Südwärts geht es immer schneller als nordwärts. Ob das daran liegt, dass man alle Häfen ja schon kennt, oder daran, dass wir mittags an Tag 7 der 12 Tage unserer 11-tägigen Reise umkehren und an Tag 12 eh nichts mehr los ist, keine Ahnung. Ich bin verwirrt…
Wie dem auch sei, heute früh halten wir kurz in Havøysund, ein paar Schnappschüsse später gehe ich frühstücken, und dann steht die Begegnung mit der Havila Pollux auf dem Plan. Gefühlt begegnen wir (bei gutem Licht) vor allem den Havila-Schiffen…
Wobei das mit dem guten Licht relativ ist: Die Berge rund um Havøysund liegen unter tief hängenden Wolken, und mit der Havila Pollux im Vordergrund sieht man erst, wie tief die Wolken heute hängen. Das verleiht Norwegen etwas mystisches und wird uns den Tag über begleiten. Wer will bezweifeln, dass es hier Trolle gibt?
Gut, dass wir auf der Kong Harald vor Trollen sicher sind. Ungemach droht uns allenfalls von Draugen, Seeschlangen und dem Unwillen von welchen Götter auch immer hier für Wetter ung Weltraumwetter zuständig sind. Schließlich war das Polarlichtoval heute früh um 7 Uhr ganz passabel – perfekt für Beobachter in Kanada. Ich kann so nicht arbeiten.
Nun, jedenfalls fahren wir entlang der wolkenverhangenen Küste weiter südwärts, bis wir am Vormittag Hammerfest erreichen. Der erste Vorbote ist wieder die Erdgasverflüssigungsanlage auf der vorgelagerten Insel Melkøya, die das Gas des 143 km entfernten Bohrfelds Snøhvitfeltet (Schneewittchen) verflüssigt, in den Tanker verlädt, der schon wartet und es höchstwahrscheinlich nach Deutschland bringen wird, um unsere Tanks für den Winter aufzufüllen. Dank des Russland-Embargos sind wir nun Großabnehmer, wie das Expeditionsteam beim Point of Interest erzählt. Außerdem gibt es wieder den berühmt-berüchtigten Energiekaffee – diesmal werden diverse Zutaten aufgezählt, aber die Reaktion der Kaffeefreunde zeigt mir, dass er wohl weiterhin zu 50% aus Zucker und 50% aus Schweröl besteht. Ich verzichte.
Der Hafen von Hammerfest wird immer noch umgebaut, sodass wir auf der falschen Hafenseite anlegen, 2,5 km vom Zentrum entfernt. Das Schiff hatte Shuttlebusse angekündigt, wenn auch zu wenige, sodass Peter noch ein Sammeltaxi für und organisiert hatte – zumindest mit 16 Plätzen sollte das für Entspannung sorgen. Für mich war kein Platz mehr (bzw. ich überließ ihn gerne jemandem, der seltener hier ist), daher war mein Plan die Meridiansäule. Das Taxi war dann auch nicht teurer als die Plätze um Bus, nur kam es nicht. Genauer gesagt, kam nicht der geplante 16-Sitzer, sondern drei Taxis, die dann alle in das Stadtzentrum und auf den Berg brachten. Von Hammerfest kann ich daher nur vom Hörensagen berichten, dass Eisbärenclub und Touri-Info zu hatten (an einem Samstagmittag, warum auch nicht), die Straßen für einen Laufwettbewerb mit Gittern abgesperrt waren und zumindest die Kirche beeindruckt hatte. Für mich blieb es diesmal bei Panoramen und Fotos durch das Tele-Objektiv.
Dafür fiel mir auf, dass hier bei der Post auch die Warenausgabe von IKEA ist… Schwedenmöbel für alle.
Mein Weg führte mich wieder zu Struves Meridiansäule, einem Messpunkt von Struves Erdvermessungsprojekt Mitte des 19. Jahrhunderts. Sowohl auf der markanten Insel Håja (oder Norwegens größtem Stein, je nachdem wem man glaubt) als auch auf dem Berg Tyven hinter Hammerfest auf der anderen Hafenseite wären Peilpunkte zu sehen, wenn man die Spitzen der Berge sehen würde.
Vom Schiff aus ist es etwa eine Viertelstunde, ich komme rechtzeitig an, um einer Reisegruppe kurz zuzuhören und ein paar Bilder zu machen, bevor der Bus der Stadtrundfahrt sowie der Hike des Expeditionsteams mit noch mehr Besuchern kommen – Zeit, weiterzuziehen und die Schanze (Skansen) an der Spitze der Halbinsel Fuglenes zu besuchen. Der viereckige Wall wurde nach der Plünderung Hammerfests durch englische Kriegsschiffe während der Napoleonischen Kriege errichtet und beherbergte einst mehrere Geschütze, heute steht hier wieder eine Kanone. Ein Stück weiter ist ein kleiner Leuchtturm und linkerhand ein paar Gebäude, die nach dem zweiten Weltkrieg auf Melkøya standen und heute ein Freilichtmuseum bilden.
Bald wird es auch hier voll, und ich gehe wieder auf’s Schiff, zu meinem ersten Mittagessen an Bord. Da wenig los ist, nutze ich die Chance für ein paar Fotos vom Mittagsbuffet, wird ja doch immer wieder nachgefragt.
Die Hurtigrutenfondation ist übrigens auch wieder aktiv: Gegen eine Spende von 200 NOK hat man Chancen auf eine Brückenbesichtigung (die ersten Termine fanden heute schon statt), und im Rahmen einer stillen Versteigerung hat man an Tag 10 die Chance auf eine Postflagge und eine Seekarte.
Bevor die Shuttlebusse wiederkommen, mache ich es mir auf Deck 7 im Multe bequem und bereite meinen Vortrag um 14 Uhr vor. Es geht um die Sonne, die sich in letzter Zeit hier ja doch etwas rar gemacht hat.
Nach dem Vortrag (der parallel zu einem englischsprachigen Vortrag von Giske stattfindet) gibt es noch eine Sicherheitsübung für die Crew, und ich mache es mir wieder auf 7 bequem – Bilder sortieren und Bücher signieren.
Für Øksfjord gehe ich noch einmal an Deck: Der Ort liegt am Fuß einer riesigen Felswand und hat ein wunderbares Echo, wenn das Schiffstyphoon die Ankunft der Hurtigrute ankündigt. Immer wieder toll. Zur Abwechslung sehe ich den Ort einmal bei Tageslicht mit buntbewaldeten Bäumen an den Berghängen, die dann in den Wolken verschwinden. Magisch.
Danach geht es die Loppa. Von der offenen Seestrecke ist nichts zu merken – von wegen “Loppa macht hoppa”. Ein Ententeich – wegen Seegang können wir uns bislang echt nicht beschweren. Nach dem Abendessen kommt der entspannte Teil des Abends, wer will, kann um 21;30 am Musikquiz im Panoramasalon teilnehmen (der Hauptgewinn geht an unsere Gruppe). Zeit dafür ist: Es ist und bleibt bewölkt, für Tromsø ist Regen angesagt. Peter und ich nutzen die Zeit, und noch ein bisschen zu schaffen…
Auf den Pub-Besuch und das Nightlife von Tromsø verzichten wir. Morgen gibt es Chancen für besseres Wetter in Svolvær, und hoffentlich macht das Polarlicht endlich, endlich mit…
Kurz nach halb zwölf nehme ich noch die Einfahrt nach Tromsø mit, dann widme ich mich wieder meinem Blog. Tromsø zeigt sich zur Abwechslung mal neblig…
Da ich morgen nicht auf die Vesterålenrundfahrt gehe, kann ich eventuell ausschlafen. Noch ein bisschen Blog pflegen, und dann ist Feierabend.