Ausschlafen klappt mal wieder nicht: Ich habe vergessen, die Infotaste auszuschalten und werde kurz vor acht von der Durchsage geweckt, dass wir Harstad erreichen und die Teilnehmer der Vesterålen-Rundfahrt bitte rechtzeitig am Kai sein mögen.
Aber gut, um die Zeit kann man auch mal aufstehen… Die Baustelle am Hafen von Harstad wächst deutlich in die Höhe. Wenn das neue Gebäude fertig ist, werden wir wohl nicht mehr viel von dem Ort sehen. Dafür stehen jede Menge Ausflugsbusse am Kai und warten auf unsere Gäste.
Mit leichter Verspätung verlassen den Hafen und passieren kurz darauf die Trondenes-Kirche, den ersten Halt der Vesterålen-Bustour. Heute ist der Tag, an dem mein Tele-Objektiv die meisten Einsätze hat.
Pünktlich zu unserer Abfahrt sprudelt auch die Fontäne im Hafenbecken los, die dort vor ein paar Jahren installiert wurde. Nachdem wir Harstad verlassen, gehe ich frühstücken, und bleibe danach eher im Schiff: Die Inseln der Vesterålen sind zwar wunderschön, aber wir haben den ersten Niesel-Regentag der Reise. Es ist recht warm, aber ungemütlich. Da macht man gerne Reiseleitersprechstunde im Warmen auf Deck 4.
Gegen halb elf erreichen wir die Risøyrinne, die den Hurtigrutenschiffen die direkte Fahrt nach Stokmarknes ermöglicht. Am besten sieht man die enge Fahrspur zwischen den Markierungen vom Bug, bei dem Nieselregen platziere ich mich aber lieber regengeschützt unter den Rettungsbooten. Ein kurzer Spurt zum Königsstein wäre drin – vom Expeditionsteam scheint es jemand zu machen, wahrscheinlich für den Tourfilm, den das Schiff erstellt und auf USB-Stick anbietet – aber ich bin heute mal faul und bleibe während des kurzen Halts an Bord. Auf dem Stein haben sich drei norwegische Könige verewigt, jeweils zur Einweihung oder Vebreiterung der Risøyrinne.
Von den Vesterålen ist nicht viel zu sehen, die Wolken hängen tief. Kurz vor Sortland kommen zwei Aufrufe über die Bordsprechanlage: Nach Möglichkeit soll man Mittagessen gehen, bevor die Ausflügler in Sortland wieder an Bord kommen, und wer nichts essen will, ist gerne eingeladen, mit dem Expeditionsteam den Bussen zuzuwinken, wenn sie über die Brücke fahren.
Klar, dass ich wieder am Bug stehe, wo sich doch einige versammeln und mit Norwegen-Fahnen ausgestattet werden. Die Busse sind etwas knapp dran, aber es ist immer wieder ein schöner Spaß. Und dann stehen wir noch zu dritt an der Reling und winken den Heimkehrern zu, als wir in Sortland anlegen.
Danach habe ich im Prinzip Pause – wir legen in Sortland um 13 Uhr ab und sollen Stokmarknes um 14:15 erreichen, also eine ganze Stunde ohne Programm. Bei der wolkenverhangenen Aussicht nutze ich die Zeit, um Bilder zu sortieren. Das ist der Vorteil einer Winterreise: Man macht nicht ganz so viele Fotos. Wenn man von den Polarlichtfotos mal absieht.
Bei der Anfahrt nach Stokmarknes haben wir einen schönen Blick auf den von innen beleuchteten Glasbau des Hurtigrutenmuseums, in dem die alte Finnmarken liegt. Wenn es heller ist, spiegelt die Glasfront dafür zu sehr. Man kann die Eintrittskarten für 170 NOK (Wintersaison) auch direkt auf dem Schiff kaufen und so per Fast Lane in das Museum kommen. Der Aufenthalt in Stokmarnes ist ja eher kurz, so bleibt eine gute halbe Stunde für die Besichtigung des Schiffs und einen kleinen Gang durch die restliche Ausstellung. Beim nächsten Mal muss ich mir das Schiff wieder einmal ansehen. Anscheinend ist es jetzt völlig restauriert und zugänglich, und die Bar soll auch in Betrieb sein.
Pünktlich um 16:30 sind alle wieder an Bord – Thomas wurde zwar ausgerufen und sollte sich an der Rezeption melden, und wir waren schon froh, dass er bereits alle seine Vorträge gehalten hatte und unsere Gäste mittlerweile wissen, wie das mit dem Polarlicht geht – aber alles gut, er war an Bord und wurde nur vom Schiffscomputer ignoriert.
Eine halbe Stunde später legen wir endlich ab – wenig später kommt die Durchsage, dass wir den Trollfjord ausfallen lassen, um pünktlich in Svolvær zu sein, und dass gerade ein Training der Marine oder Küstenwache stattfindet. Wir sollen uns also nicht wundern, wenn wir seltsame Lichter irgendwo sehen. In der Dunkelheit sind aber keine getarnten Schiffe zu sehen, und Marinetraffic zeigt auch nichts an. Dafür wenden wir kurz vor dem Raftsund…
Kurz vor 17:30 kommt die Durchsage, dass wir ein technisches Problem haben und der Standardprozedur folgend nach Stokmarknes zurückkehren. Mit halber Kraft und maximal 15 km/h tuckern wir zurück nach Stokmarknes, während das Buffet eröffnet. Jetzt fangen die Spekulationen an: Haben wir bei der Marineübung einen Schuss vor (oder durch?) den Bug erhalten? Werden jetzt die Ruder ausgepackt und durch die Bullaugen auf Deck 3 gesteckt? Hat jemand seine ADAC-Mitgliedskarte dabei, um Hilfe kommen zu lassen? Spielt schon eine Band, und wird Alkohol verteilt?
Es heißt abwarten und hoffen – eine Stunde später kommt die Info, dass wir erwarten, um 20:30 wieder abzulegen. Das wäre schön – das kleine Stokmarknes hat keine Werft, nicht einmal einen Autohändler. Wer will, kann in der Zeit von Bord gehen – das hatte ich eigentlich vor, aber es ist doch ziemlich dunkel draußen, und Komoot hat auch keine vernünftigen Tourenvorschläge für diesen Ort. Also bleibe ich doch an Bord und harre der Dinge.
Gegen 20 Uhr kommt der Bus, der organisiert wurde, um die Passagiere weiterzubefördern, die nach Svolvær oder Stamsund wollten.
Im Lauf des Abends wird ein Film über das Nordlicht eingeschoben, etwa zehn vor neun springen die Motoren für etwa 20 Minuten wieder an, und um 21:15 wird ganz regulär der Film “Nördlich der Sonne” gezeigt, über zwei Freunde, die neun Monate auf einer einsamen Lofoteninsel überwintern.
Kurz vor 22 Uhr werden zwei Autos auf das Schiff verladen – erhalten wir Starthilfe? Außerdem ist das Internet langsam – wird ein Software-Update eingespielt? Kurz vor Stokmarknes gab es wohl einen kurzen Stromausfall, was auf einen Elektro-Problem hindeutet. Erinnerungen an meine Tour mit der Finnmarken werden wach – 2016 war das, als wir erst einen Tag in Trondheim lagen und schließlich drei. Den ganzen Tourbericht von damals gibt es hier.
Aber die Stimmung am Reiseleitertisch ist gut, auch wenn unsere Reiseleiter nicht mehr da sind, und gegen 22:20 bewegen sich die Lichter draußen auf einmal langsam. Tatsächlich: Wir nehmen Fahrt auf und bewegen uns Richtung Raftsund. Wurde das Problem gelöst? Oder ist die Marineübung beendet? Waren es doch russische U-Boote? Oder der Rampenisse, von dem Margit gestern erzählt hat? Mittlerweile sind zahlreiche Nisse und Weihnachtsmänner auf dem Schiff aufgetaucht… man weiß es nicht. Reisbrei für die Nisse habe ich im Restaurant jedenfalls nicht gesehen.
Für Bodø ist gerüchtehalber nur ein kurzer Stop geplant, Svolvær und Stamsund fallen aus – so müssten wir morgen wieder ganz gut im Fahrplan liegen.
Damit mache ich Feierabend und bin gespannt, wo ich morgen aufwache:-)