Wie die Zeit vergeht – grad eben noch hat der Mond die Venus bedeckt, und kaum habe ich die Bilder sortiert, war ich zum Urlaub auf Senja und in den Lyngen-Alpen (wer mir auf Bluesky folgt, hat die Nordlichtvideos gesehen), auf der Sternwarte Marburg einen Astrofoto-Vortrag gehalten, den Tag der offenen Tür der Heilbronner Sternwarte überstanden und eine Woche später einen Mitgliederabend zur Sonnenfinsternisplanung für 2026 gemacht, und während sich draußen die ersten Herbststürme bemerkbar machen, komme ich jetzt tatsächlich mal dazu, die Venusbedeckung auch ins Blog zu bringen…
Am Freitag, dem 19. September 2025 war es überraschenderweise klar in Süddeutschland, ich hatte wenig zu tun, was mich im Homeoffice festhielt. Also nutzte ich die Gelegenheit, schon am Mittag auf die Heilbronner Sternwarte zu fahren und dort statt zuhause ein seltenes Ereignis zu verfolgen: Die Bedeckung der Venus durch den Mond. Jetzt predige ich ja schon lange, dass man sowas möglichst frühzeitig üben sollte, aber ein bisschen auf dem falschen Fuß hat mich das doch erwischt. Zumindest hatte ich keine Beobachtung geplant.
Damit alles klappt, wollte ich daher nur die Sternwartenmontierung nutzen, und ansonsten mein eigenes Equipment: Die QHY Mono-Kamera, meinen eigenen ED80/600 (mit Motorfokussierer) und den kleinen Mele Mini-PC, den ich seit kurzem für die Teleskop- und Kamerasteuerung nutze. What could possibly go wrong? Nun, wir sind in Deutschland, und für die 110 km von Karlsruhe nach Heilbronn kann man an einem Freitagvormittag locker zwei Stunden einplanen. Also knapp Tempo 50 auf der Autobahn. Die alternative Route über die Bundesstraße ist dank Brückenarbeiten in Bretten auch nicht schneller, sondern wird zur Landschaftsroute über die Dörfer. Irgendwie schaffen es unsere Straßenbauer gerade, jede Verbindung zwischen Baden und Württemberg lahmzulegen.
Gegen 12 Uhr Mittags war ich dann endlich auf der Sternwarte um aufzubauen: Mein ED80 sollte auf die fest aufgebaute CGEM-Montierung. Und da unser Geräteschuppen gerade frisch saniert wurde, stand erst einmal eine Suchaktion an: Wo ist der ver*?**$§te Handcontroller der Montierung?
Daher brauchte ich doch eine gute Stunde, um nur rasch mein Teleskop auf die Montierung zu setzen. Und dann: Fokus. Fokus? Öhm… ich hätte mir aufschreiben sollen, wo die Kamera ohne weiteres Zubehör den Fokuspunkt hat. Mit Sonnenfilter an der Sonne erkenne ich gar nichts. Also das ganze auf den nächsten Kirchturm richten, dann Verlängerungshülsen zusammensuchen, und endlich: Fokus.
Uff. Mittlerweile ist es kurz nach 13 Uhr, um 14:10 soll die Venus schon hinter der Sonne verschwinden. Gut, dass die Montierung eingenordet ist. Also, Sonne als Referenzstern, dann Schwenk zum Mond: Jesses, ist das knapp. Die Sonne scheint ein gutes Stück in den Tubus rein, weit hinter das Objektiv. Also noch schnell mit Moosgummi die Taukappe um eine Gegenlichtblende verlängern…
Jetzt traue ich mich langsam, das ganze zu fotografieren, ohne Reflexe im Tubus. Immerhin: der Himmel könnte bis auf ein paar Kondensstreifen blauer nicht sein, auch wenn auf der Kamera immer wieder irgendwas aufblitzt. Spinnweben? Keine Ahnung, aber andere Beobachter hatten das auch.
Langsam wird es knapp mit der Zeit, ich verziehe mich mit dem Laptop in den Schatten und beginne mit der Arbeit: Erst einmal fokussieren. Die Steuerung übernimmt wieder Sharpcap, das hat ja diese feine Autofokusroutine. Mittlerweile sind Mond und Venus auch beide auf dem Sensor. Tricky: Wenn ich den Mond sehe, ist die Venus überbelichtet – wobei sie eh keine großen Details zeigt. Auf gut Glück das Histogramm auf einen sympathischen Wert ausrichten, und dann mal die Magie automatisieren: Alle Minute darf Sharpcap ein Video aufnehmen, das ich nachher stacken will.
Und dann kann ich die Technik arbeiten lassen. Auch wenn ich die Nachführgeschwindigkeit (glaube ich) auf Mond gestellt habe, muss ich doch immer wieder mal nachkorrigieren. Kurz vorher kommt mir das Bild suboptimal belichtet vor, und ich korrigiere nochmal nach – im Rückblick ein Fehler.
Was ich aus Zeitmangel verpasst habe: Korrekturbilder aufzunehmen. Flats wären sinnvoll gewesen, aber da war mir die Zeit zu knapp – ohne Stau und Suche nach dem Handcontroller hätte ich sie gemacht, den Sensor muss ich auf jeden Fall mal putzen. Und den Solar Continuum Filter habe ich auch vergessen. Damit (oder mit einem Rotfilter gegen die Luftunruhe) hätte ich wohl schärfere Bilder gemacht.
So nah wie die beiden an der Sonne stehen verzichte ich darauf, ein weiteres Teleskop aufzubauen, um das Ganze auch noch visuell anzuschauen. Stattdessen schaue ich auf dem Monitor zu, wie die beiden sich einander zügig immer mehr annähern.
Ein Screenshot fürs Web zeigt keine maximale Schärfe, aber es ist nett anzuschauen, wie rasch die beiden sich näher kommen. Himmelsmechanik live! Kurz vor der Bedeckung erhöhe ich die Bildfrequenz und gehe von Zeitraffer-Sequenzen auf Video. Als schönes Einzelbild sieht der Beginn der Bedeckung dann so aus:
Ein Hauch von Tropfeneffekt? Schwer zu sagen. Immerhin beruhigend: Was ich so an Bilder später auf Astronomie.de und Astrotreff so sehe, ist auch nicht viel besser.
Kurz nachdem die Venus verschwunden ist, baue ich ab – das Wiederauftauchen der Venus quasi aus dem Nichts der unbeleuchteten Mondhälfte wäre visuell bestimmt spannend, fotografisch aber eher weniger. Die größere Herausforderung: Die Daten verarbeiten. Letztlich kriege ich das Stacken der ganzen Einzelvideos mit Autostackert automatisiert hin, und die komischen Rastereffekt, die mir Affinity Photo beim Öffnen der Bilder gezeigt hatte, bekomme ich auch irgendwie weg – Autostackert hat die monochromen Bilder als JPGs mit einem Farbraum exportiert, mit dem kaum eine Software was anfangen kann…
Aber das Stacking lohnt sich, man gewinnt einiges an Schärfe gegenüber den Einzelbildern:
Wobei die Venus überschärft ist – irgendwie glaubt mir am Abend keiner, dass der helle Saum rundrum die Venusatmosphäre ist… aber egal, die nächste Sisyphusarbeit ist es, die Bilder aufeinander auszurichten (geht in Affinity ziemlich gut automatisch) und dann zu einem Video zu exportieren (was ich nicht automatisieren konnte).
Das Ergebnis ist nicht perfekt, aber für eine spontane Aktion, mit der ich nicht gerechnet hatte, bin ich ganz zufrieden. Mehr Zeit investiere ich da nicht.





