Comiczeichern auf Messen oder Ausstellungen zu begegnen ist ja nichts Neues. Dass sie auf Tour gehen, kommt schon seltener vor. Ralph Ruthe ist einer von denen, die das regelmäßig machen, und bei denen ich auch immer wieder gerne vorbeischaue – es ist immer schön, wenn man nicht nur die Webseite besucht und sich die Werke kostenlos anschaut, sondern auch die Leute dahinter mal kennen lernt. Positiver Nebeneffekt: Man lässt etwas Geld da, das (auch) dem Künstler zu Gute kommt, und kann sich nebenbei vor Ort mit den neuesten Büchern eindecken, die dann gleich noch signiert werden. Das ist letztlich unbezahlbar – wenn man sich anschaut, wie lange so manche Signierstunde dauert, kommt da ein unterirdischer Stundenlohn raus… was zeigt, dass es nicht nur ums Geld geht. Umso wichtiger ist es, bei Signierstunden auch vor Ort was zu kaufen – vor allem, wenn es in Buchhandlungen stattfindet, damit die sowas auch in Zukunft durchführen.
Eine Lesung von einem Comiczeichner ist natürlich erstmal etwas rätselhaft: Was macht der da eigentlich?
Die Antwort: Einen sehr unterhaltsamen Abend! Das war mir aber schon vorher klar, schließlich hatte ich ihn schon einmal live erlebt – auf seiner Tour im November 2011 in München. “Ich kannte ihn schon, als er noch nicht berühmt war” ist zwar abgedroschen und nicht ganz korrekt, aber es war damals doch was ganz anderes: Vor vier Jahren war er im Münchner Vereinsheim, was Kneipenatmosphäre hatte, klein und kuschlig war und wo keine Kartenreservierung nötig war – einfach rechtzeitig vorbeikommen und Spaß haben.
Und den gab es auch. Er präsentierte aktuelle und gescheiterte Projekte, zeigte neue Filme und machte auch ein kleines Gewinnspiel, bei dem ich es sogar in die Endrunde schaffte. Als Pausenfüller zeigte er einen unvollendeten Comic, bei dem noch ein Text für die Sprechblase gesucht wurde. Mein Vorschlag “Hier ist noch Platz für’n blöden Satz” erntete beim ersten Mal viel Gelächter und wurde mit “Eigentlich eine Unverschämtheit” kommentiert. In der Endrunde war bei meinem Vorschlag dann eine Grabesstille im Raum, und es hatte nur noch ein Büschel Tumbleweed gefehlt, das über die Bühne rollt. Daher hatte ich mir das aktuelle Buch doch selbst gekauft und – natürlich – signieren lassen. Mit nem Geier und einem “Unverschämtheit”, versteht sich.
Vier Jahre später hatte ich Marcus sei dank die Chance, Ruthe noch einmal zu sehen. Die Zeiten ändern sich: Diesmal trat er im ausverkauften Kleinen Saal vom Theaterhaus Stuttgart auf, und hätte wohl auch einen größeren Saal füllen können.
Irgendwo wartet der @ralphruthe darauf, mich zu sehen. Und hunderte andere… pic.twitter.com/eIfWzxyqA7
— Alexander Kerste (@AlexKerste) 1. Dezember 2015
Das Programm war ähnlich wie vor vier Jahren, bot aber genug Neues: Interessante Einblicke in den Arbeitstag eines Cartoonisten, gescheiterte Projekte, kommende Projekte, archivierte Projekte, alte und neue Cartoons, noch unveröffentlichte Filme, Gesang und die Chance, einige seiner wichtigsten Mitarbeiter kennen zu lernen – also Dinge, die er zum Teil weder auf seiner Homepage noch seinem Youtube-Kanal veröffentlicht hat. Echtes Exklusiv-Material also. Und als kleine Überraschung (zumindest für mich) war auch der Dodokay da.
Was genau er gemacht hat, will ich gar nicht verraten, nur so viel: Die Synthese von Comic und Bühne ist möglich, auch weil er ja nicht nur Comiczeichner ist. (Die Frage, ob man davon leben kann, beantwortet er übrigens auch.) Im Vergleich zu München war’s schon was anderes – Als Gast sind mir die kleinen Veranstaltungen eigentlich lieber, aber wenn ich Vorträge halte, ist mir ein volles Haus auch sehr lieb (oder eine ganz kleine Runde, mit der man letztlich ins Plaudern kommt, statt davor zu stehen). Spaß macht beides; beim Theaterhaus waren halt die Schilder mit Fotoverbot am Eingang – daher gibt’s hier keine Bilder von der Veranstaltung. Mit Blitz in der dunklen Halle fotografieren ist eh blöd, und ohne macht’s auch keinen Spaß…
Und nach zwei Stunden Show hieß es dann anstehen: Signierstunde. Ach, was heißt da Stunde: Er war schon etwas länger beschäftigt, auch weil er sich immer wieder die Zeit für Erinnerungsfotos nahm und nicht nur signierte, sondern auch zeichnete. Ich frag mich ja, ob er manchmal lieber den Zeichenstil von Randall Munroe von XKCD hätte… Aber künstlerisch überzeugen mich Ruthes Zeichnungen schon mehr. Seht selbst:
Wer wissen will, wen er da für mich verewigt hat: Seine Tourdaten gibt’s unter http://ruthe.de/live, und mit etwas Glück geht er nochmal auf Tour. Lohnt sich und macht Spaß.