Hurtigrute Tag 3: Wieder im Plan – Trondheim

Die erste Nacht auf dem Schiff, nach eineinhalb Jahren. Bei recht ruhiger See habe ich ganz gut geschlafen, wobei es fast zu ruhig war: Ich wache gegen halb sieben auf und muss mich erst davon überzeugen, dass wir wirklich unterwegs sind. Wir sind bereits im Trondheimfjord und tuckern langsam Richtung Trondheim, das wir gegen Viertel vor zehn erreichen werden. Es ist angenehm warm, leider ist der Trondheim Fjord der langweiligste norwegische Fjord, den ich kenne. Aber egal, meine Kameras habe ich ja dabei, also werden sie eingesetzt.

Für 9:20 ist der erste Point of Interest angesagt: Die Insel Munkholmen, einst Gerichtsstätte, Kloster (samt Brauerei) und Gefängnis, heute beliebtes Ausflugsziel. In früheren Jahren lägen wir längst im Hafen, mittlerweile wurde die Liegezeit auf drei Stunden verkürzt, was nur noch für einen kurzen Rundgang durch die Stadt langt. Da Sonntag ist, kann man nicht einmal shoppen gehen (die Sache mit Koffer, Sie erinnern sich?) oder Getränke bunkern. An sich kein Problem, da ja Trinkwasser aus dem Hahn kommt, aber etwas mit Geschmack wäre ganz nett auf der Kabine.

Freier Blick dank der Crew!

Der Himmel ist bedeckt, aber dafür ist es warm, als ich zum ersten Mal auf dieser Reise endlich an Deck gehe. Und das an Tag 3 der Reise… Und ich sehe zum ersten mal, wie die Fenster morgens geputzt werden, statt abgekärchert zu werden.

Da Norwegen sich wieder in Normalität übt – Masken sind auf dem Schiff weitestgehend optional, außer im Bereich der Gangway und für das Expedition Team, das mit allen Gästen Kontakt hat; ansonsten wird um Abstand halten und Hände desinfizieren gebeten (“der einzige Alkohol, den es an Bord umsonst gibt – nutzen Sie ihn reichlich!”) – gibt es wieder Frühstücksbuffet. Nur die Getränke werden serviert, ansonsten gilt wieder Selbstbedienung. Für mich heißt das: Endlich wieder brauner Käse. Auch wenn das nicht jeder verstehen kann.

Brunost und Lachs. Lecker. (Zumindest ein paar Mal im Jahr…)

Anschließend ein wenig organisatorisches und gemeinsam mit Eva Sprechstunde vor dem Restaurant anbieten, bis Munkholmen in Sicht kommt. Den POI auf Deck 7 ignoriere ich weitestgehend, sondern gehe für Fotos auf Deck 5, wo weniger los ist (auch wenn das Schiff noch ziemlich leer ist). So bleibt genug Zeit für ein paar Fotos der Insel; dann gehe ich nach vorne für die Schiffsbegegnung. Früher lagen zwei Schiffe gleichzeitig am Kai, und man konnte sich gegenseitig besuchen; heute legt die südgehende Hurtigrute kurz vor uns ab. Nur dass es keine gibt – im Fahrplan stünde jetzt ein Schiff der neuen Rederei Havila, aber das ist noch nicht fertig und wird voraussichtlich erst im Dezember auf Tour gehen. Also haben wir den Kai für uns alleine, und die Nordkapp parkt elegant rückwärts ein.

Bei nur drei Stunden Aufenthalt und gut zwanzig Minuten Fußweg in die Stadt bleibt natürlich nicht viel Zeit zum Rumtrödeln. Auf dem Weg liegen die Fahrradverleihständer von Trondheim Bysykkel/OBOS (benötigt eine App) sowie zahlreiche E-Roller von drei verschiedenen Anbietern, die wohl auch alle per App funktionieren. Ich muss mir die Webseite mal anschauen, für das nächste Mal ist das durchaus eine Option, um den Weg abzukürzen. Auch in der Stadt stehen und liegen fast überall E-Roller herum, und sie werden gut genutzt.

Erik der Rote starrt sehnsüchtig in die Ferne. war sein Drachenboot auch ohne Gepäck gestartet?

Ich mache den Rundweg über Yachthafen, Bahnhofsbrücke, Munkegata mit königlichem Palast Stiftsgården (Norwegens größtem Holzhaus), den frisch sanierten Torget Marktplatz, die Var Frue Kirke, Nidarosdom, Bakklandet und Nedre Eldrehavn in ziemlich genau zwei Stunden und bin um 12 Uhr wieder auf dem Schiff. Das würde sogar für das Mittagessen reichen. Aber mittags wird Menü serviert, und ich bin sowieso zwei Mahlzeiten am Tag gewöhnt, also lasse ich es ausfallen. Mit dem Ergebnis, dass ich von der Gruppe vermisst werde, die sich nach dem Essen freut, dass ich doch an Bord bin.

Allzu viel hat sich in Trondheim nicht verändert: Der Marktplatz ist fertig saniert und voll mit Verkaufsbuden, dafür gibt es neue Baustellen und geänderte Verkehrsführung. Und natürlich zahllose E-Roller.

Da Sonntag ist, haben natürlich alle Geschäfte zu. Schade – sonst wäre das ideal zum Shoppen. Auch ohne fehlenden Koffer bietet Trondheim je genug Einkaufsmöglichkeiten und nicht die immer-gleichen Kaufhausketten deutscher Innenstädte.

Über Trondheim habe ich eigentlich schon genug geschrieben, dass mir wenig neues einfällt. Daher nur ein paar Impressionen als Galerie. Was man auf alle Fälle sieht ist, dass das Handy wunderschöne Bilder für Twitter macht, aber in groß darf man sie nicht anschauen. Sowas von überbearbeitet… Das erste Bild von Stiftsgården ist vom Handy, die anderen mit der richtigen Kamera.

Trondheim-Panorama

Um 14 Uhr haben wir dann endlich unseren Willkommens-Trunk, an den ich nahtlos mit meinem ersten Vortrag über das Polarlicht anschließe. So sind wir kurzt vor 15 Uhr fertig – rechtzeitig für Kjeungskjærfyr, Norwegens meistfotografierten Leuchtturm. Das Schiff macht wieder einen POI, ergänzt um Norways Coastal Kitchen in Form einer Miesmuschelverköstigung. Ich gehe freiwillig auf Deck 5 an den Bug und überlasse anderen das Muschelschlürfen. (Eine Schokoladenverköstigung wäre mal was…)

Kjeungskjærfyr hat leider kein spektakuläres Licht, aber dafür sehr dramatische Wolken. Macht durchaus was her, es fehlen nur höhere Wellen, die gegen den Leuchtturm branden. Aber man kann nicht alles haben, und ruhige See hat auch was für sich.

Dann ist erst einmal Ruhe – ich nutze die Zeit, um noch einmal nach meinem Koffer zu schauen: Er könnte morgen in Bodø kommen; sie wissen zumindest, wo er ist. Also gehe ich noch einmal kurz Ersatzkleidung kaufen; ich bin lange genug ohne Koffer, dass ich zuschlagen kann. Der Bordshop wird zumindest eine Outdoor-Hose los, die wiegt wenig und passt für den Rückflug auf alle Fälle noch in den Koffer. Und sie ist winddicht, im Gegensatz zu meiner Jeans. Da kann ich guten Gewissens zuschlagen, wenn ich schon an Deck arbeite.

Anschließend versande ich im Multe auf Deck 7, bei Gesprächen und intensivem Ausnutzen der Kaffee-Flatrate, die in der Reise inbegriffen ist. Ins Gespräch vertieft ignoriere ich das Gathering mit dem Expedition Team (also den Tagesrückblick und die Vorschau auf den nächsten Tag), mein nächster Punkt auf der Tagesordnung ist das Abendessen: Vorspeise Rinderfilet, gefolgt von Lachs und Eis. Auch hier gibt es Menü, wobei man aus drei Vorschlägen auswählen kann. War gut – ich bin nur nicht dazu gekommen, noch ein Foto davon zu machen.

Und dann, um halb acht, ist der Tag eigentlich gelaufen. Für den Abend in Rørvik ist Regen angesagt, also kümmere ich mich um den nächsten Vortrag und die Bilder des Tages.

Wie angekündigt regnet es in Rørvik – so ein ekelhafter unmotivierter Nieselregen. Die Schiffsbegegnung hier gibt es auch nicht mehr. Die Schiffsbegegnung mit der Richard With verpasse ich. Sie war vor unserem 20-Minuten-Stop in Rørvik und nicht wie ich mir gemerkt hatte danach. Schade, aber auch die Begegnungen auf See stehen nicht auf dem Tagesplan.

Währenddessen gibt es auf Deck 7 übrigens eine Kostprobe mit aktueller norwegischer Musik aus der Region, als Playlist. Das Ganze fängt zehn Minuten vor unserer Ankunft im Hafen an. Ganz schlechtes Timing, was mich angeht – ich schaue mir das Anlegen an.

Und danach mache ich auch fast Feierabend – nur noch Bilder sortieren, Blog vorschreiben, Vortrag vorbereiten, und halbwegs beizeiten ins Bett, weil morgen früh Polarkreisüberquerung ansteht.

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