Celestron Ultima 80 Spektiv und Baader Classic Orthos

Das kleine Ultima-80-Spektiv gehört zu den optischen Spielzeugen in meiner Sammlung, die ihr Geld absolut wert waren: Der Achromat zeigt weniger Farbe, als ich gedacht hatte, und das Spektiv ist robust und günstig genug, um es ohne Bedenken auf Reisen mitnehmen zu können. Das mitgelieferte Zoomokular ist nicht der Brüller, aber durchaus brauchbar.

Celestron Ultima 80 Spektiv mit dem Original-Zoom-Okular

Celestron Ultima 80 Spektiv mit dem Original-Zoom-Okular

Nun haben eigentlich alle (Refraktor-) Spektive das selbe Problem: Ein Okular muss ziemlich tief im Gehäuse versenkt werden, um ein scharfes Bild liefern zu können. Normale astronomische Okulare passen eigentlich nie – sogar an den wenigen Refraktorspektiven mit 1,25″-Okularanschluss passt nicht jedes Okular, und vor allem die kurzen Brennweiten machen gerne Schwierigkeiten. Mit dem Hyperion Zoom 8-24mm von Baader Planetarium steht immerhin ein Zoom-Okular zur Verfügung, das ein deutlich größeres Bildfeld liefert, auch wenn der Vergrößerungsbereich gleich bleibt: 20-60x, was für den normalen Gebrauch bei terrestrischer Beobachtung aber auch vollkommen ausreicht. Aber das klappt auch nur, weil die normale Steckhülse abgeschraubt werden kann. Trotzdem ist es schade, dass so wenige Okulare passen, vom Teleskop her ist man doch mehr Auswahl gewohnt.

Tja, und dann hatte ich die Erkenntnis, dass Celestron ja ein M35-Gewinde verbaut hat, genau wie an den ETX- und NexStar-4SE-Teleskopen. Ob ein NX4/ETX-auf-T2-Adapter passen würde? Die Antwort ist: Jein. Der Adapter passt, und eine 1,25″-Okularklemme lässt sich auch anschrauben, nur ein scharfes Bild lässt sich damit nicht erreichen – das ganze baut viel zu hoch.

Aber wie es der Zufall will, habe ich gerade den Classic-Ortho-Satz von Baader zum Testen bei mir. Und wenn da ein Gewinde ist, wird es natürlich aufgeschraubt… (Kids, don’t try this at home – zumindest nicht mit allen Okularen. Im Netz gibt es einige Berichte, wo bei Weitwinkelokularen dem putzwütigen Besitzer die Einzelteile entgegengekullert sind und verzweifelt nach einer Anleitung gesucht wird, wie man den Linsensalat wieder richtig zusammenbaut. Aber wenn die Steckhülse nur eine mechanische Adaption ist wie bei den Orthos, ist das kein Problem.) Die Steckhülsen der Orthos lassen sich abschrauben, und ein Außengewinde kommt zum Vorschein (leider geht das nicht beim 32mm-Plössl: hier ist die Feldblende in die Steckhülse integriert, und um das maximale Bildfeld zu nutzen, gibt es hier ein Innengewinde). Und wie es ein weiterer Zufall will, hatte ich den ETX-Adapter von Baader ausprobiert, und nicht den von Celestron. Das Baader-Teil hat nämlich auch ein Filtergewinde, und siehe da: Der Okularkörper lässt sich direkt in den ETX-Erweiterungsring #295 8500A einschrauben. Und so sieht das aus:

Links: Das 10mm Classic Ortho, unmodifiziert. Mitte: Das 6mm Classic Ortho und die abgeschraubte 1,25"-Steckhülse. Rechts: Das 18mm Classic Ortho in dem M35-Adapter; davor die Steckhülse.

Links: Das 10mm Classic Ortho, unmodifiziert.
Mitte: Das 6mm Classic Ortho und die abgeschraubte 1,25″-Steckhülse.
Rechts: Das 18mm Classic Ortho in dem M35-Adapter; davor die Steckhülse.

Die Frage ist nun natürlich: Funktioniert es?

Die Antwort lautet: Ja. Die Kombination sieht nicht nur vielversprechend aus, sondern ist auch kompakt genug. Ein rund drei Kilometer weit entfernter Kirchturm lässt sich ebenso problemlos scharf stellen wie der Mond, der im 6mm-Okular bildfüllend ist, und das Fokussierrad hat auch noch etwas Spiel.

Das Bild ist so scharf, wie es am Achromat möglich ist; und dass die Okulare etwas taugen wusste ich ja bereits. Der Einblick ist deutlich besser als beim Original-Zoomokular, nur beim 6mm Ortho macht sich der kurze Augenabstand bemerkbar: Was am Teleskop problemlos geht, funktioniert am Spektiv immerhin noch ordentlich – der M35-Adapter umschließt das Okular doch sehr gut, sodass man nicht ganz so gut an das Okular rankommt. Der Schritt von den 60x des Zoom-Okulars auf 80x mit dem 6mm-Okular ist zwar nicht riesig, aber bringt doch noch etwas. Bei 1mm Austrittspupille wird die Auflösung der Optik ja bereits fast ideal ausgenutzt.

Das Ultima 80 mit den 18, 10 und 6mm Classic Orthos. Um das 6mm Okular wirklich bequem nutzen zu können, sollte der M35-Adapter etwas flacher sein, aber es funktioniert!

Das Ultima 80 mit den 18, 10 und 6mm Classic Orthos. Um das 6mm Okular wirklich bequem nutzen zu können, sollte der M35-Adapter etwas flacher sein, aber es funktioniert!

Die Okularkörper lassen sich auch ziemlich gut in den Adapter einschrauben. Der Vergrößerungswechsel ist natürlich nicht ganz so bequem wie mit einem Zoom-Okular, aber dafür kosten alle drei Okulare samt Adapter weniger als ein neues Hyperion Zoom.

Das Bildfeld ist natürlich kleiner als im Hyperion Zoom (immerhin haben die Classic Orthos nur 52° Gesichtsfeld, im Gegensatz zu den bis zu 68° des Hyperion Zoom), aber schön scharf und wird durch das Prisma auch vollständig ausgeleuchtet – beim Hyperion gibt es bei niedriger Vergrößerung schon eine leichte Vignettierung, die aber nicht wirklich stört.

Bei der aktuellen Wetterlage ist es leider knifflig, einen Vergleich zwischen den Okularen zu ziehen – entweder hat es Nebel oder Wolken. Für einen Bildfeldvergleich langt es aber: Orthos und das Celestron-Zoom haben gefühlt etwa das selbe Eigengesichtsfeld, wobei das 18mm Ortho (27fache Vergrößerung) sogar mehr von der Landschaft zeigt als das Celestron-Zoom bei 20x. Das 10mm-Ortho zeigt etwa den selben Bildausschnitt wie das Zoom bei ebenfalls ca. 37x. Bei den 80x des 6mm-Okulars schrumpft das Bildfeld natürlich deutlich unter das des Zooms – bei dem aber auch schon bei 60x Schluss ist; 80x ist mit dem Zoomokular nicht erreichbar. Das Bild ist bei 80x so klar und hell, wie es das Wetter zulässt; Randunschärfe oder Farbsäume fallen mir bei der Naturbeobachtung nicht störend auf. Am Stern konnte ich es noch nicht testen, aber der bildfüllende Mond am Taghimmel ist schon mal chic. Damit ist das Bildfeld mit dem 6mm-Okular auch bestimmt: Etwa ein halbes Grad.

Das Einblickverhalten ist deutlich besser als am Celestron-Zoom (ruhigerer Einblick und kein Kidney-Beaning), dafür ist der Augenabstand niedriger. Wer das 6mm regelmäßig benutzen will, sollte am ETX-Adapter das überstehende (und für diese Anwendung überflüssige) Gewinde abdrehen lassen. So kommt man näher an das Okular heran und kann bequemer beobachten.

Wer mehr aus seinem Spektiv herausholen will und keinen 1,25″-Okularanschluss zur Verfügung hat, hat mit dieser Kombination gute Chancen – das Gewinde gibt es auch an einigen anderen Spektiven.