Vixen SG 2,1×42 – das Großfeldfernglas

Das Vixen 2,1×42 hatte ich zum ersten Mal auf dem Astrofest von Intercon Spacetec gesehen und fand es damals schon interessant: 42mm Öffnung und nur zweifache Vergrößerung? Bei einem klassischen Fernglas wäre das eine unmögliche Austrittspupille (20mm – irgendwo bei 7mm ist normalerweise Schluss, da man die Pupille ohnehin nicht weiter öffnen kann), aber ein Galilei-Fernglas wie dieses soll wohl anders funktionieren, sodass die Berechnung der Austrittspupille angeblich keinen Sinn macht. Sagt zumindest Astro-Optik Kohler über sein 2,3×40 Gucki. Da der Import von Artikeln aus der Schweiz immer ein Problem ist (irgendwer muss da sein, damit der Postbote den Zoll und die Mehrwertsteuer kassieren kann), habe ich das Gucki nie bestellt.

Danke an Astroshop für das Testgerät!

Danke an Astroshop für das Testgerät!

Das Vixen ist da einfacher zu kaufen, schließlich gibt es das ganz regulär bei deutschen Händlern. Tja, und da ich ein paar Mitarbeiter bei Astroshop kenne, war natürlich nichts naheliegender als dort einmal nach einem Testgerät zu fragen. Hier der Link zum Gerät: Vixen Fernglas SG 2,1×42 Binokular für Sternfeldbeobachtung. Der letzte Auslöser war mein Norwegen-Trip im November: Wie wirken die Polarlichter durch so ein Fernglas? Ist früher Farbe zu sehen? Und wenn ich schon im hohen Norden bin, gibt’s hoffentlich auch so ein paar Sterne zu sehen.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich durfte mir ein Vorführexemplar ausleihen.

Eher unscheinbar: Der Karton

Eher unscheinbar: Der Karton

Unboxing

Der Karton selbst ist erst einmal unauffällig und dezent: Grau-Schwarz und ohne Hinweis auf den Inhalt. Nur die Aufkleber geben einen Hinweis auf das Fernglas. Dafür wiegt er einiges und ist größer als gedacht – irgendwie hatte ich es doch einiges kleiner in Erinnerung.

Nach dem Öffnen zeigt sich des Rätsels Lösung: Ein ziemlich großer Styroporriegel sorgt für Volumen:-) So hat auch die Anleitung Platz. Angenehme Überraschung: Das Fernglas steckt in einer hochwertigen, gepolsterten Gürteltasche.

Der Inhalt der Box

Der Inhalt der Box

Ebenfalls in der Box: Ein Trageriemen und die Bedienungsanleitung. Sehr übersichtlich, das Ganze, aber was soll auch zu einem Fernglas noch dazu gepackt werden? (Okay: Das übliche Reinigungstüchlein, aber wer vermisst das schon…)

Die Tasche macht einen sehr guten Eindruck: Gepolstert und strapazierfähig. Sie hat eine Gürtelschlaufe und eine Kunststofföse für einen Karabinerhaken. Sieht sehr vertrauenserweckend aus – aber ich bin ja nicht an der Tasche interessiert, sondern am Inhalt.

Das Fernglas hat vier Staubschutzdeckel, die fast größer wirken als das eigentliche Bino, und bei dem Gewicht ist die Trageschlaufe keine schlechte Sache – das glatte Metallgehäuse  ist mangels Baulänge nicht besonders griffig. Mit dem Trageriemen kann man es sich aber auch umhängen, sodass keine Sturzgefahr besteht.

Fernglas, Tasche, Deckel und Handschlaufe.

Fernglas, Tasche, Deckel und Trageriemen.

Durch die Mischung aus Metall und gefühlt zwei massiven Glasblöcken ist es schwer, obwohl es so klein ist: gut 470g mit Tasche und 430g ohne Tasche, aber jeweils mit Deckeln und Umhängeschlaufe. Hier der Größenvergleich mit einem 7×50 Porro-Fernglas:

Vixen 2,1x42 und ein 7x50 Porro-Fernglas.

Vixen 2,1×42 und ein 7×50 Porro-Fernglas.

Der Blick durch das kleine Vixen ist ungewöhnlich: Fokussieren ist gar nicht so einfach und erinnert erst einmal an den Blick durch die Sehtestprüfgeräte beim Optiker. Man darf nicht die erste scheinbar scharfe Stellung nehmen, sondern muss wirklich einmal durchfokussieren, dann ist auch der Bildfeldrand beim Blick in Landschaft brauchbar. Das Bildfeld entspricht etwa dem beim Blick aus dem Fenster: Groß, aber nicht gigantisch. Trotzdem kein Vergleich mit einem normalen Fernglas, sondern um Welten größer. Am Bildrand lässt die Qualität nach, die Bildmitte macht einen schönen Eindruck. Und vor allem: Es ist hell! Selbst der Blick in die nebelverhangene Novemberlandschaft zeigt Details, die man ansonsten übersehen hätte. Wie wird es sich wohl am Nachthimmel machen? Bislang konnte ich es nur in einer Nacht testen.

Der Blick in den Himmel…

…ist erst einmal ungewohnt. Der erste Eindruck bei einer Nacht auf dem Land, aber noch einigermaßen in Stadtnähe: Das Gesichtsfeld ist groß, aber nicht so groß, wie man es bei 2x vielleicht erwarten würde. Die sieben Sterne des Großen Wagens passen komplett in das Gesichtsfeld; wirklich scharf wird etwa der Bereich der Kastensterne abgebildet. Durchaus imposant. Noch mehr als der Gewinn an Grenzgröße fällt zunächst die zusätzliche Trennschärfe auf: Während Mizar und Alkor ja als Augenprüfer bekannt sind, sind sie mit dem Vixen gar kein Problem. Plejaden und Hyaden machen richtig Spaß, die Milchstraße ist chic, nur die Andromeda-Galaxie bleibt wenig beeindruckend. Das mag an meinem Standort liegen, sie ist zwar ein Nebelfleck, aber doch recht klein. Bei dem bisherigen Wetter hatte ich leider nur eine Nacht, in der ich es kurz am Sternenhimmel testen konnte.

Die Randunschärfe ist vorhanden, stört mich aber nur, wenn ich darauf achte. Aber das wird natürlich jeder anders empfinden – es ist etwas Wahres an dem Spruch dran, dass fortgeschrittene Sternfreunde im Okular eher Optikfehler als Sterne sehen. Mit Brille macht es übrigens weniger Spaß: Dann ist der Augenabstand größer und das Bildfeld kleiner.

Besonders reizvoll wäre der Blick durch ein paar Nebelfilter mit dem Gerät auf den Sommerhimmel. Nordamerikanebel oder Schleiernebel dürften dann unter Alpenhimmel machbar sein – schade, dass es keine Filterhalter hat. (Wie gut kommt eigentlich ein Nebelfilter mit so einem großen Bildwinkel zurecht?)

Unter einem mäßigen Landhimmel (Kleiner Wagen komplett sichtbar) macht es Spaß, mit dem Vixen Sternhaufen zu jagen oder die Milchstraße abzufahren. Für die Suche nach einem ausgedehnten Komet in der Dämmerung dürfte es sehr gut sein. Aber man bleibt dennoch auf einen Ausschnitt des Himmels beschränkt – es ist nicht so, dass man den Eindruck einer Sternen-Brille hätte.

Der Einsatz für die Polarlichtjagd hat sich leider nicht gelohnt: Wenn die schwache Aurora mit bloßem Auge zu erkennen war, ging es auch im Fernglas, es zeigte jedoch nicht früher Farbe als mit bloßem Auge. Zum Überprüfen, ob man wirklich Polarlichter sieht, bleibt also weiterhin nur der Griff zur Kamera. (Es wäre reizvoll gewesen, einmal ein helles Polarlicht darin zu beobachten – aber das hatte ich auf dem letzten Trip nur einmal, und da hatte ich keine Zeit, um zum Fernglas zu greifen.)

Fazit

Nach dem ersten kurzen Beobachtungsabend bin dem Fernglas gegenüber etwas zwiespältig – die Bildqualität ist nicht ganz so gut, wie ich sie von meinem ersten Blick in Erinnerung hatte, aber durchaus okay: Die Bildmitte ist schön, und der Rand trägt eben nur zum Gesamteindruck bei, dort beobachte ich nicht. Und ein ganzes Sternbild auf einmal zu überblicken, ist etwas vollkommen anderes, als man es normalerweise gewohnt ist. Als Weitfeld-Spezialist und für die Jagd nach helleren Kometen ist es sehr, sehr reizvoll. Durch den Preis ist es aber kein Gerät, das ich einfach so mal kaufe. Verarbeitung und Zubehör sind erstklassig, es ist nur schade, dass sich 2″-Filter nicht adaptieren lassen. Unter einem dunklen Himmel dürfte es wesentlich beeindruckender sein als unter unserem typischen Landhimmel.

Den Haben-Will-Reflex, der dafür sorgt, dass bei mir schon einige Geräte stehen, die ich eigentlich nur mal testen wollte, hat das Vixen nicht ausgelöst – dafür ist es mir im Augenblick noch zu teuer, und andere Anschaffungen haben Vorrang. Aber es ist auch noch nicht von meiner Wenn-mal-Geld-übrig-ist-Liste verschwunden. Es ist halt ein Luxus-Artikel, den ich nicht unbedingt für’s Hobby brauche. Trotzdem gebe ich es nur ungern zurück – aber für die nächsten Wochen wird auch kein schönes Wetter vorhergesagt; für weitere zeitnahe Tests gibt es wohl keine Chance. Vielleicht schlage ich beim nächsten hellen Komet zu…

One thought on “Vixen SG 2,1×42 – das Großfeldfernglas

  1. Vielen Dank für den Bericht … und ich tendiere dann zum Gucki, für das es 2″ Filterhalter gibt! Mal schauen, wie lange ich die leise Gier aushalten kann … 🙂

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