Zugegeben: Es ist nicht mein erster Eindruck von diesem Fernglas. Ich hatte das Glück, im Sommer das erste Exemplar des Celestron Cometron 12×70 einmal mit in die Alpen nehmen zu können, um es ein wenig zu testen. Ich war damals schon begeistert: Das Fernglas ist sehr leicht und hat eine große Austrittspupille, sodass ich es bei Tag gut und bei Nacht zumindest kurzfristig freihand halten kann – und das bei einem 12×70, das bei der Naturbeobachtung (wo steckt unsere Wandergruppe?) ebenso schöne Bilder liefert wie bei Nacht (wie viele Sternhaufen stecken in einer Milchstraße?).
Ich konnte es zusammen mit ein paar Kollegen mit einem älteren Fujinon 16×70 vergleichen, das mehr als zehnmal soviel gekostet hat.
Das Ergebnis war verblüffend und irgendwo deprimierend. Das Fujinon hat natürlich ein wesentlich robusteres Gehäuse (da merkt man, wo ein Teil vom Geld steckt), aber am Himmel waren die beiden etwa auf Augenhöhe: Einige Objekte waren im Fujinon besser, einige im Cometron. Und am Tag war das Cometron praktischer, da über den Mitteltrieb beide Okulare gleichzeitig fokussiert werden können. Das Fujinon hat Einzelokularfokussierung – bei der Astronomie kein Problem, bei der Naturbeobachtung schon eher.
Ob das Cometron in zehn oder fünfzehn Jahren noch genauso gut dastehen wird wie das Fujinon heute, ist natürlich schwer zu sagen – aber wenn es einigermaßen pfleglich behandelt wird, sollte das eigentlich passen. Und bei einem Preisunterschied von Faktor zehn…
Schon damals war mir klar: Haben will. Und jetzt sind die ersten regulären Exemplare endlich in Deutschland angekommen. Das ist jetzt meins:
Das ist schon eine Nummer größer als das 7×50, das ich normalerweise immer griffbereit im Regal habe (mein Astro-Favorit ist bislang ein Konus 12×50, das ich für vor gut 20 Jahren auf dem ATT in Essen für 50 DM gefunden hatte).
Viel Zeit zum Testen war noch nicht, aber optische Fehler hat mein Exemplar auf den ersten Blick nicht, und der Test am Sternenhimmel war beeindruckend: Der Orionnebel knapp über dem Horizont, ein Sternenmeer in den Hyaden und ein Gesichtsfeld voller Plejaden machen was her. Eindrucksvoll und überdeutlich zu erkennen waren natürlich die großen Sternhaufen im Fuhrmann. Am Sternenhimmel lohnt sich ein Stativ, freihand war das Bild dann doch schon etwas zittrig, aber es war durchaus brauchbar – um die Milchstraße abzugrasen, geht es gut. Nur bei M31 musste ich kapitulieren – die stand im Zenit, da war die Beobachtung dann doch gelinde gesagt sportlich.
Mit anderen Worten: Ich bin begeistert, vor allem für 85 Euro.
Natürlich ist nicht alles perfekt. Mein größter Kritikpunkt ist der Stativadapter, der nicht viel mehr ist als eine Dreingabe. Aber immerhin: Er langt, um das Fernglas auf ein Stativ zu bringen. Ein 7×50 dürfte er auch stabil tragen; beim 12×70 hilft er immerhin, es ruhig zu halten. Die Tasche ist trotz Polsterung sehr dünn, und ihr Tragegurt könnte länger sein. Ein stabiler Köcher wäre natürlich eine feine Sache… Andererseits: Celestron hat da gespart, wo es nicht stört. Das Fernglas ist klasse, und wenn der Stativadapter fehlen würde, hätte ich eigentlich gar nichts daran auszusetzen. Mit anderen Worten: Jammern auf hohem Niveau. Beim Fujinon war das Zubehör besser – zumindesst ist die Tasche stabiler, ein 90°-Stativadapter war im Preis nicht enthalten.
Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass der Jahrhundertkomet ISON seine Sonnenpassage überlebt und der Himmel mitspielt, damit das Cometron auch den Komet einmal sieht, für den es entworfen wurde.
Kleiner Nachtrag: Das 12×70 ist das erste Fernglas, bei dem ich freiwillig den Umhängegurt angebracht habe. Er ist angenehm breit und lang – deutlich sinnvoller als der Gurt der Tragetasche. Nett:-)