Ein trüber Tag – so begrüßt uns Kirkenes. Irgendwann in der Nacht haben wir den östlichsten Punkt der Reise passiert und fahren jetzt wieder nach Südwesten bis Kirkenes durch den Varangerfjord. Ich bin bereits kurz nach Vadsø wach (einmal war ich sogar früh genug wach, um ein Foto vom einzigen Hafen der Route zu machen, der nur auf der nordgehenden Strecke angefahren wird), aber heute verpasse ich ihn knapp. Nun, dann wird halt gefrühstückt; draußen an Deck ist es ohnehin nicht so angenehm. Im Lauf des Vormittags regnet es immer wieder mal.
Kirkenes erreichen wir ziemlich pünktlich, aber bevor wir von Bord dürfen, wird erst das Gepäck der aussteigenden Gäste von Bord gebracht. Aber kein Problem, ich will heute nur einmal kurz in die Stadt (Bücher jagen) und zum Kiosk am Kai. Im Hafen liegen nicht mehr so viele russische Seelenverkäufer, links von uns liegen sogar zwei ganz schmucke Fischtrawler. Warum am Heck die russische Fahne und am Mast die norwegische Fahne weht, ist mir aber unklar. Ob die die Liegegebühren nicht gezahlt haben und statt einem Kuckuck eine Norwegen-Fahne verpasst gekriegt haben?
In leichtem Regen verlasse ich schließlich das Schiff und mache mich auf den gut ausgeschilderten Weg in die Stadt. Zumindest für Fußgänger ist das Stadtzentrum gut zu erreichen. Auch hier hat Corona Spuren hinterlassen: Die Libris-Buchhandlung fällt mir zuallererst als Leerstand auf, an anderer Stelle gibt es einen neuen Souvenir-Shop. Die Outdoor-Läden im Amfi scheinen dagegen alle überstanden zu haben – aber dank KLM brauche ich hier keine neuen Sachen. Daher beschränke ich mich auf die Standard-Fotos von Russen-Denkmal, Anders-Grotta und Stadtzentrum (ein Bär am Rathaus hat eine rote Flagge erhalten), bevor ich mich auch schon auf den Rückweg mache. Kirkenes hat den Flair von Ende der Welt – das regnerische Wetter unterstützt das noch, und ich freue mich auf die heimelige Nordkapp.
Noch kurz ein Besuch im Kiosk am Kai: Die Huskies haben die Flucht ergriffen, stattdessen hängt ein Blumenkasten am Geländer. Schade eigentlich. Innen ist es voll wie immer, nur der Elch begrüßt nun mit Gesundheitshinweisen.
Da ich schon zwei Stunden vor dem Ablegen wieder an Bord bin, bleibt genug Zeit, mich mal wieder meinen EMails zu widmen und das Mittagessen mitzunehmen. Wir legen mit etwas Verspätung ab, sodass ich schon davon ausgehe, dass wir Vardø wieder zu spät für das Hexendenkmal erreichen. Die Überfahrt ist sehr ruhig, ideal um noch etwas an meinem vorletzten Vortrag zu basteln – es geht diesmal um den Mond.
Völlig überraschen erreichen wir Vardø fast pünktlich: Zehn Minuten nach der planmäßigen Ankunftszeit wird die Gangway um 16:16 freigegeben, und ich spurte los: Mit etwas beschleunigtem Schritt passiere ich die Festung Vardøhus, und da es noch hell ist, sehe ich das Ziel. Nach gut zehn Minuten erreiche ich das Denkmal für die Männer und Frauen, die der Hexenjagd zum Opfer fielen. Die Zeit langt, um einmal durch das lange Gebäude zu gehen, ein Infoheft mitzunehmen und einen Blick in das Gebäude mit der ewigen Flamme zu werfen, die aus einem Stuhl lodert. Uff, aber das Ganze ist immer wieder beeindruckend. Noch einige andere Gäste haben es geschafft, oder kommen mit entgegen, als ich schon auf dem Rückweg bin und um 16:45 wieder an Bord gehe.
Als ich wieder auf dem Schiff bin, habe ich aber keine Ruhe: Um 17 Uhr, als wir ablegen, steht mein Vortrag auf dem Programm. Vielleicht hätte ich ihn vor Vardø halten sollen – wir haben etwas Bewegung im Schiff, aber zum Glück vertragen alle den Seegang. Mein Streifzug über den Mond mit einem Meteoriten-Exkurs ist rechtzeitig fertig, dass wir uns auch alle wieder zum Essen sehen. Trotz Geschaukel wird Suppe serviert, auch wenn sie etwas dicker ist als üblich.
In Båtsfjord kommen wir etwas verspätet an und können bei bedecktem Himmel und immer wieder Regen das Gabelstapler-Ballett bewundern. Die beiden fahren wirklich einige überflüssige Pirouetten um ihre Paletten.
Derweil haben sich alle Nordlichtjäger auf Deck 7 versammelt, wo sie den nächsten Regenschauer aussitzen und auf besser Wetter warten. Endlich kommen tatsächlich die ersten Sterne raus, und dann zeigt sich die Aurora.
Da ist ein heller Grauschimmer vielleicht mit einem Hauch von Grün, aber sie ist es eindeutig. Nach ein paar Kontrollblicken – meine Kamera arbeitet zur Abwechslung mal am Heck auf Deck 7 – gehe ich runter zur Rezeption und werde Zeuge, wie sie gerade durchgesagt wird.
Wieder an Deck gibt es wieder vermehrt Wolken. Also abwarten, noch ein Regenschauer, damit ich auch schön Wassertropfen auf meinem Objektiv habe, und dann kommt die Aurora noch einmal. Nette Show, nicht die größte, aber schon echtes Polarlicht, in dem auch etwas Bewegung ist – nicht nur der berühmte “schöne (kamera)grüne Bogen”. Erschwert wird das Ganze nur dadurch, dass wir doch einiges an Bewegung im Schiff haben – am Heck muss ich mich doch gut an der Reling festhalten. Eine Hand für das Schiff, eine für die Kamera…
Was sich wieder einmal bewahrheitet: Stell irgendwo eine Kamera hin, und wenig später steht jemand direkt davor, weil der Platz ja so gut sein muss. Das ist der Nachteil daran, wenn die Kamera das Deck mit auf dem Bild hat.
Letztlich ist eine nette Show, auch wenn kaum Farbe zu sehen ist – wenn ich mir die Bilder anschaue, gab es wohl farbige Momente, aber da hatte ich unter dem Dach Schutz gesucht.
Irgendwo um die Windstärke 6-8 haben wir, und Gegenwind. Hui…
Kurz vor Berlevåg lässt die Aktivität nach, und ich packe zusammen. Gut 1200 Bilder sind im Kasten, und die Kamera ist auch nicht über Bord gegangen. Berlevåg lassen wir aus, und in der Nacht schwankt es ganz nett – es fällt nichts aus den Regalen, aber ich sehe aus dem Fenster auf Deck 3 doch einiges an Wellen (uns spüre sie). Gegen halb zwei bin ich mit den Bildern durch, sodass der Rechner über Nacht laufen kann, damit ich am nächsten Morgen einen Zeitraffer draus machen kann.
Mittlerweile ist das Video auch fertig. Doch, wir können zufrieden sein.