Hurtigrute Tag 3: Trondheim

Der Tagesplan

Der Tag beginnt wieder früh: Gegen halb sechs werde ich wach. Ein ungewohnter Lärm… liegen wir in einem Hafen? Das Rettungsboot vor meinem Fenster ist hell erleuchtet, aber laut Fahrplan sind wir auf hoher See. Es werden wohl nur wieder einmal die Fenster geputzt. Also drehe ich mich noch einmal um, bis mein Wecker kurz nach sieben klingelt. Draußen ist es noch dunkel, Frühstück gibt es aber schon – also starte ich mal in den neuen Tag. Sonnenaufgang ist kurz vor neun, und als es draußen langsam hell wird, sehe ich trotzdem nicht viel. Es ist neblig-trüb.

Trondheim erreichen wir planmäßig viertel vor zehn, und mittlerweile gibt es immer weniger zu sehen. Munkholmen passieren wir wie immer in nicht allzu großer Entfernung, und die Mönchsinsel verbirgt sich recht gut im Nebel. Auch die alte Hauptstadt zeigt sich unfreundlich: Es schneit leicht.

Aber es hilft ja alles nichts: Da wir gestern den ganzen Tag in Ålesund waren, haben wir nur drei Stunden für Trondheim, und eine knappe halbe Stunde kann man für den Gang ins Stadtzentrum einplanen. Also nicht rumtrödeln. Ich komme zwar an einigen Ausleihstationen für Fahrräder und E-Roller vorbei, aber bei dem Wetter will ich mich nicht auf zwei Räder begeben.

Der Weg führt mich wie immer entgegen dem Uhrzeigersinn nicht über den Hafen, sondern Richtung Nedre Elvehavn. Da wir im Industriegebiet anlegen, nehmen sich beide Routen nicht viel. Nachdem ich am Bahnhof vorbei bin, wird es hübscher: Eine Fußgänger- und Radbrücke führt in das alte Industrieviertel, das zu einem schmucken Einkaufs- und Wohnviertel saniert wurde und an das historische Bakklandet mit den alten, zweistöckigen Holzhäusern angrenzt.

Bakklandet begrüßt mich mit einer Baustelle, sodass ich ein paar Mal neue Wege einschlagen muss. So komme ich zu ein paar Fotospots am Fluss Nid, die ich normalerweise nicht ansteuere. Zum berühmten Fahrradlift schlage ich mich nicht durch (da ist Baustellenchaos), aber durch eine schmale Baulücke komme ich zu meinem Fotospot links der alten Stadtbrücke, von dem aus Dom und Brücke hübsch zu sehen sind.

Von hier sind es nur noch ein paar Meter bis zum Dom, wo ich auf die Teilnehmer der Stadtrundfahrt treffe. Gesucht wird: Der Dombaumeister. Auf einer meiner letzten Touren mit Kai fand endlich einmal der Ausflug in die geheimen Gemächer des Nidaros-Doms statt, und Kai konnte einem Führer das Geheimnis entlocken, wo der Dombaumeister versteckt ist: Die Figur ist unten am rechten Turm und nur von einem Eck aus zwischen dem Geländer zu sehen. Nachdem ich das gestern am Ende meines Vortrags erwähnt hatte, konnten ihn diesmal einige erspähen.

Das 0-km-Schild ist da schon einfacher zu finden. Zu Fuß bleibt leider nicht viel Zeit für den Dom, und ich gehe weiter zum Torget, dem Marktplatz. Hier steht schon das Riesenrad als erster Vorbote des Weihnachtsmarkts. Ein kleiner Abstecher ins Einkaufszentrum, dann zum großen Holzpalast Stiftsgården und zur steinernen Vår Frue Kirke – eine gute Stunde habe ich noch, bei einer knappen halben Stunde zum Schiff. Dieser Stress…. keine Chance, um in der Kirche etwas zu trinken. Sie ist offen und war die letzten Male immer gastlich für die Bedürftigen.

Die Statue des Stadtgründers Olaf Tryggvasson dominiert den Platz – mit dem Muster der Pflastersteine soll sie eine Sonnenuhr bilden, was aber zumindest in den Wintermonaten eher hoffnungslos ist. Es ist entweder dunkel, oder es liegt Schnee, oder Marktstände verbergen die Pflastersteine. Aber noch ist es nicht kalt, drei bis vier Grad über Null haben wir, daher trägt die Statue noch keinen Schal. Dafür sieht es aus dem richtigen Winkel so aus, als hätte er ein Heißgetränk mit Strohhalm in der Hand und keine Reichsinsignie…

Bevor ich immer nur das selbe sehe, gehe ich diesmal an der Kirche vorbei direkt zum Fluss und an ihm entlang Richtung Hafen. So komme ich nicht am Bahnhof vorbei, sondern wieder an der Brücke nach Eldrehavn vorbei zum Anleger. Das geht schneller als gedacht, ich hätte noch eine Dreiviertelstunde Zeit, die ich aber statt in Trondheim mit einem Besuch im Rema und unter der Dusche verbringe.

Tja, was gibt es neues in Trondheim? Der Rema hat auf Selfservice umgestellt, sechs Kassen zum Selber-Scannen warten jetzt auf Kundschaft, während die alte Kasse verwaist da steht. Und ich habe das Science Center mit Planetarium entdeckt, zwischen der Vår Frue Kirke und dem Fluss.

Als wir kurz vor 13 Uhr ablegen, war es das auch schon wieder mit schönem Wetter. White-out trifft es eher – über uns sieht es noch gut aus, aber wir fahren durch Nebel und etwas Schnee, sodass bald gar nichts mehr zu sehen ist. Später schaut noch ein wenig vom Trondheim-Fjord hervor – schön mit Puderzucker bestreut, aber im großen Ganzen doch etwas zu mystisch.

Da kann ich um 14:30 beruhigt meinen zweiten Vortrag halten. Viel Zeit habe ich nicht: Parallel findet eine Miesmuschel-Verköstigung statt, und um 15:10 ist der Interessepunkt Kjeungskjær Fyr – bis wir den roten Leuchtturm erreichen, muss ich fertig sein. Klappt zum Glück, und das Wetter speilt auch mit: Am Ende des Fjords ist es kurzfristig schön. Gegen 15:20 kommt er deutlich in Sicht, und wir passieren ihn in geringem Abstand. Immer wieder nett, auch wenn er erst einmal vor einem etwas kontrastarmen Hintergrund steht .

Als wir ihn hinter uns lassen, macht er schon mehr her. Und vor uns? Ein schwarzes Loch…

Schlecht Wetter voraus

Wir nehmen wirklich Kurs auf einen tiefschwarzen Fleck am Himmel. Ich versuche, das als schwarzes Polarlicht oder alternativ als Polarnacht zu verkaufen, und bevor wir es erreichen, gehe ich doch lieber ins Schiff. Es wird auch rasch stockduster draußen.

Das Gathering mit dem Expeditionsteam lasse ich heute unbewusst ausfallen und ignoriere auch den Film mit Fototipps, der per KI-Stimme schlecht synchronisiert wurde. Da mache ich lieber noch einmal mit Kai flexible Reiseleitersprechstunde (will sagen, wir sitzen vor dem Restaurant, wo uns jeder finden kann), auch wenn das bei der Gruppengröße kaum nötig ist. Und dann steht auch schon das Abendessen an, während unsere längste Seestrecke allmählich kürzer wird. Hier im Süden hat die Hurtigrute noch keinen großen Versorgungsauftrag, und unser nächster Hafen nach Trondheim ist erst Rørvik um 21:45. Wir sind pünktlich fertig, bevor es auf die offene Seestrecke der Folda geht. Wir haben etwas Seegang, aber im großen Ganzen ist sie harmlos, und lange vor Rørvik hört das Geschaukel auf. Dafür gibt es Schneefall – Polarlichtwache kann ich da vergessen, weder die südgehende Hurtigrute bei Rørvik noch der Hafen selber sind gut zu sehen.

Also ein ruhiger Abend für mich – auch recht, morgen früh überqueren wir ja schon den Polarkreis, und um 9 Uhr steht bereits mein dritter Vortrag an. Volles Programm…

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