Der 10. November begrüßte uns mit richtig schönem Wetter und einer Schiffsbegegnung: Um 8:30 treffen wir die Polarlys, die vor dem Gebirge eine Kurve fährt. Als ich ihr Anfang des Jahrs in dieser Gegend begegnete, hatte sie deutlich mehr gegen den Seegang zu kämpfen; heute bot sie einen fast idyllischen Anblick, als sie durch die See vor Hammerfest kurvte.
Die (zumindest für Tourismuszwecke) nördlichste Stadt der Welt ist der wichtigste Programmpunkt des Vormittags, und zuvor gibt es mit dem Energiekaffee ein Highlight, auf das ich mich immer ganz besonders freue. Wenn wir die Flüssiggas-Anlage von Melkøya (Projekt Schneewittchen) passieren, wird ein Gebräu nach geheimem Hausrezept serviert. Manchmal gibt’s was überraschend genießbares in Richtung heißer Schokolade, manchmal eine Mischung aus vermutlich 50% Zucker und 50% Schweröl – die genaue Mischung wird nicht verraten. Diesmal war es eine Art Kaffee mit Chili und wahrscheinlich Koriander, die durchaus trinkbar war. Zumindest in der kleinen Portion, die serviert wurde. Mehr hätte es auch nicht unbedingt sein müssen…
Direkt hinter Melkøya taucht auch schon Hammerfest auf, und an steuerbord bietet der Himmel ein prächtiges Farbenspiel. Chic: Der Sikksakkveien (Zickzackweg) ist eisfrei, damit ist steht mein erstes Ziel schon einmal fest. In Januar und Februar habe ich es schließlich noch nie hoch auf den Berg geschafft.
Da wir etwas Verspätung haben (bei etwas rauerer See wird gerne langsamer gefahren, damit die Passagiere nicht so sehr durchgeschüttelt werden, oder es gibt Verspätung, weil mehr Ladung aufgenommen werden muss), haben wir nur etwa eineinhalb Stunden für die Stadt. Das langt aber locker, um Moni zu den klassischen Touri-Fotos mit den Eisbären vor dem Rathaus zu überreden, mein Standard-Foto auf der diesmal völlig schneefreien Bank vor dem blauen Pavillon aufzunehmen und dann den Zickzack-Weg auf den Aussichtsberg Salen zu erklimmen. Ein wenig Eis ist da, aber wir erreichen den Gipfel trotzdem fast zeitgleich mit den Ausflüglern, die die Bustour durch die Stadt gewählt haben. Von da oben hat man einen schönen Ausblick auf die Stadt und den Hafen. Die kleine Grabkapelle links vom Friedhof, der links an die auffällige neue Kirche anschließt, ist ebenfalls gut zu sehen – nur sie hat die Zerstörung der Stadt im 2. Weltkrieg überlebt.
Auf dem Plateau gefällt mir vor allem die Wetterfahne mit dem Eisbär. Welcher Wetterhahn würde bei dem Klima auch freiwillig rausgehen… Der Abstieg ist wie erwartet anspruchsvoller als der Aufstieg, auch wenn es kaum glatte Stellen gibt. Auch mit Spikes ist das im Winter nur bedingt empfehlenswert. In Hammerfest trennen sich unsere Wege: Moni macht den Rundgang an den Kirchen vorbei, ich steuere erst die Buchhandlung an (kaum ist man ein paar Monate nicht da, räumen die schon wieder um) und anschließend den Eisbärenklub. Wenn man schon Mitglied ist:-) Der Einkaufsrabatt dort bringt mir mal wieder nichts (dafür lasse ich wieder Geld in der Buchhandlung – mal sehen, wann ich die Einkäufe alle lesen kann), aber er ist immer wieder einen Blick wert.
Nach Hammerfest hält Moni ihren zweiten Vortrag. Wir verpassen so zwar Øksfjord, aber dadurch ist es ruhig genug für eine Reise durch das Planetensystem. Acht Planeten in unter einer Stunde sind immer eine Herausforderung, aber es klappt. Bevor es auf der Lopphavet wieder offenes Meer gibt, sind wir fertig.
Den Rest Tages kann man unter anderem mit Shopping verbringen: Jürgen und ich bringen nicht nur Moni dazu, sich eine Hurtigruten/Helly-Hansen-Jacke zu kaufen, sondern auch noch zwei weitere Passagiere. Wir sollten da eine Provision aushandeln. Irgendwie ist man doch nicht geschäftstüchtig genug…
Da der Hafen von Skjervøy mit dem Abendessen zusammenfällt, sehen wir davon auch nicht viel. Vorher gab es schon ein paar Wolkenlücken mit Polarlicht, aber da klarer Himmel erst für später angesagt war, wollten wir eigentlich eine kleine Manöverkritik zu unseren Vorträgen durchführen. Aber Pustekuchen: Es ist jetzt schon klar, und so verbringen wir den Rest des Abends größtenteils hinten auf Deck 7. Und es lohnt sich: Was für eine Show! Das Polarlicht gibt sich nach einer ruhigeren Startphase richtig Mühe, so eine gute Show hatte ich erst einmal auf dem Schiff. Die Gegend kurz vor Tromsø geht eigentlich immer, das stimmt wirklich. Zum Glück sagt mir einer unserer Gäste Bescheid, als meine Kamera die ersten 1000 Bilder aufgenommen hat und mit dem Intervallprogramm am Ende war – danke nochmal! Nachdem ich die zweite Serie gestartet habe, geht das Feuerwerk richtig los. Einfach nur klasse.
Bis kurz vor Tromsø spielt sich eine Wahnsinnsshow am Himmel an, während im Panoramasalon eine Modenshow abläuft – schließlich steht heute auch das Mitternachtskonzert an, und die Leute wollen wachgehalten werden. Als die Crew dann auf dem Achterdeck die Festbeleuchtung anschaltet, um Stockfisch live zuzubereiten, ist die Stimmung mal kurz richtig schlecht: Wer bei dieser Show das Licht einschaltet, riskiert es, kielgeholt zu werden. Man kann Stockfisch ja auch in genießbaren Zustand versetzen, indem man eine Woche auf ihn einprügelt – oder mit ihm auf jemanden einprügelt. Viel hätte dafür nicht gefehlt, aber die meisten verziehen sich dann doch friedlich auf das dunklere Umlaufdeck, um den Rest der Show zu beobachten. So etwa eine Stunde vor Tromsø geht das Spektakel dann zu Ende und wird passend mit Nordlys-Bier gefeiert. (Hurtigruten gibt ja Nordlicht-Garantie – ich frage mich ob sie sich auf dieses Bier beziehen? Wenn Guinness schon alle ist…)
Das Mitternachtskonzert nehme ich auch diesmal wieder nicht mit. Ich lasse meinen Rechner die Nacht über durchlaufen und verschwinde recht bald im Bett, irgendwie waren die letzten Tage anstrengend. Bis zum nächsten Tag hat er die 2500 Aufnahmen auch bearbeitet und zu Zeitrafferfilmen verarbeitet. Es hat sich gelohnt, die Kamera immer nach achtern zu richten, ansonsten hätte ich nun viele überbelichtete Fotos. Und die kleine Panasonic als Zweitkamera hat sich auch bewährt.