrute Tag 2: Ålesund

Torvik

Die erste entspannte Nacht an Bord ist vorbei – vom Westkap war nichts zu spüren, und Torvik als erster Hafen liegt noch ruhig in der ersten Andeutung der Morgendämmerung. Viel ist nicht zu sehen: Ein paar Häuschen, und bei der Anfahrt noch eine hübsch beleuchtet Brücke. Torvik hat außer ein paar Häuschen nicht viel zu bieten, während Ulsteinvik mit über 6000 Einwohnern sich als Lichtermeer am gegenüberliegenden Ufer bemerkbar macht – wenn es in Frühjahr oder Herbst schon hell ist, übersieht man die Stadt leichter als jetzt. In Torvik machen wir nur einen kurzen Stop, ich bringe die Kamera zurück in die Kabine und kümmere mich um das Frühstück – bei knapp unter 0° hält mich wenig draußen, wir haben immerhin die kälteste Nacht in Norwegen seit 25 Jahren: Im nordnorwegischen Inland waren es -43,5 Grad. Dagegen ist es hier kuschelig warm.

Nach dem Frühstück machen Kai und ich es uns in unserem Büro vor dem Restaurant gemütlich – ein paar Tips für Ålesund geben. Das wird auch gut genutzt, dazu kommt noch die Info, dass die Ausflugsbusse wegen Glätt die Aussichtspunkte nicht anfahren können. Klingt eisig… vor lauter Gesprächen verpasse ich fast die Ankunft um 9:45 – also Kamera schnappen und Foto machen, dann noch ein bisschen Flagge zeigen und dann ab in die Stadt.

Ålesund

Grund zur Hektik besteht nicht: Seit einigen Jahren gilt das ganze Jahr über der selbe Fahrplan, sodass wir zehn Stunden in Ålesund liegen – nach der überstürzten Abfahrt aus Bergen gestern kommt jetzt Kreuzfahrtfeeling auf. Ein ganzer Tag in einem Ort – aber die Zeit fehlt uns morgen in Trondheim. Außerhalb des Winterfahrplans machen wir in dieser Zeit einen Abstecher in Hjørund- oder Geirangerfjord, im Winter liegen wir stattdessen nur im Hafen. Keine Ahnung, ob der Geirangerfjord im Winter gesperrt ist und im Hjørundfjord wegen Glättegefahr keiner das Dörfchen Urke erkunden darf, jedenfalls fährt jetzt nur ein altes, kleines Schiff als Ausflug in den Hjørundfjord.

Also Spikes einpacken und ab in den Ort. Mein erster Weg führt mich am Sund vorbei durch das Jugendstilzentrum und weiter zur Kirche neben der markanten gelben Schule, und dann noch ein paar Meter weiter zum Aussichtspunkt Storhaugen. Ohne Spikes (und zwar die guten) geht hier nichts, mit Spikes ist es kein Problem, auf den kleinen Berg zu kommen, dort auf der Eisplatte zu stehen und den Blick auf die Stadt samt Hausberg Aksla zu werfen. Regelmäßige Leser dieser Reiseberichte wissen, dass die Stadt Anfang des 20. Jahrhunderts abgebrannt war und nicht zuletzt mit deutscher Hilfe wieder aufgebaut wurde. Ein Denkmal an den Kaiser unterhalb des Aksla erinnert noch daran; der 2. Weltkrieg machte die guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern dann wenig später zunichte – die Wehrmacht hinterließ in Nordnorwegen verbrannte Erde, und im Hafen erinnert ein Denkmal an die Flucht vieler Schiffe nach England, mit den “Englandsfarten”. Mittlerweile sind die Beziehungen zum Glück wieder gut…

Vom Storhaugen gehe ich zurück zum Schiff, mit einem Abstecher zu den Einkauszentren. Ich habe von zuhause eine Einkaufsliste mitbekommen, und meine Vorräte muss ich auch noch auffrischen. Auf dem Schiff werfe ich ausnahmsweise einen Blick auf das Mittagsbuffet, das ich normalerweise ausfallen lasse – aber in paar Happen Lachs und Eis sind doch drin.

Das Tagesprogramm

Dann eine kleine Pause und ein Blick in die neue Hurtigruten-App: Solange man im Schiffs-WLAN ist und eine Kabine hat, kann man hier den Fahrplan und eventuell auch das Tagesprogramm abrufen, das auch auf den Fernsehern läuft, die jetzt in jeder Kabine sind. Deutsches Fernsehen gibt es hier nicht, nur norwegisches, aber dafür noch ein paar Infoseiten. Alles für die Umwelt – aber seit es das nur noch digital gibt, kriege ich von den ganzen Veranstaltungen nichts mehr mit. Da bin ich wohl zu altmodisch, der Fernseher in meiner Kabine ist auch meistens aus. (Soll ich bei der Gelegenheit noch über die nervigen Touchscreen-Monitore in modernen Autos lästern?)

Dann gehe ich noch einmal in den Ort – meine Wetterapp meint, es wäre heute bedeckt, aber wenn die Wolken so ein strahlendblauer Himmel bleiben, ist die Fahrt gerettet. Sonnenuntergang auf dem Aksla wäre doch was, oder?

Nö – die Treppenstufen den Berg hoch sind gesperrt. Zu der Säule, die an Kaiser Wilhelm erinnert, kommt man, aber nicht weiter. Also schaue ich mir den Stadtpark mal näher an – wenn man rechts um den Berg geht, kommt man zu einer alten Bunkeranlage und der Via Ferrata auf den Berg hoch – dieser Klettersteig wäre mit entsprechender Ausrüstung sogar geöffnet. Aber da braucht man mehr als ein paar Spikes…

So ganz lässt mich die Idee mit dem Sonnenuntergang noch nicht los – es gibt ja den Waldweg hoch auf den Berg. Aber naja – die Treppen finde ich zwar, und sie sind nicht gesperrt, aber auch nicht wirklich passierbar. Mit Spikes würde man zwar hochkommen, aber nicht unbedingt auch wieder runter. Zumindest nicht heil… und die steile Straße, die zu den Treppen führt, ist auch schon heftig genug.

Also drehe ich um und suche das Ålesund Museum. Die Reste von Silvester sind noch gut zu sehen, von Altglas bis zu Böller-Batterien. Hier wurde gut gefeiert. Das Museum liegt auf einem kleinen Hügel, ist deutlich besser erreichbar und bietet auch einen netten Ausblick.

Dann noch ein Blick in den Fluchttunnel unter dem Berg: Die Bilderausstellung vom letzten Besuch ist weg, und jetzt zieren ihn zwei Sprüche. Um An attempt to turn this is the way it is into this is the was it was zu verstehen, brauche ich ein bisschen. Mit Satzzeichen wäre es einfacher: An attempt to turn “This is the way it is” into “This is the was it was” wäre einfacher gewesen. Noch ein Blick in die Läden, und dann beende ich den Aufenthalt und kehre aufs Schiff zurück. Keine schlechte Idee: Ich mache es mir auf Deck 7 bequem, komme mit den Gästen ins Gespräch und kann die ersten Kameras einstellen. Mittlerweile habe ich auch meinen ersten Vortragstermin: Morgen Abend um 19:45 Uhr. Das kann ja was geben…

Die Schiffsveranstaltungen – das tägliche Gathering mit dem Expeditionsteam – ignoriere ich, bis zum Abendessen um 18:30 gibt’s genug zu tun. Und die Hurtigrute ist zum Glück kein Kreuzfahrtschiff, auf dem man von Entertainern gejagt wird. Um 20 Uhr kommen Kai und ich dann endlich dazu, unsere Gäste zu begrüßen: Mit dem Welcome-Drink und ein paar kleinen Infos im Konferenzraum. Dann: Ab auf Deck 7, Flagge zeigen, Kameras vorbereiten (wobei das Handy heute oft die bessere Wahl ist), die Wetterprognose der nächste Tage studieren (puh – Starkregen für Tromsø, und viel zu viele Wolken, aber das kann sich ja noch jederzeit ändern), während es im Panoramassalon eine Geschmacksprobe aus der Küche gibt, und dann zieht die MS Polarlys in der Dunkelheit an uns vorbei, ohne Ankündigung. Beinahe hätte ich diese Schiffsbegegnung verpasst, so sehe ich sie durch das Fenster und weiß, dass wir gleich in Molde sind.

Das Scandic in Molde

Also noch kurz die Kamera schnappen und an Deck, wo sich weitere Gespräche ergeben (das schöne an kleinen Gruppen: Man kennt sich besser), und einen kurzen Blick auf Molde werfen. Das Scandic-Hotel glitzer jetzt nicht im Sternenlicht, sondern ist ein dunkler Fleck unter dem wolkigen Himmel. Dann: Bilder sichten, Blog schreiben, und Feierabend machen.

Hurtigrute Tag 1: Bergen

Neues Jahr, neues Glück – wir haben den 4. Januar 2024, und ich gehe wieder auf Hurtigrute. Wir haben zwar gerade so ziemlich das Maximum der Sonnenaktivität, aber bislang war die Saison für mich nicht so prickelnd. Die letzte Tour im September war meine erste, bei der wegen konstanter Wolkendecke die Polarlichtgarantie griff, und mein Urlaub in Island Anfang November war zwar wunderschön, aber entweder war bedeckt, oder kein Polarlicht. Leicht frustrierend das Ganze.

Gefühlt gab es seit meiner September-Tour auch nur ein oder zwei klare Nächte, während denen ich in Deutschland war, und im Südwesten soll es nächste Woche klar werden – wenn ich noch in Norwegen bin, mitten in der Polarnacht. Mal sehen, was das gibt…

Jetzt geht es erstmal morgens um 6:30 nach Stuttgart, und dann nach Amsterdam. So früh im Jahr und mitten in den Ferien kriegt nicht mal die Dauerbaustelle auf der A8 bei Pforzheim einen Stau hin, und ich bin überraschenderweise schon nach einer Stunde am Stuttgarter Flughafen, wo ich nach einer weiteren Stunde im Stau vor dem KLM-Schalter endlich mein Gepäck aufgeben kann (von fünf Schaltern arbeiten drei – links ist ein langes Beratungsgespräch, und der Kollege am Priority-Schalter schickt alle weiter zu den normalen Schaltern, statt selbst wen einzuchecken), mich frage, ob die Anzeigetafeln mit nicht registrierter Shareware laufen, in der Security weitere 20 Minuten mit Sprengstoffkontrolle & Co verbringe, und anschließend eine kaputte Toilette finde (Stuttgart 21?). Die Sitzplätze am Gate vom letzten Mal wurden mittlerweile in eine weitere Lounge umgewandelt, sodass ich da nicht mehr hin komme (dafür drängen sich jetzt mehr Fluggäste auf weniger Sitzplätzen, toll), und von den Getränkepreisen im Duty-Free-Bereich will ich gar nicht reden. Der Flughafen zeigt sich von seiner besten Seite… immerhin sind die Wege kürzer als in Frankfurt. Aber mir geht’s noch gut: Ein paar von unseren Gästen standen wohl vor einem überbuchten Flieger…

Immerhin ist das Wetter schön. Aber wenn ich schon am Lästern bin: Ich habe keine Ahnung, warum jemand Inlandsflüge machen will. Gegen Frühling will ich mal privat Amsterdam anschauen, und die Fahrtzeiten ab Süddeutschland? Mit dem Flieger inklusive den Wartezeiten am Flughafen 4,5 Stunden bis zur Landung am Flughafen, und dann hätte ich immer noch kein Gepäck wieder in Empfang genommen. Mit dem Auto eine Stunde mehr, und ich bin direkt am Zielhotel – mindestens so schnell wie mit dem Flieger. Alternativ mit Bus und Bahn und Umsteigen: 6,25 Stunden. Da fällt die Wahl leicht, und es wird auch kein Gepäck beschädigt. Auch wenn es dann keinen Keks als Bordverpflegung gibt.

Wie dem auch sei, immerhin ist das Wetter nach dem Regen der letzten Tage schön. Kai, unser Reiseleiter, ist ja schon einen Tag vorher nach Bergen geflogen – und wegen dem Wetter erst gegen 1 Uhr morgens angekommen. So musste er immerhin nicht zu lange auf uns warten. Und ich? Muss daran denken, dass uns der Pilot auf dem Islandflug begrüßt hatte mit: “Machen Sie es sich so bequem, wie Ihr Sitznachbar es zulässt.” Den musste ich nämlich erst einmal von meinem Fensterplatz vertreiben. Eigentlich ist mir das ja egal, wo ich sitze, aber am Fensterplatz kann man besser schlafen – und diesmal lohnt sich der Blick aus dem Fenster. Also genug gelästert, wenden wir uns den schönen Dingen zu: Vor der Landung gibt es noch eine schöne Glorie.

Hübsche Glorie

Sowas gibt’s im Auto nicht:-)

Um kurz nach elf dann die Landung in Amsterdam, und eine halbe Stunde Fußmarsch später bin ich auch schon am nächsten Gate angekommen. Knapp vier Stunden Zeit – das langt, um sich auf dem Laptop einen kompletten Film anzuschauen. Viel mehr gibt’s hier eh nicht zu tun, der Flughafen wird umgebaut.

Das Selbstbedienungsrestaurant ist weg, mal sehen, was danach kommt.

Kurz vor 15 Uhr geht es endlich weiter, und nach einem ereignislosen Flug (Bordverpflegung: ein Frischkäsebrot) erreichen wir im letzten Tageslicht Norwegen und landen in Bergen. Uff.

Jetzt läuft es aber auch alles glatt: Mein Koffer kommt als einer der ersten, Kai wartet schon draußen auf uns, und wir können die Gäste gemeinsam in Empfang nehmen. Alle haben ihr Gepäck (nur ein Koffer ist beschädigt), der Bus ist auch schon da, und wir können zügig durchstarten. (Und bevor hier falsche Eindrücke entstehen: Ich erzähle keine Horrorstories vom Fliegen – dafür gibt es ja meine Tour vom Oktober 2021 – es sind nur die Zeiten vorbei, in denen Fliegen was mit Glamour zu tun hatte, heute nervt es nur noch.)

Da wir mit 22 Teilnehmern nur eine kleine Gruppe sind, geht alles schnell, und es bleibt tatsächlich genug Zeit für eine Stadtrundfahrt durch Bergen.

Bergen

Das Problem: Um 17 Uhr ist es schon dunkel, und man sieht nicht viel. Durch die Scheiben vom Bus fotografieren bringt auch nicht viel, aber Kai packt einiges an Infos in unsere Rundfahrt. Trotz -5° liegt hier kein Schnee mehr, und wir kommen schließlich wohlbehalten am Schiff an. Jetzt wird es wieder hektisch: Jeder kriegt seine Cruisecard und mein Begleitbuch, um 19:30 und als Wiederholung um 21 Uhr gibt es die Infoveranstaltung vom Schiff (wie funktioniert alles an Bord), vorher die obligatorische Sicherheitseinweisung, zwischendrin Abendessen (bis 21 Uhr – wieder mit interessanten Essensschildchen), um 20:30 muss ich traditionsgemäß an Deck sein, um das Anlegen anzuschauen, dann noch die Kabine beziehen, verlorenes Gepäck suchen, zuhause melden, versuchen, die ersten Termine auszumachen… und dann ist 22 Uhr, es leert sich (war doch für alle ein langer Tag), und ich kann mich an mein Blog setzen, solange wir noch in der Nähe von Bergen sind und Netz haben.

Schauen wir, was diese Reise bringt – bislang waren noch keine zwei Touren gleich!

Die partielle Mondfinsternis vom 28. Oktober 2023

Es gibt so ein paar astronomische Ereignisse, die nimmt man nach ein paar Jahren im Hobby eher zur Kenntnis, anstatt sich groß darauf vorzubereiten. Partielle Mondfinsternisse sind so was: Eigentlich nicht besonders spektakulär (ein bisschen Mond ist halt angeknabbert), aber wenn es soweit ist, ist es dann doch immer wieder schön.

Die partielle Mondfinsternis vom 28. Oktober war dafür mal wieder ein schönes Beispiel. Für Baden-Württemberg war mehr oder weniger Wolken plus Regen angesagt, und für die Rheinebene gab es keine Ausnahme. Daher hatte ich außer dem gelegentlichen Blick vom Balkon aus nichts geplant. Von der Zeit her lag die Finsternis eigentlich optimal – Samstagabend von 20 Uhr bis 0:30 –, aber außer einem kleinen schwarzen Schatten am unteren Rand gegen 22:30 war eh nichts groß zu erwarten. Unspektakulär.

Aber ich hatte Glück, so etwa zur maximalen Phase lockerten die Wolken auf, und der angeknabberte Mond war zwischen den Wolken zu sehen, links von ihm der helle Jupiter. Also schnell ein Bild freihand mit Kamera (Panasonic G91) und Teleobjektiv (70-300): Ja, schaut sogar besser aus als mit bloßem Auge.

Die partielle Mondfinsternis freihand mit Teleobjektiv
Mondfinsternis mit dem Handy durch’s Spektiv

Die Wolkenlücke hielt sogar noch ein bisschen länger durch – Zeit genug, um das Fotostativ auf den Balkon zu stellen und das Spektiv draufzupacken. Durch die Wolken war das ganze zwar wie durch einen Weichzeichner (das Foto mit der Kamera darf man auch nicht zu groß anschauen), aber trotzdem nett.

Noch ein kurzes Souvenirbild mit dem Handy durch das Okular und ein paar Blicke auf den Mond, bevor der extrem warme Wind die nächsten Wolken und den ersten Regen bringt.

Viel mehr gibt’s auch nicht zu erzählen – war doch wieder ein schöner Anblick und nett, mal ganz ohne großen Aufwand einen Blick in die Sterne zu werfen und das Monatsereignis mitzukriegen.

Hurtigrute Tag 12: Back to Bergen

Der Tagesplan

So, das war es dann: Der letzte Tag bricht an, der Koffer ist gepackt (wieder 23 kg) und steht bei den Aufzügen, und unserer letzter Zwischenstop ist Florø – eine halbe Stunde zwischen 8 und 8:30 in der Morgensonne. 9 Uhr ist die erste Dealine heute, bis dahin müssen die Koffer bereit sein, damit sie im Laderaum zwischengelagert werden können. So erhält man sie bequem im Terminal in Bergen zurück und muss nicht den ganzen Tag auf dem Gepäck sitzen. Schließlich muss die Kabine spätestens um 10 Uhr geräumt werden, solange man keine Suite hat.

Florø präsentiert sich als Industriehafen und hat vom Schiff aus außer Landschaft und einer schönen Spiegelung in einer Glasfassade nicht viel zu bieten. Zeit, um zu Frühstücken und sich dann einen schönen Platz auf Deck 7 zu sichern. So weit im Süden fahren auch im tiefsten Winter viele Schiffe, sodass die Hurtigrute hier keinen Versorgungsauftrag hat und nur wenige Häfen anfährt. Daher brettern wir schnurstracks durch bis Bergen, zwischen Schären hindurch und mit kurzen Passagen hin zur offenen See, in denen überraschend viel Bewegung im Schiff ist. Heute früh am Westkapp war auch schon genug Wellengang, um mich zu wecken. Eine Erholungsreise ist das auch an den Tagen ohne großes Programm nicht – aber schlafen kann man zuhause!

Ab 10 Uhr läuft im Konferenzraum der Tourfilm des Schiffs, und um 10:45 ist Treffen an Deck: Wir passieren den engen Steinsund, Johan ruft zum Gruppenfoto auf, und wir nutzen das auch für ein eigenes Gruppenbild mit allen, die gerade da sind.

Es ist angenehm warm (irgendwas oberhalb von 10° laut Wetter-App – ein Thermometer habe ich auf diesem Schiff noch nicht gefunden), die Wolken bieten alles von blauem Himmel bis bedrohlich, Norwegen zeigt sich nochmal von seiner besten Herbst-Seite, während die Landschaft fast in Reichweite an uns vorbei zieht.

Ab 11:30 gibt es Mittagessen, und wir versuchen immer noch eine Antwort zu erhalten, wie es mit der Nordlicht-Garantie läuft. Sie gilt ja erst bei Reisen ab Oktober, andererseits sind wir ja die Gruppenreise Nordlicht und Sterne. Auf jeden Fall steht im Schiffs-Logbuch keine Sichtung – ein absolutes Novum für mich. Eine Reise ohne Nordlicht, und das während des Sonnenfleckenmaximums, und während zuhause immer noch sommerliche Temperaturen und Sonnenschein herrschen. Ich muss meine Niederlage eingestehen 🙁

Falls die Polarlichtgarantie für unsere Gruppenreise schon gilt, gibt es eine halbe Reise mit Innenkabine und Anreise auf eigene Kosten, wobei es sich aktuell durchaus lohnt, selbst einen Flug zu buchen (z.B. über Fluege.de schauen und direkt bei der Airline oder eurem Reisebüro buchen) und mit dem Ambassador-Status (den ja nach Anmeldung jeder erhält, der eine Reise auf der Hurtigrute gemacht hat) gegebenenfalls upzugraden. Drei Varianten bieten sich dann an: Direktflug ab Frankfurt nach Bergen, mit dem Schiff entweder nur nach Kirkenes (die billigste Version), oder noch verlängern bis Tromsø und zwei, drei Übernachtungen für Hundeschlittenfahrten und/oder Polarlichttour einplanen (die teuerste Version mit der höchsten Polarlichtchance), oder weiter bis Trondheim, wo man dann mittags oder am frühen Nachmittag direkt zurückfliegen kann (die schönste Option) – einen Transferbus vom Hafen bietet das Schiff meistens an. Wenn es in den Winter geht, empfiehlt es sich, zur Sicherheit einen Tag vor dem Rückflug einzuplanen, falls das Schiff etwas Verspätung hat und der Flug so knapp ist wie unser Rückflug diesmal. Und bei der Anreise einen Tag in Bergen einzuplanen lohnt sich eh! Meinen Reiseführer habt ja schon:-)

Und für alle, die länger in Tromsø vor Ort bleiben wollen, kann ich die lokalen Tourguides wie Dan Steinbakk von http://arcticx.no/ empfehlen. Die fahren auch nach Finnland, falls es in Norwegen mal wieder nur Wolken gibt, und sind angenehmer als die großen Reisebusse.

Nun, zurück zur Tour: Wir sind zu schnell, sodass der Captain noch einen kleinen Umweg durch die landschaftlich (noch) reizvollere Route macht und wir Bergen trotzdem rechtzeitig erreichen. Und dann geht alles ganz schnell: Der angekündigte Regen fällt aus, und wir können trocken in den Bus einsteigen (nachdem ein Busfahrer doch noch zugibt, dass er für Gruppe Peter da ist (wenn schon nicht für Nordlicht und Sterne – aber Schwamm drüber).

Die knapp halbstündige Fahrt zum Flughafen machen wir noch weitestgehend ohne in den drohenden Berufsverkehr zu kommen, dann alle zum KLM-Schalter, weil die Check-In-Automaten in der Regel ähnlich unkooperativ sind wie es Wolken und Nordlicht auf dieser Tour waren, weiter zur Ark-Buchhandlung direkt hinter der Security für den Tax Refund, und dann ab zum Gate – bleibt eine gute halbe bis dreiviertel Stunde Luft, um noch in den Duty Free zu gehen. Und dann ab in den Flieger, eineinhalb Stunden Umsteigezeit mit Gatewechsel in Amsterdam, ab nach Stuttgart, wo mein Parkplatz noch 20 Minuten lang bezahlt ist, und rechtzeitig ab auf die Autobahn. Kurz vor 1 Uhr bin ich dann zuhause, und wieder ist eine Tour zuende – die supergut war, auch wenn das Polarlicht diesmal gestreikt hatte. Aber es hat trotzdem Spaß gemacht, mit einer tollen Gruppe!

In diesem Sinne: Takk for turen, og alltid god tur!

Hurtigrute Tag 11: Trondheim

Der Tagesplan

Es gibt Tage, über die gibt es wenig zu erzählen – die letzten beiden Reisetage gehören dazu. Wir legen frühmorgens in Trondheim an, und das ist so ziemlich die letzte Gelegenheit, noch kurz im Rema Leergut abzugeben. Für viel mehr reicht die Zeit hier nicht, außer man steht extrem früh auf. Ob der Ausflug in die geheimen Gemächer des Nidaros-Doms stattfindet, weiß ich nicht – aber wahrscheinlich nicht. Viele Gäste (auch die Gruppe aus dem Schwäbischen) verlassen uns hier, dafür kommen zwei Gruppen für Konferenzen mit insgesamt 140 Teilnehmern an Bord, die bis Molde bzw. Kristiansund an Bord bleiben. Die angekündigte Schülergruppe entpuppt sich soweit ich das erkennen kann als Studenten einer Marineschule/Technischen Hochschule, die die Laptop-Konzentration an Bord deutlich in die Höhe treiben. Am Morgen hat jeder von denen entweder etwas zu Essen oder einen Laptop in der Hand, während für die andere Konferenzgruppe ein kleines Buffet vor dem Konferenzraum aufgebaut wird.

Trondheim

In Trondheim herrscht bestes Wetter, die Sonne lacht (uns aus). Das Coastal Experience Team nutzt die Neuankömmlinge aus, als wir den Hafen verlassen und der nordgehenden Richard With begegnen: Mit den neuen Gästen der Marineschule auf Deck 5, die mit Norwegen-Fähnchen ausgestattet werden, hat die Richard With beim Winkewettbewerb keine Chance.

Der Interessepunkt zu Munkholmen wird auch gleich auf Deck 5 verlegt bzw. auf das letzte Treffen im Konferenzraum später. Bei strahlendem Sonnenschein spurte ich nach der Schiffsbegegnung noch auf die andere Seite vom Schiff für ein paar Fotos von Munkholmen, und dann war es das fürs erste: Ich gehe in meine Kabine und schaue nach dem kleinen Tourfilm, den ich wieder vorbereite. Und ich frage mich, warum wir so Wetter nicht öfter hätten haben können, und vor allem nachts…

Auf dem Schiff gibt es derweil den zweiten Vortrag über die Polarforschung, mit Roald Amundsen zum Südpol, und im Anschluss um 11:15 das letzte Treffen mit dem Expeditions Coastal Experience Team: Johan erklärt den Ablauf des letzten Tags und verabschiedet uns schon einmal von Giske: Sie steigt heute schon aus. Normalerweise wechselt die Besatzung frei durch, je nachdem in welchem Hafens ie wohnen – nur Restaurantchef und Coastal Experience Team wechseln in der Regel nur in Bergen, damit wir immer die selben Ansprechpartner haben. Aber wir sind ja fast da.

Agdenes Fyr

Derweil verlassen wir bei immer noch schönem Wetter den Trondheimfjord und haben noch einen Blick auf den 200 Jahre alten Agdenes Fyr an der Fjordmündung. Wer will, kann Essen gehen, und um 15 Uhr ist dann unsere Abschiedsveranstaltung: Mein Tourfilm ist fertig und kann im steuerbord-rechten Konferenzraum gezeigt werden, und Peter hat schon mit dem Check-In der Gäste für das Flugzeug begonnen. Nach dem Film müssen wir den Konferenzraum frei machen und geben die übrigen Abreiseinformationen im Panoramasalon – nicht ganz einfach, da wir zwar einen Teil reserviert haben, sich andere Passagiere aber entweder gestört fühlen oder lautstark unterhalten. Naja.

Bis wir Kristiansund erreichen, sind wir fertig, also ab zu einem letzten Landgang mit einer Stipvisite bei den Statuen der Klippfiskkjerringa, der Klippfischfrau, die das Symbold der Stadt ist und an die Arbeiterinnen der Klippfisch-Industrie erinnert, sowie die des Heringsjungen gegenüber. Der Ausflug zum Marmorbergwerk Bergtatt startet jetzt ebenfalls – anders als bei meinem Besuch seinerzeit sogar bei Tageslicht, sodass man etwas von der Atlantikstraße sieht.

Dann: Ab aufs Schiff, Ablegen genießen und auf zum letzten Abendmahl. Als wir ablegen, zeigt sich rechts der Sonne auch noch eine kleine Nebensonne als bunte Leuchterscheinung – ähnlich wie ein Regenbogen, nur an Eiskristallen in der Atmosphäre.

Beim Abendessen fällt meine Wahl auf die Rindshaxe. Derweil wechselt das Wetter draußen, für Molde ist Regen angesagt, und die Prognose scheint zu stimmen. Damit verschwindet auch unsere letzte Chance für Polarlicht auf dieser Reise. Der Captain hat auch keine Polarlichtsichtung eingetragen – jetzt müssen wir klären, wie das mit Polarlichtgarantie funktioniert und ob die bei Gruppenreisen im September greift. Aber heute ist Feiertag in Deutschland (3. Oktober), die Antwort muss dann morgen früh kommen.

Molde

Die Fahrt nach Molde verläuft dann in finsterer Nacht, aber die Hustavika ist friedlich und schaukelt kaum. Von der Erdgasanlage “Ormen Lange” sehe ich heute nichts. Normalerweise ist sie hell beleuchtet, aber vielleicht beschäftigt mich mein Blog zu sehr… Ein Blick nach draußen, es nieselt, ich mache ein paar Bilder von Molde und gehe wieder rein.

Und dann bimmelt das Handy, eine Whatsapp mit Polarlichtbildern von der Gangway, falls die wer brauchen kann. Panik! Ist das jetzt? Ich war vor 5 Minuten draußen und stand im Nieselregen… Aber nein, das Foto ist von Freitag und nicht aktuell. Also keine Panik, ich habe nichts übersehen. Schade eigentlich, aber hier ist aktuell ohnehin keine große Show zu erwarten.

So langsam muss man aber auch ans Kofferpacken denken – bis morgen früh um 9 sollten die Koffer bei den Aufzügen stehen, damit man sie nach dem Anlegen des Schiffs in Bergen im Terminal abholen und zum Bus bringen kann. In diesem Sinne: Gute Nacht!

Hurtigrute Tag 10: Helgelandküste

Der Tagesplan

Nachdem die Aurora sich gestern wieder äußerst unkooperativ gezeigt hat (bzw. gar nicht gezeigt hat), verpasse ich heute fast den Polarkreis. Sechs Minuten Vorwarnzeit gibt mir Johan, was gerade von der Dusche bis an Deck langt – uff. Ich muss mir doch mal wieder angewöhnen, ins Tagesprogramm zu schauen – auf der Kong Harald gibt es das ja sogar in gedruckter Form; andere Schiffe zeigen es nur noch auf den Monitoren, und seitdem beachte ich es meist nicht mehr.

Aber egal, ich bin rechtzeitig um 8:37 draußen, um die südgehende Polarkreisüberquerung mitzumachen.

Auch wenn jetzt eigentlich nicht mehr viel auf der Reise passiert – alle großen Häfen haben wir tagsüber auf der nordgehenden Route besucht, jetzt kommen kleine Häfen und viel Landschaft – hat man trotzdem keine Ruhe. Nach dem Frühstück kommt um 9:45 die Polarkreistaufe mit Lebertran-Verköstigung, dann wird der Polarkreisstempel vorgezogen, um elf Uhr signiert die Crew wieder Bücher, und um 11:15 habe ich meinen Abschlussvortrag über Sternbilder und ihre Mythen.

Nesna

Ach ja: Kurz vor halb elf legen wir auch noch Nesna an. Etwas überraschend, da über die Sprechanlage der Text für Sandnessjøen kommt. Aber wir halten hier doch nicht bis 12:15, und gleich darauf kommt die Korrektur, dass es nur ein kurzer Halt ist.

Als ich kurz vor 12 mit meinem Vortrag fertig bin, sind wir dann doch schon in Sandnessjøen. Bei einer halben Stunde Liegezeit sind die Zeiten vorbei, in denen man hier kurz durch die Fußgängerzons sprinten und die zahlreichen Kunstwerke anschauen konnte, mit dem aktuellen Fahrplan ist das nicht mehr drin. Der Blick aus dem Fenster verheißt auch nichts Gutes für die Bergkette der sieben Schwestern, und es gibt auch keinen Interessepunkt. Nur auf dem Tagesprogramm wird mit einem Bild darauf hingewiesen. Aber Überraschung: Sie stecken zwar tief in den Wolken, sind aber mit wehenden Schleiern doch zu erkennen.

Die Sieben Schwestern
Die Helgelandküste…

Auch mal ein interessanter Anblick. Danach geht die Fahrt weiter, um 14 Uhr ist noch einmal ein Treffen mit dem Expeditionsteam, während draußen die Helgelandküste in den Wolken verschwindet. Nach dem wunderbaren Trollfjord gestern präsentiert sich Norwegen nun wieder betont kontrastarm. Schade. Immerhin: Die Gewitterwarnung für Brønnøysund wurde nun durch normalen Regen ersetzt.

In Brønnøysund haben wir einen etwas längeren Aufenthalt, damit neben dem dem Besuch bei den Lachsen auch eine Tour zum Torghatten stattfinden kann, dem Berg mit Loch. Bei dem Wetter wird das bestimmt ein Erlebnis – auf der Herfahrt ist der Torghatten kaum zu sehen.

Suchspiel: Erkennen Sie den Torghatten im Hintergrund?
Norwegens Mitte

Mein Weg führt mich heute nicht allzu weit: Erst ein Besuch in der Mitte Norwegens, und dann ab ins Amfi zum Coop, mein gesammeltes Leergut abgeben und die Getränkevorräte und den Kühlschrank zuhause auffüllen. Soweit der Plan für heute, der mal wieder scheitert: Der Coop wird umgebaut und eröffnet “demnächst” wieder. Da steh ich nun mit meinem Altglas und ohne Chance, noch Wurst für daheim oder Getränke für den Rest der Tour zu kaufen.

Nun gut. Also noch eine Runde durch das Amfi drehen (mit gewissem Erfolg im Sportgeschäft), und dann ab zum nächsten Kiwi. Zumindest werde ich dort das Leergut los; dann muss ich morgen dem Rema in Trondheim noch einen Besuch abstatten. Oder den kurzen Aufenthalt in Kristiansund nutzen, mal sehen.

Auf dem Weg zum Kiwi fällt mir zum ersten Mal die Tourist Information auf, die direkt hinter dem Anleger liegt, und neben der eine hübsche alte Scheune oder ein anderes Wirtschaftsgebäude steht. Dann noch ein Bild vom Schiff (ich habe schon lange nicht mehr am Tau entlang fotografiert), und die Einkäufe verstauen.

Und dann? Natürlich ein Eis, während einige aus unserer Gruppe zurückkommen. Vielleicht lerne ich es irgendwann und bestelle entweder das berühmte Softeis oder einen Becher… so erhalte ich eine schmale Waffel, auf der zwei große Kugeln Eis kurzfristig balancieren. Mal sehen, ob ich das Beweisfoto erhalte – zum selberknipsen hatte ich keine Chance. Das war zwar lecker, aber eine Sauerei. Zum Glück gibt’s im Kiosk ein WC mit Waschbecken… Bei den Plusgraden schmilzt das Eis doch recht flott.

Jubiläumsmenü

Von Peter erfahre ich dann, dass ich beim Shoppen aufs falsche Pferd gesetzt habe – der Bunnpris hätte noch Wurst gehabt. Egal.

Die Vorbeifahrt am Torghatten um 18:10 fällt mangels Sichtbarkeit und wegen Wind aus. Der nächste Programmpunkt wäre damit das Captains Dinner um 18 Uhr, da uns erfahrungsgemäß viele Gäste in Trondheim verlassen. Aber alles ist anders auf dieser Tour: Morgen steigen 140 Schüler zu (zumindest bis Kristiansund), und Hurtigruten feiert 130jähriges Jubiläum, also gibt es ein 5-Gänge-Jubiläumsmenu. Gut und ausreichend. Burps…

Um 20:15 gehen die Feierlichkeiten im Panoramasalon weiter, der Captain (?) steht da, während Johan eine kurze Festansprache hält und jeder ein Glas Sekt erhält. Anschließend greigt er zur Gitarre und unterhält uns zusammen mit Giske noch zwei Stunden lang mit Livemusik. Schön.

Rørvik

Derweil ärgern uns draußen ein paar Wolkenlücken, aber in Rørvik regnet es dann schon wieder leicht. Es ist ja nicht so, dass es hier in der Region keine Chancen auf Polarlicht gibt, aber in dieser Nacht dann doch nicht.

Nach dem Ablegen aus Rørvik winke ich der Havila Polaris noch einmal zu und widme mich dann dem Blog, unterbrochen von einigen Blicken nach draußen. Aber es lohnt sich nicht, und die offene Seestrecke der Folda ist zwar alles andere als wild, aber mit Wind und etwas Wellen ist es doch unangenehm draußen, trotz Temperaturen um die 12 Grad. Also Schluss für heute.

Die Havila Pollux bei Rørvik

Hurtigrute Tag 9: Vesterålen

Der Tagesplan

Mein Plan für heute: Ausschlafen. Schließlich nehme nicht an dem berühmten Ausflug 9A teil, der durchaus schönen Busfahrt über die Vesterålen, die ziemlich früh in Harstad startet. Und auch wenn ich gestern nicht in Tromsø auf Kneipentour war: Ausschlafen würde auch mal gut tun, und es ist ja Sonntag.

A propos: Diese Reise hat doch immer wieder Überraschungen parat. Im viel-gepriesenen Rørbua-Pub am Kai in Tromsø gibt es am Samstagabend keine Live-Musik, die wäre nur Freitag und Sonntag. Diesen Samstag war Disco-Abend. Da lob ich mir die ruhigere Jarnbarnestasjion… vielleicht im Januar auf meiner nächsten Tour.

Aber die Live-Musik ist nicht der einzige Plan, der scheitert: Als Optimist hatte ich das Telefon angelassen, um eventuell doch eine Nordlicht-Durchsage vom Schiff mitzubekommen. Stattdessen weckt mich vor acht Uhr die Durchsage, dass wir Harstad anlaufen, die Teilnehmer des Ausflugs sich am Anleger bei den Bussen treffen und das war es dann mit meiner Nachtruhe.

Das Wetter in Harstad: Bäh. Es nieselt, und die Begegnung mit der nordgehenden Hurtigrute habe ich auch verpasst. Während wir ablegen, haben die Busse bereits das Museum bei der Trondenes-Kirche erreicht, und ich mache noch ein paar Fotos in die Richtung. Die Fontaine im Hafen ist an – ob daher der Regen kommt?

Für uns auf dem Schiff geht die Reise ebenfalls durch die Vesterålen, aber natürlich auf dem Seeweg und somit einer leicht anderen Route. Von den Vesterålen ist nicht so viel zu sehen, es ist der Tag der gekappten Berge: Die Bergspitzen sind unter den tiefhängenden Wolken verborgen. Wir erreichen die Risøyrinne, eine schmale Fahrstraße, die extra für die Hurtigrutenschiffe angelegt wurde, um die Region besser an den Verkehr anzubinden. Johan macht passend dazu einen Interessepunkt auf Deck 7, dabei erspäht er ein paar Seehunde und zwei Seeadler – bis ich mein Teleobjektiv aufgesetzt habe, sind sie schon wieder zu weit weg, aber ein schöner Anblick war es trotzdem. Und wie immer: Vergiss die Kamera und genieße den Augenblick!

Der Königsstein

In Risøyhamn machen wir wie immer nur kurz halt, ich knipse den Königsstein (mit den Unterschriften der norwegischen Könige anlässlich der Einweihung bzw. Vertiefung der Fahrrinne) von Deck aus und genieße den Tag, während ich noch ein paar Dinge aufarbeite.

Wir fahren weiter an wolkenverhangenen Bergen vorbei bis Sortland, wo erst das Mittagessen angekündigt wird und dann die Begegnung mit den beiden Ausflugsbussen: Sie überqueren die Brücke, als das Schiff darunter hindurchfährt, und alle, die nicht voreilig zum Mittagessen gestürzt sind, stehen vorne am Bug, wo das Expedition Team (das seit einige Zeit übrigens Coastal Experience Team heißt, aber egal) Norwegen-Flaggen verteilt hat.

Als wir in Sortland anlegen, warten die Ausflugsteilnehmer schon am Kai. Wir legen an, die Gangway geht wiederwillig auf, irgendwas macht plopp, und sie steht unter Wasser. Literweise strömt es aus dem Schiff und überflutet die Gangway. Okay… der Captain auf der Brücke sieht nicht glücklich aus. Es dauert einige Zeit, und das Wasser verändert seine Farbe von Rostbraun über klar zu schäumend – Hydraulikschaden oder Sprinkleranlage? Man weiß es nicht… nach einiger Zeit können die Passagiere dann über die Laderampe ins Schiff kommen, während die Gangway weiter geflutet wird.

Tja… ich checke schon einmal das Wetter, falls wir hier nicht wegkommen: Die heute Abend für Svolvær angekündigte Wolkenlücke ist hier auch. Von daher kein Problem für mich… aber wir haben Glück, das Wasser wird unter Kontrolle gebracht, die Gangway kann geschlossen werden, und wir legen nur mit ein paar Minuten Verspätung ab.

Stokmarknes erreichen wir bei bedecktem, aber trockenem Wetter nur mir wenig Verspätung. Das moderne Gebäude mit der alten MS Finnmarken, dem Herzstück des Hurtigruten-Museums, ist schön zu sehen. Das Museum ist privat und wird wohl nicht zuletzt von einem ehemaligen Hurtigruten-Kapitän am Leben gehalten, hat mit der Hurtigruten-Company aber nichts zu tun. Immerhin gibt es jetzt wieder einen ermäßigten Eintrittspreis von 170 NOK für die Gäste der Hurtigrute, der letzte Preis war wohl doch zu hoch.

Mir langt es aber nicht, um hier kurz von Bord zu gehen: Johan fängt mich ab. Am Trondheim-Tag kommen 140 Schüler an Bord und belegen die Konferenzräume, und wir müssen einen Platz für unsere Abschiedsveranstaltung finden. Jede Reise ist anders, und bislang wurde noch jedes Problem gelöst… Die Norweger sind da pragmatisch, was mit deutscher Mentalität nicht immer ganz kompatibel ist.Aber es funktioniert.

Kurz nach Stokmarknes erreichen wir den Raftsund, der Himmel wird besser, und die ersten Fotografen sind überfordert: Was soll ich denn jetzt als erstes fotografieren? Photogasmus nennt sich das wohl:-)

Es ist aber auch zu schön – im Winter hat man das Gefühl, mit dem Schiff durch die schneebedeckten Alpen zu fahren; mit den nachmittäglichen Herbstfarben und etwas Sonne ist das noch mal was ganz anderes.

Seeadlersafari

Kurz vor dem Trollfjord holt uns die kleine Orca ein und legt an der Kong Harald an – kein Piratenboot, sondern der Einstieg in die Seeadlersafari. Knapp 50 Passagiere können hier einsteigen und die Seeadler (sowie unzählige Möwen) aus nächster Nähe anschauen, die mit Fisch angelockt werden.

Seeadler

Von unserem Schiff aus sind die Adler auch zu sehen, aber nur kurz – die wissen, wo es Futter gibt. Ich habe wieder das falsche Objekt drauf und drücke zu spät ab, aber was solls. Sehen, nicht knipsen! Die Orca fährt vor uns in den Trollfjord, die Passagiere kommen dann in Svolvær wieder zurück auf die Kong Harald.

Wir fahren weiter durch den Raftsund, umrunden die Inseln vor seiner Mündung nehmen schließlich Kurs auf diesen eindrucksvollen Fjord. 2,3 km soll er (gemäß der heutigen Durchsage) lang sein, 800 Meter breit, und damit ist er der engste Fjord. Gemäß einer Legende diskutierten hier die Trolle, die man in seinen Felswänden erkennen kann, was man gegen die Menschen tun könne – die Diskussion war so heftig, dass sie darüber die Zeit vergaßen und von der aufgehenden Sonne versteienrt wurden. Noch heute kann man einige Trolle in den Felswänden erkennen.

Einer anderen Legende nach stritten sich einst die beiden Trolle Vågakallen und Hinnøygubben. Als Hinnøygubben mit seiner Axt zuschlug, schuf der dabei den Trollfjord.

Und was macht der Trollfjord heute: Er gibt alles. Die aufreißende Bewölkung taucht ihn in das perfekte Licht. Wahnsinn. Ich versuche gar nicht erst, an den Bug zu kommen (da ist für rund 250 Passagiere zu wenig Platz), sondern halte mich an der Seite, am Heck und auf Deck 7 auf.

Das war bislang eindeutig der Höhepunkt des Tages. Und weiter: Die Wolken reißen auf, wir sind mitten im Polarlichtoval, da muss doch noch was gehen!

Aber erst einmal erreichen wir Svolvær. Die Statue für die Fischersfrau an der Hafeneinfahrt vepasse ich knapp, dafür sehe ich die “Hauptstadt des Lichts” auf den Lofoten auch einmal wieder bei ausreichend Licht und nicht nur lange nach Sonnenuntergang. Ein kleiner Stadtrundgang zu den Rørbua-Fischerhäuschen des Scandic-Hotels und ein Blick in den Anker, unsere Stammkneipe: Sonntag Ruhetag. Was ist denn in dieser Tour für ein Wurm drin?

Nun gut, dann halt über die Kirche mit dem Figurenpark und dem spiegelnden “Auge des Nordens” zurück zum Schiff, und abwarten, was Wetter und Weltraumwetter machen. Ich bin ja doch optimistisch, auch wenn die Polung des Magnetfelds falsch ist. Und dann: Der Pfeil zeigt in die richtige Richtung, JAHAAAA!

Havila Castor im Mondlicht

Raus an Deck, wo ich bis Stamsund immer wieder die Runde drehe. Hübscher Mond tief im Süden, aber das sollte für das Nordlicht nicht stören. Die Wolken schon eher. Und wo ist es überhaupt? Das Oval in den Apps ist zögerlich, aber deutlich. Und am Himmel? Nichts. Im Windschatten auf Deck haben sich einige Nordlichtjäger versammelt. Wir wären soweit. Und wir haben alles richtig gemacht. Nur Mutter Natur zickt rum. Ich sag doch, die ganzen Apps kann man in die Tonne kloppen.

Ich versuche meinen alten Trick, gebe auf und baue meine Kamera ab, aber davon lässt sich das Polarlicht auch nicht hervorlocken. Es gibt den alten Glauben, dass man mit Pfeifen Polarlicht herbeilocken kann, aber die Seeleute glauben, dass Pfeifen Sturm anlockt… soll ich das vor dem Westfjord riskieren? Besser nicht.

Stamsund.

Wir haben noch eine Schiffsbegenung mit der Havila Castor im Mondlicht, und als wir die vorhergesagte Wolkenlücke bei Stamsund erreichen, ist der Himmel komplett zu. Nur ab und an schimmert der Mond höhnisch durch.

Stamsund erreichen wir überpünktlich, was ganz gut ist: Die Gangway geht nicht auf, die neuen Gäste steigen über das Frachtdeck ein. Jetzt kann man auch gut beobachten, dass wir immer noch Fähre sind: Einige Passagiere sind am Sonntagabend nur für die Überfahrt nach Bodø zugestiegen und schlafen auf den Sesseln oder mit Iso-Matte in den Gängen.

Und ich? Gebe die Hoffnung langsam auf, während ich um Deck 5 herumschleiche, nach Wolkenlücken spähe und nichts sehe, was ich sehen will. Wir legen ab und gehen auf Südkurs, die Lofoten bleiben hinter uns zurück, vor uns scheint der Mond immer wieder durch die Wolken, aber sonst…

Unser Schiffshund

Gegen Mitternacht kapituliere ich. Noch ein Blick auf Deck 7: Auch unser Schiffshund wirkt unglücklich. Im Prinzip war das ja eine tolle Reise, nur das Nordlicht enttäuscht.

Ich gehe in meine Kabine und studiere noch einmal meine Unterlagen: Der rituelle Harakiri des Lektors ist nicht obligatorisch. Uff… Immerhin ein Lichtblick. Ich überlege, ob ich mir den Fliegenden Holländer zum Vorbild nehmen soll, mich mit den Göttern anlegen und solange hier oben rumkreuzen soll, bis wir vernünftiges Polarlicht haben, aber das gibt dann auch nur Ärger zuhause. Also tue ich das einzig Vernünftige, mache es wie der Schiffshund und haue mich in die Koje.

Hurtigrute Tag 8: Hammerfest

Der Tagesplan

Südwärts geht es immer schneller als nordwärts. Ob das daran liegt, dass man alle Häfen ja schon kennt, oder daran, dass wir mittags an Tag 7 der 12 Tage unserer 11-tägigen Reise umkehren und an Tag 12 eh nichts mehr los ist, keine Ahnung. Ich bin verwirrt…

Wie dem auch sei, heute früh halten wir kurz in Havøysund, ein paar Schnappschüsse später gehe ich frühstücken, und dann steht die Begegnung mit der Havila Pollux auf dem Plan. Gefühlt begegnen wir (bei gutem Licht) vor allem den Havila-Schiffen…

Wobei das mit dem guten Licht relativ ist: Die Berge rund um Havøysund liegen unter tief hängenden Wolken, und mit der Havila Pollux im Vordergrund sieht man erst, wie tief die Wolken heute hängen. Das verleiht Norwegen etwas mystisches und wird uns den Tag über begleiten. Wer will bezweifeln, dass es hier Trolle gibt?

Gut, dass wir auf der Kong Harald vor Trollen sicher sind. Ungemach droht uns allenfalls von Draugen, Seeschlangen und dem Unwillen von welchen Götter auch immer hier für Wetter ung Weltraumwetter zuständig sind. Schließlich war das Polarlichtoval heute früh um 7 Uhr ganz passabel – perfekt für Beobachter in Kanada. Ich kann so nicht arbeiten.

Melkøya

Nun, jedenfalls fahren wir entlang der wolkenverhangenen Küste weiter südwärts, bis wir am Vormittag Hammerfest erreichen. Der erste Vorbote ist wieder die Erdgasverflüssigungsanlage auf der vorgelagerten Insel Melkøya, die das Gas des 143 km entfernten Bohrfelds Snøhvitfeltet (Schneewittchen) verflüssigt, in den Tanker verlädt, der schon wartet und es höchstwahrscheinlich nach Deutschland bringen wird, um unsere Tanks für den Winter aufzufüllen. Dank des Russland-Embargos sind wir nun Großabnehmer, wie das Expeditionsteam beim Point of Interest erzählt. Außerdem gibt es wieder den berühmt-berüchtigten Energiekaffee – diesmal werden diverse Zutaten aufgezählt, aber die Reaktion der Kaffeefreunde zeigt mir, dass er wohl weiterhin zu 50% aus Zucker und 50% aus Schweröl besteht. Ich verzichte.

Hammerfest

Der Hafen von Hammerfest wird immer noch umgebaut, sodass wir auf der falschen Hafenseite anlegen, 2,5 km vom Zentrum entfernt. Das Schiff hatte Shuttlebusse angekündigt, wenn auch zu wenige, sodass Peter noch ein Sammeltaxi für und organisiert hatte – zumindest mit 16 Plätzen sollte das für Entspannung sorgen. Für mich war kein Platz mehr (bzw. ich überließ ihn gerne jemandem, der seltener hier ist), daher war mein Plan die Meridiansäule. Das Taxi war dann auch nicht teurer als die Plätze um Bus, nur kam es nicht. Genauer gesagt, kam nicht der geplante 16-Sitzer, sondern drei Taxis, die dann alle in das Stadtzentrum und auf den Berg brachten. Von Hammerfest kann ich daher nur vom Hörensagen berichten, dass Eisbärenclub und Touri-Info zu hatten (an einem Samstagmittag, warum auch nicht), die Straßen für einen Laufwettbewerb mit Gittern abgesperrt waren und zumindest die Kirche beeindruckt hatte. Für mich blieb es diesmal bei Panoramen und Fotos durch das Tele-Objektiv.

Dafür fiel mir auf, dass hier bei der Post auch die Warenausgabe von IKEA ist… Schwedenmöbel für alle.

Mein Weg führte mich wieder zu Struves Meridiansäule, einem Messpunkt von Struves Erdvermessungsprojekt Mitte des 19. Jahrhunderts. Sowohl auf der markanten Insel Håja (oder Norwegens größtem Stein, je nachdem wem man glaubt) als auch auf dem Berg Tyven hinter Hammerfest auf der anderen Hafenseite wären Peilpunkte zu sehen, wenn man die Spitzen der Berge sehen würde.

Vom Schiff aus ist es etwa eine Viertelstunde, ich komme rechtzeitig an, um einer Reisegruppe kurz zuzuhören und ein paar Bilder zu machen, bevor der Bus der Stadtrundfahrt sowie der Hike des Expeditionsteams mit noch mehr Besuchern kommen – Zeit, weiterzuziehen und die Schanze (Skansen) an der Spitze der Halbinsel Fuglenes zu besuchen. Der viereckige Wall wurde nach der Plünderung Hammerfests durch englische Kriegsschiffe während der Napoleonischen Kriege errichtet und beherbergte einst mehrere Geschütze, heute steht hier wieder eine Kanone. Ein Stück weiter ist ein kleiner Leuchtturm und linkerhand ein paar Gebäude, die nach dem zweiten Weltkrieg auf Melkøya standen und heute ein Freilichtmuseum bilden.

Bald wird es auch hier voll, und ich gehe wieder auf’s Schiff, zu meinem ersten Mittagessen an Bord. Da wenig los ist, nutze ich die Chance für ein paar Fotos vom Mittagsbuffet, wird ja doch immer wieder nachgefragt.

Versteigerung

Die Hurtigrutenfondation ist übrigens auch wieder aktiv: Gegen eine Spende von 200 NOK hat man Chancen auf eine Brückenbesichtigung (die ersten Termine fanden heute schon statt), und im Rahmen einer stillen Versteigerung hat man an Tag 10 die Chance auf eine Postflagge und eine Seekarte.

Bevor die Shuttlebusse wiederkommen, mache ich es mir auf Deck 7 im Multe bequem und bereite meinen Vortrag um 14 Uhr vor. Es geht um die Sonne, die sich in letzter Zeit hier ja doch etwas rar gemacht hat.

Erdgastanker

Nach dem Vortrag (der parallel zu einem englischsprachigen Vortrag von Giske stattfindet) gibt es noch eine Sicherheitsübung für die Crew, und ich mache es mir wieder auf 7 bequem – Bilder sortieren und Bücher signieren.

Für Øksfjord gehe ich noch einmal an Deck: Der Ort liegt am Fuß einer riesigen Felswand und hat ein wunderbares Echo, wenn das Schiffstyphoon die Ankunft der Hurtigrute ankündigt. Immer wieder toll. Zur Abwechslung sehe ich den Ort einmal bei Tageslicht mit buntbewaldeten Bäumen an den Berghängen, die dann in den Wolken verschwinden. Magisch.

Øksfjord

Danach geht es die Loppa. Von der offenen Seestrecke ist nichts zu merken – von wegen “Loppa macht hoppa”. Ein Ententeich – wegen Seegang können wir uns bislang echt nicht beschweren. Nach dem Abendessen kommt der entspannte Teil des Abends, wer will, kann um 21;30 am Musikquiz im Panoramasalon teilnehmen (der Hauptgewinn geht an unsere Gruppe). Zeit dafür ist: Es ist und bleibt bewölkt, für Tromsø ist Regen angesagt. Peter und ich nutzen die Zeit, und noch ein bisschen zu schaffen…

Auf den Pub-Besuch und das Nightlife von Tromsø verzichten wir. Morgen gibt es Chancen für besseres Wetter in Svolvær, und hoffentlich macht das Polarlicht endlich, endlich mit…

Kurz nach halb zwölf nehme ich noch die Einfahrt nach Tromsø mit, dann widme ich mich wieder meinem Blog. Tromsø zeigt sich zur Abwechslung mal neblig…

Tromsø im Nebel

Da ich morgen nicht auf die Vesterålenrundfahrt gehe, kann ich eventuell ausschlafen. Noch ein bisschen Blog pflegen, und dann ist Feierabend.

Hurtigrute Tag 7: Kirkenes

Der Tagesplan

Und schon ist Halbzeit: Als ich aufwache, verlassen wir gerade Vadsø, den einzigen Hafen, den wir nur auf der nordgehenden Route besuchen – von hier ist es nur ein Katzensprung bis Kirkenes, dem Endpunkt (aber nicht dem nördlichsten Punkt) der nordgehenden Route. Ein Blick auf’s Handy, den Wecker ausschalten: Um ein Uhr gab es noch eine Nordlichtsichtung. Toll. Zwar auch nur Kp 3, aber immerhin mit etwas mehr Wolkenlücken. Das muss doch nochmal klappen…

Vadsø

Wie dem auch sei, ich gehe kurz an Deck, einen Blick zurück auf Vadsø werfen: Es liegt unter mächtigen Wolken. Dafür ist die Fahrt durch den Varangerfjord ruhig: Kaum Wellen, und bald kommt das herbstlich-farbenfrohe Ufer wieder in Sicht, das mit gelben Buchen sowie grünen Büschen und Flechten auf dem grauen Stein einen hübschen Anblick bietet.

Kirkenes

Kirkenes erreichen wir pünktlich, zusammen mit (sehr) leichtem Nieselregen. Peter will die große Runde zum Grenzlandmuseum drehen, ich will im Amfi und dem Outdoorladen vorbeischauen. Wir gehen ein Stück zusammen, und einige Gäste machen sich gemeinsam mit uns auf den Weg – aber jeder geht auf eigene Faust, da ist nur Gruppendynamik, kein Gruppenzwang. Das ist auch gut so: Ich arbeite meine Einkaufsliste ab, und wer sich mir an die Fersen heftet könnte eventuell glauben, eine Butterfahrt gebucht zu haben. Aber nach Kirkenes steht nur noch Rentierwurst in einem der letzten Coops auf der Liste, die Fahrt wird billig:-)

Der Gang durch das herbstliche Kirkenes bietet eine Neuheit: Die Türe der Anders-Grotte steht offen, der Ausflug zur russischen Grenze macht hier gerade einen Zwischenstop. Wir können diesen alten Schutzbunker zwar nicht besichtigen, aber es langt für einen schnellen Blick hinein.

Ansonsten gibt es in Kirkenes nicht viel Neues, und an diesem Freitagmorgen sind die Straßen wieder wie ausgestorben. Die Kirche hat zu, das Amfi-Einkaufszentrum offen: Viel finde ich diesmal nicht, aber ein bisschen Shoppen muss sein. Danach verlasse ich unsere Gäste und mache mich auf den Rückweg – es sieht nach Regen aus, und das Grenzlandmuseum oder der berühmte Aussichtspunkt – die Straßenkurve über dem Ort – reizen mich heute nicht.

Kirkenes ist Grenzstadt zu Russland, und den Konflikt merkt man hier auch. Einerseite ist man mit dem Nachbar doch anders verbunden als die fernen Hauptstädte, und die Erinnerung an den 2. Weltkrieg ist noch wach: Damals hatten die Russen die deutsche Wehrmacht vertrieben und blieben als Befreier in Erinnerung, während die Deutschen verbrannte Erde hinterließen.

An einer Stelle im Ort steht das Russenmonument und erinnert an die einstigen Befreier, das Kriegsmütterdenkmal erinnert an das Leid der Bevölkerung, und ein Kleinbus erinnert an den Ukrainekrieg. Die Kimek-Werft treffen die aktuellen Spannungen besonders: Sie lebt unter anderem davon, russische Fischtrawler über Wasser zu halten. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und Sanktionen hat sich ihr Umsatz mehr als halbiert.

Zuletzt mache ich noch einen Abstecher in den Sparemarkt im Hafen. Es gibt Dirndl und Sonnencreme im Angebot. Was man halt so braucht…

Und dann: Zurück auf Schiff. Wir legen mit ein paar Minuten Verspätung ab, die Überfahrt nach Vardø wird durch das Treffen mit dem Expeditonsteam um 14 aufgelockert, sonst geschieht nicht viel.

Vardøhus
Hornøya & Vardø Fyr

Während auf backbord die großen Radarkuppeln die Blicke auf sich ziehen, erhebt sich vor uns das Vogelparadies Hornøya mit dem Leuchtturm von Vardø. Die Info-Durchsage verstehe ich am Bug leider nur schlecht, aber anscheinend hat die Vogelgrippe in der Kolonie ordentlich gewütet. Mal sehen, ob die Bestände sich erholen – jetzt ist die Vogelsaison ohnehin vorbei.

Vardø erreichen wir trotz unserer verspäteten Abfahrt rechtzeitig, damit bleibt ausreichend Zeit für einen raschen Gang zum Hexendenkmal – bei Tageslicht und mit bald 50 Passagieren. Die kleine Festung Vardøhus lasse ich also rechts liegen und gehe quer über den Acker, jetzt sieht man den Weg mal. Das Denkmal besteht aus einem langgestreckten Gang, in dem 91 Glühbirnen an die Männer und Frauen erinnern, die hier im 17. Jahrhundert als Hexen verbrannt wurden.

So eindrucksvoll das auch ist: Wenn 50 Leute in fünf Minuten durch das Gebäude hetzen, hat man nicht viel davon. Zum Glück war ich unter den letzten, die hier ankamen – aber eindrucksvollsten war mein erster Besuch hier: In finsterer Nacht mit Taschenlampe den Weg gesucht und alleine in dem sturmumtosten Bauwerk gewesen… Heute konnte es seine bedrückende Atmosphäre kaum entfalten.

Zurück an Schiff bleibt vor dem Abendessen um 18 Uhr noch etwas Zeit für Gespräche. Es geht natürlich um das Wetter – die Polarlichtprognose ist gar nicht so mies, und irgendwo ist – je nach Wettermodell – auch eine Wolkenlücke. Es könnte klappen.

Silberstreif am Horizont…

Nach dem Abendessen der Blick nach draußen: Tiefschwarze, drohende Wolkenberge über dem Festland, ein kleiner heller Streifen über der See. Puh… und das Polarlichtoval ist fast ganz weg.

Bis Båtsfjord tut sich nicht viel, dann klart es langsam auf, nur von Polarlicht keine Spur, dafür beleuchtet der Vollmond die Wolken ganz hübsch. (A propos es tut sich nicht viel: Die Kong Harald ist musikalisch, sowohl Giske als auch Johan unterhalten abends im Panoramasalon gerne mit Gesang – und zwar richtig gut.)

Berlevåg gegen 22 Uhr: Man sieht sogar ein paar Sterne, das Wetter würde mitspielen – nur das Weltraumwetter nicht. Da oben ist tote Hose, nichts zu merken von dem Schuss, der von von der Sonne erreichen soll. Dafür gibt es eine nette Schiffsbegegnung mit der MS Vesterålen.

MS Versterålen

Langsam werde ich ungeduldig, und die ersten Gäste geben auf: Morgen für um 5 klingelt der Wecker für alle, die das Frühstück am Nordkap gebucht haben. Ich halte bis Mitternacht durch: Jetzt fahren wir wieder in eine dichte Wolkendecke hinein, das war es dann für diese Nacht. Außer Mond nichts los – aber immerhin hat der ein paar schöne Bilder ermöglicht.

Also Feierabend…

Hurtigrute Tag 6: Honningsvåg und Nordkap

Der Tagesplan

Es geht, mal wieder, viel zu schnell: Wir sind im hohen Norden und fahren heute eher ost- als nordwärts. Hawaiisund Havøysund ist der erste Hafen, den man normalerweise mitkriegt. Das Wetter: Leichter Nieselregen bei geschlossener Wolkendecke. Sieht nicht gut aus für das Nordkap heute… Hier oben ist nicht nur das Wetter, sondern auch die Landschaft trist. Viel wächst hier nicht, nur etwas “Birkenwolle” sorgt für gelbe Farbtupfer – das sieht aus der Entfernung mehr nach Flechten aus, sind aber wohl kleine Birken, die hier ums Überleben kämpfen und hoffen, nicht von Rentieren gefressen zu werden. Immerhin sorgen sie für Farbe zwischen den grünen Flechten und grauen Steinen.

Kurs Havøysund

Havøysund ist einer dieser kleinen Häfen, in denen nur ein Schiff Platz hat. Wir sind ziemlich beide ziemlich pünktlich, und bald taucht südgehende Nordnorge hinter den Felsen auf. Also lassen wir sie passieren, bevor wir anlegen und ich mich dem Frühstück widme. Immerhin sind diese dramatischen Wolkenberge besser für Fotos als strahlendblauer Himmel. Zumindest erzählen einem das immer die Landschaftsfotografen… Ich bin da flexibler und würde mich auch über klaren Himmel freuen.

Havøysund

In Havøysund lohnt es sich nicht von Bord zu gehen. Es ist ein kleines Fischerörtchen mit knapp 1000 Einwohnern, und wir halten planmäßig ohnehin nur eine Viertelstunde – und zehn Minuten vor Abfahrt soll man wieder an Bord sein.

Anschließend führt uns die Fahrt durch den Magerøya-Sund. Die Strecke ist durchaus schön, aber im tiefsten Winter, schneebedeckt und in der tiefstehenden Sonne, macht sie noch mehr her. Als das Expedition Team den Interessepunkt Magerøya-Sund macht, regnet es, und mindestens so viele Zuhörer suchen bei den überdachten Sitzplätzen Schutz, wie es Zuschauer direkt bei Johan und Are gibt. Wir überqueren den Tunnel zum Nordkap, dessen Mautgebühr von den Touristenmassen im Sommer mittlerweile abbezahlt ist und der somit keine Maut mehr kostet; neben Touristen wird er von den Rentierherden genutzt, die im Frühjahr auf die Insel kommen – im LKW, das kostet wohl weniger als wenn jedes Rentier Maut zahlt, und es gibt weniger Verlust als früher, als sie noch ausgehungert schwimmen mussten. Was es hier nicht gibt: Internet. Gab’s nicht, gibt’s nicht, wird’s nie geben – wir sind frei! (meint zumindest Johan). Der Schiffsverkehr hat auch abgenommen, seit die norwegische Seegrenze erweitert wurde und die meisten Schiffe außen um Magerøya herum fahren.

Interessepunkt Magerøya-Sund

Etwa zwei Stunden brauchen wir bis Honningsvåg, das Anlaufen verpasse ich diesmal fast.

Es gibt fotografisch aber auch nicht viel her: Es soll noch bis Mittag regnen, und tiefhängende Wolken verhüllen die Bergspitzen und reichen fast bis zu dem alten Friedhof über dem Ort, von dem aus man normalerweise einen schönen Blick auf den Ort hat.

Nachdem die Ausflugsbusse zum Nordkap abgefahren sind (ich habe gar nicht darauf geachtet, ob es wieder Taxis gibt, die auf Einzelreisende warten, die auf eigene Faust billiger zum Nordkap wollen), kehrt Ruhe auf dem Schiff ein.

Gegen Mittag hört der Regen tatsächlich auf, und ich mache eine kleine Runde entlang des Hafenbeckens. Den Aussichtspunkt über dem Ort schenke ich mir…

Viel neues gibt es nicht,aber mit dem Wolkenhintergund wirkt das alles etwas mystisch. Am Perleporten Kulturhaus hängt weiterhin die TrashArt aus angeschwemmten Gummistiefeln. Donnerstags haben die Läden offen, also mache ich noch einen Abstecher in das Weihnachtshaus direkt am Anleger. Vielleicht hätte ich eher in das Nordkapmuseum gehen sollen, aber da war ich einmal drin und nicht so begeistert. Dafür steigen jetzt zwei Nisse ein, ist ja bald Weihnachten, und ich bin erst im Januar wieder hier.

An Bord komme ich gerade rechtzeitig für die Rettungsübung: Es wird Evakuierung geübt, und die Brandschutztüren gehen zu. Aber das gilt nur für die Besatzung, wir kommen trotzem noch in unsere Kabinen.

Und dann ist auch schon kurz nach zwei, die Ausflugsbusse kommen zurück, und anstelle des früher zum Nordkapp üblichen heißen Apfelkuchens gibt es schottische Scones im Multe-Café. Heute war ja der harte Tag, an dem es 15 Minuten lang (zwischen Frühstück bis 9:45 und Mittagessen von 10-13 Uhr) nichts zu essen gibt. Ich mag die schottische Küche ja (nicht gesund, aber lecker), nur die Scones sind eher schwäbischer Hefezopf als schottische Scones. Was an sich nichts schlechtes ist! Nur kenne ich das aus Schottland anders…

Am Nordkap war das Wetter leider ähnlich bescheiden wie in Honningsvåg, dafür waren die Guides gut, sodass es eine unterhaltsame Fahrt hinauf auf die Nordkapklippe am Nordende von Magerøya war. Pretty Pictures sind ein anderes Problem.

Dann geht die Fahrt weiter, wir haben nur 1,5 Meter Wellen, die aber auf der Überfahrt nach Kjøllefjord mehr Bewegung ins Schiff bringen als die vier Meter auf dem Westfjord. Kommentar eines Gasts aus dem Schwäbischen: “Muss der denn durch jede Welle durchfahrn?” Da wir die Küste entlang fahren und nicht die letzten Kilometer zum Nordpol weiter, muss er das wohl…

Kurs Kjøllefjord, links die Finnkjerka

Zwei Stunden später ist Land in Sicht, wir nähern uns dem Örtchen Kjøllefjord und damit auch der Felsformation der Finnkjerka am Eingang des Fjords. Sie wird im Winter seit langem nicht mehr beleuchtet, wenn die Hurtigrute an ihr vorbei fährt, aber jetzt ist es noch hell, und sie hebt sich deutlich vor dem grauen Hintergrund ab. Am deutlichsten ist sie von vorne oder hinten zu erkennen; wenn wir direkt neben ihr sind, sind es nur zwei Felsnadeln. Dafür sind die geologischen Schichten in den Felsen deutlich zu sehen, die den Fjord infassen. Geologe sollte man sein, dann könnte man mehr darüber erzählen, wie weit wir hier in die Erdgeschichte blicken…

Kjøllefjord

Kjøllefjord ist im Winter ein herrlicher Anblick: Umgeben von tief verschneiten Bergen liegt das Örtchen am Ende eines Fjords. Im Herbst sieht man schon eher, wie abgelegen das Ganze hier ist. Hier oben hat die Hurtigrute noch wirklich Versorgungsdienst, gerade im Winter sind die Straßen öfter mal gesperrt, und Flugzeuge fliegen auch nicht immer.

Einige Ausflüge starten hier heute, die im Winter nicht stattfinden, und bei denen die Teilnehmer dann im nächsten Hafen wieder an Bord kommen. Für uns auf dem Schiff heißt es jetzt erstmal: Rein in die Barentssee, raus aus der Barentssee. Wir fahren von Fjord zu Fjord und haben zwischendrin immer wieder offene Seestrecken, die Bewegung in das Schiff bringen können – aber heute ist die Barentssee harmlos.

Berlevåg

Einige Wettermodelle machen sogar Hoffnung auf Wolkenlücken bei Berlevåg, während das Polarlichtoval sehr zurückhaltend ist. Ich gehe zwar immer wieder raus auf Deck 5, aber erst gibt es nur Wolken, nach Berlevåg dann Wolkenlücken und den tiefstehenden Vollmond – aber kein Nordlicht.

Um halb zwölf gebe ich auf und mache Feierabend.

Am nächsten Morgen lese ich in der Whatsapp-Gruppe dann, dass es um 1 Uhr doch noch Polarlicht gegeben hatte – die Aktivität war etwas besser als beim letzten mal, mit Kp 3 aber immer noch wenig – wobei wir natürlich mittendrin sind. Die Handy-Fotos zeigen ein paar schöne Bänder. Abwarten – für die Rückfahrt halten mehr Wettermodelle Wolkenlücken um Berlevåg für möglich, und es dürfte auch mehr Aktivität geben. Zeit wird’s.