Um die Frage von gestern aufzulösen, die mir auf dem Schiff auch schon ein paar Mal gestellt wurde: Ich bin kurz vor Ørnes aufgewacht. Wir liegen knapp zwei Stunden hinter dem Fahrplan – nicht ganz schlecht, wenn man bedenkt, dass wir letztlich mit über sechs Stunden Verspätung aus Stokmarnes gestartet sind.
Im Raftsund haben wir in der Nacht die nordgehende Richard With verpasst: Die waren gerade am Trollfjord, als wir an ihnen vorbei fuhren…
Für Frühaufsteher gab es dafür um sechs Uhr auch noch einmal Polarlicht; wer einen (für Astronomen) normalen Tagesrhythmus hat, kann nach Sonnenaufgang immerhin einen wunderbar klaren Morgen genießen.
Um 9:20 begegnen wir der nordgehenden Hurtigrute MS Nordnorge und rätseln, wann wir den Polarkreis wieder überqueren werden. Etwas später gibt es ein aktualisiertes Tagesprogramm: Um 10:30 ist die südgehende Polarkreiszeremonie geplant, und wenig später überqueren wir den Polarkreis tatsächlich. Immerhin ist es jetzt deutlich heller als auf der nordgehenden Route. Auf Deck 7 gibt es wieder Spektakel und Lebertran, auf Deck 5 treffen sich die Fotografen und sehen die Insel Vikingen mit der Kugel auf der steuerbord-rechten Seite vorbeiziehen. Das ist jetzt natürlich genau während unserer Reiseleitersprechstunde, aber viele Ausflugstipps können wir heute eh nicht geben – und zur Heimreise (die ist ja auch schon übermorgen) machen wir morgen eine separate Info-Veranstaltung.
Eine Stunde später gibt es wieder den offiziellen Post-Stempel für die Polarkreisüberquerung, und um 13 Uhr die Info, dass der Ausflug in Brønnøysund gestrichen ist. Das heißt dann wohl, dass wir keinen verlängerten Aufenthalt in Brønnøysund haben, sondern ab dort wieder im Fahrplan sein werden. Da schlägt unsere Aufgabe als Fährschiff im Linienschiff voll durch, Tourismus ist ja nur “Nebennutzen” der Postschiffe.
Wer will, kann den Tag damit verbringen, Nisse und Weihnachtsmänner zu suchen: Wir haben den 1. Dezember, und auf dem Schiff gab es eine regelrechte Invasion.
Ansonsten ist der Tag recht ereignislos: Wir fahren die Helgelandküste an und erreichen Nesna um Viertel nach 12. In dem kleinen Hafen liegt noch kein Schnee, aber je weiter wir nach Süden kommen, desto mehr Schnee liegt auf den Bergen.
Die ruhige Fahrt geht weiter bis Sandnessjøen, wo der Fahrplan es auch seit Jahren nicht mehr erlaubt, kurz von Bord zu gehen und die Fußgängerzone mit ihren zahlreichen Statuen zu besichtigen. Dafür gibt der Himmel sich alle Mühe, und die Bergkette der Sieben Schwestern präsentiert sich in den tollsten Farben. Ist die Verspätung doch für was gut…
Auch der Torghatten bei Brønnøysund ist schon zu erspähen. Bis wir den berühmten Berg mit Loch erreichen, wird es aber schon dunkel sein. Um 15 Uhr ruft das Expeditionsteam wieder zum täglichen Gathering – eigentlich wollte ich endlich mal reinhören, ob etwas zu unserem technischen Problem bekannt gegeben wird, aber es ist mir zu voll. Jetzt beginnen die Tage der Reise, in denen schon immer vermehrt gehustet wurde…
Um 16:30 kommen wir endlich in Brønnøysund an. Bleibt also etwas weniger als eine Dreiviertelstunde, was gerade für einen Besuch bei dem Stein in der Mitte Norwegens ausreicht, und einen raschen Gang durch das Einkaufszentrum. Heute früh hat mein Fön den Geist aufgegeben, ich habe also überraschend noch etwas Platz im Gepäck…
Heute Abend gibt es wieder eine Änderung bei den Essenszeiten: Es ist Captain’s Dinner, daher werden je zwei Essensgruppen gleichzeitig bedient. Das Dinner ist wie üblich keine allzu große Sache: Die Crew empfängt uns mit einem Glas Sekt, das Expeditionsteam dankt noch einmal allen, und dann flanieren alle einmal durch das Restaurant, bevor es das übliche Drei-Gänge-Menu gibt. Da einige Gäste immer schon in Trondheim aussteigen, findet das Abschiedsessen immer schon heute statt. Mal sehen, ob das Schiff morgen Mittag deutlich leerer ist.
Drei Programmpunkte gibt es für den Abend noch: Um 22 Uhr erreichen wir Rørvik (wir sind wieder im Zeitplan), um 21:45 signiert der Captain Bücher, und – viel wichtiger – um 19:45 hält Andreas seinen Vortrag über Norwegen von A bis Å. Er hat ja auch abseits der Hurtigrute einiges an Norwegenerfahrung und lässt uns an seinen Erlebnissen teilhaben.
Als wir Rørvik überpünktlich verlassen, taucht auch schon das erste schwache Polarlicht auf. Ab zur Rezeption, Bescheid sagen, kurz darauf kommt die Durchsage und eine kurze, aber wirklich schöne Show – quasi unser Nordlicht-Nachtisch. Und Nachtisch können die Norweger.
Ich lasse meine große Kamera noch etwas länger laufen, aber die große Show ist rasch vorbei – aber toll war es noch einmal.
Danach schaukeln wir über die Folda – zum ersten Mal auf dieser Reise ist etwas Bewegung im Schiff. In diesem Sinne: Gute Nacht!