Nach dem perfekten Wetter gestern Nachmittag zeigt sich Trondheim heute weniger gastfreundlich: Ein grauer, wolkenverhangener Himmel hängt morgens um halb acht über der Stadt. Und nicht nur die Sonne fehlt, sondern auch die Midnatsol, der wir hier eigentlich begegnen sollten. Der gesamte Fahrplan hat sich wohl um einen Tag verschoben, daher liegt die Trollfjord einsam am Kai. Grund, genug, nach dem Frühstück ebenfalls das Schiff zu verlassen und in die Stadt zu gehen.
Die ersten Regentropfen verheißen wenig gutes, aber zum Glück kommt kein starker Regen, sondern nur kleinere Schauer. Der Weg den Kai entlang lohnt sich, zahlreiche alte Schiffe haben hier angelegt – ein hübscher Anblick. Ich mache den Stadtrundgang einmal in der umgekehrten Richtung und biege nach der Brücke über die Gleisanlage Richtung Bakklandet und Nedre Elvehavn ab. Das Elvehavn-Viertel ist sehr chic, viele alte Backsteingebäude haben eine neue Verwendung gefunden und sind schön herausgeputzt.
Ohne Schnee sieht man auch einmal, was die Norweger alles auf die Straße schreiben. Es gibt häufiger die Aufforderung, doch zu Fuß zu gehen, oder Danksagungen dafür. Dabei gelten die Norweger doch eh schon als Frischluftfreunde…
Von Elvehavn geht es weiter zu den kleinen Holzhäusern des Bakklandet-Viertels. Wenn man die beiden größeren Straßen (und die Baustellen, die Norweger sind nicht zu unrecht Weltmeister im Renovieren) hinter sich lässt, den Rundweg ignoriert und einmal abbiegt, geht es steil den Berg hoch. Aber auch dieser Anblick lohnt sich, und ich will ja nicht immer die selben Häuser fotografieren.
Kurz vor dem Ende des Viertels (oder dem Anfang, wenn man die Standard-Tour macht) treffe ich dann auch einige von unserer Reisegruppe, die ohne mich den berühmten Fahrradlift wohl auch übersehen hätten. Er macht aber erst im April auf; jetzt (Anfang April) hat er noch zu. Über die Gamle Bro, die markante alte Brücke, geht es weiter zum Nidaros-Dom. Wie oft habe die Brücke schon geknipst? Egal!
In Trondheim gibt es noch einen kleinen Abstecher in das Einkaufszentrum, in das einige alte Häuser einfach integriert wurden. Hier lasse ich kein Geld, dafür lasse ich die Gäste dann wieder in Ruhe: Mein Weg führt mich wieder in die Buchhandlung. Siri Pettersens Ravneringene-Trilogie klingt ganz interessant, aber bis mein Norwegisch gut genug für Romane ist, dauert es wohl noch ein bisschen. Hier widerstehe ich mal; schließlich erwartet mich in Tromsø noch eine Bestellung.
Der Rückweg zum Schiff ist regnerischer, aber das Wetter ist noch erträglich. Nachdem wir abgelegt und Munkholmen passiert haben, muss ich meine Kamera trotzdem erst einmal trockenlegen. Anschließend wird es etwas stressig: Schnell Mittagessen, damit ich kurz nach 13:00 wieder an Deck sein kann, wenn wir die Rissa-Werft passieren. Hier wird gerade die MS Nordkapp auf das neue Arktische Design umgebaut. Da muss ich doch aus der Ferne Händchen halten, hoffentlich kriegt mein Nordkäppchen eine Vollnarkose bei der OP. Bei der Gelegenheit richte ich ihr gleich noch schöne Grüße aus Deutschland aus. (Hurtigrutenfahrer und Lieblingsschiffe sind so eine Geschichte für sich.) Aber wenn ich bedenke, dass ich diese Zeilen auf der Trollfjord schreibe, in der die Kunst des Salons der alten Harald Jarl komplett versetzt wurde, während auf der Nordkapp gerade die Kunstwerke von Karl Erik Harr entfernt werden, was dem Künstler auch nicht gefällt…
Viel Zeit bleibt aber nicht: Um 14:00 steht mein zweiter Vortrag an, und für 14:45 plant das Schiff die Passage des Kjeungskjærfyr Leuchtturms und eine Miesmuschelprobe. Also beschränke ich mich auf eine halbe Stunde, und prompt kommt die Info, dass wir Gas gegeben haben und den Leuchtturm früher erreichen. Also gibt es nur einen kurzen Ausflug in den Sternenhimmel und seine Sagenwelt, der ich mich im letzten Vortrag ohnehin mehr widmen werde. Vom Leuchtturm bekomme ich nichts mit: Am Ende gibt es noch eine kleine Fragerunde, bei der wir uns festquatschen.
Das Wetter bleibt trüb und regnerisch, trotzdem ist die Passage des Stokksunds eindrucksvoll. Sehr schön ist auch, wie viel Abstand einige Passagiere von den Pfützen an Deck halten. Falsches Schuhwerk, sag ich da nur. Trotzdem ist danach wieder Kameratrocknen angesagt, und bis zum Abendessen gibt es noch einige schöne Gespräche.
Zum Abendessen gibt es Ente – hoffentlich endet damit nicht auch der “Ententeich”, über den wir bislang gefahren waren. Im November gab es Ente und anschließend Sturm… Die Folda, die wir während des Essens überqueren, ist ebenfalls sehr ruhig.
Rørvik erreichen wir eine Viertelstunde früher als geplant, und hier liegt die Finnmarken vor uns. Die eingesparte Zeit wird beim Anlegemanöver aber locker wieder reingeholt, beide Schiffe brauchen mehrere Anläufe, bis alle Taue passen und wir von Bord können. So bleibt doch nur eine knappe halbe Stunde für den Besuch des anderen Schiffs, auf dem ich im Januar unterwegs war. Heinz ist wieder Reiseleiter, für ein paar nette Worte bleibt Zeit. Aber er will auch die Kollegen auf unserem Schiff besuchen, also bleibt es beim Hallo sagen. Also auf zu einem kleinen Rundlauf durch die Finnmarken. Im Vergleich mit der Trollfjord wirkt sie mit ihrer Art-Deco-Ausstattung deutlich maritimer, aber auch düster. Im Oktober sehe ich sie wieder.
Noch ein letztes Bild der Trollfjord schießen, und dann geht es auch wieder zurück – wir müssen weiter. Der Himmel bleibt bedeckt, sodass der Tag ruhig ausklingt und es die Möglichkeit gibt, noch einmal früh ins Bett zu kommen – schließlich steht morgen schon die Polarkreisüberquerung an, irgendwann nach 7 Uhr.