Wenn Engel reisen, weint der Himmel. Hat zumindest meine Oma immer gesagt. Nachdem diese Traumreise sich ihrem Ende nähert, öffnet er nun auch tatsächlich seine Schleusen, oder schiebt zumindest schwere Regenwolken an die Helgelandküste. Beim Blick zurück erscheint der Norden deutlich bedrohlicher und bedrückender, als wir ihn erlebt haben. Schön war’s da oben, von den erwarteten Herbststürmen war nichts zu spüren.
Aber egal, wie schön es war und was das Wetter macht: Der Morgen hat wieder ein volles Programm. Ein schnelles Frühstück (8:50), gefolgt von Polarkreisüberquerung (9:20) und meinem Abschlussvortrag (9:45).
Die Polarkreisüberquerung wird wie immer mit einer traditionellen arktischen Zeremonie begangen. Wenn ich mich richtig erinnere, erhalten Njörd und der Kapitän das Eis zurück, mit dem sie die Passagiere nordgehend beglückt haben – ich kann aber nur bis zur eigentlichen Überquerung des Polarkreises an Deck bleiben und die Kugel fotografieren, dann muss ich schon wieder in den Vortragsraum, um meinen Vortrag vorzubereiten.
Anschließend präsentieren einige Gäste stolz Lebertranlöffel. Vielleicht habe ich da doch etwas durcheinander gebracht…
Von der anschließenden Fahrt südwärts bekomme ich nicht allzuviel mit: Kai und Adi machen eine Check-In-Session, damit alle KLM-Passagiere am nächsten Tag nach Möglichkeit einen Platz im Flieger haben, selbst falls dieser überbucht sein sollte. Das scheint in letzter Zeit öfter mal ein Problem zu sein. Damit verpasse ich außerdem den 11-Uhr-Vortrag von Magnus über Mythen, Märchen und Legenden, wegen dem ich meinen Vortrag auch nicht überziehen konnte.
Dann ist auch schon Zeit für das Mittagessen, damit wir vor Sandnessjøen fertig sind (und um das rasche Frühstück auszugleichen). Allerdings ist das Wetter bescheiden, sodass ich mich im Hafen auf einen Rundgang an Deck fotografiere. Die Bergkette der sieben Schwestern ist vom Hafen aus immerhin zu erahnen.
Besser wird’s nicht mehr: Nachdem wir abgelegt haben, schimmern sie nur leicht durch die Wolken. Wer nicht weiß, dass sie sich dort verstecken, hat eigentlich keine Chance.
Bis Brønnøysund bessert sich das Wetter wieder etwas, und man kann es wagen, vom Schiff zu gehen. Der Weg führt natürlich zuerst am Kai entlang, um einen Blick auf die Trollfjord von vorne zu erhaschen und das Schild “Mitte von Norwegen” zu fotografieren. Auch in Brønnøysund wird umgebaut: Die Eisdiele ist hinter einem Baugerüst versteckt, und das 3D-Kippbild am Hafen finde ich auch nicht mehr. Dafür steht das Amfi-Einkaufszentrum noch und lädt zum letzten Shopping ein.
Wieder an Bord stehen schon die nächsten Termine an: Um 18 Uhr ist das Captains Dinner, und vorher steht die Vorbeifahrt am Torghatten an. Der Berg mit Loch steht im Mittelpunkt der längsten Sage, die Magnus an Deck erzählt. Wir dürften eines der letzten Schiffe in diesem Jahr sein, das diesen Schlenker macht, da es allmählich zu dunkel wird. Bald wird das Loch vor dem dunklen Himmel nicht mehr zu sehen sein, wenn die Hurtigrute Brønnøysund verlässt. (An die drei Grazien, denen ich von Deck noch Bilder schuldig bin: Schickt mir eine Mail.)
Das Captain’s Dinner findet auf den meisten Schiffen nicht mehr statt, aber Captain Ulvøy lässt es sich nicht nehmen, noch einmal takk og ha det bra zu sagen. Auf der Hurtigrute ist das ohnehin keine zu aufwendige Geschichte, aber eine nette Tradition.
Das Wetter bleibt bedeckt bis verregnet, daher klingt der Tag anschließend in der Bar aus, wo ich Magnus Konkurrenz mache: Als Nachschlag zu meinem Sternsagen-Vortrag gebe ich noch einige germanische Sagen zum Besten. Wer mehr über Odin, Thor und Loki hören will: Die wilden Götter von Tor Åge Bringsværd ist sehr zu empfehlen. Bei diesem Ausflug in die Vergangenheit verpasse ich es glatt, in Rørvik von Bord zu gehen, die Polarlys zu besuchen und mein Leergut wegzubringen.
Aber so bleibt immerhin noch etwas Zeit zum Packen, schließlich müssen wir morgen um 8:00 schon die Kabinen räumen: Das Schiff ist für eine Konferenz gebucht, zur Abfahrt in Trondheim müssen die Kabinen schon wieder bezugsbereit sein.
Für uns geht es direkt zum Flughafen, bereits um 12 starten die ersten Flieger, und kurz nach 18 Uhr stehe ich schon wieder in Stuttgart im Stau. Und am Freitag, als ich diese Zeilen begonnen habe, bin ich schon wieder in Tromsø, diesmal zum Urlaub. Das Wetter ist deutlich schlechter als letzte Woche: Es regnet; da hatten wir auf der Tour mehr Glück. Dafür hat das Bobblebad vom Hotel geöffnet.
Meinen Abschlussfilm gibt es dann, wenn ich Anfang November wieder in Deutschland bin. Das Hotel-WLAN lässt keine FTP-Uploads zu…