Tag 10: Sandnessjøen, Brønnøysund und Abschlussfeuerwerk

Der mystische Norden bleibt zurück

Der mystische Norden bleibt zurück

Kaum zu glauben, dass die Reise schon zu Ende geht – wir waren doch gerade erst in Kirkenes? Trotzdem steht heute schon die südgehende Polarkreisüberquerung an. Das Wetter ist jetzt endgültig so, wie man es von Norwegen erwartet: Alle paar Minuten anders. Die Inseln im Norden bleiben im Nebel hinter uns zurück, während die Wiking-Insel mit dem Polarkreis-Monument vor uns auftaucht. Alle Mann sind an Deck versammelt und die Kameras in Position, als wir es passieren.

Wie es im Tagesprogramm so schön heißt, wird das mit einer “kleinen Vorführung arktischer Tradition gefeiert” – mit anderen Worten, auf Deck 9 gibt es Lebertran. Sogar der Berg Hestmannen versteckt seinen Kopf davor im Nebel und mag nicht; ich verzichtete ebenfalls auf diese Kostprobe Norwegens.

Wenig später führt die Reise nach Nesna, wo wir nur einen kurzen Aufenthalt haben. Marcus sortiert noch Bilder für unsere Abschlussveranstaltung am Nachmittag, ich bin mit meinen Reiseberichten zum Glück nicht ganz so ausgelastet – ich pflege mein Blog auf dieser Tour fast in Echtzeit. Dabei hilft auch, dass das Schiff diesmal keine Infoveranstaltung zur Ausschiffung in Trondheim macht – stattdessen gibt es zum dritten Mal auf dieser Fahrt die Präsentation Hurtigruten in Antarctica, Greenland, Spitsbergen and Norway. Es sind noch wohl wenige Plätze frei…

Nesna

Nesna

Daher kann ich in Nesna auch problemlos an Deck gehen. Das Wetter bietet alles: Wolken über Nesna, blauen Himmel hinter uns und schwarzen Himmel an steuerbord, kurz darauf auch noch Schneeschauer – schön, auch wenn es nun schlecht aussieht für die Vorbeifahrt an der Bergkette der sieben Schwestern.

Da wir einmal die Gelegenheit nutzen wollen, um in Sandnessjøen von Bord zu gehen, steht ein frühes Mittagessen an. Eigentlich hat zwar noch keiner Hunger, aber wir sind nur von 12:00 bis 12:30 in dem Örtchen. Bislang war ich da noch nie von Bord gegangen, da der Nachmittag immer ein volles Programm hat. Aber es lohnt sich, der Ort hat zahlreiche Statuen und Sehenswürdigkeiten zu bieten. Immerhin langt die Zeit, um einmal zum Marktplatz zu gehen und über die Parallelstraße wieder retour zum Schiff. Eine Baustelle sorgt noch für etwas Nervenkitzel, da der direkte Weg versperrt ist. Es heißt wirklich hurtig sein auf der Hurtigrute.

Die kleine Spitsbergen als neuester Zugang zur Hurtigrutenflotte soll ja Gerüchten zufolge eine Zeit lang eine abgespeckte Hurtigrute fahren, mit weniger Häfen und dafür mehr Zeit in einigen Orten. Das hat mit der klassischen Postschiffreise zwar nicht mehr viel zu tun, aber ich kann den Sinn dahinter schon verstehen.

Die sieben Schwestern sind schüchtern

Die sieben Schwestern sind schüchtern

Interessant ist auch der Blick von der Rückseite auf die sieben Schwestern. Leider sind sie mal wieder schüchtern, auch als wir sie dann auf der südgehenden Route passieren, verbergen sie sich hinter tiefhängenden Wolken.

Die Zeit zwischen 14:30 und der Ankunft in Brønnøysund nutzen wir für unsere Abschlussveranstaltung: Noch einmal auf die Reise anstoßen, Abschiedsworte sagen und die Tour Revue passieren lassen. Ein Highlight ist der Rückblick in Bildern, den Marcus vorbereitet hat, und mindestens genauso wichtig sind die Infos zur Abreise, die Kai noch speziell für unsere Gruppe gibt – wie wird abgeflogen, wann sind die Kabinen zu räumen (erst kurz vor zehn, wenn unsere Busse fahren – perfekt) und ein paar andere Kleinigkeiten.

Die Trollfjord in Brønnøysund

Die Trollfjord in Brønnøysund

Und dann sind wir auch schon bei bestem Wetter in Brønnøysund. Im Einkaufszentrum gibt es die letzte Chance zum Shoppen, danach führt der Weg unweigerlich zur Eisdiele – die aber gerade kein Eis hat, alle Behälter sind blitzblank. Mist. Erst gab’s seit Bergen kein Eis mehr auf dem Schiff, und jetzt hier auch nicht. Ich bin auf Entzug… Dann schauen wir uns halt noch einmal den Ort an. Die Stadt ist Sitz des Brønnøysundregistrene und entspricht somit etwa Flensburg: Hier werden jede Menge Daten gesammelt, von Einwohnermeldedaten bis zum KFZ-Register. Da passt es, dass ich hier auch den ersten mobilen Blitzer in Norwegen sehe.

Wesentlich hübscher sind die roten Häuschen und die kleine Fähre, die an eine geschrumpfte MS Lofoten erinnert – süß. Dazu die beeindruckende Abendstimmung, es dürfte einen schönen Abend geben.

Bei der Abfahrt aus Brønnøysund gibt es noch ein Treffen auf Deck 9, schließlich fahren wir am Torghatten vorbei, dem berühmten Berg mit Loch. Der einsame Berg auf der Insel Torgar ist eindrucksvoll, aber von dem Loch ist genauso wenig zu sehen wie von der ehemaligen Wikingersiedlung, die im Mittelalter ein überregionales Machtzentrum war. Wir fahren keinen Schlenker, um einen Blick auf das Loch zu werfen, sondern direkt Richtung Rørvik.

Da morgen früh viele Gäste das Schiff verlassen, steht heute auch das Captain’s Dinner an. Norwegen ist generell recht leger, und auch diese Veranstaltung verläuft entspannt: Die Crew wird noch einmal vorgestellt, damit man weiß, wer in den letzten Tagen vor und hinter den Kulissen geackert hat. Diesmal paradiert die Crew nicht einmal durch den Speisesaal, sondern singt ein Ständchen – da unser Tisch ganz am Heck ist, bekommen wir davon nicht viel mit und können uns bald unserem letzten Abendmahl an Bord widmen: Es gibt Ente.

In Rørvik haben wir eine Stunde Aufenthalt, was wieder ausreicht, um im Coop das Leergut der letzten Tage zu entsorgen. Vom nächsten Schiff, das eine Viertelstunde nach uns anlegen sollte (wohl die Polarlys), ist noch nichts zu sehen, daher gehen wir wieder auf die Trollfjord und zeigen noch einmal Flagge in der Bar. Im Augenblick sieht es noch nicht so gut aus mit Wetter und Polarlicht. Ein paar Blicke an Deck bringen ebenfalls nichts, erst gegen halb elf wird sporadisch von leichtem Licht am Horizont gemunkelt. Während die Bar sich langsam leert – morgen ist Ende der Reise, und so mancher muss noch packen oder will ausschlafen – , gehe ich noch einmal an Deck. Da ist wirklich ein wenig kameragrünes Licht, auch wenn das Auge noch keinen Unterschied zwischen Wolken, Meer und Polarlicht erkennt. Bescheid sagen, ja oder nein? Ich hole Marcus an Deck, es sieht schon besser aus, und wir flitzen von Deck 9 zur Rezeption auf Deck 4, wo der Rezeptionist auch gerne die Durchsage macht (bzw. die deutsche Übersetzung der Nordlichtmeldung vorliest).

Auf dem Weg nach oben mache ich noch kurz in der Kabine halt und hole meine große Nikon-DSLR samt der Halterung für die Reling, die kleine Panasonic habe ich eh in der Jackentasche – für das Stativ ist keine Hand frei. An Deck beginnt mittlerweile die große Show, auf die alle gewartet haben. Gerade noch rechtzeitig bekomme ich die Nikon an die Reling; leider hat die Trollfjord ein dickeres Geländer, sodass die Kamera anstößt und nicht nach oben geneigt werden kann. Mit der Pana bin ich flexibler, aber es dauert, bis ich mein Stativ holen kann: Wer seine Kamera noch nicht unten im Koffer verstaut hat, knipst jetzt den verbleibenden Speicher voll, und es gibt immer wieder Problemchen, die ich lösen darf. Mit dem Mond und den Wolken ist es ein beeindruckendes Schauspiel, das ich so auch noch nicht hatte. Und dann tanzt die Aurora auch noch für uns, endlich – das ist das Schauspiel, auf wir alle gewartet haben, der perfekte Abschluss. Jetzt glauben mir endlich alle, dass Polarlicht wirklich grün sein kann, und die Durchsage konnte auch jeder hören, der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat. Ein wunderschöner Abschluss der Reise!

Nach etwa einer Stunde klingt die Show ab und wird ab Mitternacht durch einen Schneesturm ersetzt. Gut, dass wir die Kabinen morgen nicht schon um acht Uhr räumen müssen: Einige versuchen noch, das Polarlicht zu feiern (leider hat die Bar auf Deck 8 schon zu), und mein Rechner läuft die Nacht über durch, um die Bilder zu verarbeiten. Von der kleinen Zugabe gegen halb zwei bekomme ich nichts mehr mit, aber sie war auch nicht mehr so schön wie die Abschlussveranstaltung um Mitternacht. Ich bin gespannt, wen die Aurora nun alles in ihren Bann gezogen hat!