Hurtigrute Tag 11: Von Trondheim südwärts

Der Tagesplan

Ich weiß ja, dass die Hurtigruten-Schiffe Arbeitsschiffe sind. Aber warum um 5 Uhr in der Früh der Dachdecker kam, weiß ich auch nicht. Zumindest klang es so, als ob gleichzeitig das Dach gedeckt würde und die Rohre durchgepustet… aber so bin ich immerhin früh genug wach, um den Nordlichtfilm von gestern fertig zu bearbeiten und als einer der ersten zum Frühstück zu gehen – 6:45 eröffnet das Buffet, viel ist noch nicht los.

Leif Erikson

Zwischen 6:30 und 9:30 liegen wir in Trondheim, sodass sich ein Besuch in der Stadt nicht lohnt. Die meisten Läden machen eh erst um 10 Uhr auf. Ich begnüge mich mit einem kurzen Besuch beim Rema 1000 ums Eck (der macht schon um 6 Uhr auf, nur am Samstag erst um 9), bringe das letzte Leergut weg und packe noch ein bisschen Verpflegung ein. Auf dem Rückweg bietet sich noch ein kurzer Besuch bei der Statue von Leif Erikson an, dem ersten Europäer, der Amerika erreichte. Viel mehr Sehenswürdigkeiten gibt es hier in direkter Umgebung auch nicht, und Munkholmen liegt noch weitestgehend in der Dunkelheit. Die Alternative wäre die Stadtrundfahrt, und ausnahmsweise hätte wohl auch der Ausflug in die dunklen, geheimen Gemächer des Nidaros-Doms stattgefunden. Der reizt mich schon immer, aber das mache ich mal, wenn ich auf der Rückfahrt mehr schlechtes Wetter habe und morgens wacher bin.

Die Trollfjord vor Munkholmen

Bei der Abfahrt um 9:30 wartet schon die große Trollfjord darauf, dass wir den Kai frei machen. Schiffsbegegnungen im Hafen gibt es mit dem aktuellen Fahrplan leider nicht mehr, früher hatte man die Chance, kurz einen Blick in das Innere des anderen Hurtigrutenschiffs zu werfen.

Wenig später haben wir unsere Ausschiffungs-Info-Veranstaltung: Wie kommen alle nach Hause, wo können wir helfen, was ist zu beachten, und bitte bitte nehmt alle, die zu unserer Gruppe gehören, auch einen unserer beiden Busse. Anschließend signiere ich noch ein paar meiner Bücher, und dann planen wir die morgigen Abschlussveranstaltung, bevor Mittagessen und Check-In für die Flüge ansteht.

Davon abgesehen haben wir heute Sehtag Seetag: Bei bestem Wetter geht es die schöne Küste entlang. Bei schlechtem Wetter oder gar Sturm zieht sich die Strecke von Trondheim bis Bergen, da wir tagsüber keine Häfen mehr haben; bei diesem Wetter kann man noch einmal die Seele baumeln lassen und Norwegen genießen. Irgendwann muss ich das mal wieder ohne Tour machen, wenn ich frei habe und mir an Deck den Wind um die Ohren blasen lassen kann… tja, arbeiten, wo andere Urlaub machen. Ich will mich nicht beschweren:-)

Während Margit und Andreas sich um den Check-In kümmern, nehme ich mir die Zeit, um doch einmal die Landschaft zu genießen, dabei zu versuchen, unsere Postflagge zu erwischen, und einen der unzähligen Leuchttürme im Bild festzuhalten.

Der Blick nach vorne lohnt sich auch: Es gibt mal wieder Fata Morganas zu sehen. Eigentlich verbinde ich die mit der Wüste, aber ich habe auch in Norwegen schon einige schwebende Inseln gesehen. Sieht schon seltsam aus…

Es haben in Trondheim wohl einige Gäste das Schiff verlassen, und nun sind nur noch Gäste im Select-Tarif an Bord: Das Schiff hat am Internet rumgebastelt, und um 14 Uhr wird das neue Passwort einfach für alle über die Bordsprechanlage bekannt gegeben. Norwegisch-pragmatisch für die letzten 24 Stunden:-)

Viertel nach vier dümpeln wir vor Kristiansund herum und witzeln, ob der Kapitän die Abfahrt verpasst hat, neulich die falsche Seekarte in die Stille Verlosung gebracht hat, oder wieder der Strom ausgefallen ist. Aber wir warten wohl nur darauf, dass ein entgegenkommendes Schiff die Fahrrinne frei macht.

Die Einfahrt nach Kristiansund ist immer sehenswert, da wir eine enge Passage unter einer Brücke durchfahren und dann den ganzen Ort mit dem Schiffstyphon aufwecken. Eine Stunde haben wir Aufenthalt, abzüglich der 10 Minuten, die wir vor Abfahrt an Bord sein müssen, und abzüglich der Zeit für das Anlegen bleibt ein kleines Zeitfenster, um kurz in den Ort zu gehen. Bei der Statue links vom Anleger war ich letztes Mal, diesmal gibt es einen kleinen Abstecher in den Yachthafen rechterhand. Dort soll ein Schiffsmuseum sein, immerhin finden wir ein Boot als Vordach und hübsche Häuser. Und dann: Schon wieder zurück zu Schiff, zum letzten Abendmahl. Unter anderem steht Rinderlende zur Auswahl, angeblich mit Bratkartoffeln. Die Bratkartoffel erinnert eher an gepresste Rösti…

Danach setze ich mich noch ein bisschen an meinen Rechner, den Abschied morgen vorbereiten, bis um 21:15 endlich Margits Höhepunkt der Reise kommt: Der Besuch in Molde, wo die MS Nordstjernen in Rufweite des Hurtigrutenanlegers liegt. Da darf ein kurzer Besuch nicht fehlen, also geht es zügigen Schrittes zum Anleger des Hurtigrutenschiffs, das nicht nur am längsten im Dienst war (56 Jahre), sondern auch die meisten Abschiedsfahrten gemacht hat. Wer heute mit ihr fahren will, wendet sich am besten direkt an Margit unter Nostalgische-Postschiffreisen.de. Und wer weiß, vielleicht kriegen wir auch noch eines Tages eine Nordlicht-und-Sterne-Expeditionsreise auf der Nordstjernen hin, mit freierem Fahrplan als auf der Hurtigrute!

Und das war es dann auch schon fast – kaum zu glauben, dass es jetzt Koffer packen heißt, weil die Kabine morgen um 10 Uhr geräumt werden muss und wir am Nachmittag bereits auf dem Weg zum Flughafen in Bergen sein werden.

Die Reise verging wie im Flug, mit traumhaftem Wetter und viel Polarlicht.

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