Kirkenes bei -10°, und aus der Dusche kommt nur kaltes Wasser – gut, dass wir hier anlegen und die Vorräte auffüllen können. Jedenfalls gibt es später am Tag wieder Warmwasser. Zum Glück herrscht draußen eine trockene Kälte, und ich entscheide mich doch, am Samstag einen kleinen Gang durch die Grenzstadt zu machen.
Viel hat Kirkenes ja nicht zu bieten, aber immerhin sind die Häuser seit der letzten Inbetriebnahme der mittlerweile wieder stillgelegten Eisenerzmine weitestgehend renoviert. Nur warum so viele Häuser schwarz gestrichen sind, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben.
Vom Schiff in die Stadt ist es ein kleiner Fußmarsch, aber mit Spikes kein Problem. Mein Weg führt mich diesmal etwas abseits der normalen Route: Vom Russendenkmal (an der der Ausflugsbus zur russischen Grenze gerade hält, hier ist auch der alte Bunker der Andersgrotta) direkt zum Amfi, dann an der Kirche vorbei zu dem Aussichtspunkt jenseits von Schule und Schwimmbad.
Aussichtspunkt ist ja fast schon etwas übertrieben, aber man hat trotzdem einen netten Überblick über Kirkenes. Man muss nur wissen, dass diese Kurve der Straße wirklich der Aussichtspunkt ist, und dass der gut versteckte Fußweg zwischen den Häusern hindurch wirklich öffentlich zugänglich ist. Von oben sieht man sowohl das Schiff und die Hafenanlage als auch das Städtchen.
Ganz hübsch, gerade mit Schnee, aber wohnen wollte ich hier trotzdem nicht… Einen charmanten Anblick bieten übrigens die Fahrradständer, an denen nun vor allem die Laufschlitten angebunden sind. Nett.
Kirkenes verlassen wir pünktlich um 12:30, jetzt steht uns eine ruhige Überfahrt nach Vardø bevor. Draußen herrscht stockfinstere Nacht (Wir sind weit im Osten, sodass die hellen Tagesstunden früh am morgen sind), und um 14 Uhr lockert Hans mit seinem Vortrag über die Suche nach der zweiten Erde die Fahrt auf. Exoplaneten sind ja ein ganz heißes Thema in der Astronomie, und über 3600 Planeten rund um fremde Sterne sind mittlerweile bekannt. Als ich mit der Astronomie angefangen hatte, waren sie nur Spekulation.
Vardø erreichen wir gegen 16:00. Auf dem Schiffsfahrplan stand schon 16:00 als Ankunftszeit, offiziell ist es immer noch 15:45 – was aber praktisch nie klappt. Diesmal sah es eigentlich ganz gut aus, aber das Anlegen verzögerte sich etwas, und erst gegen 16:00 konnten wir das Schiff verlassen. Eine größere Gruppe ging zum Eismeerbaden (mittlerweile hat die Badesaison begonnen, im November fiel es noch aus), andere zur nahem Festung Vardøhus. Ich wollte ja eigentlich mal wieder einen Versuch starten, um querfeldein zum Steilneset Hexendenkmal zu spurten, aber es wird doch zu knapp. Also nur zur kleinen Festung – und dann abbiegen: Gerade hatten wir uns noch über das Nordlicht unterhalten, da scheint es auch schon durch eine Wolkenlücke hindurch. Vielleicht 10 Minuten bleiben mir, um meine Kamera auf einen steinharten Schneehügel zu legen (wo ist das Stativ, wenn man es braucht) und ein paar Fotos zu schießen, bevor die Wolken wieder zuziehen. Vardøhus mit Nordlicht hatte ich auch noch nicht.
Und der Rest vom Abend? Die Wetterprognose ist gelinde gesagt unsicher, aber Yr hat recht: Bald reißen die Wolken auf, und der Abend ist gelaufen. Es gibt Nordlicht satt. Zunächst ist es zwar stark und deutlicher grün als am ersten Abend, aber ohne viel Bewegung, später gibt es auch eine wirklich schöne Show.
Das einzige Problem ist natürlich, dass für uns Lektoren somit das Abendessen ausfällt – Job ist Job. Aber der macht durchaus Spaß, auch wenn sogar ich nach drei Stunden gut durchgefroren bin. Fast bis Berlevåg lohnt es sich an Deck zu sein, sogar in Båtsfjord kann es sich gegen die Lichter des Ortes durchsetzen. Danach wird es ruhiger am Himmel. Es gibt zwar immer noch Polarlicht, aber die Aktivität lässt nach, und man ist mittlerweile ja doch ein wenig verwöhnt.
Das Ergebnis sind rund 3500 Bilder, die ein schönes Filmchen (Twitter-Link) ergeben haben. Hier noch ein paar Impressionen:
Am Heck vom Schiff war es auch halbwegs windgeschützt, wobei das ständige Tür-auf-Tür-zu wohl den ein oder anderen wohl nervte. Es sind wohl doch nicht nur Nordlicht-Freunde hier…
Übrigens, ein wenig Statistik: Nordgehend waren rund 310 Passagiere an Bord, damit war die Nordkapp ausgebucht (Nicht jedes Bett ist belegt, ich schlafe z.B. in einer Dreibett-Kabine). Wie immer sind in Kirkenes mehr aus- als zugestiegen, sodass wir jetzt etwas über 200 Distanzreisende an Bord haben. Für eine Wintertour ist das immer noch sehr viel – ich kann mich an Reisen erinnern, wo praktisch nur unsere Gruppe an Bord war.
Aber der Norden boomt, und dem Beweis begegneten wir bei Berlevåg: Der Finnmarken, von der aus uns die nächste Nordlicht-und-Sterne-Gruppe zuwinkt. Zumindest sind am Bug zwei Taschenlampen zu sehen – früher hat die Finnmarken sich bei Vinkekonkurransen mehr ins Zeug gelegt.
Nach Berlevåg ließ das Nordlicht dann nach, und ich nutze die Gelegenheit, um meinen Rechner schon mal die Bilder bearbeiten zu lassen. Das Ergebnis der Nacht gibt’s auf Twitter.