Der Tag beginnt mehr als nur vielversprechend: Vor Hammerfest begrüßt uns ein strahlend blauer Himmel, nur ein paar Wölkchen verleihen der endlosen Weite etwas Tiefe. Kurz nach zehn nähern wir uns der Flüssiggasanlage Melkøya, und es gibt wieder Energiekaffee. Diesmal tendiert er mehr auf die schokoladige Seite; ich hatte hier schon deutlich schlechtere Mischungen. Ein paar Gäste waren so freundlich, mir eine Tasse mitzubringen, um auch meine Energiereserven aufzufüllen.
Hinter Melkøya taucht auch schon Hammerfest auf. Wir haben dieses Mal nur eine Stunde Liegezeit, ziemlich knapp für die Stadt. Also gibt es nur einen kurzen Ausflug zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten: Einmal durch den Hafen am Musikpavillon und an meiner immer noch gut eingeschneiten Bank vorbei zum Zickzackweg, dann rechts zu Kapelle, Kirche und Wiederaufbaumuseum. Die halbe Stunde ist für das Museum natürlich zu knapp, aber es genügt, um einen Eindruck davon zu erhalten, was hier im Krieg abging und wie Hammerfest sich danach wieder aufrappelte. Im Turm sieht man den Wandel in der Bebauung von selbstgezimmerten Hütten in der Vorkriegszeit zu vordesignten Fertighäusern nach dem Krieg und hat einen guten Blick auf die Stadt. Sehr schön ist, dass nicht nur die Zerstörungen in Hammerfest gezeigt werden, sondern u.a. auch in Mostar, Hiroshima und Dresden – Respekt. Gewinner gibt es im Krieg keine, nur sinnlose Zerstörung. Nie wieder Krieg ist ein Motto, das leider zunehmend in Vergessenheit gerät.
Im Hafen gab es noch eine schöne Überraschung: Die Gamle Mårøy liegt im Hafen. Das Schiff wurde 1959 gebaut und ähnelt den Hurtigrutenschiffen der damaligen Zeit, arbeitete allerdings als Lokalfähre und wurde später für Walsafaris eingesetzt. Zurzeit wird sie restauriert. Es ist schon eindrucksvoll, wenn man einem Schiff vom Kai aus in den Schornstein schauen kann…
Das gute Wetter hält leider nicht an, stattdessen ziehen immer mehr Wolken auf. Aber immerhin ist die See wieder sehr ruhig, und die Landschaft wirkt auch mit dunklen Wolken oder Nebel faszinierend. Unseren nächsten Halt in Øksfjord verpasse ich: Mein letzter Vortrag steht an. Sogar ein paar Trolle kann ich in meinem Sternsagen-Vortrag einbauen.
Die Überquerung der Lopphavet unterscheidet sich kaum von der Fahrt an der Küste entlang, es ist sehr ruhig. Skjervøy erreichen wir pünktlich um 18:00. Im Winter nordgehend endete hier schon oft eine schöne Nordlichtshow; jetzt fehlen sowohl Grün als auch Blau am Himmel. Sehr schade.
Mit dem Abendessen beginnt auch der Grund für unseren kürzeren Aufenthalt in Hammerfest: Seit Anfang April fahren die Hurtigrutenschiffe wieder durch den Lyngenfjord. Die hohen Gipfel sind nebelverhangen, aber auch durch die Scheiben des Restaurants eindrucksvoll. Ich verzichte auf meinen Nachtisch und schließe mich Thomas an, der ebenfalls die Landschaft dem Essen vorzieht. Auf der Route liegt auch der alte Handelsplatz Havnnes. Unser Schiff hält hier nicht, aber wir werden dennoch freudig begrüßt: Am Kai stehen zwar nicht alle 50 Einwohner des Örtchens, aber doch eine ganze Anzahl.
Auch bei uns an Bord ist einiges los, zwei Offiiziere mit Norwegen-Fähnchen sind ebenso an Deck wie zahlreiche Passagiere. Unser Schiff fährt fast bis an den Kai, bevor es doch wieder abdreht. Was für ein Spektakel; am Kai wird sogar eine Feuerwerksrakete gezündet. Trotzdem nehmen wir keinen der Einwohner mit. Auf Facebook ist das ganze dann auch vom Kai aus zu sehen, inklusive Fotos: Premiereseiling i Lyngen – MS Trollfjord først ut. Anklicken lohnt sich!
Leider halten sich die Wolken zwischen den Bergen. Weder das Treffen mit der Midnatsol noch das gemeinsame Krabbenpulen an Deck machen Hoffnung auf Polarlicht, und in Tromsø kommt eine Mischung aus Schnee und Regen vom Himmel. Den mitternächtlichen Gang in die Stadt erspare ich mir und sortiere nur noch ein paar Bilder aus, bevor ich Feierabend mache.