Tag 10 – die längste Sage

Nachdem es in der letzten Nacht früh zu Bett ging (also schon kurz nach Mitternacht), hatte ich mich eigentlich auf Ausschlafen gefreut. Bis um viertel nach sechs mein Kabinenfenster per Hochdruckreiniger gereinigt wurde.

Gegen acht Uhr weckte mich dann die Durchsage, dass wir gleich der MS Trollfjord begegnen.

Und gegen neun Uhr kam dann die Durchsage, dass wir jetzt wieder den Polarkreis südgehend passieren, wegen des Wetters die Insel auf der linken Seite sehen würden, und es anschließend eine kleine Arktische Zeremonie gäbe.

Südgehend am Polarkreis-Monument vorbei.

Südgehend am Polarkreis-Monument vorbei.

Irgendwann gebe sogar ich das kuschlige Bett auf, und mittlerweile lag die Nordkapp auch nicht mehr so schief im Wasser wie noch gegen acht, also war letztlich doch Aufstehen angesagt. Und der Griff zur Kamera, weil ich die Insel mit der Polarkreiskugel vom Fenster aus sehen konnte. Soll doch keiner sagen, ich hätte den Polarkreis verschlafen:-)

Für mich beginnt nun der gemütliche Teil der Reise: Alle Vorträge sind gehalten, und je weiter nach Süden es geht, desto geringer sind auch die Aussichten auf Polarlicht. Parallel dazu darf ich meine Ernährung auf Ricola und Kaffee umstellen: Die trockene Luft der Klimaanlage fordert ihren Tribut in Form eines rauen Halses. Den Tipp, immer ein nasses Handtuch als Luftbefeuchter an den Türgriff zu hängen, habe ich in den ersten Nächten leider vergessen, und vielleicht sollte ich die Klimaanlage wärmer einstellen. Aber was soll’s.

Die sieben Schwestern sind heute etwas schüchtern.

Die sieben Schwestern sind heute etwas schüchtern.

Das Wetter ist mittlerweile nicht mehr so schön wie am Anfang unserer Reise, sondern eher trüb und wolkig. Die sieben Schwestern zeigten sich auch eher scheu. Der Sage nach sind sie die Töchter des Königs Sulitjelmakongen, dessen Reich auf der Höhe von Svolvaer lag, jedoch auf der anderen Seite des Vestfjords. In Svolvaer herrschte zu dieser Zeit König Vågekallen. Sein Sohn Hestmannen bemerkte eines Tages die Aufpasserin der sieben Schwestern, die schöne Jungfrau Lekemøya. Er schwang sich auf sein Pferd, woraufhin Lekemøya und die sieben Schwestern die Flucht ergriffen. Die Schwestern gaben die Flucht auf, dorch Hestmannen war nur an Lekemøya interessiert und ließ sie links liegen. Als die Jungfrau ihm zu entkommen drohte, schoss er ihr einen Pfeil hinterher. Der König der Sømnaberge bemerkte das und warf seinen Hut, um den Pfeil abzufangen – noch heute liegt der durchschossene Hut als Torghatten, der Berg mit Loch, vor Brønnøysund. An Lekemøya erinnert heute die Insel Leke, auf der sie Schutz suchte.

Ansonsten war es ein angenehm ruhiger Tag, der mit Gesprächen und der Landschaft gut ausgefüllt war. In Brønnøysund war es schon zu dunkel für schöne Bilder des Torghatten, und das Captain’s Dinner am Abend war wie immer eine lockere Veranstaltung.

MS Nordkapp trifft MS Kong Harald in Rørvik

MS Nordkapp trifft MS Kong Harald in Rørvik

In Rørvik konnten wir dann noch der Kong Harald beim Anlegen zusehen. Das Schiff hatte einen schlechten Start in das Jahr: Wegen einem Generatorschaden mussten die Passagiere im Januar auf die Midnatsol umsteigen (auf der ja Volker mit seiner Nordlicht-und-Sterne-Gruppe war), und am 2. Februar – also kurz nach unserer Reise – wurde sie bei Berlevåg von einem schweren Brecher beschädigt, der zwei Fenster eingedrückt hatte. Am 29.1. in Rørvik sah sie aber noch gut aus.

Da sowohl der Wetterbericht als die Polarlichtvorhersage schlecht aussahen, wurde dieser Abend für Gespräche genutzt, ganz gemütlich. Im Fernsehen (ja, das hat auch auf der Nordkapp Einzug gehalten) liefen Berichte über einen Sturm, der in halb Norwegen für Stromausfall gesorgt hatte, während wir weiterhin eine ruhige Fahrt hatten. Kurz nach Mitternacht hatten sich dann die letzten Gäste ins Bett verabschiedet, und ich ging noch für einen letzten Kontrollblick an Deck. In der Bar war niemand mehr, und draußen am Heck auch niemand. Ein Blick nach oben:

Åååååå!

Ein großer Fetzen grünen Lichts hing über dem Heck; das Nordlicht lieferte noch einmal eine großartige Show. Also einmal durch’s Schiff zur Rezeption rennen, um eine Durchsage machen zu lassen, zur Kabine, die Kamera hoelen, und die Show genießen. Noch eine Stunde lang gab es ein Abschiedsfeuerwerk, dass ich in diesen Breiten nicht erwartet hätte. Mittlerweile gab es auch wieder Wolken, aber das Nordlicht tanzte lange genau zwischen den Wolkenlücken. Ich durfte mir nur eine Kritik von den Gästen anhören: Nächstes mal bitte zehn Minuten früher Bescheid sagen, bevor alle im Bett sind.

Ich probier’s:-)

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