Hurtigrute Tag 4: Bodø

Der Tagesplan

Heute steht ein langer Tag an: Wir überqueren den… nördlichen Äquator… Polarkreis heißt das. Zwischen 6:30 und 8:30 soll das stattfinden, ich stelle den Wecker mal auf 7:00 und sehe morgens auf Marinetraffic, dass ich noch genug Zeit zum Frühstücken habe. Draußen ist es dunkel, aber gegen 8 macht sich die Dämmerung schon deutlich stärker bemerkbar als erwartet. Und: Der Himmel ist unerwartet klar. Da gibt es doch bessere Chancen für unverwackelte Bilder der Kugel auf der kleinen Insel Vikingen als ich gedacht hatte. Gegen 7:50 ist es dann soweit: Wir überqueren den Polarkreis, das Schiff leuchtet die Kugel an, auf Deck 7 ist es voll, und auf Deck 5 gibt es genug Platz an der Reling, um ein paar Fotos zu machen. Wunderschönes Licht – manchmal zeigt Norwegen, was es kann!

Kurz danach begegnen wir noch der südgehenden Nordnorge. Bei Temperaturen knapp unter Null ist es schön, dass man das warme Schiff dabei hat und sich jederzeit aufwärmen kann. In Deutschland hat sich die Wärme ja lange gehalten, da ist das schon eine Umstellung.

Da eh alle früh wach sind, habe ich kein Problem damit, dass mein bereits dritter Vortrag schon um 9 Uhr ist. Es ist eher schade, dass draußen die schöne Landschaft vorbei zieht – aber es geht um den Sternenhimmel und griechische Sagen, da kann ich mich einigermaßen kurz fassen. Da Jupiter schön hell am Morgenhimmel stand, gibt es auch gleich einen Bezug zum Vortrag.

Ich bin rechtzeitig fertig, damit wir Ørnes erleben können. Und hier gibt Norwegen alles: Was für Farben! Im Winter ist das ohnehin einer der schönsten Häfen. Auch wenn ich hier nicht leben wollte, zum Anschauen ist er klasse.

Besseres Wetter als jetzt geht kaum – kalt, wenig Wind und klar, während ein wunderbares Stück Norwegen an uns vorbei zieht. Damit das so bleibt, rufen wir wieder Njörd an – der Meeresgott soll uns gewogen sein und für ruhige See und klaren Himmel sorgen. Also steht kurz nach Ørnes die Polarkreistaufe an. Ina vom Expeditionsteam organisiert das ganze. Aus dem Pool auf Deck 7 kommt eine Gestalt in Badehose hoch, nur mit einem Handtuch um die Schultern, aber falscher Alarm – nur ein Badegast aus dem Whirlpool. Njörd steht dagegen auf Deck 8 und macht die Show mit der Hurtigrute-Tute.

Anschließend erhält der Gewinner des Wettbewerbs den Hauptpreis: Wer die Zeit der Polarkreisüberquerung am exaktesten vorhergesagt hat, erhält eine Reederei-Flagge und die erste Kelle Eis. Viel Spaß!

Das Programm geht nahtlos weiter: Es gibt Polarkreis-Stempel, einige finden den Weg in mein Buch – da biete ich doch gleich eine “flexible Signierstunde” an und setze meinen Stempel ebenfalls rein. Dann ist etwas Pause: Kurz nach 13 Uhr erreichen wir Bodø, und da ich das Mittagessen wie immer ausfallen lasse, kann ich mich sogar kurz im Panoramasalon niederlassen und die Landschaft genießen, bevor wir Bodø erreichen. Der Militärflughafen ist mittlerweile umgezogen, und der zivile soll einen Kilometer weiter neu gebaut werden. Noch landen ein Flugzeug und ein Hubschrauber, als wir an ihm vorbei fahren.

In den letzten zehn Jahren seit meiner ersten Tour hat sich in Bodø viel getan, und einige Baustellen und alte Häuser sind mittlerweile verschwunden. Genau wie Heilbronn wurde auch Bodø im Krieg fast völlig zerstört und viel zu schnell wieder aufgebaut, sodass man die schönen Stellen suchen muss. Die modernen Neubauten muss man mögen, sind aber unter dem Strich schöner als meine Heimatstadt – und dass die schneebedeckten norwegischen Berge eine imposantere Kulisse abgeben als die heimatlichen Weinberge, muss ich neidlos zugestehen. Dafür sind Weinberge praktischer:-)

Letztes Jahr war Bodø mit zwei anderen Städten europäische Kulturhauptstadt und hat sich dementsprechend herausgeputzt. Es stehen nur noch einige alte “Schwedenhäuser”, die nach dem Krieg als Fertighäuser errichtet wurden, um der Bevölkerung Obdach zu geben. Vor allem die größeren alten Gebäude nahe des Zentrums stehen leer und werden wohl auch bald durch moderne Hochhäuser ersetzt.

Während die Moderne die Nachkriegsgeschichte ersetzt und die Stadt ansehnlicher wird (wenn auch kein bisschen windstiller), bröseln die Graffiti an den Wänden langsam vor sich hin. Ich mache mit Kai die Runde durch die Stadt: Endlich parkt einmal niemand vor dem Nordlicht-Graffiti, und wir können das Nordlichtversprechen irgendwie doch erfüllen. Auch wenn die Farbe langsam abblättert. Ein Besuch im modernen Rathaus mit seiner interessanten Wand-Deko, und dann ab zum Dom: Laut Internet und Aushang hat er geöffnet, doch die Tür ist zu, und das angekündigte Glockenspiel um 14 Uhr fällt auch aus.

Dann wird es auch schon langsam Zeit für den Rückweg, am Hafen entlang. Bodø hat jetzt auch eine kleine Meerjungfrau, und ein großes Bauloch in der Stadtmitte.

Das Wetter hält sich erstaunlich gut, und wir sind pünktlich wieder auf dem Schiff, um uns aufzuwärmen. Die anschließende Überfahrt über den Westfjord ist auch angenehm ruhig, die Stürme scheinen erst einmal vorbei zu sein. Das Expeditionsteam hält noch einen Vortrag über Norwegen, und als wir gegen 16:15 am Leuchtturm Landegode vorbei fahren, ist es draußen bereits finstere Nacht.

Stamsund erreichen wir planmäßig gegen 19:15 und lassen die Teilnehmer des Wikingerfests aussteigen. Der Himmel über uns: Klar, und keine Spur von Grün. Verdammt.

Stamsund

Für uns geht es mit dem Schiff weiter nach Svolvær, immer unter dem klaren Sternenhimmel entlang. Frustrierend.

Die Stunde in Svolvær langt für einen kleinen Besuch an der Kirche mit dem dunklen Figurenpark, wo das iPhone wie immer die besten Bilder macht. Auf dem Rückweg fängt es an zu schneien. Die angekündigten Wolken haben uns eingeholt. Da kann ich mich wohl auf eine ruhige Nacht vorbereiten.

Kurz wird sie allerdings: Morgen begegne ich Moni auf der südgehenden Kong Harald, um 7:50 in Harstad. Das wird nichts mit einer Winkekonkurrenz.

Wir legen fast pünktlich in einem leichten Schneegestöber ab, während an Deck der berühmte Trollknært samt Tasse verkauft wird. Die Frage, was das eigentlich ist (außer Tee mit Rum), steht im Frage. Google ist nicht hilfreich… Wenn ich nach Knært und Rezept suche, lande ich bei Knorr.

Knært ist wohl ein Stock, vielleicht soll das ein Trollknüppel sein, der dich umhaut? Fragen über Fragen.

Kleine Enttäuschung: Es gibt keine Fiskekake (Fischbulletten), sondern Fischsuppe. Die schmeckt zwar auch, aber da habe ich keine Lust drauf. Wegen Schnee fällt wohl auch der Besuch am Trollfjord aus, und wir fahren direkt nach Stokmarknes – gegen 23 Uhr gebe ich auf, lasse den Schneefall in Ruhe und mache Feierabend. Polarlichtaktivität ist auch fast keine angesagt.

Kaum bin ich Bett, kommt die Durchsage “Nordlys”. Echt jetzt? Vorne am Bug soll was sein.

Also wieder anziehen, Kameraobjektiv wechseln und raus an Deck. Bis zum Bug komme ich nicht, sehe aber auch nichts. Der Testschuss mit dem Handy zeigt auch nichts. Links vom Schiff könnte knapp über den Bergen was sein… Rauf auf Deck 7: Da ist auch nichts zu sehen, vor allem ist die Beleuchtung der Bar noch an. Zu hell für die schwache Aktivität.

Letztlich schraube ich meine Kamera hinten auf Deck 5 an die Backbord-Reling und kann ein bisschen was hinter Wolken einfangen.

Ein Hauch von Nordlicht.

Puh. Das war also die Nordlichtgarantie. Um halb eins mache ich erneut Feierabend.

Immerhin: Ein paar aus unserer Gruppe waren rechtzeitig am Bug und konnten in den Wolkenlücken etwas sehen und fotografieren. Bei einem Kp von 2 für Tromsø ist es ja schon verwunderlich, dass überhaupt etwas ging. Hoffen wir, dass in den nächsten Tagen das Wetter besser mitspielt und die Aurora uns ebenfalls gnädiger ist.

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