Hurtigrute Tag 5 – Tromsø und alle Gefühle

Was für ein Tag – heute gab es wirklich alle Gefühle, von Freude bis Bangen. Angefangen hat es damit, dass ich früher als geplant wach wurde – in Harstad.

Die Kong Harald wartet

Der Himmel bot an diesem Morgen wieder alles auf einmal, von klarem Himmel bis dramatischen Wolken und interessanten Lichtern. Am Hafen wird groß gebaut, wir parken neben einer Baugrube. Ich muss in meinen alten Berichten mal schauen, wie es da früher aussah. Der Blick vom Bug war schöner: Links sprüht die Wasserfontaine zur Begrüßung (später wird sie abgeschaltet), links davon ist die alte Steinkirche, die mit dem Vesterålen-Busausflug auf der südgehenden Route besucht wird, und vor uns wartet die Kong Harald darauf, dass wir den Kai frei machen. Soweit sieht es nach einem guten Tag aus.

Ich habe übrigens erstmals eine Kabine mit Ausblick: Normalerweise erhalten wir die Rettungsbootkabinen, haben also Tageslicht, aber nur freien Blick auf die Rettungsboote. Ich sehe also in der Regel nur dann etwas, wenn das Schiff evakuiert wird. Jetzt bin ich auf Deck 3 und muss zwar mehr Treppen steigen, um nach dem Polarlicht zu schauen, aber kann dafür aus dem Fenster sehen.

Die Kong Harald drängelt

Umso ungewöhnlicher ist es, aus dem Fenster sehen zu können und zu sehen, dass wir wohl Verspätung haben: Die Kong Harald drängelt.

Für mich fängt der Arbeitstag heute früh an: Um 10 Uhr, bevor wir Finnsnes erreichen, halte ich meinen dritten Vortrag. Auf diesem ziemlich leeren Schiff war es kein Problem, den Vortragsraum zu guten Zeiten zu kriegen. Der schöne Morgen wurde mittlerweile auch durch Nebel abgelöst, sodass keiner was verpasst. Auch wenn es immer wieder schöne Lichtstrahlen gibt.

Für diesen Vortrag hatte ich mir die Sonne als Thema herausgesucht. Ein bisschen Sonnenflecken, ein bisschen Leben der Sterne, ein bisschen Kernfusion, ein bisschen mit meinem H-alpha-Ansatz angeben – ich versuche, so viele eigene Bilder wie möglich zu zeigen, wobei die NASA-Filme natürlich immer noch besser sind. Bis auf einen Vortrag zum Thema Nordlicht sind wir bei der Themengestaltung auf den Nordlicht-und-Sterne-Touren völlig frei – was auch gut ist, denn wenn man über Themen referiert, die einen nicht interessieren, kommt nichts vernünftiges dabei raus.

In Finnsnes bleibe ich wie wohl alle anderen an Bord. Das Schiff hat das Treffen mit dem Expeditionsteam (den Bordreiseleitern) auf die Liegezeit im Hafen gelegt, und wir geben parallel noch ein paar Tips zu Tromsø. Eigentlich sind Veranstaltungen im Hafen blöd, aber zurzeit macht es Sinn: Wenn im Hafen wenige von Bord gehen, besteht auch weniger Gefahr, Krankheiten auszutauschen. Dank Corona dürfen in den Häfen keine Besucher an Bord kommen, und noch vor kurzem waren immer wieder einige Häfen gesperrt, sodass dort niemand für einen Spaziergang von Bord durfte. Jetzt hat Norwegen geöffnet und nur noch sporadisch Maskenpflicht; da ist es durchaus sinnvoll, wenn man die Touristen so unter Kontrolle hält – zumindest in den kleinen Häfen, die keine großen Krankenhäuser haben.

Daher schaue ich mir Finnsnes nur vom Umlaufdeck an. Ist auch hübsch.

Schlechtes Wetter beim Anlauf auf Tromsø

Anschließend Mittagessen und Pause – die Hurtigrute ist keine Erholungstour, und ich gönne mir eine Stunde Schlaf, bevor wir Tromsø erreichen. Beim Rystraumen schaue ich aus dem Fenster: Nebel. Draußen an Deck: Unschön, auch wenn der norwegische Wetterdienst Yr standhaft von Sonnenschein träumt. Oh Mann.

Langsam schält sich Tromsø aus dem Nebel, und Regen tröpfelt vom Himmel. Tromsø gibt sich wettertechnisch echt keine Mühe.

Also kein Besuch auf dem Hausberg Storsteinen, stattdessen gehe ich in die Stadt – etwas verspätet, weil ich das Ende des Regenschauers abwartete. Heute sollen auch unsere Koffer kommen, da kann ich mal entspannt meine üblichen Läden abklappern, ohne nötige Dinge zu suchen. Einige Läden gibt es sogar noch – die Buchhandlung Ark im Stadtzentrum steht leer, Tromsøs Greatest Gift Shop hat jetzt mehr Kleidung und weniger von dem Krempel, der einen da reinlockt, die Norli-Buchhandlung hat umgeräumt, im Nerstranda Einkaufszentrum haben einige Läden gewechselt und in der Fußgängerzone steht einiges leer, dafür gibt es zahlreiche neue Souvenirshops. Das neue Hafenzentrum ist fast komplett verlassen. Der Streifzug hinterlässt ein deprimierendes Gefühl. Ich frage mich, wie Dan von ArcticX und die anderen kleinen Anbieter das überstanden haben – zuletzt haben die großen Busunternehmen Druck gemacht, dann ging gar nichts mehr. Tromsø, das Paris des Nordens, wartet wieder auf Gäste.

Koffer!

Mein kleiner Rundgang führt mich entlang der Hauptstraße zum Polaria-Museum und der “Festung” Skansen, bevor ich im Coop Vorräte auffülle. Auf dem Rückweg stoße ich am Hafenbecken noch auf ein Trollmuseum. Auch was neues – ich spare mir den Besuch aber erst einmal. Als ich das Ergebnis von meinem Kaufrausch auf Schiff bringe, sortieren die Damen von der Rezeption gerade einen Berg Koffer – meiner ist auch dabei! Wie wenig einen doch glücklich machen kann!

Duschen, umziehen, stadtfein machen – und irgendwie ist die Kabine auf einmal viel enger, wenn man Gepäck dabei hat. Anschließend noch einmal zum Shoppen in die Stadt, wo es mittlerweile trocken ist und sogar Wolkenlücken gibt.

Das Gute daran, dass ich Tromsø auch als Urlaubsziel habe: Ich kenne die Stadt und komme damit zurecht, dass das Wetter nicht so toll ist – so bin ich früher auf dem Schiff, kann auspacken und bin rechtzeitig zum Abendessen da. Es gibt übrigens zurzeit Menü, wobei man sich aus je drei Vor-, Haupt- und Nachspeisen etwas aussuchen kann. Schmeckt gut und geht deutlich flotter als früher, aber das Schiff ist auch nicht ausgebucht.

So sieht das Abendessen zurzeit mit Vor- und Hauptspeise aus – es gibt nicht nur Fisch:

Zwischendurch immer wieder der Bange Blick aus dem Fenster: Gibt es eine Wolkenlücke? Im Prinzip ja… Nach dem Abendessen verbringe ich die Fahrt von Tromsø (Ablegen 18:15, Abendessen 18:00) bis Skjervøy mit der Kamera an Deck, denn Windy hat eine Wolkenlücke auf der Strecke angekündigt. Ein paar Wolkenlücken, stellenweise ein toller Sternenhimmel, und ein gaaanz schwacher Schimmer, der die Konturen der Wolken umrahmt. Vor Skjervøy packe ich zusammen – und eine Minute, bevor wir den Hafen erreichen und die Lichter vom Schiff angehen, gibt es einen schönen grünen Bogen über dem Schiff. Was ist denn das für ein blödes Timing? Ich glaub’s doch nicht. Diese Enttäuschung darüber, Polarlicht zu sehen und es keinem sagen zu können, ist für mich auch was neues:-(

Als wir Skjervøy verlassen, das selbe Trauerspiel noch einmal: Knappe zehn Minuten zeigt sich die Aurora als blasses (und auf der Kamera deutlich grünes) Band über dem Heck vom Schiff, während sich von allen Seiten Wolken zusammenziehen. Das hat nicht gelangt, um von Deck 7 auf Deck 4 zur Rezeption zu laufen und Bescheid zu sagen. Bis die Durchsage gemacht wäre und die ersten es an Deck geschafft hätten, wäre das kurze Gastspiel der Aurora längst vorbei gewesen. Ich lasse mit Blick auf das Wetter alle Hoffnung für diese Nacht fahren und lasse die Bilder durch meinen Rechner laufen: Zwischen und Tromsø und Skjervøy war nichts brauchbares dabei, die Hafenausfahrt aus Skjervøy sah dann doch ganz gut aus:

Aber es kann doch nicht sein, dass ich der einzige bin, der hier auf der Tour von unsere Gruppe Polarlicht sieht? Immerhin hat der Captain vielleicht nichts davon mitgekriegt und im Logbuch notiert…

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