Egal wie oft ich die Tour auch mache: Man ist doch immer wieder überraschend schnell im hohen Norden. Als ich gegen 8 Uhr an Deck schaue, sind wir kurz vor Havøysund, ganz in der Nähe des Magerøyasunds, der die Insel mit dem Nordkap vom Festland trennt. Und nach dem Wetter gestern: Was für ein Morgenhimmel in der Polarnacht! Was für Farben!
Es ist wunderbar klar, und die Wolken schimmern in einem fantastischen rosarot. Genial.
Das Außenthermometer der Nordkapp behauptet seit einigen Tagen auch felsenfest, dass wir kaum unter 0 Grad haben, und besonders kalt ist es auch nicht. Vor allem weht kein Wind! Ich bleibe noch ein bisschen an Deck, bis die südgehende Havila Pollux den Anleger in Havøysund frei macht, an uns vorbeisegelt und schließlich hinter den Bergen verschwindet. Dann reiße ich mich von der Landschaft los und widme mich dem Frühstücksbuffet.
Und nach dem Frühstück? Um 3 Uhr morgens gab es wohl Polarlicht, zumindest bekomme ich von einer aus unserer Gruppe Bilder gezeigt. Irgendwie habe ich gerade am wenigsten Erfolg hier – aber ich gönne es ja jedem. Nur nächstes Mal bitte mit Durchsage:-)






Bei absolutem Traumwetter geht es dann in den Magerøyasund. Schneebedeckte Berge, strahlendblauer Himmel, unglaublich kitschige Wolken und keine Sonne – so gefällt die Polarnacht!
Etwa auf der Höhe des Straßentunnels gibt es auf Deck 7 einen Point auf Interest: Allerlei wissenswertes über Magerøya, Nordkapp und natürlich Rentiere. Gleichzeitig wird Schnee geschippt: In der Nacht kam einiges runter, auf Deck liegen einige Zentimeter, die ins Meer befördert werden wollen. Besonders spannend ist das für den Matrosen, der auf die Rettungsboote klettert, um da für Ordnung zu sorgen!






Aber der Himmel zieht weiterhin alle Blicke auf sich. Die Kamera kann die Farben natürlich nicht einmal ansatzweise einfangen. Man muss es selbst sehen, und dafür natürlich auch noch dieses Wetterglück haben!
Derweil öffnet das Restaurant wieder: Da die meisten zum Nordkap wollen, schließt das Mittagessen fast nahtlos an das Frühstück an. Als wir Honningsvåg erreichen, gibt es ein paar Wolken mehr am Horizont, und die MS Finnmarken ist auch schon da. Ein paar rote Jacken sind im Ort zu sehen, aber auch hier sind wohl alle schon am Nordkap. Von den Taxis, die normalerweise auf Individualreisende warten, die günstiger zum Nordkap wollen, ist nichts zu sehen – die haben uns die Kreuzfahrer der Finmarken wohl schon weggeschnappt.
So viel sei schon verraten: Ich fahre nicht zum Nordkap, aber unsere Gäste hatten Traumwetter. Erst auf der Rückfahrt kam das berüchtigte Schlechtwetter, das man da oben eigentlich fast schon erwartet. Für mich stand Honningsvåg auf dem Programm. In der Nähe vom Anleger hat ein neues Museum eröffnet, das sich auf drei Stockwerken mit dem Meer und – natürlich – auch der Lachszucht beschäftigt.





Mit interaktiven Spielen und interessanten, kurzen Info-Häppchen ist Ocean Stories einen Besuch wert. Science-Center-mäßig vermittelt es einen schönen Rundumschlag an Wissen über das Nordmeer, von der Historie bis zur Moderne. Wer einmal Lachsfarmen bauen oder Fische impfen will, ist hier genau richtig. Das lohnt sich meiner Meinung nach mehr als das Nordkap-Museum, wenn man einmal in Honningsvåg ist und weder zum Nordkap noch hoch zum Aussichtspunkt will.
Anschließend gehe ich noch einmal um das Hafenbecken, um einen Blick auf unser Schiff von der anderen Seite zu werfen. Irgendwie ist die Nordkapp gewachsen…
Anschließend ein Besuch im Weihnachtshaus, das wieder geöffnet ist und mir nichts neues zu bieten hat, und in den Laden direkt am Anlieger, wo ich fündig werde. Dann gehe ich auch schon zurück aufs Schiff. Das Restaurant hat mittlerweile zu, und es gibt eine Sicherheitsübung: Zum ersten Mal auf dieser Reise sehe ich etwas, wenn ich aus dem Fenster schaue, das Rettungsboot ist weg. Aber das kommt wieder, keine Frage.




Ich gehe anschließend noch einmal auf Deck 7, arbeiten – mit Blick auf den Ort, der langsam in der Polarnacht versinkt. Und im Nebel… haben die am Nordkap das ganze gute Wetter aufgebraucht? Das kann doch nicht wahr sein. Der Blick auf Windy zeigt, dass es heute in der Barentssee klar werden kann – und zwar immer etwa eine halbe Stunde hinter uns. Langsam nehme ich das der Aurora und den Wettergöttern übel.
Um 15:30 gibt es einen deutschsprachigen Vortrag über die Samen. Für mich nicht zu viel Neues, aber trotzdem schön gemacht, und irgendwas lernt man doch immer. Pünktlich für unseren Anlauf in Kjøllefjord ist er fertig. Kjøllefjord ist im Winter ja einer der schönsten Häfen: Ein Weihnachtsdorf, das am Fuß der schneebedeckten Berge am Ende eines Fjords liegt. Das ganze wirkt aber nur schön, wenn nicht so viel Schnee in der Luft ist, dass man nichts vom Ort sieht!
Die Überfahrt nach Mehamn ist unruhiger als gedacht – wir haben eigentlich nur eineinhalb Meter hohe Wellen, aber trotzdem ist bei Windstärke 4-5 Bewegung im Schiff. Der Wind kommt von achtern oder Norden. Aber auch das Abendessen geht rum, und bei dem Schneegestöber draußen brauche ich auch keine Polarlichtwache halten.
Aber, oh Zeichen und Wunder: Auf einmal kommt kurz nach 21 Uhr die Durchsage: Polarlicht voraus! Bis ich meine Kamera geholt habe, habe ich keine Chance mehr für einen Platz am Bug, aber das ist gar nicht schlecht: Links gibt es auch eine gute Show, die meine an die Reling geschraubte Nikon einfängt, und am Heck ist auch viel zu sehen. Über uns ist sogar eine kleine Corona zu sehen, die Bänder sind deutlich, das geisterhafte Grün ist mit dem bloßen Auge zu erkennen, und bisschen Bewegung ist auch da. Und vor allem: Bis etwa Berlevåg zeigt die Aurora sich ohne störende Wolken! Damit hat jeder die Chance, etwas zu sehen.
Damit haben wir endlich die schöne Show, auf die ich gehofft hatte. Bitte mehr davon:-)
Und die kürzeren Filme der Panasonic:
Praktisch übrigens: Nach Berlevåg war wieder Ruhe. Nur die Schiffsbegegnung mit der Nordlys gibt es noch, ansonsten hat sich das Polarlicht zu einem diffusen Schimmer aufgelöst. Feierabend zu einer guten Zeit also.



