Wir haben immer noch eine leichte Verspätung von 15 Minuten, was meinen Tagesplan etwas durcheinanderbringt. Es fängt ja schon toll an mit der Durchsage, dass wir in einer Minute die nordgehende MS Nordkapp passieren, also jetzTUUUT-TUUUT-TUUUT… Ich kann so nicht arbeiten.
Für 9:15 ist dann die südgehende Polarkreisüberquerung angesagt. Also mache ich erst einmal kein Frühstück, das langt auch nach dem Polarkreis. Nur dass dann die Durchsage kommt, dass wir ihn erst um 9:30 passieren. Grmpf. Das langt nicht, um vorher noch kurz zu frühstücken, und danach wirds knapp… Egal, wird die Zeit halt mit dem Rest der Reiseleitung verbracht: Wir kennen den Text ja schon, den das Expeditionsteam beim Point of Interest erzählt, und finden uns alle auf dem Umlaufdeck wieder.
Endlich erreichen wir die kleine Insel Vikingen mit der Kugel, die Kameras rattern, und diesmal ist das Seeadler-Pärchen auch gut zu sehen, das auf der Insel nistet. Auf meiner ersten Tour 2014 waren sie noch aufgeflogen, wenn das morgendliche Tuten der Hurtigruten-Tröte erschallt, mittlerweile sind sie wohl an diesen Wecker gewöhnt.
Die “Pflege arktischer Tradition” auf Deck 7 schenke ich mir (Löffel und Lebertran gibt’s auch im Shop zu kaufen, das war früher exklusiver), so langt es doch noch für ein schnelles Frühstück, bevor es zur Reiseleitersprechstunde geht. Dafür lasse ich dann das Mittagessen ausfallen.
Von dem kleinen Hafen Nesna bekomme ich nicht viel mit: Ich bin zwar rechtzeitig an Deck, verquatsche mich aber und bin auf der falschen Seite vom Schiff. Auch egal.
Dafür nehme ich Sandnessjøen mit: Der Himmel ist heute leider bedeckt, die Gebirgskette der Sieben Schwestern im Hintergrund ist verschleiert. Ohne Mittagessen habe ich Zeit für einen kurzen Gang durch die Hauptstraße bis zum Denkmal für den Dichter und Pfarrer Peter Dass. Immerhin sein Denkmal steht noch; die kleine Statue eines Bären in der Fußgängerzone wurde durch ein Fahrrad ersetzt.
Ein paar Meter neben ihn steht die Statue für Sigrid, die ihn ernst anschaut. Ein wenig wirkt es, als ob sie seine grimmige Ehefrau wäre, aber Sigrid lebte um 850 nach Christus und ist eine der wenigen Frauen, die Snorris Kongesaga erwähnt wurde.
Nach Sandnessjøen steht der Fototermin mit den Sieben Schwestern an. Bei klarem Himmel wirkt das natürlich besser, so haben die Bilder etwas düsteres an sich. Wie immer: Ein klarer Fall fürs Weitwinkel. Oder für Panasonic: Das Klacken der Panaromafunktion zweier Panasonic Lumix Kameras rechts und links von mir erinnert an alte Filmkameras, bei denen noch gekurbelt wurde. Tja, nostalgische Postschiffreisen…
Kurz darauf der nächste Termin, unser Bonus-Vortrag: Die Alex erzählt über ihre Erlebnisse in Norwegen, und der Alex zeigt die Nordlichter, die auf dieser Tour eingefangen wurden. Danach bleibt nur ein wenig Zeit, bis Brønnøysund in Sicht kommt. Die Stadt liegt in der geografischen Mitte Norwegens, viel mehr als das Einkaufszentrum habe ich in der guten Stunde, die wir da Aufenthalt haben, noch nicht gesehen. Immerhin bietet der Hafen einen schönen Blick aufs Schiff. Und bei der Anfahrt sehen wir noch, wie ein Fischkutter von Möwen angegriffen wird…
Noch schnell ein Eis holen, dann geht die Fahrt weiter und am Torghatten vorbei, dem berühmten Berg mit Loch, für den es mittlerweile hell genug ist. Eine fantastische Lichtstimmung macht sich breit, die die Kamera nicht einfangen kann.
Um 18 Uhr ist dann Captain’s Dinner angesagt: Eine lockere Veranstaltung, bei der die Crew sich von den Gästen verabschiedet. Viele steigen ja bereits in Trondheim aus und nehmen die günstigeren Rückflüge, um noch am selben Tag zuhause anzukommen.
Der letzte Programmpunkt des Tages ist Rørvik. Hier liegen wir neben der Finnmarken und haben die Chance, das Schiff zu besichtigen. Es ist noch im alten Design eingerichtet: Dunkler Jugendstil. Für einen kurzen Besuch langt die Zeit.
Dann geht es wieder zurück auf unser Schiff, auf Deck 7 und hoffen: Es ist lockere Bewölkung angesagt, und gute Polarlichtaktivität – haben wie noch einmal Glück? Während wir die Wolkendecke dahinziehen sehen, schaue ich mir noch einmal die Nordnorge an. Ich habe ja immer noch den Verdacht, dass es hier Drachen gibt. Vielleicht hat Grisu seinen Traum doch wahr gemacht und ist Feuerwehrmann geworden?
Leider haben Wetter und Polarlicht kein Erbarmen mit uns, es gibt keinen Nachschlag. Dafür schimmert der Halbmond schön über dem Wasser – auch hübsch. Gegen Mitternacht gebe ich dann auf und packe die Kamera endgültig weg.