Hurtigrute Tag 5: Tromsø

Der Tagesplan

Wenn ich mir meine Bildausbeute anschauen, könnte man meinen, dass heute gar nicht so viel los war. Unsere Reise geht heute durch die wunderschönen Vesterålen (der Raftsund gestern um Mitternacht bildet die Grenze zwischen Lofoten und Vesterålen) bis Tromsø und dann weiter nordwärts. Der erste Hafen ist Harstad morgens um kurz nach 7. Die Baustelle nähert sich langsam dem Abschluss, und bald sieht man von dem Ort gar nichts mehr: Es entstehen wohl einige Wohnungen in dem neuen Hafenkomplex, wen ich das durch die großen Scheiben richtig erkenne.

Dafür gibt es noch freien Blick auf die Trondenes-Kirche, Norwegens älteste Steinkirche. Es ist hell und klar (können wir das Wetter bitte mal nachts haben?), sodass sie gut zu sehen ist. Das Foto ist der Hauptgrund, warum ich mein Teleobjektiv dabei habe. Auf der südgehenden Route führt der Vesterålen-Busausflug an ihr vorbei. Die Wasserfontaine, die hier vor einigen Jahren installiert wurde, ist aus.

Aber wesentlich eindruckvoller als die Kirche ist der Morgenhimmel auf der anderen Seite vom Schiff. Wow.

Das nächste Highlight kommt gleich darauf, nachdem wir abgelegt haben: Die südgehende Havila Polaris steuert Harstad an und übernimmt unseren Liegeplatz. Auch ein schöner Anblick in der tiefstehenden Morgensonne. Die Polaris tutet, wir tuten nicht, als wir an ihr vorbeifahren. Ist es zu früh zum Grüßen, oder mag der Kapitän die andere Reederei nicht? Fragen über Fragen…

Dann steht für mich Frühstück an, und Vortrag vorbereiten – wegen einer Konferenzgruppe hatte Johan den Termin von 11:30 auf 10:15 vorverlegt. Dann kommt die Durchsage, dass das tägliche Treffen mit dem Expeditionsteam heute schon um 10:15 stattfindet?

Der Schiffshund hat es sich bequem gemacht

Ab zu Johan, der meint, mein Vortrag wäre nun doch um 11:30 was wegen der Konferenz aber wohl nicht klappt. 13:00 bleibt als einzige Möglichkeit übrig, was suboptimal ist. Es passt halbwegs, wenn alle früh um 12 essen gehen, dann bleibt noch genug Zeit, um sich auf Tromsø vorzubereiten.

Andere brauchbare Termine sind erst einmal nicht frei. Mist.

Also nehme ich mir ein Beispiel an unserem Schiffshund und mache es mir nach dem Daily Gathering bequem und genieße die Landschaft, bevor ich dann die Technik teste. Meine Präsentation läuft auf Umwegen wieder auf meinem Laptop, und der Vortrag findet im zweiten, offenen Konferenzraum statt. Öfter mal was neues.

Vorher laufen wir noch Finnsnes an. Die leichte Wolkendecke sorgt für eine wunderbare Lichtstimmung; im Hafen verquatsche ich mich und gehe daher für die halbe Stunde Liegezeit nicht von Bord. Es bleibt bei Bildern vom Schiff aus, vom Heck sieht man auch das Denkmal für Ottar von Hålogaland, der als Händler anno 890 in England aus dem Reich der Winkinger berichtete.

Von Finnsnes führt eine Brücke auf die Insel Senja – auch hübsch da. Als bei meinem letzten Norwegen-Urlaub die Lufthansa meinen Rückflug um einige Tage verschoben hatte, durfte ich da den Wintereinbruch erleben. Gut, wenn der Mietwagen Spikes hat…

Um 13 Uhr halte ich dann endlich meinen bereits dritten Vortrag, vor verkleinerter Mannschaft. Feeding Time… ich fasse mich kurz, damit alle noch Zeit haben, sich auf Tromsø vorzubereiten. Aber wie heißt es so schön: Man kann über alles reden, außer über eine Stunde. Wer mehr wissen will, kann mich jederzeit danach fragen. Ist ja ein Vollzeitjob:-)

Kurs Tromsø

Tromsø zeigt sich ausnahmsweise von seiner schönen Seite und nicht wie so oft unter dichten Wolken oder im Regen. Rechts schimmert die Eismeerkathedrale unter dem Hausberg Storsteinen, der wie die anderen Berge schon in Herbstfarben da steht – ein deutlicher Kontrast zu den grünen Bäumen vor ein paar Tagen. Die lange Brücke verbindet sie mit der Insel Tromsøya, auf der die Stadt Tromsø liegt.

So früh im Jahr und ohne Schnee gibt es natürlich keine Hundeschlittenfahrt, aber das Schiff kündigt den Ausflug Whisky-Visit an – gibt dann aber doch nur einen Husky-Visit, also “Gassi mit Husky” – Hundeknuddeln. Schade eigentlich, aber die nördlichste Whisky-Brauerei Aurora Spirit ist doch ein Stück zu weit in den Lyngen-Alpen.

Für mich steht kein Ausflug an, ich gehe wieder zu Füß nach Tromsø.

Oder besser nach Trrrrrrrrromsø: Die Storgata, die Hauptstraße, wird neu gemacht. Mal sehen, wie das im Januar aussieht, wenn ich das nächste Mla hier bin. Jetzt bietet die Stadt erstmal mit Herbstfarben und blauem Himmel einen ungewohnten Anblick. Ich drehe meine Runde hoch zum Ausguck an der Marineschule, wo die Jacke im Rucksack verschwindet – es ist warm!

Abseits der Baustellen finden sich immer noch schöne Fleckchen, auch wenn mein geplanter Rückweg ebenfalls eine Baustelle ist. Aber es findet sich ein Weg zurück ins Stadtzentrum, und ich kann in Ruhe shoppen gehen. In der Buchhandlung werde ich fündig, und im Nerstranda fängt die Halloween-Saison an. Was es alles für Kram gibt…

Das Wetter bleibt heiter-bis-wolkig – ich will mir noch keine Hoffnung machen, aber vielleicht, vielleicht… Erst einmal zurück auf Schiff, wo ich über die Sicherheitshinweise für die beiden Whirlpools stoße – für die habe ich eh nie Zeit, aber jetzt lese ich sie einmal:

Es gibt keine Rettungsschwimmer, und Tauchen ist auch verboten. Klingt gefährlich. Dann lieber ins Restaurant…

Offensichtlich wurde das Nordkapp-Buffet wieder vorgezogen; Freunde von Schalentieren kommen auf ihre Kosten. Der Nachteil beim Buffet: Alle stürzen sich gleich an den Trog, also warte ich etwas, bis Ruhe eingekehrt ist. Ich muss mich ja nicht ums Essen prügeln, gibt genug für alle.

Skjervøy

Und dann: Immer wieder rausschauen, nachdem es dunkel genug geworden ist. Um halb acht ist noch alles bedeckt, eine halbe oder dreiviertel Stunde später will ich noch einmal nachschauen, als mir schon die ersten Gäste entgegenkommen, dass da was auf der Kamera zu sehen wäre. 20:20: Ich stehe am Bug und mache das erste Testfoto: Ja, der blasse Grauschimmer ist Polarlicht. Kurz darauf kommt auch schon die Durchsage vom Schiff: Vi har Nordlys, Polarlichtversprechen erfüllt. Licht ist Licht – der Kp-Index für Tromsø lag in dieser Nacht gerade mal bei 3, aber das langt, um hinter der Wolkendecke das Licht schimmern zu sehen, und im Lauf der Zeit auch Bewegung wahrzunehmen. Bei der ruhigen See ist das ideal, um mit der Kamera zu üben.

Eine halbe Stunde vor Skjervøy packe ich dann zusammen: Vorne am Bug sind nur noch Wolken zu sehen, kaum ein Stern und kein Polarlicht kann sich mehr durchsetzen. Aber für ein nettes Filmchen im Zeitraffer hat es doch gelangt. Knapp 800 Aufnahmen sind zusammengekommen, die meinen Rechner bis weit nach Mitternacht beschäftigen. Das Ergebnis:

Generalprobe bestanden, jetzt bitte noch eine tolle Show für’s Auge!

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